Luc Ciompi, Belmont-sur-Lausanne:
Als Beitrag zur Frage „systemisch – was fehlt?“ möchte ich auf eine Lücke hinweisen, mit der ich selbst mich schon seit vielen Jahren herumschlage: Was genau ist der Stellenwert von Gefühlen in der systemischen Theorie und Praxis? Oder, etwas spezifischer gefragt: Wie lässt sich mein Ansatz der Affektlogik (die Lehre vom obligaten Zusammenwirken von Emotion und Kognition) mit der klassischen Systemtheorie vereinen?
Natürlich habe ich selbst dazu schon allerhand Ideen entwickelt, auf die ich hier indes nicht weiter eingehen will. Nur einen einzigen, dafür m. E. ganz grundlegenden Gedanken möchte ich dem geneigten Adventsleser zum Weiterdenken gerne vorlegen: In psychosozialen Systemen aller Art sind Emotionen das dynamische Element. Das heisst, sie liefern die Energie (oder den Antrieb, das Benzin), damit überhaupt irgend etwas läuft (zB: sich etwas verändert). Kognitionen (= letztlich sensorische Unterscheidungen, in meiner Sicht) dagegen liefern das strukturelle, statische oder formale Element. Oder, in einer etwas mechanistischen Metapher: Emotionen sind der (prinzipiell immer wieder gleiche) Treibstoff, Kognitionen die (zunehmend ausgeklügelten) Bauelemente des Motors; nur dank dem sinnvollen Zusammenwirken beider bewegt sich das Automobil (bzw. der einzelne Mensch, die Familie, die Klein- wie Grossgruppe).
Herzlichen Gruß und schöne Weihnachten
Luc Ciompi