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Ulrich Clement wird 75!

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(Foto: couchnow.com)

Heute feiert Uli Clement seinen 75 Geburtstag – und systemagazin gratuliert von Herzen!

Für die theoretische und praktische Entwicklung des systemischen Feldes hat er vor allem im Bereich der Paar- und Sexualtherapie sehr wichtige Beiträge geleistet. Seine wissenschaftliche Laufbahn begann mit einem Studium der Psychologie, Pädagogik, Ethnologie sowie Wirtschafts- und Sozialgeschichte in Mannheim, Hamburg und Hannover. Nach seinem Diplom in Psychologie 1975 arbeitete er zunächst am Institut für Sexualforschung der Universität Hamburg unter den renommierten Forschern Eberhard Schorsch und Gunter Schmidt. Diese frühe Prägung am Hamburger Institut legte den Grundstein für seine spätere Spezialisierung in der Sexualwissenschaft.

Seine wissenschaftliche Vertiefung führte ihn 1986 zur Promotion und 1992 zur Habilitation. Über die Jahre hinweg sammelte er internationale Erfahrungen durch Forschungsaufenthalte in Griechenland und den USA, wo er als Research Associate am HIV Center in New York tätig war.

Einen entscheidenden Wendepunkt in seiner Karriere markierte 1997 sein Eintritt in die Heidelberger Gruppe der systemischen Therapie um den Psychiater und Psychoanalytiker Helm Stierlin. Diese Verbindung von sexualwissenschaftlicher Expertise und systemischem Denken erwies sich als außerordentlich fruchtbar und führte zur Entwicklung seines Ansatzes der systemischen Sexualtherapie.

Mit seinem Standardwerk „Systemische Sexualtherapie“, erstmals 2004 erschienen und eines der nach wie vor inhaltlich und stilistisch besten Bücher im systemischen Feld, leitete er einen wichtigen Paradigmenwechsel in der Sexualtherapie ein. Statt sich primär auf die Behandlung sexueller Funktionsstörungen zu konzentrieren, rückte er die Entwicklung individueller sexueller Profile und die Kommunikation zwischen den Partnern in den Mittelpunkt. Dieser innovative Ansatz verschiebt den Fokus von der rein funktionsorientierten Perspektive der klassischen Masters-Johnson-Therapie hin zu einer ganzheitlichen Betrachtung des erotischen Potentials beider Partner.

Ulrich Clements wissenschaftliche Exzellenz fand internationale Anerkennung in seiner Wahl zum Präsidenten der International Academy of Sex Research für die Jahre 2000-2001. 

Als außerplanmäßiger Professor für Medizinische Psychologie an der Universität Heidelberg und Lehrtherapeut der Internationalen Gesellschaft für systemische Therapie (IGST) hat Clement unzählige Therapeuten ausgebildet und geprägt. Seine pädagogischen Fähigkeiten zeigen sich nicht nur in der direkten Lehre, sondern auch in der institutionellen Entwicklung: Er leitete das von ihm mitbegründete Institut für Sexualtherapie Heidelberg und war maßgeblich am Aufbau des ersten deutschsprachigen postgradualen Studiengangs “Sexualmedizin/Sexualtherapie” an der Universität Basel beteiligt.

Von 2003 bis 2007 wirkte er als Mitherausgeber der renommierten Fachzeitschrift “Familiendynamik”, zahlreiche seiner Publikationen, darunter Bestseller wie „Guter Sex trotz Liebe” und „Wenn Liebe fremdgeht“, erreichen sowohl Fachpublikum als auch interessierte Laien und haben sexualtherapeutische Erkenntnisse einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Als eloquenter Vermittler wissenschaftlicher Erkenntnisse hat Clement in zahllosen Medienauftritten – von Talkshows bis zu Fachzeitschriften – dazu beigetragen, Tabus zu durchbrechen und eine offene gesellschaftliche Diskussion über Sexualität und Partnerschaft zu fördern. Sein charmanter und humorvoller, dabei gerne auch einmal provokanter Stil, gepaart mit wissenschaftlicher Seriosität verlieh der Sexualtherapie ein neues, zugängliches Gesicht.

Die Anerkennung von Clements Lebenswerk fand 2024 ihren vorläufigen Höhepunkt in der Verleihung des Psychologie Awards für sein Lebenswerk. Diese Ehrung würdigt nicht nur seine wissenschaftlichen Beiträge, sondern auch seine Rolle als Wegbereiter für eine neue Generation von Therapeuten. 

Clements therapeutischer Ansatz zeichnet sich durch eine besondere Haltung aus, die er selbst als “Veränderungsneutralität” beschreibt. Diese respektvolle und nicht-direktive Herangehensweise erkennt die Autonomie der Klienten an und unterstützt sie dabei, ihre eigenen Lösungswege zu finden. Sein Credo “Sein vor Tun” unterstreicht die Bedeutung authentischer Sexualität gegenüber reiner Funktionalität.

Trotz seiner Parkinson-Erkrankung, mit der er sehr offen umgeht, konnte er in den letzten Jahren noch viele Kurse und Weiterbildungen durchführen.

Lieber Uli, die systemische Szene hat dir sehr viel zu verdanken. Dass du in der kommenden Zeit trotz der Widrigkeiten der Krankheit und des Alterns viele genussreiche und anregende Begegnungen und Erlebnisse hast, wünsche ich dir von Herzen! Let life be good to you!

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