systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

8. November 2015
von Tom Levold
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Kontroverse Modelle der Mediation

Konfliktdynamik 4(4) - 2015

Konfliktdynamik 4(4) – 2015

Mit diesem Thema beendet die Zeitschrift Konfliktdynamik ihren aktuellen Jahrgang. Zu ihrem Themenschwerpunkt schreiben die Herausgeber in ihrem Editorial: „Reiner Ponschab stellt als erstes das Harvard-Verhandlungskonzept vor, auf dem ein interessenbasiertes, moderierendes (»facilitatives«) Mediationsmodell basiert, nach dem wohl die meisten Mediationen in Deutschland und der westlichen Welt durchgeführt werden. Genau diese gängige Mediationspraxis kritisieren Joseph Folger und Robert Baruch Bush. Sie halten ein angriffslustiges Plädoyer für die nicht-direktive Vorgehensweise ihrer Transformativen Mediation. Monika Oboth gibt der Diskussion mit der Haltung der Gewaltfreien Kommunikation nach Rosenberg eine harmonische Note, während Christian Prior und Christoph Thomann mit der eher konfrontierenden Klärungshilfe noch einmal einen direktiveren Kontrapunkt setzen. Interessant sind die Spuren gegenseitiger Beeinflussung. Auf den ersten Blick erscheinen der lösungsorientierte Verhandlungsansatz des Harvard-Konzeptes, der für viele Juristen sehr ankopplungsfähig ist, und die auf Emotionen fokussierte und psychologisch geprägte Klärungshilfe wie Gegensätze. Beide »Schulen« fordern jedoch ein direktives und sehr strukturiertes Vorgehen des Mediators. Genau solche Vorgehensweisen lehnen Bush und Folger ab, weil dies letztlich der Mediation ihre Legitimation entziehe. Die anderen Schulen macht es aber füreinander interessant. So scheint es passend, dass im Text über das Verhandeln mit dem Doppeln ausgerechnet eine aus der Therapie stammende Methode auftaucht, die zum zentralen Methodenrepertoire der Klärungshilfe gehört. Die internationale Mediationsforscherin Nadja Alexander macht aus ihrer globalen Perspektive klar, dass alle diese Ansätze ziemlich westlich sind und zeigt, wie westliche Mediation in ostasiatischen Kulturen Störungen erzeugen kann.“ Die vollständigen bibliografischen Angaben des Jahrgangs 2015 mit allen abstracts lesen Sie hier…

5. November 2015
von Tom Levold
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Die kontinuierliche Wiederherstellung von Führungslegitimität

In seiner Dissertation beschäftigt sich Marcus Wörner mit der interessanten Frage, wie sich Führung legitimieren kann, wenn die klassischen Legitimationsmittel etwa der Autorität qua Amt oder andere Machtmittel an Stellenwert verloren haben oder, wie z.B. bei einem Zusammenschluss von Organisationen oder Unternehmen, von vorneherein für den Verband nicht zur Verfügung stehen, weil er keine formalen Machtmittel gegenüber den beteiligten autonomen Mitgliedern besitzt. „Hieraus lässt sich die These aufstellen, dass Führungslegitimität kein feststehender Besitz von Führung sein muss, der zum Beispiel im Sinne von Weber auf einer legalen oder traditionalen Herrschaft aufbaut. Führungslegitimität, so kann vermutet werden, sollte vielmehr als etwas betrachtet werden, das in organisationaler Kommunikation immer wieder aufs Neue erarbeitet werden muss und damit selbst ein Prozess ist und keine Entität, kein fixer Zustand. Deshalb spricht der Titel dieser Arbeit von der kontinuierlichen Wiederherstellung von Führungslegitimität.“ Diese These wird systemtheoretisch untermauert und anhand des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken empirisch untersucht. Weiterlesen →

4. November 2015
von Tom Levold
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systemagazin-Adventskalender 2015: Open Doors!

„Richard Ernst Kepler – Im Lande des Christkinds“ ( Wikimedia Commons)

Liebe Leserinnen und Leser des systemagazin!

Der Adventskalender im systemagazin ist mittlerweile eine gute Tradition geworden, er wird aufmerksam gelesen und im letzten Jahr, als es um die Frage „systemisch – was fehlt?“ ging, wurden viele Beiträge intensiv diskutiert.
Auch in diesem Jahr wird es wieder einen Kalender von und für systemagazin-Leserinnen und -Leser geben. Die Einladung hierzu kommt zugegebenermaßen etwas spät – aber momentan bin ich vor eine ganze Reihe beruflicher und privater Herausforderungen gestellt, die es in den vergangenen Wochen etwas schwerer gemacht haben, die volle Aufmerksamkeit ins systemagazin zu stecken.
Um so mehr freue ich mich, wenn Sie sich auch 2015 mit einem Beitrag am systemagazin-Adventkalender beteiligen. Dieses Jahr wird es kein festgelegtes Thema geben. Unter dem Motto „Open Doors“ können Sie alles hinter ein Kalendertürchen legen, was Sie gerne mit der systemischen Community teilen möchten: Eine persönliche Geschichte oder Begegnung, die uns als Systemiker zu denken geben kann, Beobachtungen oder Einschätzungen zu gesellschaftlichen, politischen oder fachlichen Themen, mit denen sich das Systemische Feld auseinandersetzen sollte, Konzepte und Modelle, die Sie für sich als nützlich entdeckt haben und einem größeren Kreis zugänglich machen wollen oder einfach ein paar Zeilen, was es für Sie bedeutet, sich als SystemikerIn zu verstehen und wie sich das auf Ihr Leben und Ihre Arbeit auswirkt.
Was auch immer, den vielfältigen Möglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt – je bunter der Kalender dadurch wird, desto besser. Vielleicht finden Sie ja in den kommenden Novemberwochen einen Moment der Ruhe für einen kürzeren oder auch längeren Text, der zum Format des Adventskalenders passt. Ich freue mich über Ihre Einsendungen an levold@systemagazin.com und bin gespannt auf das Ergebnis. Wenn der eine oder andere Text erst in den ersten Dezembertagen eintrifft, ist das auch nicht schlimm, alle Beiträge (die den Rahmen nicht vollständig sprengen) werden veröffentlicht.
Herzliche Grüße

Tom Levold
Herausgeber systemagazin

26. Oktober 2015
von Tom Levold
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Keine Tricks!

Jürgen Hargens (2015): Keine Tricks!

Jürgen Hargens (2015):
Keine Tricks!

Unter diesem Titel ist im Schweizer Wilob-Verlag das letzte (und wie angekündigt wohl allerletzte) Fachbuch von Jürgen Hargens erschienen, der in der letzten Zeit eher als Romanautor in Erscheinung getreten ist. Zu seinen „Erfahrungen lösungsorientierter Therapie – Ein persönlicher Rückblick“ hat Gerald Kral aus Wien eine Rezension verfasst, die hier mit freundlicher Genehmigung der Zeitschrift Psychologie in Österreich nachzulesen ist:

Gerald Kral, Wien:

Da liegt es also vor mir, dieses an sich schmale Büchlein; mit einem Foto am Cover, das einen Bretterweg durch eine (Dünen-?)Landschaft zeigt, dessen Ende nicht ganz klar ersichtlich ist – ist das der Weg ins „Möglichkeitenland“, von dem der Autor des Öfteren in diesem Band schreibt? Und wenn das so wäre, was könnten wir dort finden? Womöglich ein weiteres Fachbuch von Jürgen Hargens? Die Herausgeberinnen schreiben zwar in ihrem Geleitwort, dass es sich hier um Hargens „letztes Fachbuch“ handeln soll, aber wenn wir – und hier sind wir schon mitten im Buch – die präzise Verwendung von Sprache anwenden, wie Hargens es so meisterhaft versteht und (be)schreibt, ist das auch völlig klar, weil er hat ja seitdem kein neues Fachbuch geschrieben, zumindest keines, von dem wir wüssten. Weiterlesen →

22. Oktober 2015
von Tom Levold
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Gunthard Webers 75. Geburtstag

Gunthard Weber

Mein lieber Gunthard,

zum 75. Geburtstag wünsche ich Dir – mit vielen Anderen Gratulanten –  von Herzen alles Gute, vor allem Gesundheit, Freude und Zufriedenheit, und die Kraft, die Du brauchst, um das zu tun, was Du Dir noch vorgenommen hast. 75 Jahre, ein Dreivierteljahrhundert, das ist schon etwas Besonderes. In mehr als der Hälfte dieser Zeit hast Du ganz wesentlich als Therapeut, Institutsgründer, Lehrer, Publizist und Verleger das Feld der Systemischen Therapie mitentwickelt, vieles Neue angeregt und auch durchaus (mit der Aufstellungsarbeit) für viel produktiven Konfliktstoff gesorgt. Ohne Dich sähe das systemische Feld sicherlich anders aus. Wieviele jüngere Kolleginnen und Kollegen (und als wir uns kennen lernten, war ich noch sehr jung) du ermuntert hast, ihren eigenen Weg zu gehen, so wie Du Dich auch nie hast beirren lassen, Deinen eigenen Weg zu gehen, weiß ich nicht, aber die Zahl der Gratulanten, die sich in diesen Geburtstagsstrauß eingeflochten haben, spricht für sich. Deine freundliche und wertschätzende Art, ohne unehrlich zu beschönigen, was nicht zu beschönigen ist, hat vielen Menschen geholfen, sich zu orientieren und eigene Positionen zu entwickeln. Der Carl-Auer-Verlag, den Du mit Fritz Simon und einer phantastischen Mannschaft ins Leben gerufen hast, ist zu einem Leuchtturm in der systemischen Publikationslandschaft geworden, der die Reichweite systemischer Theorie und Praxis enorm vergrößert hat.

In den vergangenen 35 Jahren haben wir uns immer wieder getroffen und die einen und anderen Dinge miteinander (und mit anderen) überlegt und geplant – nicht zuletzt sind daraus auch die Systemische Gesellschaft und das Carl-Auer-Lehrbuch für Systemische Therapie und Beratung erwachsen. Wir haben aber auch zunehmend Anteil an unseren eigenen Lebensgeschichten und -situationen genommen, die mit fortschreitendem Alter eben nicht nur „schöne Geschichten“ bereithalten. Vor 10 Jahren haben wir uns anlässlich der SG-Tagung in Halle über Dich, Dein Leben und Deine Arbeit unterhalten, ein Gespräch, das im systemagazin zu lesen ist, und über das ich mich immer noch sehr freue! Die letzten Jahre waren nicht einfach für Dich, umso mehr wünsche ich Dir, dass nicht nur die Häuser der Hoffnung, die Du gegründet hast, mit guten Perspektiven in die nächste Zukunft gehen, sondern dass Du auch die kommenden Jahre genießen und mit Zufriedenheit auf das Geschaffene schauen kannst – was immer Du Dir noch beruflich vornimmst.

Das wünschen Dir auch viele Gratulanten aus dem systemischen Feld wie aus der Aufstellerszene, mit allen möglichen Überschneidungen. Hier sind unsere Glückwünsche für Dich!

Ganz herzlich

Tom Levold
Herausgeber systemagazin Weiterlesen →

20. Oktober 2015
von Tom Levold
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Anni Michelmann wird heute 70!

Anni Michelmann

Anni Michelmann

Heute feiert Anni Michelmann (Foto: ptk-nrw.de) ihren 70. Geburtstag – und systemagazin gratuliert von Herzen. In der systemischen Szene ist sie von Anfang an aktiv gewesen und hat vor allem durch ihre verbandlichen und berufspolitischen Aktivitäten einen sehr wichtigen Beitrag dafür geleistet, dass die Systemische Therapie heute die Anerkennung erfährt, die ihr gebührt. 1987 war sie an der Gründung des Dachverbandes für Familientherapie und Systemisches Arbeiten (DFS) beteiligt und war für den DFS im Jahre 2000 auch an den Fusionsverhandlungen mit der DAF beteiligt, die in die Gründung der DGSF mündete. Seit der Jahrtausendwende war sie unermüdlich in der Vertretung der Interessen von systemischen TherapeutInnen aktiv und verfolgte die damit verbundenen fach- und berufspolitischen Aufgaben in einem äußert komplexen und kraftraubenden politischen Kontext der Kooperation von rund 30 psychotherapeutischen und pädagogischen Berufs- und Fachverbänden, die sich im „Gesprächskreis II“ (GKII) und in der „Arbeitsgemeinschaft Zugang und Qualitätssicherung der Ausbildung in Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie“ (AZA-KJP) zusammengeschlossen hatten, mit starkem persönlichen Einsatz. Als langjährige berufspolitische Vertreterin von SG und DGSF stand sie im kontinuierlichen Austausch mit Ministerien, Parteien, Krankenkassen, Kassenärztlichen Vereinigungen, Psychotherapeutenkammern sowie dem Gemeinsamen Bundesausschuss. SG und DGSF werden – insbesondere seit der staatlichen Anerkennung der Systemischen Therapie als wissenschaftliches Verfahren – zunehmend als wichtige Gesprächs- und Verhandlungspartner wahrgenommen. Aus diesen Funktionen hat sie sich nun zurückgezogen, in ihrer Bonner Praxis ist sie weiterhin als Psychologische Psychotherapeutin niedergelassen. Gemeinsam mit Kurt Ludewig, Arist von Schlippe, Wilhelm Rotthaus, Gisal Wnuk-Gette und Friedebert Kröger haben wir gemeinsam 2004 den EFTA-Kongress für Systemische Therapie in Berlin mit über 3.500 Teilnehmern organisiert – eine schöne Zeit und gute Erinnerung.

Liebe Anni, zum 70. ganz herzliche Glückwünsche, bleibe gesund und munter – und weiter so tatkräftig wie eh und je!

Tom Levold

3. Oktober 2015
von Tom Levold
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Alter und Altern

Familiendynamik-2015-04

 

Die Familiendynamik schließt mit dem aktuellen Themenheft zu „Alter und Altern“ ihren 40. Jahrgang ab. Im Editorial schreiben Hans Rudi Fischer und Ulrike Borst: „Weil die Lebenserwartung des Einzelnen in den letzten Jahrzehnten immer weiter gestiegen ist, die Geburtenraten andererseits aber stetig sinken, steht die Alterspyramide auf dem Kopf und der demografische Wandel führt in eine alternde Gesellschaft. Es tut sich in unseren Breitengraden eine Schere auf: Wir werden immer älter und fürchten zugleich das Altern immer mehr. Eine Lebensspanne von 30 Jahren nach Pensionierung wird wahrscheinlicher; sie wirft neue Fragen nach sinnvoller Lebensgestaltung und neuen Lebensformen auf. Demgegenüber stehen Angst vor Demenz und Siechtum; Vorsorge- und andere Vollmachten haben Konjunktur. Wie wird man in einer alternden Gesellschaft alt, wie in einer Paarbeziehung? Wie altern Männer im Unterschied zu Frauen? Welche neuen Formen des Zusammenlebens gibt es? Diese Fragen stehen im Fokus dieser Familiendynamik. Die Wahrnehmung des Alters und des Alterns ist seit jeher ambivalent, sie oszilliert wie im Vexierbild.“

Das Heft enthält u.a. Beiträge von Ralph Kunz, Astrid Riehl-Emde und Thomas Friedrich-Hett,  alle abstracts und bibliografischen Angaben gibt es hier…

30. September 2015
von Tom Levold
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Vom allmählichen Verschwinden der Gruppenverfahren

Oliver König

Oliver König

Heute feiert Oliver König seinen 64. Geburtstag, systemagazin gratuliert von Herzen. Dem systemischen Feld ist Oliver König, Soziologe, Supervisor und Gruppendynamiker, durch seine fundierten und kritischen Arbeiten zur Aufstellungsarbeit und zur Gruppendynamik bekannt. 2011 hat er in der Zeitschrift Psychotherapeut einige sehr lesenswerte Thesen zum Niedergang der Gruppenverfahren in der psychosozialen Landschaft veröffentlich, die auf einem Vortrag beruhen, den er am 09.10.2009 in Wien zum 50-jährigen Jubiläum der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Gruppenpsychotherapie und Gruppendynamik (ÖAGG) auf dem Kongress „Die Gruppe – Antwort auf die Zeit“ gehalten hat. Im Abstract heißt es: „Die in den kulturellen Umbrüchen der 1960er und 1970er Jahre prominent gewordenen Verfahren des Arbeitens mit Gruppen, v. a. Gruppenanalyse, Gruppendynamik und Psychodrama, die zuerst im therapeutischen und pädagogischen Bereich und dann zunehmend auch in der Arbeitswelt zur Anwendung kamen, verlieren in allen Bereichen an Bedeutung. Der Beitrag diskutiert in 6 Thesen die möglichen Gründe hierfür, v. a. im deutschsprachigen Raum. Argumentiert wird mit: 1. der Ausdifferenzierung des psychosozialen Felds, 2. der (erfolgreichen) Diffusion der Verfahren, 3. dem Intermezzocharakter des Erfolgs, 4. dem Unvermögen zur Modernisierung, 5. den ambivalenten Folgen von Modernisierungsprozessen und 6. den Veränderungen in der kulturellen Bedeutung von Gruppe.“

Den vollständigen Text kann man hier lesen…

29. September 2015
von Tom Levold
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Paarinterviews als teilnehmende Beobachtung. Präsente Abwesende und zuschauende DarstellerInnen im Forschungsgespräch

In einem sehr spannenden Text für die neue Ausgabe des Forum Qualitative Sozialforschung schreiben Stefan Hirschauer, Anika Hoffmann & Annekathrin Stange über die Analyse von Paarinterviews, die von Forschern durchgeführt werden. Ihr Fokus liegt dabei darauf, dass Paare in Forschungsinterviews über ihr Leben als Paar eben keine schlichten „Auskünfte“ erteilen, sondern das Gespräch als sozialen Kontext benutzen, um sich selbst als Paar darzustellen und zu inszenieren. Auch wenn man keine Forschung in diesem Sinne betreibt, sondern z.B. als PaartherapeutIn arbeitet, ist dieser Text äußerst lesenswert, denn auch der therapeutische oder beraterische Kontext ist natürlich einer, in der eine besondere Beobachtung, Beschreibung und Inszenierung der eigenen Paarbeziehung im Lichte des Therapiekontextes hervorgebracht wird. Im abstract heißt es: „In diesem Aufsatz schlagen wir eine Perspektive auf Paarinterviews als Formen teilnehmender Beobachtung vor. Ihre Betrachtung als Forschungsgespräche, in denen ,InformantInnen’ ,Auskünfte’ geben, wird zu wenig dem Umstand gerecht, dass es sich um je spezifische soziale Situationen handelt, deren Verlauf und praktische Verwendung durch die Teilnehmenden zu verstehen ist. In dem Artikel befassen wir uns mit fünf Aspekten: 1. Schon Monologe über Paarbeziehungen sind ,polyphon’, nämlich durchsetzt mit den Äußerungen abwesender Dritter, deren Stimmen durch die Sprechenden aufgerufen werden. 2. In Paarinterviews kommt es zur dialogischen Koproduktion von Äußerungen, bei der das Paar nicht nur miteinander spricht, sondern gemeinsam Sprechakte vollzieht. 3. Die Sprechenden sind aber auch Zuhörerende und Beobachtende der Darstellung der eigenen Beziehung durch ihre PartnerInnen und lernen sie auf diese Weise neu kennen. 4. In ,Interaktionen über Bande’ nutzen sie die Anwesenheit der Interviewenden, um ihren PartnerInnen etwas besonders nachdrücklich mitzuteilen, also ihr Gehör zu erzwingen. 5. In direkten Interaktionen, in denen sie vor dritten Personen Konflikte reinszenieren oder um die Gestaltung einer Geschichte konkurrieren, wird ihre private Beziehung unmittelbar in das Interview hineingezogen. Insgesamt stellt der Aufsatz eine Vielfalt von Gebrauchsweisen des Interviews durch jene Teilnehmende fest, für die es kein Verfahren der Datenerhebung ist.“

Zum vollständigen Text geht es hier…

22. September 2015
von Tom Levold
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Uli Clement wird 65!

clement_uliHeute feiert Uli Clement (Foto: carl-auer.de) seinen 65. Geburtstag und systemagazin gratuliert an dieser Stelle – gemeinsam mit anderen Gratulanten! Mit seinen originellen und tiefgründigen Überlegungen und Konzepten zur Dynamik von Paar- und Sexualbeziehungen hat er den systemischen Ansatz nicht nur um sexualtherapeutische Perspektiven grundlegend erweitert, sondern durch seine Bücher und viele Medienauftritte (einige davon über diesen Link zu finden) die systemische Perspektive auch in der Öffentlichkeit einem breiteren Publikum nahebringen können. Sein Buch „Systemische Sexualtherapie“ gehört nicht nur zum Besten, was über diesen Thema geschrieben worden ist, es ist auch eins der besten Bücher aus dem systemischen Feld überhaupt. Als Autor pflegt er einen leichten, äußerst eleganten Stil, dabei inhaltlich treffsicher und gehaltvoll, der ihn aus dem Felde deutlich heraushebt – es macht einfach Spaß, ihn zu lesen. Dieser Stil zeichnet auch seine Auftritte auf Tagungen und Kongressen und in den Medien aus – dabei ist eine feine Ironie ein stets angenehmer Begleiter seiner Erörterungen. Lange Zeit fungierte er gemeinsam mit Fritz Simon und Arnold Retzer als Herausgeber der Familiendynamik, im Carl-Auer-Blog „Verkehrsnachrichten“ spießt er aktuell die Früchte seiner (Medien-)-Lektüre auf unterhaltsame und nachdenkliche Weise auf. Kurz, Uli Clement und seine Beiträge sind aus dem Systemischen Feld nicht wegzudenken. Dass das noch lange so bleiben möge, wünschen wir Dir, lieber Uli, von ganzem Herzen.

Alles Gute und herzliche Glückwünsche

Tom Levold
Herausgeber systemagazin

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