3. Dezember 2012
von Tom Levold
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3. Dezember 2012
von Tom Levold
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Dick ist nicht immer dick!
Das heutige Adventskalendertürchen machen Haja Molter und Karin Nöcker aus Köln auf, beide LehrtherapeutInnen am Weinheimer Institut für Familientherapie:
Haus des Seins
(Martin Heidegger)(1)
In der Arbeit mit Menschen im Kontext interkultureller Begegnungen ist es wichtig, eine Sensibilität dafür zu entwickeln, wie kulturelle Unterschiede die Bedeutungsgebung der gesprochenen Sprache entscheidend mitbestimmen. Begriffe wie Autonomie und Individuation z.B. hohe westliche Werte haben in anderen Kulturen eine völlig andere Bedeutung, sie sind nicht mit einem so hohen Wert belegt wie in der westlichen Kultur.Wenn Berater einem Konzept folgen, wo Beratung bedeutet, dass Klienten die Bereitschaft zeigen müssen, über ihre Probleme zu reden und diese sich ihrer Wahrnehmung nach verweigern, dann wird schnell von Widerstand, Unfähigkeit, Boykott, Mangel an Problembewusstsein, Veränderungsmotivation und Verantwortungsübernahme gesprochen. Dabei übersehen sie, dass der kulturelle Hintergrund der Klienten ein kultursensibles Beratungskonzept verlangt.
In einer Supervision stellte eine Teilnehmerin den Fall einer in Deutschland lebenden jungen indischen Familie vor. Ihre Herausforderung bestand darin, in der Erziehungsberatung mit den Eltern eine Ebene der Kooperation zu finden. Sie beschrieb das fast resigniert mit den Worten: Ich bekomme keine Eintrittskarte in das Familiensystem. Bisher hatte sie vorsichtig versucht, die Eltern auf das Dick sein ihres vierjährigen Jungen, des jüngsten von drei Kindern, anzusprechen. Die Eltern konnten das Verhalten ihres Jungen nicht als problematisch ansehen und verstanden nicht so recht, was an ihrem glücklichen Jungen problematisch sein sollte.
Die Eltern hatten auf Empfehlung der Erzieherinnen des Kindergartens die Beratungsstelle aufgesucht. Die Erzieherinnen fanden, dass der Junge zu dick sei, sie formulierten schon in Richtung der möglichen Diagnose: Adipositas. Die Eltern sagten in der Beratung: Das wächst sich aus, wenn er erst mal in die Schule kommt, bei unseren anderen Kindern war das auch so und jetzt ist doch alles gut
Alle Versuche, mit Hausaufgaben und Empfehlungen Einfluss auf ihr Erziehungsverhalten zu nehmen, waren bisher gescheitert. Die Beraterin wertete das als Nichtkooperation.In der Reflexion des Falles hatte die Supervisandin Gelegenheit, sich mit einer Teilnehmerin der Supervisionsgruppe austauschen. Diese Frau war drei Jahre mit einem Inder liiert und hatte in dieser Zeit Anschluss an seine Familie in Indien gefunden. In dem Gespräch konnten wichtige kulturelle Unterschiede herausgearbeitet werden. Fazit war: Pummelige Kinder sind ein Zeichen besonderer Liebe und Fürsorge der Eltern ihren Kleinkindern gegenüber und indische Familien bereden ihre Probleme nur im familiären Kontext. Gegenüber Fremden sind sie gastfreundlich und höflich.
Durch die Anregung der Supervisorin wurde eine Lösungsidee entwickelt, die diese Regel Probleme werden nur im Kontext der Familie besprochen – nicht verletzt und gleichzeitig das Anliegen der Beraterin, das Dick sein mit Hilfe der Erziehungsberatung bei den Eltern zu thematisieren, aufgreift.
Die Teilnehmer wurden eingeladen, auf Moderationskarten dazu Fragen zu formulieren. Die Supervisorin hatte die Idee, diese Fragen dem familiären System zur Verfügung zu stellen und die Eltern einzuladen, sich gemeinsam zuhause Zeit zu nehmen und zu überlegen, welche Fragen wichtig wären, innerhalb der Familie zu besprechen.
Die Beraterin wollte dann die Eltern bitten, die ausgewählten Fragen auf den Karten, sofern sie diese das als hilfreich fänden, in die nächste Sitzung als Rückmeldung mit zu bringen, ohne dass darüber gesprochen werden sollte.
Die Supervision ermöglichte es der Teilnehmerin, eine kultursensible Sichtweise auf die Familie zu entwickeln, ihr Beratungskonzept zu modifizieren, um die Familie in den Beratungskontext zu integrieren.
In einer späteren Supervision berichtete sie, dass es Ihr gelungen war, ein Arbeitsbündnis mit der Familie herzustellen.
(1) Heidegger, M. (1949. Über den Humanismus. Frankfurt a.M.: Klostermann, 1949. S. 5.
2. Dezember 2012
von Tom Levold
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Jürgen Hargens wird 65! eine herzliche Gratulation und eine Besprechung seines neusten Buches
Normalerweise erscheinen Buchbesprechungen im systemagazin ja in einer eigenen Sektion. Aber dieses Mal hat Cornelia Tsirigotis ihre Besprechung als Gratulation zu Jürgen Hargens 65. Geburtstag ausgestaltet, der ich mich nur von Herzen anschließen kann. Als mich Jügen Hargens im Januar 1983 – also vor ziemlich genau 30 Jahren – fragte, ob ich Lust hätte, an der projektierten„Zeitschrift für Systemische Therapie“ mitzuwirken, war ich 29, er 35 – wie geht die Zeit dahin 🙂 Was Jürgen Hargens in den 80er Jahren mit der Zeitschrift geschaffen hat, hat wie kaum ein anderes Projekt die Systemischen Therapie in Deutschland konzeptuell nach vorne gebracht, dafür gebührt ihm Dank und allerhöchste Anerkennung. Da trotz Eintritt in das Rentenalter kein Zweifel daran besteht, dass er auch zukünftig als kundiger Wegbegleiter aktiv sein wird, können wir beruhigt sein und alles Gute wünschen!
und nun zum Text von Cornelia Tsirigotis über sein Buch Kundige Menschen sind HeldInnen. Lösungs- und ressourcenorientierte Arbeit. Einblicke Orientierungen – Möglichkeiten. Dortmund 2012 (Borgmann):
Zeitlich passend zum Übergang in das Rentenalter hat Jürgen Hargens ein Buch geschrieben, in dem er auf den Kern kommt, was systemisches oder lösungs- und ressourcenorientiertes Arbeiten ausmacht, sozusagen den in vielen Jahren zur (Komplexitäts)Reduktion eingekochten Saft seines professionellen Tuns: einzuladen, zur Beobachterin eines Geschehens zu werden, aus unterschiedlichen Perspektiven und darüber zu sprechen. (S. 38). Auf dem Boden (radikal)konstruktivistischer Ideen – es ,gibt nicht nur das eine, sondern auch das andere und möglicherweise noch mehr (S. 104) – wird die Rolle der TherapeutIn im therapeutischen Geschehen bescheiden.
Er erzählt uns von seiner professionellen Entwicklung und ihren Phasen, von Sprüngen und Umwälzungen durch das Studium systemischer Literatur Ende der 70iger Jahre2. In einfachen Sätzen wird deutlich, wie sich große komplexe Ideen in kleinen therapeutischen Anstößen und Handlungsschritten in der Arbeit mit kundigen Menschen breit machten in der konsequenten Bezeichnung seines Gegenübers in der therapeutischen Arbeit als kundigen Menschen kommt der Kern, die grundsätzliche professionelle Haltung – wertschätzen und respektieren – zum Ausdruck: Ich habe die Erfahrung gemacht meine Konstruktion -, dass es sich bewährt, etwas zu tun und bei diesem Tun zugleich die Unterschiedlichkeit der Menschen zu respektieren und zu würdigen. (S. 29). Kundige Menschen als HeldInnen das erinnert mich an Hero Client3 und daran, dass meine Gegenüber in der therapeutischen Arbeit die HeldInnen des Geschehens sind und auch HeldInnen in ihrer Lebensbewältigung.
Mich hat an Jürgen Hargens Texten immer schon beeindruckt, wie es ihm gelingt, die respektvolle und wertschätzende Haltung für mich als Leserin spürbar werden zu lassen. Er macht das, indem er beschreibt, wie er Haltung ganz kleinschrittig in konkrete Handlungen übersetzt. Das macht diese Buch aus, die Erzählungen, wie fast unmerklich große theoretische Grundlagen und Ideen in seine Fragen münden und wie die kundigen Menschen dann antworten, wie er eine andere Rahmung anbietet, Möglichkeitensprache im Konjunktiv, ein vor den kundigen Menschen geführter Meta-Dialog
die Selbstreflexion, die für Professionalität unabdingbar sei, die verständnisvolle Zurückhaltung (S. 83) des nicht zu schnell Verstehens. Jürgen Hargens bleibt dabei bescheiden, als Therapeut in Bezug auf die Wirksamkeit seines Tuns, als Autor, indem er erzählt, was beim einfachen und nicht leichten (im Sinne Steve de Shazers) Arbeiten mit kundigen Menschen geholfen hat.
Es ist ein kleines großes Buch geworden. Wenngleich nicht das erste Hargens-Buch, das ich gelesen habe, ich habe mir diesen zum Jus verdickten Hargens-Saft angeregt und mit Gewinn für meine eigene professionelle Haltung zu Gemüte geführt und ich vermute, dass die Beschäftigung nachhaltige Auswirkungen auf mich haben könnte welche, wird sich noch zeigen. Ein Buch also für alle Phasen der professionellen Entwicklung (S. 15ff), von der Laienhelfer-Phase (S. 16) bis zur senior professional phase (S.17)
Lieber Jürgen, alles Gute und ein gutes Beginnen Deiner persönlichen senior professional phase!
Cornelia Tsirigotis (Frankfurt am Main)
PS: PS: Als Zugabe gibt es noch eine kurze Besprechung des spannenden Sammelbandes zum Reflektierenden Team, das Jürgen Hargens gemeinsam mit Arist von Schlippe 1998 herausgebracht hat – von Johannes Herwig-Lempp.
2. Dezember 2012
von Tom Levold
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Dialog der (Regional-)Kulturen
Inspiriert vom letzten Thema der DGSF-Tagung in Freiburg,„Dialog der Kulturen — Kultur des Dialogs“, beschlossen die Mitarbeiter des Carl-Auer Teams, sich bei einem gemeinsamen Geburtstagsessen in der jeweiligen„Muttersprache“ zu unterhalten. Diese Art der Kommunikation führte zu einigen sprachlichen Missverständnissen — war aber auch durchaus amüsant – und ist ihr Beitrag zum diesjährigen Adventskalender – viel Vergnügen!
1. Dezember 2012
von Tom Levold
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Stell Dir vor, es herrscht kulturelle Vielfalt – und keiner geht hin…
Liebe Leserinnen und Leser,
der diesjährige Adventskalender ist eröffnet. Nach anfänglicher Skepsis, ob das mit dem Kalender überhaupt etwas werden würde, bin ich jetzt zuversichtlich, dass wir die 24 Türchen zusammenbekommen. Zwei Drittel der Beiträge sind da, lassen Sie sich ermutigen, auch selbst noch etwas beizusteuern, das Thema„Interkultureller Dialog“ ist interessant genug, auch über den 24.12. hinaus weitergeführt zu werden. Die gesammtelten Texte werden zum Schluss in einem gemeinsamen PDF noch zum Download bereitstehen. Den Anfang macht heute der Psychologe und Ethnologe Clemens Metzmacher, der sein„Atelier für systemische Beratung und Supervision“ in Dresden betreibt. Lesen Sie, was er uns zu erzählen hat:
1. Stell Dir vor, es herrscht kulturelle Vielfalt – und keiner geht hin
Gerade lese ich die wiederholte Einladung von Tom Levold zur Einsendung von Geschichten aus interkulturellen Begengungen für diesen Adventskalender mit der verwundert klingenden Frage, ob denn keine interkulturellen Begegnungen stattfänden, da fast keine Einsendungen eingetroffen seien. Ich fühle mich erinnert, denn das ist mir schon oft so ergangen: Wie oft habe ich gehört, dass das Problem der interkulturellen Verständigung wirklich drängend sei. Da müsse man unbedingt mal z.B. ein Seminar zu machen. Und wenn dann eines angeboten wird kommt niemand.
Mit warmem Gefühl denke ich an einen Einrichtungsleiter einer Kinder- und Jugendhilfe-Einrichtung, der sich in eine Schnupper-Veranstaltung zu diesem Thema verirrt hatte. In einer kleinen Übung fand er sich plötzlich in einer Minderheitengruppe wieder und erlebte, wie es sich anfühlt, nicht mehr Teil der normgebenden Gruppe zu sein. Ich habe mich in dieser kurzen Situation richtig ausgestoßen gefühlt, richtig anders. Und ich hatte das Gefühl, dass den anderen das eigentlich egal ist. Das war hart. Er ging mit dem Gefühl aus der Veranstaltung, dass das Thema Umgang mit Andersartigkeit, in das er das Thema Interkulturalität umbenannte, doch auch sein eigenes Thema ist, denn er hatte einmal auf eine andere Seite geschaut.
2. Zugang zum System von ganz woanders
Meinen ganz individuellen Zugang zur systemischen (Familien-)Therapie habe ich vor etlichen Jahren in KwaZulu/Südafrika gefunden: Während einer längeren Mitarbeit in einem Selbsthilfeprojekt von Behinderten in weit abgelegenen Bergtälern hat es mich irritiert zu erleben, wie viel mehr sich die Menschen als Teil einer Familie oder Gruppe erleben, denn als Individuum. Das war ein völlig anderes Selbst-Erleben, als ich mir das bisher vorstellen konnte. Und das hatte auch im Umgang mit fast allen Lebensbereichen tiefgreifende Konsequenzen, angefangen beim Umgang mit Leiden (Therapien) bis hin zur Eigentumsverteilung. Als Philosophie formuliert steht dahinter: Umuntu ubuntu xabantu (Der Mensch ist Mensch durch andere Menschen). Bei genauerem Hinschauen, fing ich an, diese Anteile bei mir selbst zu entdecken. Als systemischer Familientherapeut ist das mittlerweile nicht mehr überraschend, aber dennoch sind mir die genannten Erlebnisse immer wieder eine Hilfe, die Tiefgründigkeit dieses Gedankens wach zu halten. Für mich steht die Wiege der Familientherapie in Südafrika.
Ein weiterer frappierender Aspekt dieses Arbeitsaufenthalts war der allgegenwärtige Rassismus, ein gelebter Diskurs, an dem ich teilnehmen musste, ob ich wollte oder nicht. Und natürlich wollte ich nicht. Auf der späteren Suche, dieses Phänomen für mich auch theoretisch fassbar zu machen, bin ich bei der Systemtheorie luhmann’scher Prägung gelandet: Gesellschaft als Kommunikation.
Ein drittes Mal überwältigt war ich viel später bei einem anderen Arbeitsaufenthalt in der Elfenbeinküste: Die Menschen verhielten sich mir als Weißem gegenüber lange nicht so unterwürfig, wie ich es oft in Südafrika erlebt hatte. Mir wurde schlagartig deutlich, wie stark ich bestimmte Erlebnisse als Persönlickeitszuschreibung mit Hautfarbe bzw. einem europäisch generalisierenden Begriff Afrika verknüpft hatte und wie wenig ich den Kontext einbezogen hatte. Kurz: Wie rassistisch ich bin! Ich bin jetzt etwas vorsichtiger geworden. Deutlicher hätte ich für mich die Lektion vielleicht nicht lernen können, die ich später in der Kybernetik zweiter Ordnung fand: Als Beobachter erschaffe ich das System immer mit. Vor allem aber versuche ich heute immer wieder, mich als Beobachter zu beobachten. Denn da stecken noch viele Rassismen.
Das Erlebnis, als Weißer in verschiedenen Kontexten in Afrika zu leben, stößt mich immer auf einen Punkt, der mir im systemtheoretischen Diskurs bislang etwas fehlt: Das Wissen darum, dass ich Weißer bin. Das ist mir sonst ja so selbstverständlich, dass ich es gar nicht zu thematisieren brauche. Vor allem aber prägt es mich so, dass ich das gar nicht merke. Es geht mir um das Benennen und das Hinterfragen des Selbstverständlichen. Etwas weiter sind wir vielleicht in der Geschlechterdebatte. Ich wünsche mir, dass auch im systemtheoretischen Diskurs die Frage nach der Verortung von uns als Beobachtern genauer beleuchtet wird. Als Frage formuliert: Von welchen Positionen aus gesehen bin ich anders – und was ist die Konsequenz?
3. Häusliche Gewalt – auf Englisch
Sie hatte sich mit ihrem Mann angemeldet als Täterin bei häuslicher Gewalt. Ihr Mann sollte mitkommen, weil er natürlich auch was damit zu tun hat. Sie, resolute und Kompetenz ausstrahlende Mitteleuropäerin, er aus Zentralasien stammend. Als Beratungsteam arbeiten wir bei Paaren gemischtgeschlechtlich, um eine Balance herzustellen. Angefragt war Beratung in Englisch, da er kein Deutsch könne.
Sie sind beide gekommen. Die Situation ist komplex, da meine Kollegin nur wenig Englisch spricht. Auch er spricht so wenig Englisch, dass selbst seine Frau ihn oft nicht versteht. Ihre Beziehungssprache sei Englisch, er lerne Deutsch, sie könne seine Sprache nicht sprechen. Es geht bisher nur um den Beratungsrahmen. Alles ist zäh, dauert ewig. Er zeigt sich als Besucher, es wird jedoch immer deutlicher, dass er massive körperliche Gewalt ausübt. Mehr und mehr gibt sie sich als Opfer zu erkennen. Die aufenthaltsrechtlichen Fragen sind recht komplex. Zentraler Dreh- und Angelpunkt ist das gemeinsame Kind und die unterschiedlichen Ansprüche an die Elternschaft
Beratungsalltag in meiner Beratungsstelle. Ich habe den Eindruck, dass man an jedem Eckchen anfangen könnte und müsste, dass überall Fallstricke lauern. Um so mehr bin ich überrascht, dass er wiederkommen will. Und beim nächsten Termin bin ich gerührt, als er beginnt, sich zu öffnen und plötzlich etwas von Herzlichkeit spürbar wird: Er ist angekommen. Sie auch. Aber jeweils einzeln. Eine Lösung haben wir als Beratende nicht, können wir auch nicht haben. Und das ist vielleicht das Entlastende, niemand verlangt, dass wir die Expertenlösung für diese Komplexität haben. Wir gestalten den Prozess und den Rahmen, mir kommt der Satz einer Lehrtherapeutin in den Sinn: Wenn Du schnell sein willst, sei langsam
30. November 2012
von Tom Levold
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„re-source“ in Zagora: 8.-15. Februar 2014
Vom 8.-15. Februar wird eine ganz besondere Tagungswoche in Zagora (Marokko) für Professionelle aus Therapie, Beratung, Supervision und Coaching unter dem Thema„re-source“ stattfinden, veranstaltet von Liane Stephan, Mohammed El Hachimi und Tom Levold. Die dahinterliegende Idee geht davon aus, dass eine tragfähige Beziehung zwischen Professionellen und Kunden den entscheidenden Faktor für einen erfolgreichen Beratungsprozess darstellt. Die Persönlichkeit des Professionellen ist daher eine wesentliche Ressource in der Beratungspraxis. Neben dem expliziten Wissen um Theorien, Konzepte und Methoden, also allem, was gelernt und wiedergegeben werden kann, kommt es im Beratungsprozess ganz wesentlich auf das implizite Wissen der Professionellen an, d.h. auf ihre Erfahrung und Könnerschaft, ihre Präsenz, ihre Intuition und ihre Fähigkeit, unterschiedliche Wissensbestände situativ zu einer guten Gestalt zu verbinden.Dieses implizite und intuitive Wissen ist im Unterschied zum (meist schulenspezifischen) Lehrbuchwissen nicht ohne weiteres vermittelbar, sondern im eigenen Stil und der eigenen Vorgehensweise„embodied“, d.h.„verkörperlicht“. Die Tage in Zagora sollen einen Zugang zur Mobilisierung vorhandenen und Entwicklung neuen impliziten und intuitiven Wissens eröffnen. Routinen und volle Terminkalender legen nahe, Gewohntes abzurufen anstatt Neues zu wagen, Sicherheit zu suchen, anstatt sich neuen Erfahrungen auszusetzen. Verengung statt Erweiterung. Meist fehlt es an Zeit, sich zu überprüfen, zu spüren und die Sinnespotenziale zuzulassen. Um den Zugang zu diesen besonderen Re-Sourcen zu aktivieren und Selbsterweiterung zu ermöglichen, sind reflexive Zugänge weniger hilfreich. Wir schaffen mit einem Angebot an kreativ-expressiven Methoden wie Gestaltung, Malerei, Tanz, Theater, Musik usw. einen Rahmen, in dem die Teilnehmenden mit ihren Potentialen in Kontakt kommen können. Da Menschen von- und miteinander lernen, schaffen wir darüber hinaus Raum für die Vernetzung kollektiven Wissens und den Transfer in den professionellen Arbeitskontext der Beteiligten.
An der Tagung beteiligt sind Maria Amon (Malerei), Steve Clorfeine (Theater), Thomas Hecking (Musik), Matthias Ohler (Denken und Schreiben), Ulrich Schlingensiepen (Fotografie), Anke Böttcher (Rhythm) und Jürgen Kriz (Reflexion). Ort ist das Riad Lamane in Zagora, die Kosten betragen für Tagungsgebühren inkl. Unterkunft und Vollpension 989,00 . Da die Anzahl der Plätze begrenzt ist, empfiehlt sich eine baldige Buchung.
Alle Informationen zur Tagung gibt es hier
29. November 2012
von Tom Levold
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Dieser lebende Tod – dieses sterbende Leben
Von Kurt Buchinger, bestens bekannt für seine Beiträge zur systemischen Supervision und Organisationsberatung, sind schon einige Texte in der Systemischen Bibliothek des systemagazin zu lesen. Heute geht es um einen außergewöhnlichen und sehr persönlichen Text, der auf einem Vortrag basiert, in dem Kurt Buchinger sich mit seiner eigenen Erkrankung, dem Tod und dem Lebenswillen auf eine berührende und herausfordernde Weise auseinandersetzt, die Mut machen kann und soll. Dabei geht es ihm nicht um den 100sten Bericht über eine Spontan-oder ‚Wunderheilung‘, sondern um riskante Entscheidungen und die Überwindung oder Aufhebung der damit verbundenen„anthropologischen Widersprüche“. Der unbedingt lesenswerte Text schließt folgendermaßen ab:„Das Lebendige Allgemeine, das ich im Besonderen mehr erleben als begreifen durfte, lautet: Dieses Leben ist in seiner Fülle nur als sterbendes Leben, als lebender Tod zu haben. Und das ist etwas anderes als das viel strapazierte wunderbare ‚Stirb und Werde‘. Denn es ist keine Aufeinanderfolge von Tod und Leben in der Achterbahn des Lebens, es ist deren ruhige immer währende Gleichzeitigkeit, echte Gegenwart. Nur so, als sterbendes Leben, als lebender Tod lässt uns das Leben seinen gesegneten Reichtum erahnen, zu dem der Tod die Türe öffnet. Das alles auf eigenes Risiko, natürlich“.
Zum vollständigen Text
28. November 2012
von Tom Levold
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Virtual Issue Solution-Focused Brief Therapy
Auf der Online-Seite des Verlagshauses Wiley ist seit heute eine„virtuelle Ausgabe“ von Artikeln zum lösungsfokussierten Ansatz aud dem Journal of Marital and Family Therapy zu finden. Enthalten sind 15 Beiträge der vergangenen Jahre u.a. aus der Feder von Steve de Shazer, Alex Molnar, Eve Lipchik, Terry S. Trepper, Yvonne Dolan u.v.a. Alle Beiträge sind bis zum 15. Februar kostenfrei erhältlich,
und zwar hier
27. November 2012
von Tom Levold
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Jimi Hendrix (27.11.1942-18.9.1970)
25. November 2012
von Tom Levold
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Teaching Family Therapy-Centered Integration: Assimilation and Beyond
Seit Mitte der 90er Jahre gibt es in den USA Bemühungen, in einem systemischen Rahmen unterschiedliche therapeutische Ansätze auf pragmatische Weise zu integrieren. Bekannte Vertreter dieses Ansatzes sind William Pinsof und Peter Fraenkel, die 2001 im Journal of Psychotherapy Integration eine Arbeit über die Vermittlung dieses Konzeptes verfasst haben. Im abstract heißt es:„This article addresses key themes in the teaching of family therapy-centered integration and describes the critical role of assimilative integration. The tenets of assimilative integration provide a framework for introducing students to multiple systemic theories and techniques while allowing them to maintain a secure base in one main theory. This form of integration is compared and contrasted to theoretical eclecticisrn, which guides students to become securely based in multiple theories through providing a framework for selecting which systemic approach to use when and with whom. Other issues that shape the form, content, and process of integrative training are discussed including the role of institutional culture and clinical needs, the importance of fully incorporating issues of diversity and social oppression, and the relational context within which teaching and learning take place“
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24. November 2012
von Tom Levold
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Weihnachten 2012: Radiatoren für Norwegen
23. November 2012
von Wolfgang Loth
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Ressourcenorientierte und reflexive Beratung
Schule ist mittlerweile von einem Lehr- und Lern- zu einer Art Lebensort geworden. Ganztagsschulen werden zur Regel. Das ist nicht nur eine Zeit- und Organisationsfrage. Vielmehr ent- und verwickeln sich in diesem Rahmen Lebensthemen, die weit über das mehr oder weniger erfolgreiche Erlernen von„Stoff“ hinausgehen. Die Menschen, die diese Lebensthemen am eigenen Leib erfahren und zur sozialen Realität werden lassen, zu begleiten, ihnen Orientierung zu geben, womöglich Halt, ist zu einer besonderen Herausforderung für Schulen und ihre LehrerInnen geworden. Zwar mag ein erfolgreicher„Abschluss“ immer noch im Vordergrund stehen. Doch dürfte es einer der tragischen Irrtümer sein, dies für bare Münze zu nehmen. Was ist gemeint, wenn es von Schulen heißt, sie seien„weiterführend“? Wohin? Und auf welcher Basis? Unerschöpfliche Themen. Um so notwendiger dürften Anregungen und Orientierungshilfen sein, die über die Grenzen sogenannter Sachzwänge hinausweisen. Hierzu scheint mir eine Arbeit interessant, die Birgit Jäpelt (Foto: Universität Erfurt) im Jahr 2004 unter dem Titel Ressourcenorientierte und reflexive Beratung Erfurter Moderations Modell Prozess eines Curriculums zur systemisch konstruktivistischen Beratung und Moderation als Dissertation an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Erfurt vorlegte. Die Autorin skizziert, es solle mit dieser Arbeit ein Versuch unternommen werden, systemisch konstruktivistische Theorien zum Ausgangspunkt für Veränderungen vertrauter Konzepte vom Lehren, Lernen, Beraten und Forschen zu nehmen. Damit soll ein Fortbildungskonzept in ressourcenorientierter und reflexiver Beratung und Moderation begründet werden. Der hier dokumentierte Kurs nimmt eine Fortbildung von (Sonder-)PädagogInnen in systemisch konstruktivistischer Beratung und Moderation (8 x 3 Tage) zum Ausgangspunkt für die Erarbeitung eines Ausbildungscurriculums (S.5f.). Kontextdekonstruktion und Kooperation erweisen sich dabei als Schlüsselwörter. Das Curriculum spiegelt eine vertiefte und sinnstiftende Auseinandersetzung mit Prämissen und Begrifflichkeiten der Postmoderne wieder, und basiert auf Ressourcen und Partizipation als Leitmotiven. Die Inszenierung konkreter Lehr- und Lernprozesse beginnt und endet in ihrem je spezifischen Kontext, schreibt Jäpelt, Lehrende sind dabei Begleitung für eine Etappe auf dem Weg der Lernenden zu einer erwünschten Kompetenz, die mit einem relativen Anteil in der Zukunft liegen kann. Ein solches Denken entspricht dem Anspruch von lebenslangem Lernen. Es geschieht ein Übergang von der einen in eine andere (Lern-)Umgebung. Diesen Prozess explizit zum Thema zu machen, ist aus meiner Sicht die eigentliche Konsequenz der hier vertretenen theoretischen Anbindung. Dabei scheint es mir besonders bedeutsam, über weitere Möglichkeiten der Kooperation nachzudenken und dafür genügend Raum und Zeit einzuplanen (S.265). An letzterem geht kein Weg vorbei auch das vorliegende Konzept geriert sich nicht als Zaubermittel doch dürfte das als Hürde oft schon zu hoch sein. Da jedoch über das jetzt forcierte Thema der Inklusion eine engere Kooperation von Regel- und Sonderpädaogik notwendig werden wird, könnte das in dieser Arbeit vorgestellte, auf SonderpädagogInnen zugeschnittene Curriculum, eine weiterführende Chance haben: Veränderungen beginnen im Kopf. Diese Annahme sollte dazu führen, im schulischen Kontext mehr als bisher üblich, die eigenen Vorannahmen in Frage stellen zu können und neugierig zu sein auf andere(s). Damit würde der Beitrag der SonderpädagogInnen für die Institution Schule darin bestehen, den PädagogInnen der Grund- und Regelschulen ein Werkzeug / eine Idee anzubieten, mit den als anders erlebten SchülerInnen umzugehen und Aussonderungsprozesse zu reduzieren.
Zum Volltext der Dissertation geht es hier
21. November 2012
von Tom Levold
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wissenschaftlicher Förderpreis der Systemischen Gesellschaft 2013
Im kommenden Jahr schreibt die Systemische Gesellschaft (SG) – im Wechsel mit der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) – wieder einen wissenschaftlichen Förderpreis vor allem für jüngere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus. Die Ausschreibung verfolgt das Ziel, die Relevanz Systemischen Denkens für die therapeutische und beraterische Praxis zu verdeutlichen und die Forschung in diesem Bereich anzuregen. Ausgezeichnet wird eine Diplomarbeit, Dissertation, Habilitation oder ein anderes (auch außeruniversitäres) Projekt, das empirische Forschungsdesigns entwickelt, das eine mit Systemischen Modellen kompatible und innovative Methodik aufweist und das sich auf praxisrelevante Bereiche aus der Therapie, Gesundheitsversorgung,
Supervision, Beratung und auf institutionelle Innovationsprozesse bezieht.
Der wissenschaftliche Förderpreis ist mit 3.000,- Euro dotiert.
Ein unabhängiges fünfköpfiges Gutachtergremium entscheidet über die Vergabe des Preises. Die Preisvergabe erfolgt im Rahmen der SG-Mitgliederversammlung im April 2013 in Berlin. Bitte reichen Sie Ihre Arbeit bis zum 14. Dezember 2012 in dreifacher Ausführung ein an: Systemische Gesellschaft e.V.„Wissenschaftlicher Förderpreis“ Brandenburgische Straße 22, D-10707 Berlin.
Weitere Informationen hier