systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

24. Dezember 2017
von Tom Levold
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systemagazin Adventskalender: Zwischen Engagement und Distanzierung

Tom Levold, Köln: Zwischen Engagement und Distanzierung

Dass der Adventskalender auch in diesem Jahr 24 Türchen voll bekommen würde, habe ich bis vor wenigen Tagen noch nicht so richtig geglaubt – der Vorrat reichte immer nur für wenige Tage. Umso erfreuter bin ich, dass es wie in den vergangenen Jahren am Schluss doch ein spannender und auch gelegentlich spannungsgeladener Kalender geworden ist. Dafür möchte ich mich schon jetzt bei allen bedanken, die zu diesem Kalender mit ihren Texten beigetragen haben.

Mit meiner Einladung, über „systemisches Engagement“ nachzudenken, habe ich mir nicht wirklich klargemacht, welchen Raum für unterschiedliche Bedeutungen ich damit eröffnet habe. Aber irgendwie war dieser Begriff  irreführend und produktiv zugleich. Mein persönlicher Ausgangspunkt war die Beschäftigung mit der Frage, wofür ich mich engagiere und engagieren will – oder eben auch nicht – und welche Rolle systemisches Denken und Handeln hierfür spielen kann. Die inhaltliche Fülle und Breite der Beiträge hat deutlich gemacht, dass unter Engagement sehr viel Unterschiedliches verstanden werden kann. Weiterlesen →

23. Dezember 2017
von Tom Levold
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systemagazin Adventskalender: Zwischen Allparteilichkeit und engagiertem Partei Ergreifen – Gedanken aus einem engagierten Kontext

Cornelia Tsirigotis, Aachen: Zwischen Allparteilichkeit und engagiertem Partei Ergreifen – Gedanken aus einem engagierten Kontext

Systemisches Engagement oder Engagement von systemisch denkenden und handelnden  Menschen? Seit dem Erscheinen des diesjährigen Themas „systemisches Engagement“ druckse ich herum am Widerspruch oder der Gratwanderung zwischen Systemischen Haltungen wie Neutralität, Allparteilichkeit oder Multiperspektivität und Engagement. Aus meiner Sicht entspringt das sich Engagieren eher aus einer Haltung der Parteilichkeit: sich für etwas oder jemanden einzusetzen, sich über Missstände aufregen zu können und an ihrer Beseitigung arbeiten, sein Herz für jemanden zu erwärmen, der in Not ist, sich zugunsten von jemand, der das nicht so gut kann, einzumischen… Auch Engagement braucht eine Haltung, es entspringt aus den Fähigkeiten, sich über Missstände aufregen zu  können, benachteiligungssensibel wahrzunehmen, sprungbereit zu sein und vieles mehr.  Weiterlesen →

22. Dezember 2017
von Tom Levold
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Lynn Hoffman (10.9.1924-22.12.2017)

Gestern morgen ist Lynn Hoffman im Alter von 93 Jahren an den Folgen einer schweren Lungenentzündung gestorben. Sie gehörte zu den wichtigen PionierInnen der Familientherapie und darunter zu denen, die in den 80er Jahren und danach am entschiedensten die Wende zu konstruktivistischen und dann zu sozialkonstruktivistischen Ansätzen vollzogen haben.

Sie wurde am 10.9.1924 in Paris geboren, ihre Mutter (Ruth Reeves (1892–1966) war Malerin und Textilgestalterin. Lynn Hoffman schloss 1946 ein Studium der Englischen Literatur mit Auszeichnung ab und kam über die professionelle Arbeit u.a. mit psychiatrischen Texten in Verbindung mit der familientherapeutischen Szene jener Jahre. 1967 brachte sie gemeinsam mit Jay Haley das Buch „Techniques of Family Therapy“ heraus, in dem verschiedene Familientherapeuten zu ihrer Arbeit anhand von Transkripten von Therapiesitzungen interviewt wurden. 1969 begann sie ein Studium der Sozialarbeit und spezialisierte sich in Familientherapie. Aus ihrer Zusammenarbeit mit Haley resultierte auch ihre zunächst strategische Therapieorientierung – das änderte sich in den 80er Jahren, seit dieser Zeit vertrat sie einen post-systemisch/post-modernen/kollaborativen Ansatz.

In Deutschland wurde sie in den 80er Jahren durch den Band „Grundlagen der Familientherapie“ bekannt, der trotz seiner grauenvollen Druckqualität als echtes Grundlagenwerk zum Renner in der systemischen Szene hierzulande wurde. 1987 erschien ein Diskussionsband mit Luigi Boscolo, Gianfranco Cecchin und Peggy Penn über den Mailänder Ansatz, der 1997 auch in deutsch herauskam. 2002 schrieb sie ihre „intimate history“ der Familientherapie, in der sie ihre eigene und die Geschichte des familientherapeutischen Ansatzes (und darüber hinaus) reflektiert, ein spannender Band, der seiner Übersetzung noch harrt.

Lynn war aber nicht nur als Autorin, sondern auch als Herausgeberin erfolgreich, die sie u.a. für die Family Process und das Journal of Marital & Family Therapy war. Bis sie sich 2000 zur Ruhe setzte, lehrte sie viele Jahre als Lehrtherapeutin am Ackerman Institute und an der Smith College School of Social Work in New York.

Ich lernte Lynn Hoffman 1981 in Zürich kennen, wo sie im September auf dem 7. Internationalen Symposium für Familientherapie einen Hauptvortrag hielt, der aber durch den Rummel um Mara Selvini und Paul Dell ein bisschen ins Hintertreffen geriet. Ich erinnere mich noch, dass sie auf einer Overheadfolie ein Schaubild präsentierte, das sie „cosmic salami“ nannte. Das habe ich fleißig abgemalt, konnte es aber heute in meinen Unterlagen nicht mehr finden. Ihre Lust an der Darstellung von theoretischen in Verbindung mit praktischen Problemen ist mir aber lebhaft in Erinnerung. Zum Kongressfest mussten wir mit der Bahn fahren und ich kam – als blutjunger Novize – ihr gegenüber zu sitzen. Sofort verwickelte sie mich in ein intensives Gespräch über Köln, meine Arbeit und andere Dinge, die sie von mir wissen wollte. Eine wunderbare spontante Begegnung, die mir schon damals zeigte, mit wie viel Neugier, Interesse und Respekt Lynn durchs Leben ging.

Auf Youtube gibt es ein sehr schönes Filmportrait von Lynn Hoffman zu sehen, Autor ist Christopher Kinman, selbst Familientherapeut aus Vancouver. Der Titel lautet „All Manner of Poetic Disobedience“ und zeigt nicht nur Lynn Hoffman, sondern auch viele ihrer Bekannten und Weggenossen im Interview.

Wir werden Lynn vermissen – es gibt nicht mehr viele ihrer Generation in unserem Feld.

22. Dezember 2017
von Tom Levold
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systemagazin Adventskalender – „Wundern mit Luhmann“

Torsten Groth, Münster: „Wundern mit Luhmann“

Zum 90. Geburtstag von Niklas Luhmann sind kürzlich zwei Tagungen organisiert worden und zwei Bücher erschienen. Eines zur „Systemtheorie der Gesellschaft“, das auf einem Manuskript aus den 70er Jahren basiert, und eines zur „Kontrolle von Intransparenz“, das – herausgegeben von Dirk Baecker – einige seiner letztveröffentlichten Aufsätze zusammenführt. Ich nehme all dies zum Anlass, die Diskussion um „Systemisches Engagement“ mit einigen soziologisch-systemtheoretischen Ideen zur Gesellschaftsberatung zu verknüpfen.

Zunächst mag diese Verknüpfung verwundern. Luhmann ist sicher nicht hervorgetreten als Prediger eines gesellschaftlichen Engagements. Vielmehr nahm er die Rolle des Mahners vor zu viel gut gemeintem Engagement (und zu viel Veränderungseuphorie) ein. Mit seiner skeptischen Haltung positionierte er sich in der noch fühlbar aufgeheizten Post-68er Zeit gegen eine Vielzahl emanzipatorischer Ansätze. Diese Haltung wurde Luhmann oftmals charakterlich zugeschrieben, obgleich er seine nüchterne Einschätzung stringent aus seiner Theorie abgeleitet hat. Eine Theorie, die sich auch fast 20 Jahre nach dem Tod Luhmanns ironischerweise gerade bei all jenen Ansätzen einer großen Beliebtheit erfreut, die sich professionell mit Veränderungsbemühungen beschäftigen, v.a. der systemischen Organisationsberatung. Weiterlesen →

21. Dezember 2017
von Tom Levold
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systemagazin Adventskalender – Vom Unzulänglichen beim Engagieren

Andreas Wahlster, Ladenburg: Vom Unzulänglichen beim Engagieren

Der Adventskalender ist mir eine schon liebgewordene Tradition, so wollte ich auch dieses Jahr einen Beitrag schreiben. Die Einladung hat mich auch angesprochen, dennoch entstand zunächst keine Idee. Ich musste wohl erst Mut fassen zum Schreiben, denn es geht auch um mich.

Die Frage von Tom nach der Existenz von systemischen Werten, nach Anhaltspunkten für ein „gutes Leben“ führt mich zur Kybernetik 2. Ordnung. Das kybernetische Modell hat sowohl in meinem beruflichen Tun als auch im privaten Leben Auswirkungen, die nicht immer nur bekömmlich sind. Denn mich selber beim Beobachten zu beobachten, konfrontiert mich mit meinen Filtern, es deckt auf, was bisher mir verborgen blieb an möglicherweise destruktiven Impulsen, an Vorurteilen. Meine Unzulänglichkeiten, meine Prägungen, meine (Vor-) Urteile sind mir in diesem Jahr bewusster und massiver denn je begegnet. Jedes Gespräch darüber mit vertrauten Menschen ist kostbar und nicht immer einfach, denn es wird persönlich, gar intim. Weiterlesen →

20. Dezember 2017
von Tom Levold
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systemagazin Adventskalender: Heimat – Wurzeln und Flügel

Peter Müssen, Köln: Heimat – Wurzeln und Flügel

Das Thema im diesjährigen Adventskalender legt nahe: SystemikerIn zu sein bedeutet, kraftvolles Engagement für hilfreiche und wertorientierte Veränderung.

Zu Recht! – individuell, sozial und politisch. Das versuchen wir, erleben nicht selten wunderbare Prozesse, bei denen wir nützlich sein konnten, und bleiben doch oft auch hilf- und ratlos zurück.

Mir fällt dazu die ganz alte Witz-Frage ein: Was ist der Unterschied zwischen dem Lieben Gott und einem Psychotherapeuten? … Der Liebe Gott weiß, dass er kein Psychotherapeut ist.

Systemische PraktikerInnen sind zuständig für hilfreiche Veränderungsprozesse. Na klar!

Es gibt aber auch eine andere Seite, die ich hier gerne einmal aufschlagen möchte:

Wohl kaum ein Satz wird in systemischen Kreisen so oft zitiert, wie der von Heinz von Foerster: „Handle so, dass die Zahl deiner Wahlmöglichkeiten größer wird.“
Dieser Satz ist sooo oft sooo richtig. Aber …
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19. Dezember 2017
von Tom Levold
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systemagazin Adventskalender: „Es gibt nichts Gutes. Außer man tut es“

Andreas Manteufel, Bonn: „Es gibt nichts Gutes. Außer man tut es“

Eigentlich ist diesem geflügelten Wort von Erich Kästner nichts hin zu zu fügen.

Nur soviel: Ich sehe nicht, dass Theorien, wissenschaftliche Modelle oder Therapieschulen gesellschaftliches Engagement begründen – schon gar nicht Systemtheorie.

Wer sich dafür entscheidet, Zeit und Energie für einen Einsatz in der Umwelt von Kommunikationen (also bei seinen Mitmenschen) zu investieren, hat dafür andere, persönliche, vielleicht weltanschauliche, vielleicht religiöse, vielleicht humanistische Motive. Vielleicht auch einfach das Gefühl, etwas tun zu müssen. Nicht aber „systemische“ oder anderweitige, wissenschaftlich formulierte Werte.

Auch beim Fußball sagt man: Wer zuviel nachdenkt, hat die Chance schon vertan. Eine grundlegende Überzeugung, handeln zu müssen, leitet uns oft spontan.

Ich habe mich in den letzten vier Jahren in meiner Kirchengemeinde engagiert, einen kleinen Ortsausschuss geleitet, das Chaos organisiert und viel Kleinarbeit gemanagt, viele Klagen und Beschwerden angehört, manchen Durchblick gefördert, manchen wieder verloren und manchen bis heute nicht gefunden. Erfahrungen aus Ausbildung und Beruf helfen natürlich dabei, so etwas zu tun, ohne zu verzweifeln. Aber mein Impuls, diese Aufgabe an zu nehmen, entsprang – neben der Unfähigkeit zum Nein-Sagen – am ehesten einem persönlichen Verantwortungsgefühl. Weiterlesen →

18. Dezember 2017
von Tom Levold
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systemagazin Adventskalender: Gestern, Heute, Morgen

Filip Caby, Leer: Gestern, Heute, Morgen

Der Advent macht es möglich. Ich weile in meiner Heimat Flandern und frage mich gerade, wie ich morgen durch den „Schneesturm“ zurück nach Ostfriesland komme. Da ging heute so gut wie gar nichts. Aber morgen …

Und es gibt nur noch bis übermorgen – also bis morgen – Texte für den systemischen Adventskalender. Das geht ja wohl gar nicht. Oder vielleicht doch?

Ich frage mich aber auch, wie es so mit den systemischen Gedanken weitergeht. Es wird immer wieder festgestellt, dass die großen Entwürfe entworfen sind und seitdem nichts Neues mehr entstanden ist.

Ist das wirklich nötig? Müssen neue Entwürfe her um die systemische Szene in Schwung zu halten, oder gar zu bringen?

Ich bin mir da nicht so sicher. Weiterlesen →

17. Dezember 2017
von Tom Levold
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systemagazin Adventskalender: Engagement? — Degagement!

Lothar Eder, Mannheim: Engagement? — Degagement!

Sich zu engagieren hat einen hohen Stellenwert. Es ist moralisch hoch angesehen, vor allem wenn es um die vermeintlich „gute Sache“ geht. Jedoch sind an das Engagement auch (systemische) Fragen zu richten, etwa die, welche Auswirkungen das Engagement wohl haben wird? Und es stellt sich die Frage, welche impliziten Überzeugungen dem individuellen und kollektiven, oder gar kollektiv geforderten Engagement zugrundeliegen. Kollektiv eingefordert, das heißt: Wer nicht mitmachen will, wer vor den Folgen warnt, wer sich nicht einverstanden zeigt, wer Kritik oder gar Protest formuliert, der läuft Gefahr, moralisch diskreditiert und aus der Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden.

Wir leben in einer Zeit, in welcher die Forderungen nach globalen, ja ubiquitären Rettungen (das Klima, Millionen von Menschen, die migrieren wollen, das Tilgen jeder vorgeblichen Ungerechtigkeit und Unterschiedlichkeit) die mediale Sphäre und den öffentlichen Diskurs dominieren.

Wie selbstverständlich gehen wir davon aus, dass es möglich ist, alles Übel in der Welt zu tilgen. Diese Idee aber ist keineswegs selbstverständlich, sie ist eine Kreation der Moderne. Der Wissenschaft und dem kollektiven Einsatz guter Absichten wird dieses Projekt überantwortet. Ja, es scheint, dass dies nicht nur eine Hoffnung ist, sondern mehr noch eine Erwartung, eine Forderung gar. Befreiung von Leid, Befriedigung von Bedürfnissen, Zugang zu weitreichenden Privilegien sind in der späten Moderne keine bloße Hoffnung Verzweifelter mehr. Sie gelten vielmehr als  Recht, auf das Anspruch erhoben werden kann.

Zunächst klingt das gut. Aber der Teufel ist ein Eichhörnchen. Und er steckt bekanntlich im Detail. Hier steckt er, neben der Frage nach der Machbarkeit und den Auswirkungen solchen Handelns, in den implizit ideengeschichtlichen Details. Und er steckt in den Aspekten der seelischen Verfassung und Stimmung, die damit einhergehen.  Spätestens seit Nietzsche gilt Gott als tot und der Mensch als „Schöpfer der Geschichte“ (Fichte) ist an seiner Statt verantwortlich für das Leid in der Welt und dessen Beendigung. Dies ist (auch) die Folge der Aufgabe und Verneinung von Transzendenz. Das jetzige Leben gilt als einzige und letzte Gelegenheit, die eigenen Angelegenheiten und die anderer zumindest einer Besserung, wenn schon keinem paradiesgleichen Zustand  zuzuführen. Weiterlesen →

16. Dezember 2017
von Tom Levold
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systemagazin Adventskalender: Kalt erwischt? Über systemische Spielzüge

Matthias Ohler, Bad Dürkheim

Immer dann, wenn die Orientierung an systemtheoretischen oder konstruktivistischen Modellen – oder gar die Selbstbezeichnung „systemisch“ für Denkstil, Arbeitsstil, Haltung, Methodik usw. – den Charakter eines Bekenntnisses gewinnt, wird mir mulmig. Es rückt, aus meiner Sicht oder in meinem Erleben, die Verwendung einer Denkform in die Nähe der Verwendung von Glaubens- oder Überzeugungsformen. Nicht von ungefähr wird systemischen Modellen bzw. ihrer Publikation häufig attestiert, sie zeichne eine gewisse Kühle oder sogar Kälte, eine Distanziertheit, ein unentschiedener, hyperneutraler Ton oder ähnliches aus. Manche vermissen Wert(e)-Orientierung, ethische Verbindlichkeit, klares Engagement, Positionierung in öffentlichen Debatten, politische Orientierung, usw. Weiterlesen →

15. Dezember 2017
von Tom Levold
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systemagazin Adventskalender – Ich muss nicht, aber ich kann, wenn ich will: nach Möglichkeiten suchen

Hinter diesem Adventskalender gibt es heute eine Neuigkeit, nämlich eine direkte Antwort auf den Kalender-Eintrag von Ewald Johannes Brunner am 10.12., verfasst von Johannes Herwig-Lempp – ein schönes Beispiel für Interaktivität und Rückbezüglichkeit im Advent 🙂

Johannes Herwig-Lempp, Halle: Ich muss nicht, aber ich kann, wenn ich will: nach Möglichkeiten suchen

Lieber Herr Brunner,

vielen Dank für Ihren Adventskalender-Beitrag vom 10. Dezember 2017. So wie Ihnen ergeht es vielen von uns – und immer wieder: in der Sportgruppe, in der Nachbarschaft, unter KollegInnen, mit KlientInnen, in der Familie und auf Familienfesten. Wenn man sich umhört, kann man viele ähnliche Beispiele sammeln. Wir alle sind oft genug zunächst ratlos, wie wir angemessen auf fremdenfeindliche, sexistische, rassistische oder auch oft genug auf unglaublich einfältige Bemerkungen und Situationen reagieren können.

Sie haben das Gefühl, keine systemisch vertretbaren Handlungsalternativen zu haben. Und da möchte ich Ihnen doch wiedersprechen. Sie hatten sehr wohl einige Reaktionsweisen zur Hand, und Sie haben sie auch angewandt: Nachdem Sie zunächst vermutlich einfach nur zugehört haben, vielleicht auch geschwiegen und sich geeignete Reaktionen überlegt haben (das sind ja auch schon durchaus vernünftige Handlungsoptionen), riefen Sie: „Hört doch endlich auf damit“, und Sie sind schließlich nicht mehr in die Sportgruppe gegangen – alles Reaktionsweisen, die sinnvoll sind, verständlich, nachvollziehbar. Und auch „systemisch vertretbar“. Weiterlesen →