Dennis Gildehaus, Bad Zwischenahn: Die Systemische Therapie ist flügge geworden – kritischer Rück-Blick und Aus-Blick
Vor 18 Jahren beschäftigte ich mich rein zufällig mit dem Begriff „Systemische Beratung“. Damals noch in der stationären Jugendhilfe tätig, suchte ich nach einer passenden Fort- bzw. Weiterbildung, um Jugendlichen, die als „kompliziert oder sogar schwer erziehbar“ galten, einen passenden Rahmen zu bieten, in dem es nicht nach Sekunden verbal eskalierte. Begriffe wie Deeskalationstraining oder PART – Professional Assault Response Training waren die Highlights in einem Fortbildungsprogramm für PädagogInnen und TherapeutInnen der Jugendhilfe.
So meldete ich mich für die beiden Fortbildungen an und musste leider sehr schmerzlich erfahren, dass es stets darum ging, sehr linear Jugendlichen einen Impuls bzw. Rahmen zu bieten, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Dies soll nicht heißen, dass die Inhalte unprofessionell waren, aber ich hatte immer gehofft, dass es auch darum gehen könnte, mit dem Familiensystem zu arbeiten. Es wurde ja immer postuliert, dass es um zeitnahe Rückführungen der Jugendlichen gehen sollte. Aber wie konnte dies umgesetzt werden, wenn es keine Arbeit mit dem System gab oder das System nichts mit uns zu tun haben wollte?
Diese Fragen lenkten mich zielgerichtet auf die nagelneue Homepage der DGSF, auf der viele Beiträge veröffentlicht wurden, was „systemisch“ eigentlich heißt. Ich habe jede Seite rauf- und runtergelesen und fühlte mich komplett elektrisiert. Das erste Mal hatte ich das Gefühl, dass es endlich in die Richtung ging, die ich mir immer erhoffte – von linearer Haltung zur systemischen Praxis.
Es wurden einige akkreditierte Institute angezeigt und am folgenden Tag korrespondierte ich mit einem Leiter eines systemischen Fortbildungsinstitutes in Nordrhein-Westfalen. Die Anmeldung für eine 2-jährige Ausbildung zum systemischen Berater mit Anschlussmöglichkeit zur 2-jährigen systemischen Therapieausbildung war direkt auf dem Postweg.
Aus heutiger Sicht eröffnete sich mir eine komplett neue Welt und es fühlte sich wie ein Paradigmenwechsel an. Nicht nur gefesselt von all den faszinierenden und aus meiner Sicht innovativen Methoden, die ich damals als „kompletter Neueinsteiger“ lernte (Arbeit am Familienbrett, Umgang mit der von Frank Natho herausgebrachten Skalierungsscheibe, Reflecting Team, Reframing, systemische Fragetechniken, den genialen Impact-Techniken, paradoxen Interventionen, Arbeit mit dem Tetralemma u.v.m.), sondern insbesondere auch die Auseinandersetzung mit all den Pionieren aus dem systemischen Feld, beeinflussten meine professionelle Entwicklung hin zum Systemischen Therapeuten. Weiterlesen →