systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

31. Mai 2015
von Tom Levold
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Persönlichkeit als informationsprozessierendes System: ein systemisch-synergetischer Zugang

John F. Rauthmann, Post-Doc an der Abteilung für Persönlichkeitspsychologie der Humboldt-Universität Berlin, hat im Journal Psychologie des Alltagshandelns, Vol. 8 / No. 1, einen interessanten (und recht komplexen) Text veröffentlicht, der das Konstrukt der Persönlichkeit aus einer systemisch-synergetischen Perspektive entwickelt. Dabei betont er einen transdisziplinären Anspruch, der sich aber in erster Linie auf die Integration der einzelnen psychologischen Teilwissenschaften bezieht als auf die Einbeziehung auch anderer wissenschaftlichen Felder. Im abstract heißt es: „Die kontemporäre Forschung zur Persönlichkeit ist zersplittert in viele Teilbereiche und nur lose miteinander verknüpften Konzeptionen. Umso wichtiger ist es, alte sowie neue theoretische und empirische Erkenntnisse in übergeordnete Rahmenmodelle zu integrieren, um eine holistische Sicht auf die ,Psyche’ des Menschen zu bekommen. ,Persönlichkeit’ wird als ein informationsprozessierendes dissipatives, non-lineares dynamisches System in variierenden strukturellen Systemkonfigurationen aus komplexer Organisation und Interaktion intra- sowie extrapsychischer Prozesse verstanden, das auf seiner biophysiologischen Basis beständig in Wechselwirkung mit der belebten und unbelebten Umwelt über verschiedene Situationen hinweg existiert. Der theoretische und methodologische Zugang erfolgt mittels Systemtheorie und Synergetik, um die intra-, inter- und transsystemische Informationsfluktuation und -prozessierung darzustellen.“

Den Text kann hier online herunterladen

28. Mai 2015
von Tom Levold
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homo mediator

Josef Duss-von Werdt (2015) homo mediator

Josef Duss-von Werdt (2015)
homo mediator

Unter diesem Titel hat Josef Duss-von Werdt seine Arbeit über „Geschichte und Menschenbilder der Mediation“ 2005 im Klett-Cotta-Verlag veröffentlicht. 2015 ist sie im Schneider-Verlag Hohengehren in einer überarbeiteten Neufassung erschienen. Gerda Mehta aus Wien, Systemische Therapeutin und Mediatorin, hat das Buch für systemagazin rezensiert und resümiert: „Sepps Scharfsinn und Wortpräzision sind nicht nur ein intellektuelles Vergnügen und prosaischer Genuss, sondern auch eine gute Denkschule und Nachdenkmediation. Er führt die Leserin, den Leser zurück zum Sinn von Worten – die Sachverhalte, die Inhalte präzise in „den Griff bekommen versuchen“ und nicht nur einer Gewohnheit folgen, wie Worte und Begriffe und Konzepte zu verstehen sind. Sie werden (wieder) zu eigen gemacht, angeeignet und damit wird Lebendigkeit geschaffen, die berührt, die Begegnung ermöglicht und die Kraft hat, Klüfte überwinden zu können.“ Aber lesen Sie selbst… Weiterlesen →

24. Mai 2015
von Tom Levold
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Gegen Verbote und Abstinenzgebote

2. Alternativer Drogen- und Suchtbericht 2015

2. Alternativer Drogen- und Suchtbericht 2015

Am 18.5. wurde von akzept e.V. Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik, der Deutschen AIDS-Hilfe e.V. und JES Bundesverband e.V. der zweite Alternative Drogen- und Suchtbericht der Öffentlichkeit vorgestellt. Schwerpunktthema ist das Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Drogenverbote und die Strafverfolgung von Drogenkonsumenten führen zu zahlreichen gesundheitlichen und gesellschaftlichen Problemen. Zugleich werden wirksame Strategien in Prävention und Drogenpolitik weiterhin nicht genutzt. Der Alternative Drogen- und Suchtbericht (ADSB) will helfen, Irrtümer in der Drogenpolitik zu korrigieren und Erkenntnisse der Sucht- und Präventionsforschung in dauerhaft erfolgreiche Maßnahmen zu übersetzen. Wie der Bericht der Bundesregierung, der am 21.5. erscheint, deckt er ein breites Themenspektrum von Tabak bis Heroin ab (siehe Themenübersicht). Zu den Autorinnen und Autoren zählen auch der Vorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, und der Polizeipräsident von Münster, Hubert Wimber. Die Print-Fassung des 185 Seiten starken Berichtes ist bei Pabst Publishers erschienen. Der Bericht ist aber auch als PDF online erhältlich, und zwar hier…

23. Mai 2015
von Tom Levold
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Systemtheoretische Sprache und systemisches Sprechen

loth_06In dem Maße, in dem das Wort „systemisch“ immer weitere Verbreitung und Akzeptanz findet, verliert es auch an Aussagekraft. Was ist heute nicht systemisch? Aber wie definiert man den „Wesenskern“ des Systemischen? Und welche Rolle spielt der Rückbezug auf Systemtheorie (in welcher Spielart auch immer)? Zu diesen Fragen hat sich Wolfgang Loth 2010 in einem Aufsatz für die „Zeitschrift für Systemische Therapie und Beratung“ unter dem Titel „Was soll’s? – Eine Annäherung an ,systemisch-plus‘“ Gedanken gemacht. Im abstract heißt es: „Die Prägnanz des Begriffs „systemisch“ vermag zu täuschen. Die Diskussionen um systemisches Störungswissen zeigten das auf. Sowohl ontologistische als auch konstruktivistische Positionen können im Prinzip sinnvoll mit systemischen Perspektiven in Verbindung gebracht werden. Im vorliegenden Beitrag versuche ich daher, die entsprechenden Prämissen zu entwirren. Es lässt sich ein Kern herausfiltern, der systemische Prämissen zusammenfasst und ein weites Feld von Handlungsoptionen eröffnet (das Fokussieren auf Kontexte als notwendiges Bei-Werk von Systemen, sowie auf das Organisieren von Hilfe über das Berücksichtigen von Sinngrenzen als Hort der System-Umwelt-Dynamik). Die jeweilige Auswahl aus diesen Optionen lässt sich aus dem Kern jedoch nicht eindeutig ableiten. Hier wirken andere Orientierungen. Ich bevorzuge daher die Verknüpfung des Begriffs „systemisch“ mit einem „plus“. Das „plus“ stände dann für die Absicht, wie ich zu einem systemisch angelegten Hilfegeschehen beisteuern möchte. Ich bevorzuge dabei eine ,existenzielle‘ Orientierung.“

Der Text ist mit freundlicher Erlaubnis des Verlag modernes Lernen hier zu lesen.

19. Mai 2015
von Tom Levold
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Ivan Boszormenyi-Nagy (19.5.1920-28.1.2007)

boszormenyi-nagyAls Dozent und Lehrtherapeut an unterschiedlichen systemischen Instituten bin ich immer wieder überrascht, dass viele Pioniere der Familientherapie und der Systemischen Therapie allmählich in Vergessenheit geraten oder den TeilnehmerInnen der Weiterbildungen gar unbekannt sind. So wissen viele nichts von Ivan Boszormenyi-Nagy, der seit Ende der 70er Jahre häufig in Deutschland zu Gast war und in vielen Workshops und Tagungen sein Konzept der Kontextuellen Therapie vermittelt hat (siehe auch meinen Nachruf aus dem Jahre 2007 – das Foto zeigt ihn auf einem seiner letzten öffentlichen Auftritte auf der EFTA-Tagung 2004 in Berlin). Er war einer der wesentlichen Vertreter der Mehrgenerationenperspektive und betonte nachdrücklich die Rolle von Gerechtigkeit im Geben und Nehmen, Allparteilichkeit und Loyalität innerhalb familiärer Beziehungen, auch und gerade bei ausgestoßenen und vermeintlich illoyalen Familienmitgliedern. Mit „Parentifizierung“ prägte er einen weiteren wichtigen Begriff, der heute einen festen Platz im therapeutischen Lexikon hat, und der die Übernahme einer Erwachsenen-Rolle durch die Kinder bezeichnet, die aufgrund fehlender oder unklarer Generationengrenzen zu emotionalen und realen Versorgern ihrer Eltern werden. Boszormenyi-Nagy hat dabei immer betont, dass bei aller Problematik dieser Rollenumkehr Parentifizierung nicht ausschließlich negativ betrachtet werden kann, eine einseitige Pathologisierung also nicht sinnvoll ist. Heute würde er 95 Jahre alt. Lisa M. Hooper hat 2008 im „Alabama Counseling Association Journal“ einen zusammenfassenden Bericht über das Konzept der Parentifizierung veröffentlicht, auf den ich heute anlässlich des Geburtstages seines Begründers hinweisen möchte. Weiterlesen →

18. Mai 2015
von Tom Levold
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Das „Mikro-Makro-Problem“ in der Gesprächsforschung

Systemtheoretische Konzepte sozialer Prozesse gehen davon aus, dass soziale Strukturbildung nicht vom Verhalten der beteiligten Individuen her erklärbar ist. Ihr Beschreibungsinstrumentarium lässt sich daher primär makrotheoretischen Ansätzen zuordnen, die die Eigendynamik der gesellschaftlichen Differenzierung in unterschiedliche, mehr oder weniger autonome Funktionssysteme in den Blick nimmt. Die sozialtheoretischen Perspektiven, die mit einer solchen Betrachtungsweise auch ein neues Verständnis von Therapie und Beratung als soziale Systeme eröffnen, faszinieren die Berater- und Therapeutenzunft seit langem. Gleichzeitig sind der Anwendung solcher makrotheoretischen Ansätze auf die konkrete, empirische Beratungspraxis aufgrund ihres Abstraktionsgrades Grenzen gesetzt. Mikrotheorien dagegen versuchen, soziale Ordnungsbildung gerade aus der Beobachtung von konkreten, alltäglichen Handlungssituationen und Interaktionen zu rekonstruieren. Eine empirische Disziplin, die diese Perspektive auch für Therapeuten und Berater fruchtbar machen kann, ist die Gesprächsforschung, die z.B. Narrationen untersucht und Konversationsanalysen betreibt, also genau das untersucht, was in einer Therapiesitzung oder einem Beratungsgespräch von Moment zu Moment geschieht. Mikro- und Makrotheorien sind aber nicht ohne Weiteres in einem gemeinsamen theoretischen Rahmen zu integrieren. Dies ist der Ausgangspunkt eines spannenden Aufsatzes von Stephan Habscheid, der 2000 in der Zeitschrift „Gesprächsforschung – Online-Zeitschrift zur verbalen Interaktion“ erschienen ist und einen Versuch darstellt, Mikro- und Makroperspektiven so aufeinander zu beziehen, dass Konversationsanalyse auch für die Luhmannsche Theorie sozialer Systeme anschließbar wird. Weiterlesen →

14. Mai 2015
von Tom Levold
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Online-Supervision – neue Perspektiven für die Praxis 

In Heft 2/2014 der Zeitschrift Kontext beschäftigt sich Emily M. Engelhardt mit dem Thema Online-Supervision. Im abstracts heißt es: „Vor welchen Herausforderungen steht Supervision im sich stetig fortentwickelnden Zeitalter der Digitalisierung und Mediatisierung unserer Gesellschaft? Wie kann mit den gesellschaftlichen Veränderungen, die sich hierdurch auch für das Feld der Supervision ergeben, sinnvoll umgegangen werden? Die psychosoziale Beratung hat hierauf in den letzten zehn Jahren erste Antworten gefunden. Die immer stärkere Verbreitung von Onlineberatung als zusätzliches (oder eigenständiges) Beratungsangebot spiegelt sich in der Vielzahl der im Internet aufrufbaren Beratungsangebote wider. Supervision als »Sonderform« von Beratung wird sich in den nächsten Jahren dieser Entwicklung stellen müssen. Adäquate Angebote sind derzeit nur sehr vereinzelt zu finden. Eine klare Positionierung der Fachverbände für Supervision steht noch aus, ebenso die Entwicklung von Qualitätsstandards sowie spezifizierten Ausbildungen im Bereich der Online-Supervision (…). Wenn Reflexion ein wesentlicher Aspekt von Supervision ist, müssen Supervisionskonzepte so gestaltet sein, dass sie Reflexion zulassen. Das bedeutet insbesondere, dass sich Supervisor/-innen als Verantwortliche für den Beratungsprozess Gedanken darüber machen müssen, in welchem Setting und mit welchen Methoden sie ihr Supervisionsangebot gestalten. Der Artikel gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Online-Supervision, ihren besonderen Charakter und leitet Entwicklungsaufgaben für die Zukunft ab.“ Zu lesen ist der Text auch online im DGSF-Wissensportal, und zwar hier…

13. Mai 2015
von Tom Levold
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„Denn die Menschen: das sind ihre Geschichten. Geschichten aber muß man erzählen. Das tun die Geisteswissenschaften: sie kompensieren Modernisierungsschäden, indem sie erzählen; und je mehr versachlicht wird, desto mehr – kompensatorisch – muß erzählt werden: sonst sterben die Menschen an narrativer Atrophie. […] Je moderner die moderne Welt wird, desto unvermeidlicher werden die Geisteswissenschaften, nämlich als erzählende Wissenschaften.“

Aus: Über die Unvermeidlichkeit der Geisteswissenschaften. Vortrag vor der Westdeutschen Rektorenkonferenz. In: Odo Marquard, Apologie des Zufälligen, 1986, S. 105 f.

12. Mai 2015
von Tom Levold
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Erwerbstätige Mütter sind im Schnitt 27 Stunden pro Woche berufstätig

WIESBADEN – Im Jahr 2013 betrug die durchschnittliche Arbeitszeit von erwerbstätigen Müttern im Alter von 25 bis 49 Jahren rund 27 Stunden pro Woche. Gleichaltrige Frauen ohne im Haushalt lebendes Kind waren durchschnittlich gut 37 Stunden wöchentlich berufstätig und somit rund 10 Stunden mehr als Frauen mit Kindern. Das teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Internationalen Familientages am 15. Mai auf Basis der Ergebnisse des Mikrozensus, der größten jährlichen Haushalts­befragung in Deutschland, mit.

Bei den 25- bis 49-jährigen erwerbstätigen Vätern betrug die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit knapp 42 Stunden. Bei den Männern ohne Kind lag sie mit 41 Stunden um 1 Stunde darunter.

Ostdeutsche Mütter arbeiten mit 33 Stunden im Durchschnitt nur knapp 4 Stunden weniger als ostdeutsche Frauen ohne Kind (37 Stunden). In Westdeutschland ist die wöchentliche Arbeitszeit von Müttern mit 25 Stunden knapp 12 Stunden niedriger als bei den Frauen ohne Kind (37 Stunden). Bei der wöchentlichen Arbeitszeit der Männer zeigen sich nur geringfügige Ost-West-Unterschiede.

Im Vergleich zu 2003 hat sich die wöchentliche Arbeitszeit deutschlandweit leicht erhöht. Den größten Anstieg gab es bei westdeutschen Frauen ohne Kind (+ 1 Stunde). Rückläufig war die wöchentliche Arbeitszeit dagegen bei den ostdeutschen Müttern. Sie übten ihren Beruf gut 1 Stunde pro Woche weniger aus als noch vor 10 Jahren. Auch ostdeutsche Männer ohne Kind arbeiteten geringfügig kürzer als 2003.

Methodische Hinweise
Betrachtet werden hier erwerbstätige Frauen und Männer im Alter von 25 bis 49 Jahren. Dazu zählen Ehefrauen und Ehemänner mit und ohne Kinder, Lebenspartnerinnen und Lebenspartner mit und ohne Kinder, Alleinstehende ohne Kind sowie Alleinerziehende mit Kindern. Die wöchentliche Arbeitszeit bezieht sich auf die normalerweise geleisteten Wochenarbeitsstunden.

Quelle: Pressemitteilungen – Erwerbstätige Mütter sind im Schnitt 27 Stunden pro Woche berufstätig – Statistisches Bundesamt (Destatis)

12. Mai 2015
von Tom Levold
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Systemische Therapie und Beratung – das große Lehrbuch

Levold & Wirsching (Hrsg.) (2104): Systemische Therapie und Beratung

Levold & Wirsching (Hrsg.) (2104): Systemische Therapie und Beratung

Das Lehrbuch für Systemische Therapie und Beratung aus dem Carl-Auer-Verlag ist jetzt ziemlich genau ein Jahr auf dem Markt und auf große Resonanz gestoßen. Hier eine Rezension von Petra Bauer, Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Sozialpädagogik an der Universität Tübingen, die im Dezember im Kontext erschienen ist:

Petra Bauer, Tübingen:

Das große Lehrbuch nennen die beiden Herausgeber das in intensiver Zusammenarbeit einer großen Zahl von Autorinnen und Autoren entstandene Werk und betonen mit der Wahl des bestimmten Artikels »das« auch die Einzigartigkeit ihrer Herangehensweise. So folgen Lehrbücher in der Regel der Logik, dass ein, zwei besonders befähigte oder sich befugt fühlende Fachkolleg/innen die Aufgabe übernehmen, den Stand der Diskussion zu einer bestimmten Thematik zusammenzustellen und auf einen lehr- und lernbaren Inhalt herunterzubrechen. Dieses Lehrbuch beruht dagegen auf einzelnen Artikeln und dem Mitwirken von insgesamt 76 Einzelautor/innen, deren Beiträge in diesem Band vereint wurden. Damit beruht dieses neue Lehrbuch auf einer Sammlung von Artikeln, lässt aber seinen Charakter als Sammelband kaum mehr erkennen. Es ist den beiden Herausgebern in ganz besonderer Weise gelungen, die Vielfalt der Stimmen und Perspektiven der beteiligten Autor/innen so gut aufeinander abzustimmen und zu beziehen, dass dieser Sammelband als Buch aus einem Guss erscheint – sowohl in der Sprache als auch im durchgehenden Duktus dessen, was hier vermittelt und aufgezeigt werden soll. In dieser Hinsicht ist das große – neue – Lehrbuch tatsächlich einzigartig. Weiterlesen →

11. Mai 2015
von Tom Levold
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Über 10 Millionen behinderte Menschen im Jahr 2013

WIESBADEN – Im Jahr 2013 lebten in Deutschland 10,2 Millionen Menschen mit einer amtlich anerkannten Behinderung. Dies teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Grundlage der Ergebnisse des Mikrozensus mit. Im Durchschnitt war somit gut jeder achte Einwohner (13 %) behindert. Mehr als die Hälfte davon (52 %) waren Männer. Der größte Teil, nämlich rund 7,5 Millionen Menschen, war schwerbehindert, 2,7 Millionen Menschen lebten mit einer leichteren Behinderung. Gegenüber 2009 ist die Zahl der Menschen mit Behinderung um 7 % beziehungsweise 673 000 Personen gestiegen.

Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung nach Zehnergraden von 20 bis 100 abgestuft festgestellt. Personen, deren Grad der Behinderung mindestens 50 beträgt, gelten als schwerbehindert. Als leichter behindert werden Personen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 bezeichnet.

Behinderungen treten vor allem bei älteren Menschen auf: So waren 73 % der behinderten Menschen 55 Jahre oder älter. Der entsprechende Anteil dieser Altersgruppe innerhalb der nichtbehinderten Menschen betrug demgegenüber nur 32 %.

Die Lebenssituation von behinderten Menschen im Alter von 25 bis 44 Jahren unterscheidet sich häufig deutlich von der Situation nichtbehinderter Menschen gleichen Alters. Behinderte Menschen zwischen 25 und 44 Jahren sind häufiger ledig und leben öfter allein als Nichtbehinderte in dieser Altersklasse. Der Anteil der Ledigen unter den behinderten Menschen betrug in diesem Alter 58 %, der entsprechende Anteil unter den Nichtbehinderten war 45 %. Der Anteil der Alleinlebenden im Alter von 25 bis 44 Jahren lag für behinderte Menschen bei 32 %, für Menschen ohne Behinderung hingegen bei 21 %.

Insgesamt 18 % der behinderten Menschen im Alter von 25 bis 44 Jahren hatten keinen allgemeinen Schulabschluss. Menschen ohne Behinderung in diesem Alter waren deutlich seltener ohne Abschluss (3 %). Abitur hatten hingegen 13 % der behinderten und 31 % der nichtbehinderten Menschen in dieser Altersklasse.

Am Arbeitsmarkt zeigt sich eine geringere Teilhabe der behinderten Menschen: 67 % der behinderten Menschen im Alter von 25 bis 44 Jahren waren erwerbstätig oder suchten nach einer Tätigkeit, bei den gleichaltrigen Nichtbehinderten waren es 88 %. Behinderte Menschen zwischen 25 und 44 Jahren waren häufiger erwerbslos. Die Erwerbslosenquote betrug 7 %, die entsprechende Quote bei den Nichtbehinderten lag bei 5 %. Auch von Krankheiten sind behinderte Menschen häufiger betroffen: So waren 32 % der behinderten Menschen im Alter von 25 bis 44 Jahren in den letzten vier Wochen vor der Mikrozensus-Befragung krank, bei Menschen ohne Behinderung waren es nur 12 %.

Quelle: Pressemitteilungen – Über 10 Millionen behinderte Menschen im Jahr 2013 – Statistisches Bundesamt (Destatis)