
Das aktuelle Heft der Zeitschrift Konfliktdynamik befasst sich nur am Rande mit Konflikten und Konfliktdynamiken, im Zentrum stehen Texte zum Thema Agilität, dem neuesten Hype der Managementkultur. Verantwortet wird dieses Themenheft von Hans Rudi Fischer und Markus Troja. Interessant ist, was die Herausgeber im Editorial über die Entstehung dieses Heftes schreiben: „Kein anderes Schwerpunktthema in der KonfliktDynamik war bisher so kontrovers in den Gutachterreviews der Texte und in unseren internen Diskussionen. Manche wiesen darauf hin, man müsse nur erst einmal eigene Erfahrungen mit dieser neuen Form des Arbeitens machen: »(die Mitarbeit in einem) agilen Startup ist in vielerlei Hinsicht die beste Berufserfahrung meines Lebens.« Die meisten eingereichten Beiträge waren positiv bis euphorisch. Kritische Stimmen sprachen von »Neuem aus dem Bullshit-Universum« oder von Agilität als Lernprogramm für den Burnout. Einer der Gutachter wies auf die Gefahr ideologischer Überhöhung hin: »Die Idee von der Hierarchiefreiheit hat eine lange Tradition. Sie basiert auf normativen, ideologischen Grundannahmen, die aber letztlich für den Komplexitätsgrad, den die aktuelle digitale Transformation den Unternehmen zumutet, keine angemessene Antwort liefern. Hier werden aktuelle Umgestaltungstrends arbeitsorganisatorischer Prozesse instrumentalisiert, um ganz bestimmte, normative Organisationsvorstellungen zu propagieren.« Bei der Konjunktur des Themas, so der Eindruck, spielen unterschiedliche Motive zusammen: Zum einen geht es um die Suche nach effizienten und effektiven Formen, Organisationen in einer Welt zunehmender Unsicherheit und schnellen Wandels überlebensfähig zu halten. Zum anderen gibt es die Sehnsucht, z. B. unter dem Schlagwort »New Work«, entfremdeter Arbeit entgegen zu wirken und Formen von Zusammenarbeit zu ermöglichen, in denen sich der Mensch ganzheitlicher angesprochen fühlt und seine Tätigkeit als sinnstiftend und erfüllend erlebt. Ein anderer Diskussionsstrang ergibt sich aus der Kritik institutionalisierter Formen des Entscheidens und betrieblichen Aushandelns.“
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Heute feiert Wilhelm Rotthaus seinen 80sten Geburtstag, eine Zahl, die man gar nicht glauben mag, die aber ein großartiger Anlass ist, ihm an dieser Stelle von Herzen zu gratulieren.
Der gemeinsame Forschungspreis 2018 von Systemischer Gesellschaft (SG) und Deutscher Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) wird an Dr. Susanne Witte verliehen. Sie erhält die Auszeichnung für ihre Forschung über Geschwister im Kontext von Misshandlung, Missbrauch und Vernachlässigung.
Qualität der Geschwisterbeziehung und psychische Belastung“ veröffentlicht. Susanne Witte hat anhand einer umfangreichen Befragung von Erwachsenen und Geschwisterpaaren zu ihren Kindheitserfahrungen Faktoren herausgearbeitet, die das Erleben von Misshandlung, Missbrauch und Vernachlässigung begünstigen.
In einem hervorragenden Überblicksartikel in Ausgabe 8(1) der Online-Zeitschrift Psychotherapie-Wissenschaft kritisiert Volkmar Aderhold, Arzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychotherapeutische Medizin sowie Lehrender für Systemische Therapie und Beratung (DGSF), die De-Kontextualisierung und Medikalisierung psychischer Probleme – ein Text, der zur Pflichtlektüre aller Psychotherapeuten gehören sollte. Im abstract heißt es: „Diagnosemanuale der zurückliegenden Jahrzehnte bewirkten oder beabsichtigten eine fortschreitende De-Kontextualisierung psychischer Störungen, die mit einer fortschreitenden Biologisierung der Psychiatrie einherging, die letzten Endes eher der Pharmaindustrie als den PatientInnen dient. Dabei ist die Befundlage der biologischen Psychiatrie alles andere als ermutigend, insbesondere auch deshalb, weil die diagnostischen Kategorien zu wenig valide sind. Das neue System der Research Domain Criteria (RDoC), das von funktionellen neuronalen Teilsystemen des gesunden Gehirns ausgeht, könnte die Neurobiologie weiterbringen. Ob dies gelingt, ist nicht absehbar. Klinische Diagnosen dagegen sollten in erster Linie dem Verstehen und der Verständigung dienen. Da sie grundsätzlich Ergebnis eines sozialen Konstruktionsprozesses sind, sollte ein dialogisches Ko-Konstruieren mit den bedeutungsvollen Anderen in der sozialen Welt des Betroffenen im Zentrum stehen. Notwendig und unhintergehbar ist dabei eine innere und äussere Polyphonie dieser Wirklichkeitskonstruktionen. Psychotherapeutisches Expertenwissen ist Teil dieser Polyphonie.“