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Schlaflos in Manhattan

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Neulich hatten wir Besuch aus New York. Die Beiden meinten: „New York ist schön für eine Woche Urlaub, aber um dort zu leben…“
Nun sind wir hier – für eine Woche. Wir haben Bed & Breakfast bei einer 73jährigen, deutlich jünger wirkenden, weil gelifteten Lady. An der Park Avenue. Nachts übertönt die rumpelnde und pfeifende Klimaanlage beinahe den Straßenverkehr. Nur die Sirenen sind lauter. Dürfen eigentlich die Polizisten und Ambulanzfahrer ihre Sirenen selbst programmieren? Kann man Sirenen-Melodien aus dem Internet herunterladen?
Tagsüber hupen die Ambulanz- und Streifenwagenfahrer zusätzlich, weil sie sonst niemand hören würde. New York ist verstopft. Ein belauschtes Gespräch am Handy im M10-Bus durch Manhattan: „Ich bin noch 40 Blocks von Penn-Station weg, keine Ahnung, wann ich da bin.“ Seit 42 Jahren kämpft der heute 93 Jahre alte Anwalt Theodore Kheel für freien öffentlichen Verkehr und eine City-Maut für Privatautos. Er ist inzwischen aus Alters- und Krankheitsgründen auf sein Privatauto samt Chauffeur angewiesen, aber kämpft immer noch.
Zwei Nächte sind durch einen Presslufthammer unten auf der Straße, ab 22 Uhr in Aktion, gestört. Unsere um Hilfe gerufene Gastgeberin zeigt sich schicksalsergeben. Tagsüber sei wohl zu viel Verkehr. Sie gibt uns Ohrstöpsel und zeigt uns ihre Vorräte an Schlafmitteln, auf die wir dankend verzichten.
Am Tag nach Bekanntwerden der Finanz-Krise ist die 5th Avenue, wie immer, voller schöner, hektischer, mit Einkaufstüten beladener, telefonierender Menschen. Die Zeitungen beschäftigt vor allem, wie die Präsidentschaftskandidaten auf die Krise reagieren, und ob die Widersprüche in den Stellungnahmen McCains ihm wohl schaden oder nicht.
In unserem plüschigen Zimmer liegt ein Heft, Weihnachten 2007 erschienen: „Reasons to love New York“. Grund Nummer drei von 50: „Because we proudly harbor illegal immigrants“. Von 2.9 Millionen Einwanderern soll jeder sechste illegal sein. Es ist wohl gerade Politik, es nicht so genau wissen zu wollen. Immerhin sollen die Immigranten heruntergekommene Stadtviertel auf eine Weise wiederbelebt haben, die für sinkende Verbrechensraten verantwortlich gemacht wird.
Ein chinesischer Koch wird in dem Magazin zitiert: „New York ist wie zu Hause. Hier muss man nicht Englisch sprechen. Hier muss man nicht einmal Mandarin oder Kantonesisch sprechen, solange Du den Fujian-Dialekt sprichst. Jeder am East Broadway ist von Fujian.“ Auf der Straße und in der Metro ist viel Spanisch zu hören. Plakate in spanischer Sprache rufen dazu auf, „Beobachtungen“ der Polizei zu melden. Aber welche Beobachtungen denn?
Unsere Gastgeberin ist dagegen noch echte New Yorkerin. Wirklich? Gestern, als wir abends aus dem Restaurant nach Hause kamen, hatte sie Herrenbesuch, nur mit Boxer-Shorts bekleidet. Deutlich jünger. Noch ein Grund für Gedanken in der Nacht. Multi-Kulti und rasender Stillstand in Manhattan.

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