
Heute feiert Wolfgang Loth seinen 70. Geburtstag. Die Riege der jungen Menschen, die sich in den 80er Jahren vom der Systemtheorie und dem systemischen Ansatz im therapeutischen und beraterischen Feld begeistern ließen, ist gemeinsam mit diesem Ansatz älter geworden – ohne den Enthusiasmus verloren zu haben. Schon zum 65. Geburtstag und seinem Ausscheiden aus der Praxis der Erziehungsberatung ist Wolfgang an dieser Stelle gewürdigt worden. Und nun ist das schon wieder fünf Jahre her. Wer ihn kennt, weiß, dass er kein Mensch der großen Bühne ist, auch im Seminarbetrieb hat er in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten immer eher Zurückhaltung an den Tag gelegt. Das mag dazu führen, dass sein Wirken vielleicht von denen unterschätzt wird, die sich ihr intellektuelles Futter primär über solche Quellen verschaffen. Allerdings kann der Beitrag, den er seit über 30 Jahren für den systemischen Diskurs geleistet hat, überhaupt nicht überschätzt werden. Ich kenne kaum jemanden, der das fachliche Feld, dass er bestellt, ganz abseits von jeder akademischen Einbindung so gründlich beackert hat wie er und das, was er in der Praxis leistet und geleistet hat (nicht nur im Feld der Erziehungsberatung) einer so rigorosen epistemologischen und praxeologischen Reflexion unterzogen hat wie er. Diese Haltung hat er nicht nur seinen eigenen Aktivitäten gegenüber aufgebracht, sondern auch dem systemischen Diskurs gegenüber auf ganz besondere Weise. Er war nicht nur lange Redakteuer der Weinheimer systhema, sondern hat als langjähriger Herausgeber der systeme, der Zeitschrift der ÖAS und der SG, dieses Journal in seiner Zeit ganz maßgeblich gestaltet. Seine vielen Veröffentlichungen haben immer wieder besondere (und oft übersehene) Akzente im systemischen Feld gesetzt. Seine Rezensionen haben nichts mit den leider verbreiteten Gefälligkeitsattesten zu tun, sondern sind gute Beispiele für eine publizistische Gattung, von der man selbst nicht nur Hinweise bekommt, sondern immer auch etwas lernt, weil er in seinen Texten tatsächlich die Auseinandersetzung mit den rezensierten Werken sucht – und das auf eine unglaublich belesene, neugierige, kritische aber eben auch immer faire Weise. Schnellschüsse sind von ihm nicht zu erwarten – gründlich nachgedacht wird immer. Die Verknüpfung von Themen und Ideen, der aufrichtige und wahrhaftige Dialog und das radikale Ernstnehmen der Gesprächspartner sind Qualitäten, die nicht genug betont werden können. Unsere jahrelange Arbeit als Vertrauenspersonen für die kommunikative Bearbeitung von Konfliktfällen und Beschwerden für die Systemische Gesellschaft wurde von dieser Haltung getragen. Wie ich finde, bringt dieses Foto das alles gut zum Ausdruck.
Lieber Wolfgang, ich danke dir für die zahllosen Anregungen und unsere vielen Gespräche, seien sie auf Tagungen, Meetings, im Garten, in der Sauna oder online geführt worden, für deine Freundschaft und Zuneigung. Mögest du gesund und munter bleiben und deine Freiheiten nutzen, um auch zukünftig mit deinen Einwürfen und Beisteuerungen das systemische Feld hier und da etwas umpflügen zu können. Ich gehe davon aus, dass ich diesen Wunsch mit vielen Menschen teile, von denen sich einige auch hier zu Wort melden.
Herzliche Grüße, dein Tom
Weiterlesen →