Auch wenn Wolfgang Tschacher heute vor 65 Jahren in Hohengehren (Baden-Württemberg) geboren wurde, dürfte er nach dem wunderbaren Bukarester EM-Achtelfinale, in dem die Schweiz die favorisierten Franzosen in dieser Nacht per Elfmeterschießen aus dem Wettbewerb geschossen haben, schön in seinen Geburtstag hinein gefeiert haben, hat er seinen beruflichen und privaten Lebensmittelpunkt doch nun schon fast 30 Jahre in Bern. Sein Studium der Psychologie und einigen Semestern Philosophie an der Universität Tübingen schloss er 1990 mit der Promotion in Psychologie in Tübingen ab, woran sich eine Tätigkeit als Familientherapeut und wissenschaftlicher Mitarbeiter in Tübingen anschloss, bis er 1992 die Position des Forschungsleiters an der sozialpsychiatrischen Universitätsklinik (SPK) in Bern (Schweiz) antrat. 2002 gründete er die Abteilung für Psychotherapie an den Universitären Psychiatrischen Diensten Bern (UPD). Er leitet die Forschungseinheit Experimentelle Psychologie der Universität und ist einer der herausragenden Psychotherapieforscher, die einem systemtheoretischen und synergetischen Ansatz verpflichtet sind. Von 2007 bis 2010 war er Präsident des European Chapter der Society for Psychotherapy Research (SPR).
Im Zentrum seiner Forschung stehen Embodiment, nonverbale Synchronie in der sozialen Interaktion und allgemein das Verhältnis zwischen Körper und Geist. Zusammen mit Günter Schiepek und Ewald Johannes Brunner begründete er 1990 die Konferenzreihe Herbstakademie zum Thema Synergetik, Systemtheorie und Embodiment in Psychologie und Sozialwissenschaft. Bis 2019 fanden 20 Herbstakademien unter Mitwirkung von Hermann Haken statt, zu Themen wie Embodied Cognition (2000) in Ascona mit Andy Clark, Thomas Metzinger und Esther Thelen oder Embodied Aesthetics (2017) an der Universität zu Heidelberg mit Thomas Fuchs, Vittorio Gallese, Hartmut Rosa, Winfried Menninghaus und anderen. Im Kontext synergetischer und phänomenologischer Konzepte eröffnet seine kreative Nutzung von qualitativen und quantitativen Forschungsmethoden neue Perspektiven auf die Wechselwirkungen von psychischen, sozialen und körperlichen Prozessen, die im systemischen Feld viel zu wenig rezipiert werden. „Die Bedeutung von Embodiment für Psychologie und Psychotherapie“ hat er 2012 in einem programmatischen Artikel mit Maja Storch verdeutlicht, seine neueste Veröffentlichung über den Zusammenhang von „Embodiment und Wirkfaktoren in Therapie, Beratung und Coaching“ aus dem Jahre 2021 ist als Open Access in der Zeitschrift OSC erschienen und hier abrufbar.
Lieber Wolfgang, zum 65. Geburtstag herzliche Glückwünsche und weiterhin viel Erfolg für deine vielfältigen Forschungsprojekte, die unser Feld auf Dauer so großartig bereichern.
Tom Levold
Herausgeber systemagazin