Schlaflos mit Kleopatra? Wieder einmal ein Erfahrungsbericht eines psychiatrieerfahrenen Menschen? Das waren auch Gedanken, die Sibylle Prins bei ihrer Lektüre dieses Buches aus dem Paranus-Verlages durch den Kopf gingen: „,Oh nein‘, dachte ich beim allerersten Anlesen dieses Buches, ,nicht schon wieder ein Erfahrungsbericht eines Psychotikers, der fünftausenddreihundertachtundvierzigste, den ich (gefühlt) lese – ich kann das nicht mehr, das kenne ich schon in allen Varianten, muss das sein?‘ Doch schon bald merkte ich, dass ich im Irrtum war. Diese Kapitel und Beschreibungen eines ersten psychotischen Schubes eines jungen Mannes, der mit veränderter Wahrnehmung und veränderten Gedanken in einem gemeinsamen Urlaub mit der Freundin beginnt, sind mitnichten einfach nur ,aufgeschrieben‘. Das ist alles fein säuberlich durchkomponiert, die Reflexionen, die in einer sehr lesbaren, klaren und einfach erscheinenden Sprache daherkommen, sind gründlich durchgearbeitet. Es ist zwar geschrieben aus der Perspektive des sehr jungen Mannes, aber dahinter steckt doch ein schon gereifterer Mensch.“ Das sieht auch Andreas Manteufel so, dessen Rezension dieses Buches hier zu lesen ist. Der Mann, von dem die Rede ist, heißt Selajdin Gashi, ist 1962 in Nikushtak, Mazedonien, geboren worden und aufgewachsen in Dardanien (heutiges Kosovo). 1984 kam er nach Köln und studierte dort Germanistik, Philosophie und Anglistik. 1989 machte er erste Psychose- und Psychiatrieerfahrungen. Heute ist er als Übersetzer und Dolmetscher – auch für Gerichte und andere Institutionen – tätig. Weiterlesen →
24. August 2015
von Tom Levold
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In der aktuellen Ausgabe von Family Process stehen Forschungsarbeiten im Mittelpunkt, vor allem Arbeiten aus einer Forschungsgruppe, die sich mit familiären Mustern (Gender, Elternschaft, Übertragung kultureller Wertvorstellungen etc.) von Familien in den USA beschäftigen, die einen mexikanischen Migrationshintergrund haben. Eine Arbeit von Conroy Reynolds und Carmen Knudson-Martin thematisiert „Gender and the Construction of Intimacy among Committed Couples with Children“, Luana Ferreira, Peter Fraenkel u.a. finden in einer Studie heraus, dass Autonomie und Veränderung das Begehren in Paarbeziehungen unterstützt, während Konflikte und Kinder beeinträchtigende Faktoren sind (sic!). Ein interessanter Artikel untersucht, inwieweit das Konzept der „Boundary Ambiguity“ Erklärungsmöglichkeiten dafür anbietet, warum misshandelte Frauen ihre Partner nicht verlassen. Christina Hunger, Jan Weinhold et al. präsentieren hier noch einmal die auf Deutsch schon präsentierten Ergebnisse ihrer Untersuchung der Effekte von Aufstellungsseminaren. Bemerkenswert ist vor allem ein sehr offen kritisches Editorial des Herausgebers Jay Lebow über Interessenkonflikte von Autoren bei Veröffentlichungen in Family Process, in dem er deutlich macht, dass viele Familienforschungsprojekte ebenso wie neue Therapiekonzepte in erster Linie den Zweck verfolgen, die Arbeit der AutorInnen bekannt zu machen und zu Erfolg zu verhelfen. Dies gilt natürlich in besonderer Weise für Arbeiten der Selbstbeforschung bzw. Selbstevaluation, die selten den Zweck verfolgen, die eigene Arbeit kritisch unter die Lupe zu nehmen. Gleichwohl dürften, da Lebow zufolge das allgemeine Interesse an diesen Arbeiten eher gering ausfällt, solche Arbeiten kaum das Licht der Welt erblicken, wenn man hier zu strenge Maßstäbe hinsichtlich möglicher Interessenkonflikte anlegen würde. Deshalb plädiert er für eine abgewogene Publikationspolitik. Für die Family Process gelten aber ab 2015 neue Richtlinien für die Veröffentlichung von Interessenkonflikten, die über die Bekanntgabe finanzieller Zuwendungen (die ja eher bei medizinischen Veröffentlichungen seitens der Pharma-Konzerne ein Problem darstellen) auch andere Konflikte benennen müssen.

Die Systemische Gesellschaft vergibt 2016 erstmalig einen Praxispreis.