systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

20. Oktober 2015
von Tom Levold
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Anni Michelmann wird heute 70!

Anni Michelmann

Anni Michelmann

Heute feiert Anni Michelmann (Foto: ptk-nrw.de) ihren 70. Geburtstag – und systemagazin gratuliert von Herzen. In der systemischen Szene ist sie von Anfang an aktiv gewesen und hat vor allem durch ihre verbandlichen und berufspolitischen Aktivitäten einen sehr wichtigen Beitrag dafür geleistet, dass die Systemische Therapie heute die Anerkennung erfährt, die ihr gebührt. 1987 war sie an der Gründung des Dachverbandes für Familientherapie und Systemisches Arbeiten (DFS) beteiligt und war für den DFS im Jahre 2000 auch an den Fusionsverhandlungen mit der DAF beteiligt, die in die Gründung der DGSF mündete. Seit der Jahrtausendwende war sie unermüdlich in der Vertretung der Interessen von systemischen TherapeutInnen aktiv und verfolgte die damit verbundenen fach- und berufspolitischen Aufgaben in einem äußert komplexen und kraftraubenden politischen Kontext der Kooperation von rund 30 psychotherapeutischen und pädagogischen Berufs- und Fachverbänden, die sich im „Gesprächskreis II“ (GKII) und in der „Arbeitsgemeinschaft Zugang und Qualitätssicherung der Ausbildung in Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie“ (AZA-KJP) zusammengeschlossen hatten, mit starkem persönlichen Einsatz. Als langjährige berufspolitische Vertreterin von SG und DGSF stand sie im kontinuierlichen Austausch mit Ministerien, Parteien, Krankenkassen, Kassenärztlichen Vereinigungen, Psychotherapeutenkammern sowie dem Gemeinsamen Bundesausschuss. SG und DGSF werden – insbesondere seit der staatlichen Anerkennung der Systemischen Therapie als wissenschaftliches Verfahren – zunehmend als wichtige Gesprächs- und Verhandlungspartner wahrgenommen. Aus diesen Funktionen hat sie sich nun zurückgezogen, in ihrer Bonner Praxis ist sie weiterhin als Psychologische Psychotherapeutin niedergelassen. Gemeinsam mit Kurt Ludewig, Arist von Schlippe, Wilhelm Rotthaus, Gisal Wnuk-Gette und Friedebert Kröger haben wir gemeinsam 2004 den EFTA-Kongress für Systemische Therapie in Berlin mit über 3.500 Teilnehmern organisiert – eine schöne Zeit und gute Erinnerung.

Liebe Anni, zum 70. ganz herzliche Glückwünsche, bleibe gesund und munter – und weiter so tatkräftig wie eh und je!

Tom Levold

3. Oktober 2015
von Tom Levold
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Alter und Altern

Familiendynamik-2015-04

 

Die Familiendynamik schließt mit dem aktuellen Themenheft zu „Alter und Altern“ ihren 40. Jahrgang ab. Im Editorial schreiben Hans Rudi Fischer und Ulrike Borst: „Weil die Lebenserwartung des Einzelnen in den letzten Jahrzehnten immer weiter gestiegen ist, die Geburtenraten andererseits aber stetig sinken, steht die Alterspyramide auf dem Kopf und der demografische Wandel führt in eine alternde Gesellschaft. Es tut sich in unseren Breitengraden eine Schere auf: Wir werden immer älter und fürchten zugleich das Altern immer mehr. Eine Lebensspanne von 30 Jahren nach Pensionierung wird wahrscheinlicher; sie wirft neue Fragen nach sinnvoller Lebensgestaltung und neuen Lebensformen auf. Demgegenüber stehen Angst vor Demenz und Siechtum; Vorsorge- und andere Vollmachten haben Konjunktur. Wie wird man in einer alternden Gesellschaft alt, wie in einer Paarbeziehung? Wie altern Männer im Unterschied zu Frauen? Welche neuen Formen des Zusammenlebens gibt es? Diese Fragen stehen im Fokus dieser Familiendynamik. Die Wahrnehmung des Alters und des Alterns ist seit jeher ambivalent, sie oszilliert wie im Vexierbild.“

Das Heft enthält u.a. Beiträge von Ralph Kunz, Astrid Riehl-Emde und Thomas Friedrich-Hett,  alle abstracts und bibliografischen Angaben gibt es hier…

30. September 2015
von Tom Levold
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Vom allmählichen Verschwinden der Gruppenverfahren

Oliver König

Oliver König

Heute feiert Oliver König seinen 64. Geburtstag, systemagazin gratuliert von Herzen. Dem systemischen Feld ist Oliver König, Soziologe, Supervisor und Gruppendynamiker, durch seine fundierten und kritischen Arbeiten zur Aufstellungsarbeit und zur Gruppendynamik bekannt. 2011 hat er in der Zeitschrift Psychotherapeut einige sehr lesenswerte Thesen zum Niedergang der Gruppenverfahren in der psychosozialen Landschaft veröffentlich, die auf einem Vortrag beruhen, den er am 09.10.2009 in Wien zum 50-jährigen Jubiläum der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Gruppenpsychotherapie und Gruppendynamik (ÖAGG) auf dem Kongress „Die Gruppe – Antwort auf die Zeit“ gehalten hat. Im Abstract heißt es: „Die in den kulturellen Umbrüchen der 1960er und 1970er Jahre prominent gewordenen Verfahren des Arbeitens mit Gruppen, v. a. Gruppenanalyse, Gruppendynamik und Psychodrama, die zuerst im therapeutischen und pädagogischen Bereich und dann zunehmend auch in der Arbeitswelt zur Anwendung kamen, verlieren in allen Bereichen an Bedeutung. Der Beitrag diskutiert in 6 Thesen die möglichen Gründe hierfür, v. a. im deutschsprachigen Raum. Argumentiert wird mit: 1. der Ausdifferenzierung des psychosozialen Felds, 2. der (erfolgreichen) Diffusion der Verfahren, 3. dem Intermezzocharakter des Erfolgs, 4. dem Unvermögen zur Modernisierung, 5. den ambivalenten Folgen von Modernisierungsprozessen und 6. den Veränderungen in der kulturellen Bedeutung von Gruppe.“

Den vollständigen Text kann man hier lesen…

29. September 2015
von Tom Levold
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Paarinterviews als teilnehmende Beobachtung. Präsente Abwesende und zuschauende DarstellerInnen im Forschungsgespräch

In einem sehr spannenden Text für die neue Ausgabe des Forum Qualitative Sozialforschung schreiben Stefan Hirschauer, Anika Hoffmann & Annekathrin Stange über die Analyse von Paarinterviews, die von Forschern durchgeführt werden. Ihr Fokus liegt dabei darauf, dass Paare in Forschungsinterviews über ihr Leben als Paar eben keine schlichten „Auskünfte“ erteilen, sondern das Gespräch als sozialen Kontext benutzen, um sich selbst als Paar darzustellen und zu inszenieren. Auch wenn man keine Forschung in diesem Sinne betreibt, sondern z.B. als PaartherapeutIn arbeitet, ist dieser Text äußerst lesenswert, denn auch der therapeutische oder beraterische Kontext ist natürlich einer, in der eine besondere Beobachtung, Beschreibung und Inszenierung der eigenen Paarbeziehung im Lichte des Therapiekontextes hervorgebracht wird. Im abstract heißt es: „In diesem Aufsatz schlagen wir eine Perspektive auf Paarinterviews als Formen teilnehmender Beobachtung vor. Ihre Betrachtung als Forschungsgespräche, in denen ,InformantInnen’ ,Auskünfte’ geben, wird zu wenig dem Umstand gerecht, dass es sich um je spezifische soziale Situationen handelt, deren Verlauf und praktische Verwendung durch die Teilnehmenden zu verstehen ist. In dem Artikel befassen wir uns mit fünf Aspekten: 1. Schon Monologe über Paarbeziehungen sind ,polyphon’, nämlich durchsetzt mit den Äußerungen abwesender Dritter, deren Stimmen durch die Sprechenden aufgerufen werden. 2. In Paarinterviews kommt es zur dialogischen Koproduktion von Äußerungen, bei der das Paar nicht nur miteinander spricht, sondern gemeinsam Sprechakte vollzieht. 3. Die Sprechenden sind aber auch Zuhörerende und Beobachtende der Darstellung der eigenen Beziehung durch ihre PartnerInnen und lernen sie auf diese Weise neu kennen. 4. In ,Interaktionen über Bande’ nutzen sie die Anwesenheit der Interviewenden, um ihren PartnerInnen etwas besonders nachdrücklich mitzuteilen, also ihr Gehör zu erzwingen. 5. In direkten Interaktionen, in denen sie vor dritten Personen Konflikte reinszenieren oder um die Gestaltung einer Geschichte konkurrieren, wird ihre private Beziehung unmittelbar in das Interview hineingezogen. Insgesamt stellt der Aufsatz eine Vielfalt von Gebrauchsweisen des Interviews durch jene Teilnehmende fest, für die es kein Verfahren der Datenerhebung ist.“

Zum vollständigen Text geht es hier…

22. September 2015
von Tom Levold
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Uli Clement wird 65!

clement_uliHeute feiert Uli Clement (Foto: carl-auer.de) seinen 65. Geburtstag und systemagazin gratuliert an dieser Stelle – gemeinsam mit anderen Gratulanten! Mit seinen originellen und tiefgründigen Überlegungen und Konzepten zur Dynamik von Paar- und Sexualbeziehungen hat er den systemischen Ansatz nicht nur um sexualtherapeutische Perspektiven grundlegend erweitert, sondern durch seine Bücher und viele Medienauftritte (einige davon über diesen Link zu finden) die systemische Perspektive auch in der Öffentlichkeit einem breiteren Publikum nahebringen können. Sein Buch „Systemische Sexualtherapie“ gehört nicht nur zum Besten, was über diesen Thema geschrieben worden ist, es ist auch eins der besten Bücher aus dem systemischen Feld überhaupt. Als Autor pflegt er einen leichten, äußerst eleganten Stil, dabei inhaltlich treffsicher und gehaltvoll, der ihn aus dem Felde deutlich heraushebt – es macht einfach Spaß, ihn zu lesen. Dieser Stil zeichnet auch seine Auftritte auf Tagungen und Kongressen und in den Medien aus – dabei ist eine feine Ironie ein stets angenehmer Begleiter seiner Erörterungen. Lange Zeit fungierte er gemeinsam mit Fritz Simon und Arnold Retzer als Herausgeber der Familiendynamik, im Carl-Auer-Blog „Verkehrsnachrichten“ spießt er aktuell die Früchte seiner (Medien-)-Lektüre auf unterhaltsame und nachdenkliche Weise auf. Kurz, Uli Clement und seine Beiträge sind aus dem Systemischen Feld nicht wegzudenken. Dass das noch lange so bleiben möge, wünschen wir Dir, lieber Uli, von ganzem Herzen.

Alles Gute und herzliche Glückwünsche

Tom Levold
Herausgeber systemagazin

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19. September 2015
von Tom Levold
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Ächtung des Selbstlobs und Probleme der Kompetenzdarstellung

Stefan Kühl

Stefan Kühl

In einem spannenden Beitrag für den von Thomas Kurtz und Michaela Pfadenhauer 2010 im VS Verlag herausgegebenen Band „Soziologie der Kompetenz“ befasst sich Stefan Kühl, Soziologe und Systemtheoretiker an der Universität Bielefeld (Foto: uni-bielefeld.de) mit dem Problem der Kompetenzdarstellung von Professionellen. Seine These lautet, „dass es in vielen Bereichen notwendig ist, vom Klienten als kompetent wahrgenommen zu werden, um überhaupt seine Kompetenzen anwenden zu können. Jeder, der mit Klienten arbeitet, ist gezwungen, nicht nur kompetent zu agieren, sondern bei den Kunden auch Kompetenzvermutungen zu mobilisieren: Ein Friseur ist darauf angewiesen, seinen Kunden Kompetenz zu signalisieren, damit ihm diese eine möglichst störungsfreie Beschneidung ihrer Haare erlauben. Ein Beratungsteam muss dem Klienten die Sicherheit vermitteln, dass es ein Problem lösen kann – und zwar auch dann, wenn es das erste Mal auf so ein Problem stößt und keine bewährten Routinen für dessen Lösung hat.“ Es bedarf also nicht nur des Vorhandenseins von Kompetenzen, sondern auch einer Kompetenzdarstellung, die es den Klienten ermöglicht, Kompetenzen den Professionellen zuzurechnen. „Eine Psychoanalyse setzt eine Aneinanderreihung gelungener Interaktionen zwischen Analytiker und Klient voraus. Damit die Interaktion mit dem Klienten gelingt, ist es notwendig, dass dieser die Aneinanderreihung von „Hmms“, „Hmms“ nicht als Sprachfehler des Analytikers, sondern als kompetente professionelle Gesprächsführung begreift. Auch der Erfolg eines Gesprächs zwischen Supervisor und Supervisand, zwischen Coach und Coachee stützt sich darauf, dass der Klient dem Berater eine Kompetenzvermutung entgegenbringt. Aber wie macht man das? Wie erzeugt man beim Klienten eine Kompetenzvermutung?“ Offensichtlich ist man als Angehöriger einer Profession nicht gut beraten, die eigene Kompetenz zu direkt („Selbstlob“) in den Blick zu rücken, weil dies Zweifel und Irritationen darüber weckt, wie es denn mit der Kompetenz bestellt ist, wenn so nachdrücklich auf sie hingewiesen wird. Es zeigt sich, dass das Problem der Kompetenzdarstellung Paradoxien eröffnet, die nicht ohne weiteres grundsätzlich zu lösen sind. Der Text ist auf der website von Stefan Kühl zu lesen, und zwar hier…

18. September 2015
von Tom Levold
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Warum die Beschäftigung mit Philosophie für Psychotherapeut(inn)en nützlich sein mag

Peter Kaimer

Peter Kaimer

Ich lese momentan mit großem Interesse und Gewinn „Die Lehren der Philosophie. Eine Kritik“ des Philosophen Michael Hampe, der an der ETH in Zürich lehrt. Das Buch ist 2014 im Suhrkamp-Verlag erschienen und kontrastiert die Tradition einer behauptenden mit der einer erzählenden Philosophie. Dabei ist ihm die sokratische Perspektive des radikalen Fragens und in-Frage-Stellens ein Leitmotiv. In der Zeitschrift für systemische Therapie und Beratung (4/2014) hat Peter Kaimer aus Bamberg (Foto: psychotherapie-stadler-kaimer.de) einen schönen Rezensionsessay über diesen lesenswerten Band verfasst, der auch auf seiner website zu lesen ist, und zwar hier…

17. September 2015
von Tom Levold
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International Systemic Research Conference Heidelberg University, March 8-11 2017

forschungskogress-2017-first_announcementIm März 2017 wird der zweite Internationale Systemische Forschungskongress in Heidelberg stattfinden, der gemeinsam mit der Forschungstagung 2014 die lange deutschsprachige Tradition der Heidelberger systemischen Forschungstagungen in ein europäische Kongressformat überführt hat. Jetzt ist die erste Ankündigung der Kongresspräsidenten Jochen Schweitzer und Matthias Ochs heraus:

„Dear Colleague:

Encouraged by the quality and atmosphere of the March 2014 European Systemic Research Conference with 300 participants, it is with pleasure that we now announce the 2017 conference. It is intended to become an international conference, with sponsoring associations and participants even beyond Europe. The conference venue will be the same: New University building in Heidelberg Old City. It will be slightly longer, from Wednesday to Saturday, allowing for more in-depths discussions and informal exchange. Fees will vary by countries, to enable colleagues from low income countries to attend. Weiterlesen →

16. September 2015
von Tom Levold
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Unbegleitete Einreisen Minderjähriger aus dem Ausland lassen Inobhutnahmen 2014 stark ansteigen

Im Jahr 2014 hat die Zahl der Minderjährigen, die aufgrund einer unbegleiteten Einreise aus dem Ausland in Obhut genommen wurden, stark zugenommen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, kamen 2014 rund 11 600 Kinder und Jugendliche ohne Begleitung einer sorgeberechtigten Person über die Grenze nach Deutschland, das waren 5 000 Minderjährige oder 77 % mehr als im Jahr 2013 und sechsmal mehr als im Jahr 2009.

Rund 10 500 dieser jungen Menschen (90 %) waren männlich, dagegen reisten nur etwa 1 100 Mädchen unbegleitet nach Deutschland ein. Von den 11 600 eingereisten unbegleiteten Minderjährigen haben im Jahr 2014 laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 4 400 (38 %) einen Asylantrag gestellt.

Insgesamt haben im Jahr 2014 die Jugendämter in Deutschland knapp 48 100 Kinder und Jugendliche in Obhut genommen. Das waren gut 5 900 Minderjährige (+ 14 %) mehr als 2013. Der Zuwachs bei den Inobhutnahmen im Jahr 2014 resultierte mit einem Anteil von 85 % ganz überwiegend aus den unbegleiteten Einreisen aus dem Ausland.

Quelle: Pressemitteilungen – Unbegleitete Einreisen Minderjähriger aus dem Ausland lassen Inobhutnahmen 2014 stark ansteigen – Statistisches Bundesamt (Destatis)