systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

13. September 2016
von Tom Levold
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1,9 % mehr Schwangerschaftsabbrüche im 2. Quartal 2016

WIESBADEN – Im zweiten Quartal 2016 wurden knapp 25 000 Schwangerschafts­abbrüche in Deutschland gemeldet. Wie das Statistische Bundesamt weiter mitteilt, waren das 1,9 % mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum.

Knapp drei Viertel (73 %) der Frauen, die im zweiten Quartal 2016 einen Schwangerschaftsabbruch durchführen ließen, waren zwischen 18 und 34 Jahre alt, 17 % zwischen 35 und 39 Jahre. Rund 7 % der Frauen waren 40 Jahre und älter. Die unter 18-Jährigen hatten einen Anteil von 3 %. Rund 39 % der Frauen hatten vor dem Schwangerschaftsabbruch noch keine Lebendgeburt.

96 % der gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche wurden nach der Beratungsregelung vorgenommen. Medizinische und kriminologische Indikationen waren in 4 % der Fälle die Begründung für den Abbruch. Die meisten Schwangerschaftsabbrüche (62 %) wurden mit der Absaugmethode (Vakuumaspiration) durchgeführt, bei 21 % wurde das Mittel Mifegyne® verwendet. Die Eingriffe erfolgten überwiegend ambulant, und zwar 78 % in gynäkologischen Praxen und 18 % ambulant im Krankenhaus. 7 % der Frauen ließen den Eingriff in einem Bundesland vornehmen, in dem sie nicht wohnten.

In den ersten sechs Monaten dieses Jahres ist die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche um 0,8 Prozent auf 51 200 gegenüber dem ersten Halbjahr 2015 gestiegen.

Detaillierte Informationen zu den Schwangerschaftsabbrüchen sind in den Tabellen Schwangerschaftsabbrüche (23311) in der Datenbank GENESISOnline abrufbar.

Quelle: Pressemitteilungen – 1,9 % mehr Schwangerschaftsabbrüche im 2. Quartal 2016 – Statistisches Bundesamt (Destatis)

12. September 2016
von Tom Levold
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Klinische Familienpsychologie. Familien verstehen und helfen

Wolfgang Loth, Bergisch Gladbach:

Wolfgang Hantel-Quitmann ist Professor für Klinische Psychologie und Familienpsychologie an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg. In den 1990er Jahren hat er mit seinem vierbändigen Arbeits- und Lesebuch „Beziehungsweise Familie“ auf sich aufmerksam gemacht und hat seitdem eine Reihe von praxisorientierten Büchern zu Paarbeziehungen und zu Familienpsychologie veröffentlicht. Mit dem nun vorliegenden Kompendium zur Klinischen Familienpsychologie schließt er daran an. 0999_HantelQuitmann_Basiswissen.inddDie Klinische Familienpsychologie habe „eine stürmische Entwicklung hinter sich“, heißt es im Vorwort. „Sie hat als Systemtheorie und als Familientherapie mit einem revolutionären Schwung begonnen. Die Systemtheorie musste einsehen, dass sich mit ihr nicht alles erklären, und die Familientherapie musste einsehen, dass sich mit ihr nicht alles behandeln lässt“ (S. 12). Hantel-Quitmann sieht jetzt ihren Platz innerhalb einer „integrativen Therapie-Theorie“. Im Vergleich zu den engagierten Debatten um ein umfassenderes Verständnis Systemischer Therapie erscheint das vorliegende Buch somit wie ein Gruß aus der Umwelt. Entsprechend wenig finden sich hier Bezüge zu explizit systemischen Konzeptionen. Dennoch erscheint mir die Lektüre des vorliegenden Bandes interessant und nützlich, vielleicht sogar gerade wegen dieser recht eindeutigen Position außerhalb des systemischen Debattengeschehens. Aus den vorzüglichen, teils ungemein spannenden Beschreibungen familiärer Verstörungen, Konfliktthemen und Leidenserfahrungen ergeben sich immer wieder Anregungen hinsichtlich des Zusammentreffens der eher formal-grammatikalisch ansetzenden spezifisch systemischen Praxisideen mit den Lebenswirklichkeiten von Ratsuchenden. Hier bordet Hantel-Quitmann geradezu über vor Erfahrungswissen und Forschungserkenntnissen zu den Fragen substanziell verstörten Familienlebens. Weiterlesen →

8. September 2016
von Tom Levold
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Neoliberaler Alltag, Migration und Flucht, systemisches Know-how – DGSF-Jahrestagung in Frankfurt

Unter der Überschrift „Unser neoliberaler Alltag“ widmet sich die diesjährige wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) gesellschaftpolitischen Fragen. „Migration und Flucht“ ist ein weiterer Schwerpunkt des Kongresses vom 22. bis 24. September 2016 in der Frankfurter Goethe-Universität, zu dem rund 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet werden.

Eröffnet wird die Tagung von Armutsforscher Professor Christoph Butterwegge mit dem Vortrag „Armut, Prekarität und soziale Ausgrenzung in Deutschland“. Weitere Vortragende des gesellschaftpolitischen Themenstrangs sind unter anderem die international renommierte Soziologieprofessorin und Wirtschaftwissenschaftlerin Saskia Sassen, der radikale Wachstumskritiker Professor Niko Paech und Professor Claus Leggewie, Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen.

Der DGSF-Kongress steht unter dem Motto: „Systemisch – Wirksam – Gut“ und thematisiert ein breites Spektrum von bewährten und innovativen Methoden „systemischer Veränderungsarbeit“. Veranstalter der DGSF-Jahrestagung 2016 auf dem Campus Westend der Frankfurter Uni ist die wispo AG – Wissenschaftliches Institut für systemische Psychologie und Organisationsentwicklung, Frankfurt/Wiesbaden.

Das Tagungsprogramm findet sich unter www.dgsf-tagung-2016.de.

28. August 2016
von Tom Levold
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George Spencer-Brown (2.4.1923-25.8.2016)

Im hohen Alter von 93 Jahren ist George Spencer-Brown am 25. August gestorben. Berühmtheit hat der britische Mathematiker durch sein Hauptwerk Laws of Form erlangt, deren wichtigster Rezipient Niklas Luhmann war, der auf der Differenztheorie Spencer-Browns seine eigene soziologische Theorie Sozialer Systeme aufbaute. In Wikipedia heißt es über die Laws of Form u.a.: „Sein Hauptwerk sind die Laws of Form (deutsch: Gesetze der Form) aus dem Jahr 1969. Es behandelt klassische Probleme der Logik in einer heute unüblichen Herangehensweise. Das besondere ist, dass Spencer-Brown für seine „Gesetze“ lediglich zwei verschiedene Zeichen benutzt: Zum einen das bekannte Gleichheitszeichen, zum anderen eine Art Negations- oder Abgrenzungs-Operator. Das Buch ist unter Experten umstritten: Die einen betrachten es als genial, andere als zwar originell, aber vom Erkenntniswert banal, weil es lediglich eine operationale Umformulierung der Aussagenlogik darstelle. Tatsächlich folgt der Kalkül früheren Versuchen von Charles Sanders Peirce und Maurice Sheffer,[…] die Boolesche Algebra mit nur einem Zeichen zu schreiben. Spätere Arbeiten von Peirce, zunächst entitative, dann existentielle Graphen zu schreiben,[…] mit denen dieses Ziel weiterverfolgt werden konnte, blieben Spencer-Brown nach eigener Aussage unbekannt. Die Originalität des von Spencer-Brown in den Laws of Form entwickelten Calculus of Indications liegt in der Einführung des unmarked state und der Entdeckung seiner Bedeutung. Erst mit dem unmarked state wird der Kalkül selbstreferenz- und paradoxietauglich.[…] Auf dem Umweg über the void führt die Form der Unterscheidung zurück auf den Beobachter, der die Unterscheidung trifft. Dabei wird die Unterscheidung (und mit ihr der Beobachter) jedoch zugleich, was sie nicht ist, eine Referenz auf die Ununterscheidbarkeit als Voraussetzung jeder Unterscheidung.[…] Die Laws of Form haben unter anderem das Denken der Wissenschaftler Heinz von Foerster, Louis Kauffman, Niklas Luhmann, Humberto Maturana und Francisco Varela beeinflusst und geprägt.[…]  Weiterlesen →

27. August 2016
von Tom Levold
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„Mr Trump’s campaign now has all the classic signs of a failed family business“

In einem interessanten Economist-Article (danke an Arist von Schlippe für den Hinweis) wird der Versuch von Donald Trump kritisch analysiert, Politik und die Präsidentschaftswahlen in den USA als Familienunternehmen zu führen – und dabei zu scheitern: „And before dismissing the Trumps’ dynastic campaign as a weird aberration it is worth remembering that America is no stranger to political families. The Donald may be the first candidate to run his campaign like a family business but the Adamses, Kennedys, Rockefellers, Bushes and, of course, the Clintons have all regarded politics as a family business. Hillary Clinton is as professional as Mr Trump is slapdash. Yet there are some similarities. Mrs Clinton relies heavily on family members—not just on her husband, Bill, but also on her daughter, Chelsea. (The similarities between Chelsea and Ivanka are uncanny: they are, among other things, both in their mid-30s, and both married to men whose fathers have done time in prison). Mrs Clinton is also prey to conflicts of interest, particularly over the Clinton Foundation, which would be much more fiercely debated now if it weren’t for Mr Trump’s follies. Even if he loses the election America will not be rid of the problems that are created when families, businesses and politics“. Quelle: The Economist

24. August 2016
von Tom Levold
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International Systemic Research Conference 2017 Heidelberg: Third Announcement

Im März 2017 findet die nächste systemische Forschungstagung in Heidelberg statt. Jochen Schweitzer und Matthias Ochs laden als Konferenzpräsidenten dazu mit diesem Schreiben ein:

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir möchten Sie gern erneut ganz herzlich zur International Systemic Research Conference vom 8. – 11. März 2017 nach Heidelberg einladen. Bis zum 1. Oktober haben Sie die Möglichkeit, sich zum Frühbuchpreis anzumelden – einfach und schnell via www.isr2017.com/register/.

Es wird sieben Keynote-Vorträge, 40 Symposia und 20 Workshops zu Forschungsmethoden geben, inklusive einem abwechslungsreichen Abendprogramm um Heidelberg.

Die APA-Präsidentin Susan McDaniel wird die Konferenz eröffnen, Psychotherapiepioniere Peter Fonagy und Eia Asen halten den Schlussvortrag.

Es wird spannende Beiträge zu systemtheoriebasierter Forschung in den Bereichen der Psychotherapie, Organisationberatung, Sozialen Arbeit und Sozialpolitik geben. Zu den prominenten Themen gehören Relationale Neurobiologie, die Vor- und Nachteile psychiatrischer Diagnosen, Flüchtlingshilfe, psychische Gesundheit im Beruf sowie Emotionen bei Paaren und innerhalb von Unternehmen.

Führende KollegInnen aus den Bereichen der systemischen Therapie und Beratung, die HerausgeberInnen zahlreicher systemischer Fachzeitschriften sowie die PräsidentInnen und Vorstandsmitglieder systemischer Verbände werden anwesend sein. Wir freuen uns über die bisherigen Anmeldungen von TeilnehmerInnen aus ganz Europa, Nordamerika, Ostasien und Südafrika.

Es gibt noch einige wenige offene Programmformate für Kurzvorträge und Posterpräsentationen – wenn Sie Ihre Ideen und Arbeiten einbringen möchten, reichen Sie bitte bald ihre Vorschläge ein.

Mit freundlichen Grüßen und besten Wünschen,

für das Konferenzteam

Jochen Schweitzer and Matthias Ochs (Konferenzpräsidenten)

Antonia Drews (Konferenzsekretariat)

23. August 2016
von Tom Levold
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Systemische Therapie bei Erwachsenen: Vorbericht erschienen

Presseerklärung (IQWIG Köln, 23.8.2016): Bei bestimmten Störungen zeigen die verfügbaren Studiendaten einen Vorteil

Ob die Systemische Therapie bei Erwachsenen im Vergleich zu anderen Interventionen oder zu keiner Behandlung einen Nutzen oder Schaden haben kann, ist derzeit Gegenstand einer Untersuchung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).

Es ist das erste Mal, dass das Institut ein Psychotherapieverfahren bewertet. Die vorläufigen Ergebnisse liegen nun vor: Demnach zeigen die verfügbaren Studiendaten bei bestimmten Störungen einen Vorteil der Systemischen Therapie. Bis zum 20. September 2016 können interessierte Personen und Institutionen schriftliche Stellungnahmen zu diesem Vorbericht abgeben.

Breite Palette von Konzepten und Techniken

Bei der Systemischen Therapie handelt es sich um eine ausgesprochen vielgestaltige Therapieform – für die theoretischen Konzepte gilt das ebenso wie für die eingesetzten Techniken. So kann es in der systemischen Therapie darum gehen, nicht die einzelne Person oder das Symptom zu betrachten, sondern den Kontext, in dem es auftritt. Primär stehen dann die Beziehungen einer Familie oder Gruppe im Fokus, die ein System aufrechterhalten.

Mittels einer Vielzahl von Techniken wird unter anderem versucht, symptomfördernde Interaktionen und Strukturen, dysfunktionale Lösungsversuche und einschränkende Familienerzählungen infrage zu stellen und ihnen neue, gemeinsam mit dem Patienten zu entwickelnde Interaktionen entgegenzusetzen. Im Idealfall kann das System so verändert werden, dass das Symptom nicht mehr „notwendig“ ist.

Das Verfahren wird mittlerweile sowohl ambulant als auch stationär eingesetzt und ist auf kein bestimmtes Setting eingegrenzt. Es gibt sowohl systemische Einzeltherapie als auch Paar- oder Gruppentherapie.

IQWiG bewertet erstmals Psychotherapieverfahren

Die Systemische Therapie ist bislang keine Leistung der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV). Von der GKV erstattet werden bislang nur die analytische und die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie sowie die Verhaltenstherapie („Richtlinienverfahren“).

Zwar wurde die Systemische Therapie 2008 vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) wissenschaftlich anerkannt. Um in den Leistungskatalog der GKV aufgenommen werden zu können, muss aber auch der Nutzen nachgewiesen sein. Deshalb hatte der G-BA das Institut beauftragt, Nutzen und Schaden der Systemischen Therapie zu bewerten, allerdings ausschließlich für Erwachsene. Der Vergleich solle sowohl gegenüber anderen Interventionen als auch gegenüber keiner Behandlung angestellt werden.  Weiterlesen →

19. August 2016
von Tom Levold
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SPRACHEMACHTSINN – Die Krise der Psychotherapie und der Weg zu einer posttherapeutischen Zukunft

Auf dem Symposion „Positive Konstruktionen einer ,posttherapeutischen Welt‘: Stranger than Fiction“ des 28. DVT-Kongressess in Berlin 2014 haben Manfred Wiesner, Eugene Epstein & Lothar Duda ihre Kritik der Psychotherapie vorgetragen, die unter anderem auch im Heft 3/2015 der Verhaltenstherapie & Psychosoziale Praxis als Artikel erschienen ist. Mit freundlicher Genehmigung erscheint dieser Text im systemagazin zum Nachlesen.

Manfred Wiesner, Eugene Epstein & Lothar Duda, Wilhelmshaven:

SPRACHEMACHTSINN – Die Krise der Psychotherapie und der Weg zu einer posttherapeutischen Zukunft[1]

Abstract

Ausgehend von einem kritischen Blick auf die Entwicklung und den derzeitigen Stand der Psychotherapie meinen die Autoren, es sei Zeit für einen Neuaufbruch – es sei Zeit, nach einer posttherapeutischen Zukunft jenseits der eingefahrenen Sprachspiele zu suchen. Der Beitrag trägt Ansatzpunkte für ein posttherapeutisches Denken aus Philosophie, Soziologie, Ethnologie, Psychologie, Sprachwissenschaften, Kunst und Musik zusammen. Ein Denken, das hermeneutische Diversität als Fluchtpunkt konstruiert – eine Hoffnung auf mehr Pluralität im Denken über uns und die Gesellschaft.

Schlüsselwörter: Posttherapeutische Zukunft, Politik, Erkenntnistheorie, Skeptizismus, Sprachkritik.

Abstract (englisch)

The authors begin by taking a critical look at the actual state of psychotherapy practices in our society and conclude that we would be well advised to begin elucidating the contours of a post-therapeutic future, one that goes beyond the narrow confines of our current language games. This article then goes on to explore aspects of post-therapeutic thinking that might be found outside of our rather insular psychotherapeutic vocabularies, from with the diverse disciplines of philosophy, sociology, ethnology, linguistics, art and music. Setting forth from a perspective that embraces hermeneutic diversity as a human resource, the authors hope for a greater plurality of voices with respect to our ways of languaging about our selves and our society.

Keywords: Posttherapeutic future, policy, epistemology, scepticism, language criticism. Weiterlesen →

17. August 2016
von Tom Levold
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19,2 Millionen Patienten 2015 stationär im Krankenhaus behandelt

WIESBADEN – Im Jahr 2015 wurden 19,2 Millionen Patientinnen und Patienten stationär im Krankenhaus behandelt, 34 800 Behandlungsfälle oder 0,2 % mehr als im Jahr zuvor. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Ergebnissen weiter mitteilt, dauerte der Aufenthalt im Krankenhaus wie im Vorjahr durchschnittlich 7,4 Tage.

In 1.953 Krankenhäusern Deutschlands standen für die stationäre Behandlung der Patientinnen und Patienten insgesamt 498.000 Betten zur Verfügung. Das waren 2.700 Betten weniger als im Jahr zuvor. Annähernd jedes zweite Krankenhausbett (48,1 %) stand in einem Krankenhaus eines öffentlichen Trägers, jedes dritte Bett (33,7 %) befand sich in einem freigemeinnützigen Haus. Der Anteil der Krankenhausbetten in Einrichtungen privater Träger betrug 18,3 %.

Die durchschnittliche Bettenauslastung lag bei 77,6 %. Die Betten in öffentlichen Krankenhäusern waren zu 79,4 % ausgelastet, in freigemeinnützigen Häusern zu 76,1 % und in privaten Häusern zu 75,4 %.

Rund 882.300 Vollkräfte – das ist die Anzahl der auf die volle tarifliche Arbeitszeit umgerechneten Beschäftigten – versorgten 2015 die Krankenhauspatientinnen und -patienten. 153.900 Vollkräfte gehörten zum ärztlichen Dienst und 728.400 zum nichtärztlichen Dienst, darunter allein 320.200 Vollkräfte im Pflegedienst. Die Zahl der im Krankenhaus beschäftigten Vollkräfte nahm im Vergleich zum Vorjahr im ärztlichen Dienst um 3.100 Vollkräfte (+ 2,1 %) und im nichtärztlichen Dienst um 19.700 Vollkräfte (+ 2,8 %) zu, während die Zahl der Pflegevollkräfte um lediglich 1.400 Vollkräfte (+ 0,5 %) stieg.

1,97 Millionen Patientinnen und Patienten nahmen 2015 eine stationäre Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung in Anspruch. Das waren 3 600 Behandlungsfälle weniger als im Vorjahr (– 0,2 %).

In 1,153 Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen standen rund 164.700 Betten zur Verfügung. Anders als bei den Krankenhäusern sind bei den Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen private Träger die größten Anbieter: Hier standen fast zwei Drittel aller Betten (65,9 %). Einrichtungen öffentlicher Träger verfügten über 18,6 % der Betten. Den geringsten Anteil hatten freigemeinnützige Einrichtungen mit 15,5 % des Bettenangebots.

Die durchschnittliche Bettenauslastung lag bei 82,9 %. Öffentliche Einrichtungen erreichten eine Bettenauslastung von 91,6 %, die Betten privater Einrichtungen waren zu 80,4 % ausgelastet.

Rund 8.600 Vollkräfte im ärztlichen Dienst und 83.500 Vollkräfte im nichtärztlichen Dienst – darunter 21 300 Pflegevollkräfte – versorgten 2015 die vollstationären Patientinnen und Patienten in den Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen.

Quelle: Pressemitteilungen – 19,2 Millionen Patienten 2015 stationär im Krankenhaus behandelt – Statistisches Bundesamt (Destatis)

15. August 2016
von Tom Levold
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Mara Selvini Palazzoli (15.8.1916-21.6.1999)

Heute wäre Mara Selvini Palazzoli 100 Jahre alt geworden. Anfang der 80er Jahre waren sie und ihr Mailänder Team unglaublich berühmt und haben die Entwicklung der Familientherapie und der Systemischen Therapie nachhaltig beeinflusst. Leider ist ihr Name vielen systemischen KollegInnen, die ihre Weiterbildung erst in den vergangenen Jahren gemacht haben, kaum ein Begriff. Die Geschichte des systemischen Ansatzes ist unter Systemikern nicht sehr präsent (wenn man sie nicht selbst erlebt hat). Einen guten Einblick in die Arbeit von Mara Selvini (und ihre Biografie) bietet aber ein Portrait von Edith Zundel aus dem Jahre 1987, das als Beitrag in ihrem Buch „Leitfiguren der Psychotherapie“ im Kösel-Verlag München erschienen ist. In der Zeit gab es damals dieses Kapitel als Vorabdruck, der erfreulicherweise heute auch online zu lesen ist, und zwar hier…

14. August 2016
von Tom Levold
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Bert Brecht (10.2.1898-14.8.1956)

Bertold Brecht

Der Zweifler

 

Immer wenn uns

Die Antwort auf eine Frage gefunden schien

Löste einer von uns an der Wand die Schnur der alten

Aufgerollten chinesischen Leinwand, so daß sie herabfiele und

Sichtbar wurde der Mann auf der Bank, der

So sehr zweifelte.
 
 
Ich, sagte er uns

Bin der Zweifler, ich zweifle, ob

Die Arbeit gelungen ist, die eure Tage verschlungen hat.

Ob, was ihr gesagt, auch schlechter gesagt, noch für einige Wert hätte.

Ob ihr es aber gut gesagt und euch nicht etwa

Auf die Wahrheit verlassen habt dessen, was ihr gesagt habt.

Ob es nicht vieldeutig ist, für jeden möglichen Irrtum

Tragt ihr die Schuld. Es kann auch eindeutig sein

Und den Widerspruch aus den Dingen entfernen; ist es zu eindeutig?

Dann ist es unbrauchbar, was ihr sagt. Euer Ding ist dann leblos

Seid ihr wirklich im Fluß des Geschehens? Einverstanden mit

Allem, was wird? Werdet ihr noch? Wer seid ihr? Zu wem

Sprecht ihr? Wem nützt es, was ihr da sagt? Und nebenbei:

Läßt es auch nüchtern? Ist es am Morgen zu lesen?

Ist es auch angeknüpft an vorhandenes? Sind die Sätze, die

Vor euch gesagt sind, benutzt, wenigstens widerlegt? Ist alles belegbar?

Durch Erfahrung? Durch welche? Aber vor allem

Immer wieder vor allem anderen: Wie handelt man

Wenn man euch glaubt, was ihr sagt? Vor allem: Wie handelt man?
 
 
Nachdenklich betrachteten wir mit Neugier den zweifelnden

Blauen Mann auf der Leinwand, sahen uns an und

Begannen von vorne.