systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

29. Juli 2022
von Tom Levold
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Auftrittscoaching mit Michael Bohne

Beim 3. Kongress „Reden reicht nicht!?“, der 2019 in Bremen stattfand, führte Michael Bohne einen Workshop zum Thema Auftrittscoaching mit PEP – Spitzenleistungsförderung und mentale Stärke in der klassischen Musik (Livecoaching mit Instrument oder Gesang)“, dessen Aufzeichnung hier betrachtet werden kann. Er arbeitet live mit einer Sängerin auf der Bühne, um Besonderheiten von PEP und ihrer praktischen Umsetzung live zu demonstrieren. Wichtig ist ihm dabei, dass der Coach in der gleichen Rolle ist, wie die künstlerischen Protagonistinnen: Es ist nichts abgesprochen, das Risiko der Unvorhersehbarkeit beraterischer Begegnung wird angenommen, und gerade dadurch kann sich vieles von dem Potenzial, das PEP als Methode des Auftrittscoachings birgt, zeigen und entfalten.

27. Juli 2022
von Tom Levold
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Der kybernetische Blick und seine Grenzen

Sascha Dickel

Unter diesem Titel veröffentlicht Sascha Dickel, Professor am Institut für Soziologie der Universität Mainz mit dem Arbeitsbereich Mediensoziologie & Gesellschaftstheorie einen Open Access-Artikel „Zur systemtheoretischen Selbstbeschreibung der digitalen Gesellschaft“, der 2022 im Berliner Journal für Soziologie erschienen ist. In seiner Einleitung schreibt er: „Vor dem Hintergrund der Digitalisierung stellt sich für Sozial- und Gesellschaftstheorien fast zwangsläufig die Frage, wie zeitgemäß ihre eigenen theoretischen Instrumente (noch) sind, gilt der seit mindestens drei Jahrzehnten ablaufende Prozess der Digitalisierung doch als anhaltender Epochenbruch, der auch und gerade dazu zwingt, die Frage nach dem ,Sozialen’ neu zu stellen. Ansatzpunkte dafür gibt es viele: Wie etwa lassen sich Gesellschaften begreifen, in denen medial vermittelte, ,synthetische Situationen’ (…) zum Normalfall des Miteinanders werden? Oder: Wie ist Sozialität beschreibbar, die – etwa im Kontext sozialer Medien – fundamental von digitalen Interfaces und Infrastrukturen abhängt, in denen das Soziale selbst zum Objekt von Designprozessen und Realexperimenten wird (…)? Und wer gilt in dieser digitalen Welt überhaupt als Teilnehmer:in am Sozialen? Nur Menschen oder auch Computer und Algorithmen? (…)? Muss man das theoretische Verständnis des Sozialen grundlegend von seinem humanistischen Ballast befreien (…)? Oder geht es vielmehr darum, die Besonderheiten menschlicher Sozialität gegenüber algorithmischer Operation und ,Künstlicher Intelligenz’ zu verteidigen (…)? Müsste eine Theorie der digitalen Gesellschaft selbst mit digitalen Begriffen operieren (…)? Oder sollte sie sich im Gegenteil von einem solchen Sprachgebrauch distanzieren, um digitale Sprechweisen von außen beobachten zu können (…)? Kurzum: Was sind die Folgen sozial- und gesellschaftstheoretischer Festlegungen für die Beobachtung dessen, was heute als ,Digitalisierung’ in aller Munde ist? Der Verhandlung dieser Fragen widmet sich dieser Beitrag anhand der soziologischen Systemtheorie.“

Zu diesem spannenden, aber auch theoretisch anspruchsvollen Text geht es hier…

25. Juli 2022
von Tom Levold
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Krise(n)

Mit dem Thema Krise und Krisen ist das aktuelle Heft der Zeitschrift für systemische Therapie und Beratung beschäftigt. Zum Inhalt schreibt Cornelia Tsirigotis in ihrem Editorial: „Mit Krisen und Krisenerleben beschäftigen sich die AutorInnen dieses Heftes: volatil, unsicher, komplex, ambig – Guido Strunk, Marcus Hausner, André Martin Poimer & Marcel Selinger durchleuchten VUKA auf dem Hintergrund der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplinen. Thomas Reyer nutzt die Perspektive der Transformationsforschung, um angesichts der oben beschriebenen Herausforderungen Veränderungsdynamiken zu erkennen und Handlungsoptionen für SystemikerInnen zu entwickeln. Ängste und Unsicherheit sind Anlässe von Jugendlichen, die in der Krise psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen: Martina Frey und Ingo Spitczok von Brisinski schildern die Prozesse von Krisenbewältigung in vielfältigen Beispielen. Ramona Thümmler untersucht die Identitätsarbeit und -entwicklung von Kindern und Jugendlichen angesichts der Krise. Marina Barz reflektiert die Kommunikation im professionelle und privaten Kontext angesichts der Corona-Krise.“

Nachzutragen ist an dieser Stelle auch das vorherige Heft 2, das dem Thema Kultur und Migration gewidmet ist. Keine systemische Zeitschrift hat dieses Thema so konsequent verfolgt wie die ZSTB in den vergangenen Jahren, weshalb der Titel auch die IX enthält, die auf die neunte Ausgabe zu diesem Themenkomplex verweist. Es geht um die Förderung von Migrantenfamilien, um Flucht und Verarbeitung von Fluchterfahrungen, aber auch um einen neuen Blick auf Obdachlose und die damit verbundene Straßenkultur.

Alle bibliografischen Angaben und abstracts gibt es wie immer hier…

23. Juli 2022
von Tom Levold
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Gesa Jürgens (18.6.1944 – 3.5.2022)

Wie schon bei der Vorstellung der aktuellen Ausgabe von systhema erwähnt, ist Gesa Jürgens, Mitbegründerin des Instituts für Familientherapie Weinheim, am 3. Mai gestorben. Mit freundlicher Genehmigung der systhema erscheint an dieser Stelle der Nachruf von Cornelia Hennecke und dem Teams des IFW, der einige Stimmen zum Abschied versammelt hat. In der nächsten Ausgabe von systhema soll noch ausführlicher auf Gesa Jürgens eingegangen werden.

Hier der Text des Nachrufes:

Uns erreichte im Institut am 4. Mai die traurige Nachricht, dass am 3.5.2022 unser frühere Kollegin Gesa Jürgens verstorben ist. 

Gesa gehörte mit zur Gründergeneration des IF Weinheim und hat zwischen 1975 und 2008 mit ihrem Wissen als Familientherapeutin und Dozentin, ihrem unverwechselbaren Gespür für heilsame Prozesse und großem Vertrauen in Menschen und die Kraft der Begegnung wesentliche Grundlagen unserer Weiterbildungen und der ‚Weinheimer Didaktik‘ mit etabliert und dabei hunderte Teilnehmer*innen in ihrer Entwicklung begleitet.

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21. Juli 2022
von Tom Levold
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Systemischer Kinderschutz?

Das Psychologischen Privatinstituts für Systemische Beratung (PPSB) in Hamburg hat im vergangenen Jahr ein „systemisches Kinderschutzprogramm“ unter dem Titel „Navigation in rauen Gewässern“ veröffentlicht, in dem die Einrichtung von „Lotsenstellen“ in Organisationen gefordert wird, die die Kinderschutz-Praxis der jeweiligen Organisation anleiten, beraten, kontrollieren und auch disziplinarisch überwachen sollen. In den Verlagsinformationen heißt es: „Im Kinderschutz begibt man sich oft in sprichwörtlich raue Gewässer – Untiefen, Brandung und Stürme sind keine Seltenheit und brauchen eine starke Navigation. Das Kinderschutzprogramm des Autor*innenteams des PPSB-Hamburg hilft, das Steuer in jeder Situation fest in der Hand zu halten.“ Martina Furlan vom DKSB Dortmund und Lehrtherapeutin (SG) am Institut an der Ruhr, hat das Buch gelesen und ist mit Vielem, wenngleich nicht Allem einverstanden. Ihre Rezension hat mich ebenfalls zur Lektüre gereizt, ich bin dabei aber zu einem ganz anderen Ergebnis gekommen. Mir ist nicht richtig klar geworden, was das „Systemische“ an diesem Konzept sein soll. Zwei ausführliche Rezensionen und eine gute Gelegenheit für die Leserschaft, sich selbst ein erstes Bild zu machen!

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20. Juli 2022
von Tom Levold
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systhema 2/2022

Vermischtes gibt es im neuen Heft der systhema: Von Themen wie Migration, Identität und Resilienz, über systemisches Denken und Handeln in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Motivierende Gesprächsführung, Sensibilisierung gegenüber Diskriminierung bis hin zu Bibliotherapie und Berufsberatung ist vieles dabei, zudem viele Rezensionen. Traurig die Nachricht, dass Gesa Jürgens (*1944), eine der frühen Mitbegründerinnen des Instituts für Familientherapie in Weinheim gestorben ist. Cornelia Hennecke hat einen Nachruf mit vielen Stimmen von Wegbegleitern verfasst. Alle bibliografischen Angaben und abstracts gibt es hier…

15. Juli 2022
von Tom Levold
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Zahl der Ehescheidungen 2021 um 0,7 % gesunken

WIESBADEN – Im Jahr 2021 wurden in Deutschland durch richterlichen Beschluss rund 142 800 Ehen geschieden. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, ist die Zahl der Scheidungen gegenüber 2020 um knapp 1 100 oder 0,7 % gesunken. Bereits im Vorjahr war sie um 3,5 % zurückgegangen. Seit 2012 ist die Zahl der Scheidungen jährlich gesunken, mit Ausnahme eines leichten Anstiegs im Jahr 2019. Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Zahl der Scheidungen sind somit in diesem Verlauf nicht erkennbar. Da einer Scheidung in der Regel eine Trennungszeit von mindestens einem Jahr vorausgeht, können sich solche Effekte auch erst langfristig zeigen.

Etwas mehr als die Hälfte (51,5 %) der 2021 geschiedenen Ehepaare hatte minderjährige Kinder. Von diesen hatten wiederum 49,5 % ein Kind, 39,5 % zwei und 11,0 % drei oder mehr Kinder. Insgesamt waren im Jahr 2021 etwa 121 800 Minderjährige von der Scheidung ihrer Eltern betroffen. 

Die meisten der 2021 geschiedenen Ehen (81,4 %) wurden nach einer vorherigen Trennungszeit von einem Jahr geschieden. Scheidungen nach dreijähriger Trennung machten einen Anteil von 17,6 % aus; dann wird unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist. Bei 1,0 % waren die Regelungen zur Scheidung vor einjähriger Trennung oder Scheidungen nach ausländischem Recht maßgebend. Etwa 22 900 oder 16,1 % aller geschiedenen Paare waren bereits mindestens im 25. Jahr verheiratet. Im Durchschnitt blickten die Paare auf 14 Jahre und 6 Monate Ehedauer zurück. Vor 25 Jahren waren Ehen bereits nach durchschnittlich 12 Jahren und 2 Monaten geschieden worden. Mitverantwortlich hierfür war der niedrigere Anteil geschiedener Langzeitehen: 1996 wurden mit 18 000 nur 10,3 % der geschiedenen Paare im Jahr ihrer Silberhochzeit oder danach geschieden. 

Bei 88,9 % der Ehescheidungen wurde der Scheidungsantrag mit Zustimmung des Ehegatten oder der Ehegattin gestellt. Bei 6,9 % wurde der Antrag von beiden Ehepartnern zusammen eingereicht. Bei den anderen 4,2 % stimmten der Ehegatte oder die Ehegattin dem gestellten Antrag nicht zu. 

2021 ließen sich etwa 1 000 gleichgeschlechtliche Paare scheiden. 2020 waren es etwa 900 gewesen. Die „Ehe für alle“ war in Deutschland im Oktober 2017 eingeführt worden. Gleichgeschlechtliche Paare, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, können diese nicht durch Scheidung, sondern durch Aufhebung beenden. 2021 wurden mit rund 1 000 Aufhebungen von Lebenspartnerschaften etwa 100 oder 9,1 % weniger erfasst als im Vorjahr. Damit ist die Zahl das zweite Jahr in Folge gesunken. Hier findet zunehmend eine Verschiebung von den Aufhebungen zu den Scheidungen statt. 

(Quelle: destatis.de)

13. Juli 2022
von Tom Levold
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Familienbilder

Eine bunte Mischung verschiedenster Texte macht die aktuelle Ausgabe der Familiendynamik aus, die von den Herausgebern unter das Leitmotiv „Familienbilder“ gestellt werden. „Welche Bilder von Familie haben wir im Kopf? Welche Dynamiken können durch das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Familienkonzepte ausgelöst werden? Und wie bilden sich Familiendynamiken zeichnerisch ab? Das Thema Familienbilder hat viele Facetten, einige von ihnen sollen in diesem Heft näher beleuchtet werden“, heißt es im Editorial. Darüber hinaus ist noch ein Artikel über die methodische Entwicklung des Therapie-Prozessbogens (TPB) von der Schiepek-Gruppe zu finden sowie ein (zum derzeitigen Schuljahresabschluss passender) Text von Stefan Jooß, der einen Blick auf die Not mit den Noten in der Schule wirft.

Alle bibliografischen Angaben und abstracts finden Sie hier…

9. Juli 2022
von Tom Levold
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Narrative Beratung – Organisationsgeschichten

Unter diesem Motto steht das aktuelle Heft der OSC, betreut von Arist von Schlippe und Christoph Schmidt-Lellek. In ihrem Editorial stellen sie die themenbezogenen Beiträge folgendermaßen vor: „[Wir haben versucht, den] Facettenreichtum des Umgangs mit Erzählungen einzufangen. Der Fokus liegt dabei auf der Bedeutung von Narrationen und Narrativen in Organisationen und Unternehmen. Welche Möglichkeiten und Formen des Umgangs damit gibt es in der Organisationsberatung und im Coaching?
Im ersten Beitrag von Doris Gruber werden Ansätze aus Erzähltheorie, Text- und Diskursanalyse in einen Zusammenhang mit Beratungsprozessen gebracht. Mit der Unterscheidung von Oberflächen- und Tiefenebenen in Texten und in Erzählungen oder mit der Vorstellung eines Mainstream-Diskurses, der seine Ränder unterdrückt, können z. B. verborgene Machtstrukturen erfasst werden, durch die die Kultur einer Organisation geprägt ist. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass eine Erzählung vom jeweiligen Berater bzw. Coach gehört und verarbeitet wird: Christine Erlach und Michael Müller präsentieren die Grundlagen ihres Ansatzes zum „Storylistening“ und beschreiben wichtige Storylistening-Methoden für Change, Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch in der Organisationsentwicklung. Anschließend behandelt Ulrich Gehmann die weltanschaulichen Grundlagen des Managements, die „mythische Natur“ der Machbarkeit, die vielen Managementansätzen unterliegt. „Management“ ist kein nur rationaler, auf Funktionalität hin orientierter Vorgang, vielmehr beruht er auf Mythen, die eben dadurch wirksam sind, dass man an sie glaubt. In einem Praxisbericht stellt Mirko Zwack anhand eines Fallbeispiels narratives Arbeiten im Einzelsetting mit der Zeitlinie vor. Insbesondere die Rolle emotionaler Aktivierung zur Veränderung des handlungsleitenden Narrativs und die Möglichkeit, diese beim Wandern durch die imaginierte Zeit im Raum zu fördern, werden so deutlich. Auch die Filmanalyse von Bernd Klose lässt sich unserem Themenschwerpunkt zuordnen: Anhand des Films „Rosen für den Staatsanwalt“ von 1959 wird die transgenerationale Weitergabe von machtvollen Narrativen, in diesem Fall die Naziideologie, verdeutlicht; diese blieb im Alltagsleben untergründig wirksam, obwohl – oder gerade weil – sie weitgehend verleugnet worden ist. Mit Überlegungen zur Weitergabe von unbewältigten Introjekten zeigt sich die Aktualität dieses 63 Jahre alten Films.“

Desweiteren gibt es noch Beiträge zum Stellenwert von Selbstführung und Selbstfürsorge im Coaching, ein Artikel zum Weinen im Coaching, der auch als Open Access Text frei verfügbar ist, sowie eine Untersuchung über Kreativdirektoren in Werbeagenturen als Coaching-Zielgruppe. Zwei Rezensionen runden das Heft ab, dessen bibliografischen Informationen nebst abstracts Sie hier finden können.

8. Juli 2022
von Tom Levold
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Seit Einführung der “Ehe für alle” wurden 65 600 gleichgeschlechtliche Ehen geschlossen

WIESBADEN – Seit Einführung der „Ehe für alle” im Jahr 2017 wurden 65 600 Ehen zwischen Menschen gleichen Geschlechts geschlossen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, gab es bis Ende 2021 gut 32 300 Eheschließungen zwischen zwei Männern und knapp 33 300 Ehen zwischen zwei Frauen. Vor fünf Jahren, am 30. Juni 2017, stimmte der Deutsche Bundestag einem Gesetzentwurf zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts zu. Das Gesetz trat dann am 1. Oktober 2017 in Kraft. Zuvor hatten gleichgeschlechtlichen Paare die Möglichkeit zur Begründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Ein Teil dieser eingetragenen Lebenspartnerschaften wurde seitdem in Ehen umgewandelt. Ohne Umwandlungen von eingetragenen Lebenspartnerschaften waren es bis Ende 2021 insgesamt 36 800 gleichgeschlechtliche Eheschließungen.

Zahl der gleichgeschlechtlichen Eheschließungen geht zurück 

Allein im Jahr 2021 wurden in ganz Deutschland 8 700 Ehen zwischen Personen gleichen Geschlechts geschlossen – 12,4 % weniger als 2020, als es gut 9 900 gleichgeschlechtliche Eheschließungen gab. Ohne Umwandlungen von eingetragenen Lebenspartnerschaften in Ehen waren es knapp 7 800 gleichgeschlechtliche Eheschließungen im Jahr 2021, das waren 7,3 % weniger als 2020 (8 400). Der Rückgang fiel damit stärker aus als bei Eheschließungen zwischen Männern und Frauen: Deren Zahl ging um 3,9 % zurück von 363 400 im Jahr 2020 auf 349 100 im vergangenen Jahr. 

Gleichgeschlechtliche Ehen werden häufiger von Frauen geschlossen 

2021 wurden knapp 4 100 Ehen zwischen Männern geschlossen, 4 600 Ehen zwischen Frauen. Der Frauenanteil hat über die Jahre zugenommen: 2017 wurden 45 % der gleichgeschlechtlichen Ehen zwischen Frauen geschlossen, 2021 waren es 53 %. 

(Quelle: destatis.de)

7. Juli 2022
von Tom Levold
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Resonanz auf das Virus. Die Corona-Pandemie als die Pandemie einer kommunikationsbasierten Weltgesellschaft

Schon im Mai 2021 hat der Soziologe und Systemtheoretiker Rudolf Stichweh im Rahmen einer digitalen Ringvorlesung der Kieler Universität zum Thema der Coronavirus-Pandemie und ihren Folgen einen Vortrag gehalten, in dem er die Auswirkungen der Pandemie auf die Weltgesellschaft als Kommunikationszusammenhang und ihren Funktionssystemen untersuchte. Die Schriftfassung, die auf diesen Vortrag folgte, ist auch auf academia.edu bzw. bei researchgate.net zu finden. In seiner Einleitung schreibt er: „Zum Titel: ,Resonanz auf das Virus’ ist der erste Teil des Titels. (…) er gefällt mir gut, weil er das trifft, was ich sagen möchte: Resonanz ist eine Beziehung zwischen zwei Systemen. Die Schwingungen des einen Systems lösen Schwingungen im anderen System aus. Wichtig ist beim ersten System die Diskontinuität dieser Schwingungen. Diese sind periodisch oder verändern sich mit der Zeit. Ich will hier nicht versuchen, zu exakt zu sein, weil es mir eher um eine Metapher als um eine exakte Analogie geht. Die sich in der Zeit verändernden Schwingungen des einen Systems lösen die Schwingungen des anderen Systems aus. Die Schwingungen des ersten Systems können durchaus problematisch, womöglich katastrophal, für das andere System sein. Sie können eine ernsthafte Disturbance (Störung) bedeuten. Genau damit haben wir hier offensichtlich zu tun. Das eine System ist das, was mit dem Virus und der viralen Evolution zu tun hat, und das andere System ist das der Gesellschaft. Und von Resonanz kann hier nicht physikalisch exakt, aber in einer vielleicht instruktiven Metapher die Rede sein. Deswegen passt der Titel gut. Der Untertitel ist eine Erläuterung des Titels und eine Hypothese, für die ich im Folgenden argumentieren möchte. Die These lautet ganz einfach: Die Corona-Pandemie ist die Pandemie einer kommunikationsbasierten Weltgesellschaft. Sie ist wohl zum ersten Mal eine Pandemie, die sich in ihren Strukturen sehr genau an die Strukturen einer kommunikationsbasierten Weltgesellschaft anpasst, diese wiederholt und auch dadurch ihre Brisanz und ihre Wirkungsstärke hat. Für diese These werde ich im Folgenden ein paar Argumente zusammentragen.“

6. Juli 2022
von Tom Levold
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Die Zeitlinie – eine Möglichkeit zur erlebnisintensiven systemischen Therapie mit Einzelklientinnen

Hans Schindler (Foto: B. Schmidt-Keller)

Heute würde Hans Schindler 70 Jahre alt. Am 8. Oktober 2019 starb er ganz plötzlich in seinem Haus in Italien. Arist von Schlippe und Rudolf Klein mit Barbara Schmidt-Keller haben hier im systemagazin von ihm Abschied genommen. In systhema schrieb Wolfgang Loth: „Wer die Entwicklung der Systemischen Therapie in Deutschland verfolgt hat, wird ermessen können, wie heftig die Erschütterung ist, die diese Nachricht auslöst. Hans Schindler hat die Entwicklung der Systemischen Therapie und der systemischen Perspektiven in Deutschland von Beginn an ungemein wirkungsvoll mitgestaltet. Er war einer der politischen Köpfe dieser Bewegung, hat über 15 Jahre in Vorstandsfunktionen Verantwortung getragen (von 1992 bis 1998 im Mitgliederverein des Instituts für Familientherapie e.V. Weinheim und von 1999 bis 2007 in der Systemischen Gesellschaft). Seit Sommer diesen Jahres war er der erste Systemiker, der als Präsident den Vorsitz einer deutschen Psychotherapeutenkammer (Bremen) innehatte. Er war ein unerschrockener, zielstrebiger und zäher politisch denkender Mensch. Er hatte das Gespür für mögliche Entwicklungen. Doch das allein war es nicht. Was dieses Gespür für mich zu etwas Besonderem machte, waren seine zutiefst humanistisch-politisch fundierte Weltsicht und seine großzügige und menschliche Art, im Kontakt zu sein.”

Hans Schindler hat immer wieder auch Texte veröffentlich, die diese Verantwortung reflektiert haben – zu gesellschaftlichen Themen wie Arbeitslosigkeit, Vergangenheitsbewältigung wie auch therapiepolitische Themen. Er war primär ein „Macher“, der Dinge auf den Weg und Menschen zusammen brachte, organisierte und neben der Arbeit den Genuss verstand. Aber auch zu therapeutischen Fragestellungen hat er sich hier und da geäußert. 1995 erschien in der Zeitschrift systhema, zu deren Redaktion er lange gehörte, ein Artikel über die Technik der Zeitlinie (Time-Line), mit der er gerne arbeitete. Er ist hier zu lesen…

5. Juli 2022
von Tom Levold
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Ingeborg Rücker-Embden-Jonasch (5.7.1942-19.11.2000)

Heute wäre Ingeborg Rücker-Embden-Jonasch 80 Jahre alt geworden. Sie hat schon in den 1970er Jahren in der familientherapeutischen Szene der Bundesrepublik mitgewirkt, zunächst als Mitarbeiterin von Horst-Eberhard Richter, dann als Gründungsmitglied der Heidelberger Gruppe um Helm Stierlin. Bekannt geworden ist sie durch ihre Co-Autorenschaft des Buches Das erste Familiengespräch bei Klett-Cotta (1976) und später durch ihre gemeinsam mit Andrea Ebbecke-Nohlen herausgegebenes Buch Balanceakte (Carl-Auer-Verlag 1992), in dem erstmals hierzulande die Bedeutung von Geschlechtsrollen in der Familientherapie thematisiert wurde.

Als Therapeutin hat sie 1998 in einem Artikel für den Kontext 1998 zum Thema Qualitätsstandards und therapeutischer Kunst einen schönen Abschnitt geschrieben, den ich hier zu ihrem Andenken gerne wiedergeben möchte:

„In neuerer Zeit ökonomischer Engpässe und gesundheitspolitischen Umdenkens gilt in psychosozialen Kreisen nur derjenige, dessen Verfahren den Qualitätsstandards besonders der Geldgeber (z.B. Krankenkassen, KV) genügen. Der Kampf um die auch hier immer geringer werdenden Ressourcen ist längst eingeläutet und führt zu höchst widersprüchlichen Aussagen. (…) Deutlich wird, daß bei jeder Form der Qualitätssicherung ein Maß an Qualität vom Untersucher definiert werden muß. Was als Erfolg der Therapie gilt, hängt also nicht nur vom individuellen Wohlbefinden der Partner ab. Auch eine Scheidung mit der dazu gehörenden Trennungs- und Trauerarbeit kann für den/die Einzelne/n als Erfolg gelten, wird aber in den seltensten Fällen als Kriterium mit einbezogen. Noch weniger geht aus den statistischen Untersuchungen hervor, inwieweit die Wirksamkeit der Paartherapie von der ,Kunst’ des/der Therapeut/in mitbestimmt ist.
Wodurch zeichnet sich diese therapeutische ,Kunst’ aus? Daß dem Kunstbegriff ein hohes Maß an Können, an spezifischen Fähigkeiten und Handlungsmöglichkeiten innewohnt, ist für alle Bereiche der darstellenden und bildenden Kunst unbestritten. Dies gilt auch für die Paartherapie. Hier sind in den je unterschiedlichen Konzeptionen (psychoanalytischen, verhaltenstherapeutischen, systemischen) in den letzten Jahren sehr spezifische Verhaltenskataloge entwickelt worden, so daß diese Verfahren lern- und lehrbar sind. Bestimmte Frage-, Aufgaben- und Interventionsformen, aber auch Hilfstechniken wie etwa Fragebogen, Rollenspiele, Skulpturarbeit, Familienbrett, Trauminterpretationen, Genogrammarbeit oder Familienaufstellungen sind bereits hinlänglich entwickelt und beschrieben worden (…). Aber gutes Können macht noch nicht Kunst aus. Es muß eingebettet und geprägt sein von einer wohlwollend-zugeneigten therapeutischen Haltung. Begriffe wie Allparteilichkeit (BOSZORMENYI-NAGY), Neutralität (REITER-THEIL), Neugier (CECCHIN), Respekt (HARGENS) und interessiertes, selbstreferentielles Beobachten (LUDEWIG) sind zwar notwendige Zutaten, fassen aber meines Erachtens immer noch zu kurz. Dazu kommt eine persönliche Ausstrahlung, geprägt von eigener Lebenserfahrung und Reife, die ein intuitives Maß an Mitschwingen und ,affektiver Bezogenheit’ (WELTER-ENDERLN) ermöglichen. Dieses Schwingen wird gerne mit der Musik verglichen, etwa mit ,dem blinden Tanz zur lautlosen Musik’ (GUNTERN), ,als gemeinsames Improvisieren von Solisten, die durch immer neue Variationen und Modulationen (schließlich) gemeinsam zu einer verbindlichen Melodie (finden)’ (LUDEWIG). Das intuitive, aber auch reflektierte Zusammenwirken der Geschichten des Paares mit der therapeutischen Wahrnehmung dieses ,Paartanzes’ und der Verknüpfung mit dem eigenen Standpunkt kann dann zu einem ebenso wirkungsvollen wie kunst- und ästhetisch genußvollen Ganzen führen, so daß die Worte des alten Römers Falvius auch für die Paartherapie gelten mögen: ,Die gemeinsamen Schritte durchs Leben sind nicht leicht, jeder hört die Musik anders. Aber der gemeinsame Tanz ist wunderbar.’“
(aus: Rücker-Embden-Jonasch, Ingeborg (1998): Am Anfang war das Paar – und dann? Zum Stand der Kunst in der Paartherapie. In: Kontext, 29 (2), S. 129–136).