systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

6. Juli 2008
von Tom Levold
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Organisation der Strategie

„Dieses Buch schärft den Blick für die Differenz zwischen Theorie und Praxis, um andauernde Wahrheits- und Erfolgsversprechungen ökonomischer und organisatorischer Theorien zu dekonstruieren. Es werden die wesentlichen Theorien zu Strategie und Organisation voraussetzungsvoll kritisiert. Durch die präzise Wiedergabe der Gedankenwert (in Person der Kunstform„Vitalis“), die sich während umfangreicher Organisationsberatungsprojekte beim Autor entwickelt haben, konstruiert sich ein Weg zwischen ‚unbrauchbarer Theorie‘ und widerspenstigen praktischen Erfahrungen“, heißt es im Klappentext des Buches„Organisation der Strategie. Konstruktionen und Dekonstruktionen“ von Karl Baumann, Unternehmerberater und freier Wissenschaftlicher aus Österreich. Dem Leser wird dabei manches abverlangt, er erhält aber auch reichlich Gedanken-Gewinn. Rezensent Norbert Schlüpen aus Bonn:„Eben noch bei den strategischen Erfolgsrezepten, schon bei der Liebe, dem Respekt, der Wirklichkeit und der Frage nach der Ethik. Das soll ein begrenzter Leser emotional verarbeiten! Gott sein Dank doppelt der Autor manche Zitate (…). So bleibt Zeit zum Durchatmen. (…) Ein Buch für Liebhaber der Zeit, Begriffe und Überraschungen“
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4. Juli 2008
von Tom Levold
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Macht Erfahrung klug?

„Morus Markard ist der letzte Professor, der an der Freien Universität (FU) Berlin Lehrveranstaltungen zur Kritischen Psychologie anbietet — und auch das nur per Lehrauftrag, der jedes Semester neu vergeben werden muss. Damit sollte nun nach dem Willen der FU Schluss sein. Begründung: Die FU müsse sich auf die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge vorbereiten. Durch eine Protestaktion konnten die Studierenden dafür sorgen, dass Markard den Lehrauftrag noch mal bekam“ So war im Februar 2007 auf der website keimform.de zu lesen. Schaut man auf der Uni-website nach, stellt man fest, dass Markard als außerplanmäßiger Professor im Arbeitsbereich Subjektforschung und Kritische Psychologie noch immer Lehrveranstaltungen anbietet. Auf der therapieschulenübergreifende Tagung„Das Unbehagen in der (Psychotherapie-)Kultur. Sinnverstehende Traditionen – Grundlagen und Perspektiven“, die am 17. und 18. März 2006 in Bonn stattfand, stellte Markard seine„subjektwissenschaftlichen Überlegungen zum Verhältnis von subjektiver Erfahrung und wissenschaftlicher Verallgemeinerung“ vor, die in einer überarbeiteten und erweiterten Fassung im Online-„Journal für Psychologie“ 3/2007 nachzulesen sind. In dieser unbedingt lesenswerten Arbeit geht es um das Verhältnis von Begriffen und Erfahrung, um die Mitteilbarkeit von Erfahrung, über das Verhältnis von Theorie und Praxis und die Folgerungen für das Denken über Therapie, das sich nicht dem nomothetischen Ursache-Wirkungs-Paradigma der Mainstream-Psychologie unterwirft:„Die Gesellschaft ist zwar ein reales System, durch das die Lebenserhaltung des einzelnen vermittelt ist; Gesellschaft als System ist aber für sich genommen kein anschaulicher, kein unmittelbarer Erfahrungstatbestand. Gesellschaftliche Verhältnisse strukturieren, vermittelt über verschiedene – auch i.e.S. institutionelle – Subsysteme, die Lebenstätigkeiten, Denkweisen und Erfahrungen der Gesellschaftsmitglieder. Diese Strukturiertheit ist selber aber nicht anschaulich, sondern nur, wenn man so will, rekonstruktiv zu ermitteln. Was (jeweils) zu rekonstruieren ist, ist der Vermittlungszusammenhang zwischen unmittelbarer Lebenswelt bzw. unmittelbar gegebener Situation und dem diese umgreifenden und strukturierenden gesellschaftlichen System. In unserem Zusammenhang zentral ist, dass das gesellschaftliche System und seine institutionellen Subsysteme auch die unmittelbaren und in ihrer lebensweltlichen Unmittelbarkeit durchaus auch anschaulich anmutenden sozialen Beziehungen – unanschaulich – strukturieren. „Anschauliche“ soziale Beziehungen gehen in ihrer Anschaulichkeit nicht auf. Wie wir Männer, Frauen, Kinder wahrnehmen, hat biographische, situative und gesellschaftliche Dimensionen. Die Unanschaulichkeit von gesellschaftlichen Strukturen bedeutet eben keineswegs ihre Unerfahrbarkeit, sondern nur, dass Erfahrungen, sofern sie nicht auf diese Momente hin analysiert werden, unvollständig und schief analysiert werden. Wir müssen allerdings bedenken, dass es bezüglich dessen, was Gesellschaft ist, in welcher Art Gesellschaft wir leben, unterschiedliche, konkurrierende theoretische Rekonstruktionen und Reflexionen gibt. Daraus folgt, dass die Aufschlüsselung von Erfahrungen strittig sein muss. Ob man diese Gesellschaft als soziale Marktwirtschaft, als Risikogesellschaft, als Ambiente postmoderner Flaneure oder als ordinäre kapitalistische Barbarei betrachtet, ist umstritten, aber für die Aufschlüsselung von Erfahrung (bspw. von Arbeitslosigkeit oder Schulschwänzen) wesentlich, je nach Lage der Dinge auch praktisch relevant“
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3. Juli 2008
von Tom Levold
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Borderline – Systemische Arbeitsweisen in Bereichen der Jugendhilfe

Frank Natho ist durch einige Bücher in der systemischen Szene bekannt, die im Kleinstverlag Edition Gamus aus Dessau erschienen sind. Bereits im Jahre 2002 veröffentlichte er ein Buch über die Arbeit mit schwierigen und verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen im Rahmen von Heimerziehung, das zum Ziel hat, Erfahrungen in einem Einzelfall mit einem„borderline-gestörten Mädchen“ mit der Darstellung theoretischer Hypothesen zur Borderline-Störung und systemischer Arbeitsweisen zu verknüpfen. Rezensent Dennis Bohlken ist dabei nur zum Teil überzeugt:„Das vorliegende Buch ist m.E. als Einstiegsliteratur für diejenigen geeignet, die in der Heimerziehung mit ,borderline-gestörten‘ Jugendlichen arbeiten und sich theoretische Anregungen einholen wollen. Diejenigen, die eine Möglichkeit der 1:1 Umsetzung in die Praxis erwarten, werden hier nicht bedient“
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2. Juli 2008
von Tom Levold
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Wer hat wozu und wieso überhaupt Gefühle?

„Eine sehr alte, frühgriechische Tradition schweißt den Komplex ‚Gefühl‘ zusammen mit der Beobachtung von Körperzuständen. An Körpern zeigen sich Gefühle, nur so kann man sie an anderen Leuten sehen, und Gefühle überfallen und unterwerfen den Menschen, der im Grunde nur zuschauen, nur erleben kann, wie er überwältigt wird. Diese Sichtweise, die phänomenologisch überzeugen könnte, wird in der ersten griechischen Aufklärung aus Gründen, die sich hier nicht erörtern lassen, massiv verändert. Das Gefühl wird dem ‚Seeleninnenraum‘ zugeschlagen in mehr und mehr scharf ausgeprägter Differenz zum Körper. Es ist unkörperlich, fluidal und in Fortführung dieser Seelensemantik ‚energetisch‘ als dasjenige, was der Seele entspringt oder worin die Seele sich regt. Es ist in interiore hominis, im Innern des Menschen angesiedelt, eine Binnenvitalität, die das ‚Pneumatische‘ der Kognitionen an das Leben anschließt. Diese Vorstellung hält sich Jahrtausende durch und erstreckt sich in raffinierten, wenn auch zunehmend ausdünnenden Verästelungen bis in die Gegenwart hinein als eine Körperverdeckungsstrategie, die die Annahme, Gefühl sei etwa (nur!) die sozial konditionierte Registratur von Körperzuständen, als Absurdität erscheinen läßt…“ So beginnt ein spannender Aufsatz von Peter Fuchs aus dem Heft 1/2004 von„Soziale Systeme“, das dem Thema Systemtheorie und Gefühle gewidmet ist. Die Einleitung zu diesem Heft von Dirk Baecker„Wozu Gefühle?“ ist übrigens ebenfalls online zu lesen.
Zum vollständigen Text von Peter Fuchs…

1. Juli 2008
von Tom Levold
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Soziale Systeme 2/2006

Zwei Zweitausendsechs? Nun ja, nachdem im vergangenen Sommer mit Verspätung das Heft 1/2006 erschienen ist, dauerte es bis zum zweiten Heft ein weiteres Jahr. Angekündigt wurde damals vom federführenden Herausgeber Dirk Baecker, dass sich Heft 2/06 mit dem Thema Politik und Menschenrechte befassen würde und u.a. einen Text von Niklas Luhmann enthalten sollte. Daraus ist nun offensichtlich nichts geworden. Stattdessen ist ein Projekt, das auch für Frühjahr 2008 (als Jahrgangsheft 2007) avisiert war, vorgezogen worden. Die Tagung„Die Gesellschaft der Gesellschaft„, die Anfang 2007 aus Anlass des 10-jährigen Veröffentlichungsdatums von Luhmanns Opus Magnum in Mexiko stattfand, findet in diesem Heft ihren Niederschlag. U.a. macht sich Klaus Japp in einem interessanten Aufsatz über„Politische Akteure“ Gedanken über die Konzepte„Akteur“,„Person“ und„Selbst“ im Kontext einer systemischen Kommunikationstheorie, Hartmann Tyrell untersucht die„Funktionale und Ebenendifferenzierung im Frühwerk Niklas Luhmanns“, Andreas Göbel befasst sich mit dem Gesellschaftsbegriff der soziologischen Systemtheorie und Jean Clam fragt:„Was ist ein psychisches System?“. Daneben gibt es weitere Aufsätze von Marcelo Neves, Aldo Mascareño, Elena Esposito und Klaus-Michael Bogdal, alles wie gewohnt auf hochklassigem theoretischen Niveau – eine Bereicherung für alle, die sich gerne auf die Komplexität systemischer Theoriekonstruktion einlassen. Dass die Zeitschrift wieder den vorgesehenen Veröffentlichungsrhythmus finden wird, ist ihr – und der Leserschaft – sehr zu wünschen, und auf das Heft zum Thema„Menschenrechte“ ist sehr zu hoffen.
Zu den vollständigen abstracts der aktuellen Ausgabe…
(Der Jahrgang 2004 ist nun auch im systemagazin archiviert)

30. Juni 2008
von Tom Levold
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Geistige Behinderung

Zu diesem Thema ist von Psychotherapeuten recht wenig zu hören und zu lesen. Um so lobenswerter, wenn nun ein Heft (mit dem gewohnten interdisziplinären Ansatz) der„Psychotherapie im Dialog“ diesem Schwerpunkt gewidmet ist. Die Herausgeber Bettina Wilms und Wilhelm Rotthaus schreiben:„Geistig behinderte Menschen haben – wie alle anderen auch – die Möglichkeit, psychische Störungen und Krankheiten zu entwickeln, und sie tun dies häufiger als die sog. normal intelligenten Menschen. Vor allem ihre in unserer kognitiv orientierten Welt erschwerten Lebensbedingungen und die immer noch ausgeprägte Diskriminierung, die sie erfahren, führen zu einer drei− bis viermal höheren Häufigkeit psychischer Auffälligkeiten. Allerdings werden diese psychischen Störungen oft nicht als solche wahrgenommen, weil das auffällige Verhalten der geistigen Behinderung zugeschrieben wird, was man mit dem schönen Begriff des diagnostic overshadowing kennzeichnet“ Diesem Schattendasein der Psychotherapie für geistig Behinderte wollen sie mit diesem Heft entgegentreten. Dabei zeigen sich in den versammelten Aufsätzen einige gemeinsame Grundüberzeugungen:„Psychotherapie für psychisch gestörte oder kranke geistig Behinderte ist ein wichtiges Angebot, von dem sie – wie alle anderen Menschen – wesentlich profitieren. Eine ausschließliche Orientierung an einem Psychotherapieverfahren ist wenig Erfolg versprechend. Vielmehr befürworten die Autorinnen und Autoren eine genaue Prüfung, welches psychotherapeutische Vorgehen bei welchem Patienten unter welchen Kontextbedingungen zum Erreichen welchen Therapieziels indiziert ist.l Die jeweils eingesetzten Methoden müssen – und das gilt wiederum im Prinzip für alle Menschen, die psychotherapeutisch behandelt werden – an die jeweils individuellen Fähigkeiten des Patienten angepasst werden, was bei geistig behinderten Patienten die Berücksichtigung einiger genereller Aspekte erfordert. Unter diesen Voraussetzungen können auch komplexe Behandlungsmodule wie beispielsweise die DBT oder solche aus der interpersonellen Psychotherapie bei geistig behinderten Menschen eingesetzt werden. Schließlich besteht auch Einigkeit darin, dass es einen fließenden Übergang zwischen Heilpädagogik und Psychotherapie gibt und dass wichtige Erkenntnisse für beide gleichermaßen gelten“
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29. Juni 2008
von Tom Levold
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Forza Berlusconi

In Italien sollen Staatspräsident, Ministerpräsident sowie die Präsidenten der Abgeordnetenkammer und des Senats mit Immunität ausgestattet werden, solange diese im Amt sind. Personen, die dennoch versuchen, Straftaten der Politiker zu verfolgen, müssen mit verschärften Verhörmethoden wie Waterboarding etc. rechnen. Eine entsprechende Gesetzesvorlage ist gestern während einer Kabinettssitzung gebilligt worden, berichteten die Nachrichtenagenturen Ansa und Apcom. Die Vorlage muss noch vom Parlament verabschiedet werden, wo Berlusconis Konservative die Mehrheit haben. Außerdem wurden noch eine Reihe weiterer Regelungen beschlossen. So ist ab sofort der Ministerpräsident (Abb. www.cartoonboeken.nl) für die Dauer der Amtszeit steuerfrei auf alle Einkünfte und Vermögen. Von allen konfiszierten Bestechungsgeldern werden zukünftig pauschal 10 % an den Ministerpräsident abgeführt, handelt es sich um Bestechungsgelder, die der Ministerpräsident selbst gezahlt hat, müssen diese zu 100 % zurückgeführt werden. Auch die Kosten für Schönheitsoperationen und Penisverlängerungen werden für den Ministerpräsidenten zukünftig von der Staatskasse übernommen. Desweiteren gilt demnächst wieder das bereits im Mittelalter bewährte„Jus primae noctis“, das dem Ministerpräsidenten das Recht zuspricht, bei der Heirat von Personen, die bei der italienischen Regierung beschäftigt sind, die erste Nacht mit der Braut verbringen zu dürfen. Nachdem Opposition und Bevölkerung zunächst skeptisch auf diese Regelungen reagiert haben, schlug die Stimmung in Begeisterung um, nachdem Berlusconi ankündigte, dass seine Braut-Nächte in den Heiratsshows seiner Fernsehsender live übertragen würden:„Auch wenn wir auf der Fußballarena nachgelassen haben, in der Liebe sind wir immer noch Spitzenklasse“, rief Berlusconi in Rom einer euphorischen Menschenmenge zu.

27. Juni 2008
von Tom Levold
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Vorabdruck aus Lothar Krapohl, Margret Nemann, Jörg Baur & Peter Berker (Hrsg.): Supervision in Bewegung. Ansichten – Aussichten

Lothar Krapohl leitet den Master-Studiengang für Supervision an der Kath. Fachhochschule in Münster und ist ein entschiedener Vertreter eines systemisch-konstruktivistischen Supervisionsansatzes. Im Verlag Barbara Budrich erscheint im Juli ein Sammelband zur„Supervision in Bewegung“, der verschiedenste theoretische, methodische, politische und curriculare Beiträge zum Stand systemischer Supervisionsausbildung an den Hochschulen zusammenbringt, und der von Lothar Krapohl gemeinsam mit seinen Hochschulkollegen Jörg Baur, Margret Nehmann und Peter Berker herausgegeben wird. Mit freundlicher Genehmigung des Verlages Barbara Budrich erscheint als Vorabdruck des Bandes im systemagazin das Kapitel 3.1, in dem Lothar Krapohl über„Systemisch – konstruktivistische Supervision – Supervision in einer veränderten Zukunft“ nachdenkt. Viel Spaß bei der Lektüre!
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26. Juni 2008
von Tom Levold
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Selbsterfahrung in der Weiterbildung?

Im Herbst 1998 beschäftigte sich die Systemische Gesellschaft auf ihrer Jahrestagung in Hamburg mit dem Thema„Selbsterfahrung“ als Bestandteil der Weiterbildung in Systemischer Psychotherapie. Die Vorträge wurden in„System Familie“ dokumentiert. Kurt Ludewig vertrat in seinem Beitrag„Selbstreflexion in der systemischen Weiterbildung – zum Sinn und Unsinn eines traditionellen Vorgehens“ (der in der Systemischen Bibliothek nachzulesen ist) dabei eine skeptische Haltung:„Die Frage, ob Selbsterfahrungseinheiten unerläßliche Bedingung für das Erlernen professioneller Kompetenz im Rahmen systemischer Weiterbildungen sein müssen, bleibt (…) offen. Dennoch sprechen einige Gesichtspunkte dafür, daß eine systematisch eingesetzte Form der Selbsterfahrung sinnvoll sein kann, wenn sie in einer gut ausbalancierten Mischung Ressourcen beim lernenden Therapeuten fördert und gegebenenfalls auf vorhandene Grenzen hinweist. Ich werte diesen Prozeß als einen Initiationsritus, der wie bei allen anderen Lernberufen dem Lernenden ermöglicht, die Besonderheiten des Berufes am eigenen Leibe kennenzulernen. Darüber hinaus dürfte eine angemessene, auf die persönlichen Möglichkeiten und Grenzen des Lernenden abgestimmte Selbstreflexion helfen, durch Einübung in Selbstthematisierung und Selbstveröffentlichung die wohl natürliche Scheu zu verringern, Selbiges bei seinen Klientinnen anzustoßen, sie also zu entsprechenden Prozessen anzuleiten und dabei behutsam zu begleiten. Darüber hinausgehende Erwartungen erscheinen mir hingegen fragwürdig, d. h. hinterfragbar, und zwar bei allem Respekt vor etablierten Traditionen. Denn eine verpflichtende, systematische Selbsterfahrung, die vorrangig auf das Konstrukt ,Selbsterkenntnis‘ ausgerichtet ist, setzt voraus, daß Menschen in der Weise erkannt werden können, wie dies der Fall bei Maschinen oder anderen Mechanismen ist, die aus festen Bestandteilen und überdauernden Mustern aufgebaut sind“
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25. Juni 2008
von Tom Levold
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Kontext 2/2008

Auch der„Kontext“ erscheint zum Sommer mit erweitertem Umfang – und mit einem Heft, das sowohl theoretische Akzente setzen möchte als auch ganz persönliche Beiträge enthält. Roland Schleiffer, der wie kaum jemand in der Lage ist, abstrakte systemtheoretische Konzepte mit klinischen Fragestellungen zu verbinden, ohne dabei Komplexität aufzugeben, präsentiert einen eindrucksvollen Beitrag über den Körper als Adresse und die Funktion der Somatisierung – dringend zur Lektüre empfohlen. Tom Levold setzt sich mit der„Konzeptualisierung des Gegenüber in der systemischen Therapie“ auseinander und erörtert, inwieweit das Konzept der„Person“ für eine klinische Systemtheorie relevant sein kann. Wolf Ritscher nimmt die Tendenz kritisch unter die Lupe, systemische Soziale Arbeit seitens eines„Ökonomisierungs- und Organisationsentwicklungswahns“ zu vereinnahmen und damit der Sozialen Arbeit keinen Gefallen zu tun. In einem ausführlichen Gespräch, das nicht nur anlässlich seines 70. Geburtstages dieser Tage mit ihm geführt wurde und eine neue Kontext-Rubrik„Im Gespräch“ eröffnet, erzählt Wilhelm Rotthaus u.a. von seiner bemerkenswerten Doppelkarriere als systemischer Psychotherapeut und erfolgreichem Sänger. Dörte Foertsch macht sich im Stich-Wort Gedanken über den seltsamen Begriff„Beziehungsunfähigkeit“ und Barbara Bräutigam berichtet von der gelungenen systemischen Forschungstagung in Heidelberg im Frühjahr 2008. Den Abschluss bildet wieder einmal„Klassiker wiedergelesen“. Diesmal haben Kurt Ludewig und Tom Levold sich noch einmal Gregory Batesons„Ökologie des Geistes“ vorgenommen. Ein gehaltvolles Heft, sage ich also stolz als Mitherausgeber, und eine hoffentlich anregende Ferienlektüre.
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24. Juni 2008
von Tom Levold
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Psychotherapie und Medizin

Während allerorten die Konkurrenz von Ärzten und Psychotherapeuten in vollem Gange ist, zeigt ein kleines Büchlein von Jürgen Hargens, das er in Zusammenarbeit mit dem Ehepaar Hansen-Magnusson, die im hohen Norden der Republik eine Landarztpraxis betreiben, wie eine erfolgreiche Kooperation zwischen Hausärzten und Psychotherapeuten aussehen kann, nämlich orientiert an den Bedürfnissen und Positionen der Patienten. Rezensent Arfst Arften aus Flensburg, Facharzt für psychotherapeutische Medizin und Psychoanalytiker, ist begeistert:„Die Beschäftigung mit „hoffnungslosen Fällen“, Zwickmühlensituationen und Ohnmachtkonstellationen war schon immer ein Steckenpferd systemischer Denker und Praktiker. Hier wird das Steckenpferd zum eleganten Vollblüter, der hoffnungslose Patienten, verzweifelte Ärzte und ratlose Psychotherapeuten locker und freudig aus vermeintlichen Katastrophen und „schicksalhaften Verläufen“ heraus trägt. Es muss nur jemand wagen, das Pferd zu satteln, seine Regeln zu formulieren, sie selbst einzuhalten und zu kultivieren. Das wirkt zunächst wie Zauberei, solange das theoretische Fundament nicht wahrgenommen, sondern tabuisiert, entwertet und nicht in den Kanon der anerkannten psychotherapeutischen Heilkünste aufgenommen wird (wie geschehen). Wird dieses Tabu durchbrochen, so kann der Leser den Zauber der Schlichtheit und Eleganz einer unkonventionellen Strategie genießen. Hier ist eine Revolution geglückt! Eine neue Form der Supervision(?) und Kooperation von „heilkundlich Tätigen“, die sonst schwer zusammenfinden“
Zur vollständigen Rezension (mit einer weiteren von Wolfgang Loth)…

22. Juni 2008
von Tom Levold
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handy-pop-corn

Immer noch glaubt ein großer Teil der Weltbevölkerung, dass die sogenannten Handys zum Telefonieren erfunden worden seien. Das ist aber nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich bei den Handys um ein mobiles Pop-Corn-Zubereitungsgerät, das Schluß mit den umständlichen Verfahren zur Pop-Corn-Herstellung macht. Da mittlerweile fast jeder Mensch mit einem mobilen Gerät herumrennt, kann zu jeder Zeit an jedem Ort der Welt problemlos Pop-Corn zubereitet werden, wie der Film beweist (Danke, Harald Hofmann, für den youtube-Tip). Dies dürfte vor allem den Endlosschlangen an der Pop-Corn-Theke in Deutschen Groß-Kino-Anlagen ein Ende setzen. Einfach Pop-Corn-Mais mitbringen, ein paar Freunde zum anrufen einladen und Pop-Corn direkt auf den Kinositzen genießen!

21. Juni 2008
von Tom Levold
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systeme 1/08


Kurz vor Beginn der Sommerferien kommen die aktuellen Ausgaben der systemischen Zeitschriften heraus. An Urlaubslektüre also kein Mangel für die, die sich über die Zeitschriften ein Bild vom Stand der systemischen Debatte machen wollen. Heft 1 der„systeme“ ist mit über 170 Seiten dabei besonders umfangreich. Einen beträchtlichen Anteil daran hat Redaktionsmitglied und Autor Wolfgang Loth – und wer ihn kennt, weiß, dass es sich um ein lohnenswertes Heft handeln muss. In einem schönen Beitrag würdigt er Ludwig Reiter, der in diesem Jahr 70 Jahre alt geworden ist, mit einer kleinen Werkschau der erkenntnistheoretischen, ethikbezogenen und praxeologischen Beiträge Reiters zur systemischen Entwicklung im deutschsprachigen Raum, die auf diese Weise bislang noch nicht zur Verfügung gestanden hat. In einem weiteren umfangreichen Aufsatz anhand der Neuauflage des„Handbook of Psychotherapy Integration“ von Norcross & Goldfried grenzt Loth Integration und Ekklektizismus voneinander ab und postuliert, dass Integration möglich sei als„Triumph von Kooperation über Kolonisation“. Dazu gehöre die Achtung vor der Integrität eigenständiger therapeutischer Ansätze, die Orientierung nicht an Berufspolitik, sondern an der Einschätzungen der Hilfesuchenden selbst sowie an der Person der HelferInnen. Sehr lesenswert! Desweiteren gibt es im Heft einen Beitrag von Ilka Hoffmann über ihre„Arbeit mit inneren Bildern“ im Rahmen eines modifizierten Palo-Alto-Konzeptes von Kurzzeittherapie – wofür sie den Forschungspreis der SG 2007 erhalten hat. Erik_a Zika führt über die „Konstitution und Konstruktion von (sexuellen) Identitäten“ in die „queer theory“ ein und skizziert eine mögliche queer-systemische Praxis. Corina Ahlers und Inge Saval berichten über ihre „therapeutisch geführte Kindergruppe unter dem Aspekt resilienten Verhaltens“, Claudia Kalischko erzählt anhand ihrer Arbeit mit einer als anorektisch diagnostizierten Patientin über die „Balance von Autonomie und Bindung & ärztlicher und therapeutischer
Rollenfunktion“. Dazu ein Nachruf auf Michael White (auch von W. Loth) sowie Rezensionen.

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