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Am 26. Mai ist Jerzy Jakubowski überraschend gestorben. Er war Lehrtherapeut der Saarländischen Gesellschaft für Systemische Therapie und Mitbegründer des mittlerweile größten systemischen Weiterbildungsinstituts in Poznań in Polen. Wir sind uns nicht häufig, aber immer mit Sympathie und Respekt begegnet – auf den SG-Mitgliederversammlungen und anlässlich meiner Workshops bei der SGST im Saarland, wo er mir noch im November 2018 die Ehre gab, an einem Paartherapie-Seminar teilzunehmen, und in Poznań, wo wir uns gelegentlich miteinander auf ein Glas Wein getroffen haben. Auch wenn wir manchmal inhaltlich unterschiedliche Ansichten über Fragen der Therapie hatten, hat mich seine radikale Offenheit und Neugier sowie sein hintergründiger, fast schon schwejkhafter Humor immer sehr beeindruckt. Rudolf Klein, der seit über 30 Jahren mit Jerzy zusammen gearbeitet hat, hat für systemagazin einen Nachruf verfasst.
Rudolf Klein, Merzig: Nachruf auf Jerzy Jakubowski
Jerzy Jakubowski ist tot. Er starb vollkommen überraschend am 26. Mai 2021 in Saarbrücken. Er wurde 84 Jahre alt. Jerzy war ein langjähriger Kollege und Weggefährte in unserem Institut der Saarländischen Gesellschaft für systemische Therapie.
Ich habe Jerzy Ende der 80er Jahre kennengelernt. Er arbeitete damals in einer Fachklinik für Alkohol- und Medikamentenabhängige in Saarbrücken und interessierte sich für systemische Ansätze in der Psychotherapie. Da war die Idee naheliegend, ihn in unser gerade gegründetes systemisches Institut einzuladen. Sehr schnell lernten wir ihn als neugierigen und gleichzeitig erfahrenen Kollegen zu schätzen.
Eine nähere kollegiale Beziehung entstand, als er mich gelegentlich einlud, mit ihm gemeinsam Familiengespräche mit seinen Patienten im Rahmen der stationären Therapie zu führen. Diese Kooperation wurde Anfang der 90er Jahre deutlich intensiver, als er mich fragte, ob ich bereit wäre, mit ihm gemeinsam einen Grundkurs in systemischer Therapie in seinem Heimatland Polen anzubieten. Wir ahnten damals nicht, welche Erfahrungen wir machen und was wir in Bewegung setzen würden. Mal ganz davon abgesehen, dass die ersten Seminare in einem unbeheizten Kindergarten auf Kinderstühlen abgehalten wurden, hat sich daraus heute, 30 Jahre später, aus Teilen der damaligen Ausbildungsgruppe das größte systemische Ausbildungsinstitut in Polen entwickelt. Jerzy war der Vater dieses gewaltigen Projekts. Er hat das schier unmögliche mit seinem unermüdlichen Einsatz, seiner findigen Art, seinem unerschütterlichen Optimismus und seiner außergewöhnlichen Kreativität möglich gemacht.
Er brachte das Kunststück fertig, eine jugendliche Spannkraft, gepaart mit einer fast kindlichen Neugierde und einer große Lebens- und Therapieerfahrung zu kombinieren. Diese Melange hat nicht nur viele unserer Ausbildungskandidaten tief bewegt und nachhaltig beeindruckt – mich hat das zutiefst bewegt.
Natürlich zeigte er mit seiner Kraft, seiner Hartnäckigkeit, seinem Willen zur Freiheit und seiner kritischen Distanz zu Regelungen, Strukturen und Einschränkungen jeglicher Art auch Ecken und Kanten, die sich durchaus auf der Ebene der Institutsorganisation in manchen Spannungen und Differenzen Bahn brachen. Diese in den letzten Jahren ausgetragenen Differenzen verstellten mir niemals den Blick auf den Menschen Jerzy, auf seine Art, das Schicksal und die Wiederfahrnisse seines Lebens zu tragen, die schönen Seiten seines Lebens zu genießen und mit Stolz auf seine Liebe zu seiner Frau Wanda und seinen Kindern Weronika und Radomir zu schauen.
Nun ist er plötzlich und unerwartet weg, von uns gegangen, verschwunden. Vieles, was ich und wir noch hätten sagen können und müssen, bleibt nun ungesagt. Vieles, was er noch geplant hatte, wird nicht mehr umgesetzt werden können. Die gemeinsame Zeit ist zu Ende gegangen. Sein Tod lässt uns zurück, lässt uns mit dem nicht mehr Sagbaren alleine und lässt uns eine Lücke fühlen, die sich niemals schließen wird. Wir, und da spreche ich sicherlich für meine Kolleg*innen der SGST und für viele, die ihn aus anderen Kontexten kannten, werde ihn sehr vermissen.