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Kurt Ludewig zum 70. Geburtstag

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Heute feiert Kurt Ludewig seinen 70. Geburtstag. In den vergangenen 30 Lebensjahren hat er die Entwicklung der Systemischen Therapie nicht nur in den deutschsprachigen Ländern, sondern auch international maßgeblich mitgestaltet, wozu ihn seine chilenische Herkunft ebenso wie sein mehrjähriger Aufenthalt in den USA prädestiniert hat. Seiner Übersetzung von Humberto Maturanas und Francisco Varelas Buch „Der Baum der Erkenntnis“ ins Deutsche ist zu verdanken, dass die Arbeiten der beiden Chilenen hierzulande einem größeren Publikum bekannt geworden sind. Auch der Rezeption der Luhmannschen Systemtheorie innerhalb der systemtherapeutischen Szene hat er wichtige Wege gebahnt. Seine zahlreichen Aufsätze sowie das eigentlich – auch wenn als solches nicht vermarktete – allererste deutschsprachige Lehrbuch der systemischen Therapie, nämlich „Systemische Therapie. Grundlagen klinischer Theorie und Praxis“ aus dem Jahre 1992, haben bis heute einen weitreichenden Einfluss auf das Systemische Feld. Kurt Ludewig ist nach wie vor einer der am meisten zitierten Autoren – und das völlig zu Recht aufgrund der Gründlichkeit, Komplexität und Themenvielfalt seiner Arbeiten. Im Unterschied zu manchen anderen war er aber niemals ein bequemer Autor, der sich allzu schnell auf einen Kompromiss à la „kritisierst Du mich nicht, kritisiere ich Dich nicht“ eingelassen hätte, vielmehr kämpfte er – bei aller Verbindlichkeit in der Form – immer mit Leidenschaft für seine Ideen, Konzepte und Modelle. In den über 25 Jahren, die wir miteinander zu tun haben, mal enger, mal weniger eng, haben wir uns von Anfang an bis heute immer wieder ebenso heftig wie wohlwollend über unsere Ansichten und Positionen auseinandergesetzt und manchmal auch darüber gestritten, was nicht dazu führte, dass wir sie hätten aufgeben müssen, aber in jedem Fall dazu, dass wir sie im Zuge dieser Herausforderungen zwangsläufig besser, klarer und präziser formulieren mussten. Unsere Freundschaft hat das vertieft.
Den Lebensweg von Kurt Ludewig an dieser Stelle nachzuzeichnen würde diesen Rahmen sprengen, stattdessen ist nun in der Systemischen Bibliothek des systemagazin das ausführliche Interview mit Kurt nachzulesen, das Günter Reich für den „Kontext“ im Jahre 2008 geführt hat und in dem Kurt seinen Weg von Chile nach Europa und in die Systemische Therapie ausführlich erzählt.
Kurt war und ist nicht nur einer der führenden theoretischen Köpfe der Systemischen Szene, sondern auch ein enorm effektiver Organisator und jemand, der durch seine Initiative, seine Emotionalität (die im erstaunlichen Kontrast zu Inhalt und Form seiner theoretischen Leidenschaften steht) und seine fachpolitische Tatkraft Dinge besser als die meisten voranbringen kann. Als Gründungsvorsitzender der Systemischen Gesellschaft hat er dies sechs Jahre lang vielfach unter Beweis gestellt. Auch in diesen gemeinsamen Vorstandsjahren konnten wir aus unseren manchmal unterschiedlichen Vorstellungen immer wieder Funken schlagen, die in der Lage waren, größere Feuer zu entzünden und Prozesse in Gang zu bringen. 2004 organisierten wir dann gemeinsam (mit Gisal Wnuk-Gette, Anni Michelmann, Arist von Schlippe, Wilhelm Rotthaus und Friedebert Kröger) den großen EFTA-Kongress mit 3.500 Teilnehmern im Berliner ICC, der größte Kongress, den eine spezielle Therapieschule bis dahin in Europa zusammenbekommen hat. In den drei Jahren der Vorbereitungszeit lernte ich dann noch einmal einen Kurt kennen, der mich als Manager mit seiner Genauigkeit, einer unglaublichen Energie und einem noch unglaublicheren Gedächtnis überraschte und begeisterte (chapeau!!) – ohne ihn wäre der Kongress nicht ein solcher Erfolg geworden. Neben aller professioneller Verbundenheit hat sich zwischen uns über alle diese Jahre bis heute eine Freundschaft entwickelt, die ich nicht missen möchte. Dazu zählen viele Begegnungen an vielen (Veranstaltungs-)Orten ebenso wie die wechselseitige Begleitung in widrigen Lebensphasen.
All dies ist Grund genug, heute das Glas auf Kurt Ludewig zu erheben, ihm zu danken, was er in seinem Leben zustande gebracht hat, und ihm nachzusehen, was gewiss auch nicht gelungen ist. Auch wenn er beschlossen hat, im fortgeschrittenen „Rentenalter“ in erster Linie zu privatisieren,  ist sicher auf die eine oder andere Weise mit ihm zu rechnen – unter anderem mit einem neuen Buch, das demnächst bei Carl Auer zu erhalten sein wird. Kurt, im Namen vieler Freunde und Weggefährten: Auf Dein Wohl und Alles Gute für die kommenden Jahre!

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