systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

11. Februar 2015
von Tom Levold
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Alkoholmissbrauch: 13 % weniger Kinder und Jugendliche im Jahr 2013 stationär behandelt

WIESBADEN – Im Jahr 2013 wurden 23 267 Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 19 Jahren aufgrund akuten Alkoholmissbrauchs stationär in einem Krankenhaus behandelt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, waren das 12,8 % weniger als 2012. Bezogen auf 100 000 Einwohner dieser Altersklasse sank ihre Anzahl gegenüber 2012 von 336 auf 296 (– 12,1 %). Dabei ging der entsprechende Wert bei Mädchen und jungen Frauen um 6,7 % zurück (auf 253 Fälle je 100 000 Einwohner), bei Jungen und jungen Männern verringerte er sich sogar um 15,6 % (auf 336 Fälle je 100 000 Einwohner). 71 % der Kinder und Jugendlichen, die wegen akuten Alkoholmissbrauchs stationär behandelt werden mussten, waren noch keine 18 Jahre alt.

Diese Daten stammen aus der Krankenhausdiagnosestatistik für das Jahr 2013. Demnach wurden insgesamt rund 19,2 Millionen Patientinnen und Patienten vollstationär in einem Krankenhaus behandelt. Die Herzinsuffizienz war mit 396 380 Fällen der häufigste Grund für einen stationären Krankenhausaufenthalt. An zweiter Stelle lagen psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol (338 204 Fälle), worunter auch der akute Alkoholmissbrauch fällt. Danach folgte die Herzerkrankung Vorhofflimmern und Vorhofflattern mit 280 977 Fällen.

Von den 19,2 Millionen vollstationären Patienten waren 53 % weiblich und 47 % männlich. Das Durchschnittsalter der Behandelten lag bei 55 Jahren. Bezogen auf 100 000 Einwohner gab es 2013 insgesamt 23 749 Behandlungsfälle, das waren 0,6 % mehr als im Vorjahr (23 614 Fälle).

via Pressemitteilungen – Diagnose Alkoholmissbrauch: 13 % weniger Kinder und Jugendliche im Jahr 2013 stationär behandelt – Statistisches Bundesamt (Destatis).

10. Februar 2015
von Tom Levold
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Konstruktivistische und systemtheoretische Grundlagen systemischer Mediation

Im Handbuch Mediation und Konfliktmanagement, das Thomas Trenczek, Detlev Berning und Cristina Lenz im Nomos-Verlag 2013 herausgegeben haben, findet sich auch ein Beitrag von Markus Troja, Herausgeber der Zeitschrift Konfliktdynamik, über Konstruktivistische und systemtheoretische Grundlagen systemischer Mediation. Inhaltlich geht es um Themen wie „Wer hat Recht? Wirklichkeiten statt Wahrheit“, „Richtungen des Konstruktivismus“, „Kognition und Wirklichkeitskonstruktion“, „Systemtheoretisches Konfliktverständnis“, „Der Konflikt als System und die Konfliktlösung durch Mediation“, „Konfliktparteien sprechen nicht die gleiche Sprache – Kommunikation in systemspezifischen Codes“, „Konflikt als enttäuschte Erwartung“, „Strukturelles Lernen durch Konflikte“ „Systemisches Denken in der Mediation“, „Kontext statt Eigenschaften – Framing und Reframing in der Mediation“, „Komplexität lässt sich nicht steuen, auch vom Mediator nicht“, „Konsequenzen für die Grundhaltung in der Mediation“ und andere mehr. Dieser Text lässt sich auch auf der Website des Autors nachlesen, und zwar hier…

8. Februar 2015
von Tom Levold
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Kritik an Arzneimittelherstellern – „Die Pharmaindustrie ist schlimmer als die Mafia“

Wer wünscht sich nicht ein langes, gesundes Leben? Die Pharmaindustrie entwickelt, testet und vertreibt die Mittel, die das gewährleisten sollen. Doch der Mediziner Peter C. Gøtzsche hält das gegenwärtige System für gescheitert. Der Däne hat selbst für Arzneimittelhersteller gearbeitet, dann die Seiten gewechselt und leitet heute das Nordic Cochrane Center in Kopenhagen. In seinem Buch „Tödliche Medizin und organisierte Kriminalität“ übt er heftige Kritik an der Branche.
via Kritik an Arzneimittelherstellern – „Die Pharmaindustrie ist schlimmer als die Mafia“ – Gesundheit – Süddeutsche.de.

7. Februar 2015
von Tom Levold
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Deutsche Verhältnisse

Jürgen Kriz

Jürgen Kriz

Unter diesem Titel findet sich in der Zeitschrift Projekt Psychotherapie 1/2014, dem Magazin des Bundesverbandes der Vertragspsychotherapeuten, ein Text „zu den Hintergründen und dem Kontext des Anerkennungsverfahrens Humanistische Psychotherapie“, das der emeritierte Professor für Psychotherapie und Klinische Psychologie an der Universität Osnabrück, Jürgen Kriz verfasst hat. Jürgen Kriz kämpft seit Jahren unermüdlich um die Anerkennung der Humanistischen Psychotherapie wie auch der Systemischen Therapie als wissenschaftlich begründetes Richtlinienverfahren der Psychotherapie, u.a. auch als früheres Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates Psychotherapie. In diesem Artikel kritisiert er den deutschen Sonderweg in der Behandlung von Therapieansätzen, der sich von internationalen Gepflogenheiten deutlich unterscheidet, vor allem hinsichtlich der Frage, was als Verfahren überhaupt in Betracht gezogen wird: „Die deutsche Zulassungslogik (…) richtet sich nicht auf die Qualität von Therapeutenausbildungen mit gegebenenfalls integrativen umfassenden Kompetenzen. Sondern es geht um die Wirksamkeit nach einem medizinisch- pharmazeutischen Modell von abstrakten, umfassenden und reinen, gegeneinander vermeintlich abgeschotteten „Verfahren“ mit jeweils klar zuzuordnenden ,Methoden’.“ Der Text findet sich auf Seite 18 und 19 des Heftes, das komplett online hier gelesen werden kann…

6. Februar 2015
von Tom Levold
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Fehler in der Psychotherapie

Brigitte Schigl

Brigitte Schigl

Im Frühjahr 2014 hielt Brigitte Schigl (Foto: www.psyweb.at/schigl) auf dem ÖAS-Kongress „Fremdgehen“ in Wien einen ausgezeichneten Vortrag über Fehler, die in der Psychotherapie begangen werden, der mir nachhaltig in Erinnerung geblieben ist. Sie skizzierte eine Typologie von Fehlern, die von Alltagsfehlern über Fehler in schwierigen Situationen (inkl. AnfängerInnen-Fehler) bis hin zu Kunstfehlern und ethischen Fehlhandlungen reicht. Gemeinsam mit Birgitta Gahleitner hat sie für das Online-Journal Psychotherapie-Wissenschaft 2013 einen Text zum gleichen Thema veröffentlicht, der frei zugänglich ist. In ihrem Fazit schreiben die Autorinnen:

„Die Haltung gegenüber Fehlern kann generell unter zwei Gesichtspunkten betrachtet werden: Einer davon ist technisch und versucht, Fehler zu vermeiden, da sie als Störquellen und Abweichungen optimalen Funktionierens betrachtet werden. Eine andere Einstellung zu Fehlern entspricht mehr der menschlichen Verfasstheit – nämlich, Fehler als Input zu sehen, an dem wir wachsen können; eine Kultur der Fehlerfreundlichkeit oder zumindest Fehlertoleranz öffnet ein Lernfeld, in dem PsychotherapeutInnen wagen, ihre Mängel zu sehen (ohne sich zu verdammen) und die Erkenntnisse daraus nützen, besser zu werden – in unserem Falle proaktiv mit Fehlern umzugehen (…). Eine solche Haltung einzunehmen, ist die wohl breiteste und wichtigste Forderung für alle psychotherapeutisch Arbeitenden (…). Dazu sind die Akzeptanz eigener (menschlicher) Unvollkommenheit, Offenheit und Lernbereitschaft nötig, wie sie in einer fehlerfreundlichen Haltung wachsen können. Weiterlesen →

4. Februar 2015
von Tom Levold
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Dietrich Bonhoeffer (4.2.1906-9.4.1945)

Glück und Unglück,
die rasch uns und überwältigend treffen,
sind sich im Anfang,
wie Hitze und Frost bei jäher Berührung,
kaum unterscheidbar nah.

Wie Meteore
aus überirdischer Ferne geschleudert,
ziehen sie leuchtend und drohend die Bahn
über unseren Häuptern.
Heimgesuchte stehen betroffen
vor den Trümmern
ihres alltäglichen, glanzlosen Daseins.

Groß und erhaben,
zerstörend, bezwingend,
hält Glück und Unglück,
erbeten und unerbeten,
festlichen Einzug
bei den erschütterten Menschen,
schmückt und umkleidet
die Heimgesuchten
mit Ernst und mit Weihe.

Glück ist voll Schauer,
Unglück voll Süße.
Ungeschieden scheint aus dem Ewigen
eins und das andre zu kommen.
Groß und schrecklich ist beides.
Menschen, ferne und nahe,
laufen herbei und schauen
und gaffen
halb neidisch, halb schaudernd,
ins Ungeheure,
wo das Überirdische,
segnend zugleich und vernichtend,
zum verwirrenden, unentrinnbaren,
irdischen Schauspiel sich stellt.
Was ist Glück? Was ist Unglück?

Erst die Zeit teilt beide.
Wenn das unfaßbar erregende, jähe Ereignis
sich zu ermüdend quälender Dauer wandelt,
wenn die langsam schleichende Stunde des Tages
erst des Unglücks wahre Gestalt uns enthüllt,
dann wenden die Meisten,
überdrüssig der Eintönigkeit
des altgewordenen Unglücks,
enttäuscht und gelangweilt sich ab.

Das ist die Stunde der Treue,
die Stunde der Mutter und der Geliebten,
die Stunde des Freundes und Bruders.
Treue verklärt alles Unglück
und hüllt es leise
in milden,
überirdischen Glanz.

Dietrich Bonhoeffer

(geschrieben im KZ Buchenwald, Juni 1944)

4. Februar 2015
von Tom Levold
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Sind Laienhelfer, Berater und Therapeuten gleich wirksam? Anmerkungen zu einer bedeutsamen und ungeklärten Frage

Jürgen Beushausen

Jürgen Beushausen

Unter diesem Titel hat Jürgen Beushausen bei socialnet.de unter der Rubrik Materialien einen längeren Text veröffentlicht, der sich in der Tat mit einer bedeutsamen Frage beschäftigt. In seiner Zusammenfassung schreibt er: „Ältere Untersuchungen zeigen, so Müller-Kohlenberg (1996), dass Selbsthilfe, Beratung und Psychotherapie gleich wirksam sind. In diesem Beitrag wird erörtert, wie diese Befunde interpretiert werden können und welche möglichen Schlüsse für das psychosoziale Handeln gezogen werden können. Vorgestellt werden vom Autor keine theoretische Fundierung oder eindeutige Antworten zu diesem umfangreichen Thema, sondern subjektive Anmerkungen, Versatzstücke und Anregungen um eine kritische (Selbst)Reflektion anzuregen. Einführend wird aufgezeigt, dass sich in der Fachliteratur keine einheitliche Beschreibung der Aufgaben und Funktionen von Beratung, Therapie und Selbsthilfe findet, sondern, dass sich diese Beschreibungen widersprechen und insbesondere an den jeweiligen Interessen der Helfergruppen ausrichten. Vorgeschlagen wird in den Mittelpunkt einer Bewertung psychosozialen Handelns die Wirk- und Passungsfaktoren zu stellen. Da alle Interventionen nicht nur wirken, sondern auch Nebenwirkungen, Risiken und mögliche Schäden beinhalten, wird hierauf in einem Exkurs eingegangen. Abschließend werden erste Schlussfolgerungen gezogen, empfehlenswerte Haltungen der Helfer benannt und ein Passungsmodell vorgestellt.“ Der lesenswerte Text plädiert dafür, problemangemessene Kooperationsformen zwischen verschiedenen Hilfeformen zu entwickeln bzw. zu verstärken: „Für die psychosoziale Praxis bedeutet dies: Entscheidend ist neben der Person des Beraters die Passung von Methode, Konzept, Setting und Intervention. Im Mittelpunkt steht die passende Wahl der jeweiligen Helfergruppe. Die Auswahl der geeigneten Interventionen berücksichtigt Kriterien von Wirksamkeit, ethische Aspekte und die Interessen des Beraters und seiner Institution. Um Nebenwirkungen und Schäden präventiv zu vermeiden ist selbstreflektorisch zu fokussieren, ob eine ausreichende „Passung“ gegeben ist.“

Zum vollständigen Text…

3. Februar 2015
von Tom Levold
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In Deutsch­land le­ben 2,5 Millionen Fami­lien mit Migra­tions­hinter­grund

WIESBADEN – Im Jahr 2013 gab es in Deutschland 8,1 Millionen Familien mit minderjährigen Kindern. Davon hatten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) gut 2,5 Millionen Familien einen Migrationshintergrund. Das heißt, mindestens ein im Haushalt lebender Elternteil besitzt eine ausländische Staatsangehörigkeit, hat die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erhalten oder ist Spätaussiedler. Somit hatte fast jede dritte Familie (31 %) ausländische Wurzeln. Das zeigen die Ergebnisse des Mikrozensus, der größten jährlichen Haushaltsbefragung in Deutschland. Im Vergleich zu 2005 – hier wurde erstmals der Migrationsstatus im Mikrozensus abgefragt – hat sich die Zahl der Familien mit Migrationshintergrund um 131 000 erhöht (2005: rund 2,4 Millionen). Der Anteil der Familien mit Migrationshintergrund an allen Familien betrug damals 27 %. Die Gesamtzahl der Familien mit minderjährigen Kindern ist im Vergleich zu 2005 hingegen gesunken, und zwar um 837 000. Damals gab es noch 8,9 Millionen Familien mit minderjährigen Kindern in Deutschland. (Quelle: Statistisches Bundesamt)

3. Februar 2015
von Tom Levold
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Neuroleptika minimal – warum und wie

Volkmar Aderhold, Jg. 1954, ist Arzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychotherapeutische Medizin. Nach mehr als 25 Jahren Tätigkeit in der Psychiatrie, u.a. 10 Jahre als Oberarzt im Bereich Psychosen der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf arbeitet er seit 2006 am Institut für Sozialpsychiatrie der Universität Greifswald. Er ist ausgewiesener Spezialist für Anwendungschancen und -schäden von Neuroleptika und kennt wie kaum ein anderer den Forschungsstand zu diesem Thema. Auf der website des Psychiatrie-Verlages befindet sich ein ausführlicher Text von ihm, der dort folgendermaßen eingeführt wird: „»Neuroleptika minimal – warum und wie« lautet der Titel eines neuen, 68-seitigen Aufsatzes von Dr. Volkmar Aderhold vom Institut für Sozialpsychiatrie an der Universität Greifswald. (…) Auf 68 Seiten verarbeitet der Psychiater Volkmar Aderhold die Forschungsergebnisse aktueller Studien zur Behandlung mit Neuroleptika zu einem psychopharmaka-kritischen Aufsatz. Er behandelt dabei unter anderem Themen wie: Wirksamkeit der Neuroleptika, Unterschiede zwischen Neuroleptika der 1. und 2. Generation, Supersensitivitätspsychosen, Überdosierungen und Polypharmazie, Nebenwirkungen wie Übergewicht, Metabolisches Syndrom, Diabetes und plötzlicher Herztod, Akutbehandlung mit Neuroleptika, Langzeitbehandlung mit und ohne Neuroleptika, Studien zum Absetzen von Neuroleptika, Psychopharmaka bei Kindern und Jugendlichen, Neuroleptika bei Menschen über 40, Prädiktoren für Rückfälle, Prädiktoren für erfolgreiches Absetzen, die Hauptfehler üblicher psychiatrischer Behandlungssysteme, Kognitive Therapie statt Neuroleptika bei psychotischen Symptomen“. Der Text steht zum Download zur Verfügung und ist allen zu empfehlen, die in einem Arbeitsbereich tätig sind, in dem Neuroleptika verabreicht werden.

30. Januar 2015
von Tom Levold
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Konfliktregelung zwischen Nähe und Distanz: Entflechtung von Konfliktparteien in Organisationen

Konfliktdynamik 4(1): 2015

Konfliktdynamik 4(1): 2015

Mit diesem Titel geht die Zeitschrift Konfliktdynamik in ihren vierten Jahrgang. Auch wenn sich die meisten Menschen das wünschen, ist die Wiederherstellung von Kooperation, Wohlwollen oder gar Harmonie in der Beratung und Mediation von Konfliktpartnern nicht immer zu erreichen. Manchmal kann ein gutes Ziel der Klärung auch die Entflechtung der Konfliktparteien sein, d.h. die Reduzierung oder Beendigung von Kooperation. Eine solche Lösung birgt natürlich auch wieder eigene Probleme, mit denen sich eine wirklich ergebnisoffene Beratungsstrategie auseinandersetzen muss. Die Komplexität und Ambivalenz eines solchen Spannungsfeldes für Mediation und Beratung auszuloten ist das Ziel des aktuellen Themenheftes. Eine genaue Übersicht über dieses Heft finden Sie hier. Darüber hinaus finden Sie jetzt auch die kompletten bibliografischen Angaben des Jahrgangs 2014, in denen es u.a. Themenhefte zu „kalten Konflikten“ und „heißen Konflikten“ gab, sowie die Angaben zu den Jahrgängen 2012 und 2013 im neuen Layout.

29. Januar 2015
von Tom Levold
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Lob des Zauderns

Rudolf Klein gehört nicht nur zu den erfahrensten Suchttherapeuten im deutschsprachigen Raum, er vermag auch wie nur wenige andere theoretische Einsichten und praktische Überlegungen auf eine ebenso inhaltlich schlüssige wie formal elegante Weise dem Fachpublikum zu vermitteln. Hatte er schon 2002 mit „Berauschte Sehnsucht“ systemisch-konstruktivistische Ideen auf den Bereich der Therapie süchtigen Trinkens angewendet und mit vielen Praxisbeispielen und kommentierten Transkripten veranschaulicht, bietet er mit seinem neuesten Buch „Navigationshilfen für die systemische Therapie von Alkoholabhängigkeiten“ an, die allen PraktikerInnen nur ans Herz gelegt werden können. In seiner Einleitung schreibt er: „Die dargestellten Überlegungen und Vorgehensweisen sind in einer langjährigen ambulanten Praxis entstanden. Unter diesen Bedingungen konnten zwei unterschiedliche Perspektiven miteinander verknüpft, reflektiert und weiterentwickelt werden: einerseits konkrete therapeutische Erfahrungen mit abhängig trinkenden Menschen, ihren Schicksalen, Bewältigungsversuchen, Hoffnungen und Enttäuschungen; andererseits theoretische und therapeutische Vorannahmen über das Phänomen der Alkoholabhängigkeit. Durch die Reibung dieser beiden Perspektiven entstand ein Ansatz, der sowohl theoretische als auch praktisch-therapeutische Zugänge bietet.

Rudolf Klein (2014): Lob des Zauderns

Rudolf Klein (2014):
Lob des Zauderns

Im folgenden Text werden die therapeutischen Verläufe von vier erwachsenen Klienten – Frau Müller, Herrn Meier, Herrn Hans und Herrn Hoffmann – dargestellt. Obwohl die vier Klienten auf den ersten Blick sehr unterschiedliche Lebensverläufe und Lebensbedingungen aufweisen, lassen sich bei genauerem Hinsehen doch erstaunliche Ähnlichkeiten finden, die für die theoretischen Annahmen relevant sind. Trotz, besser: wegen dieser erstaunlichen Ähnlichkeiten erfordert jedoch jeder therapeutische Prozess einen individuell angepassten und zugeschnittenen Weg der Veränderung und Wandlung.

Beides will und soll dieses Buch liefern: Die individuellen Unterschiede werden in einem übergeordneten Konzept integriert, und das übergeordnete Konzept wird im therapeutischen Verlauf individualisiert. Das Buch strebt dreierlei an: zum einen Menschen Anstöße für die Reflexion des eigenen Trinkverhaltens geben und damit einen Beitrag zu ihrer Entscheidung für oder auch gegen eine Veränderung liefern; zum zweiten Menschen ermutigen, den Weg in professionelle Therapien einzuschlagen, auch wenn sie diesen Weg zwischenzeitlich als untauglich bewertet oder ihn aus anderen Gründen bislang vermieden haben; und drittens Kolleginnen und Kollegen neugierig auf die Arbeit mit süchtig Trinkenden machen und dadurch die Angebotspalette für alkoholabhängige Menschen erweitern – über die oft stark eingefahrenen theoretischen Sichtweisen und praktischen Angebote der traditionellen Suchtkrankenhilfe hinaus“. „Wer im Labyrinth der Alkoholtherapien Orientierung sucht, kommt um dieses Buch nicht herum“, schreibt Arnold Retzer im Klappentext des Buches, und da kann man ihm nur zustimmen. Das tut jedenfalls auch Hans Schindler, der das Buch gelesen hat und rezensiert.  Weiterlesen →