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Online-Journal für systemische Entwicklungen

Kontext 3/08: Hilfe, Amtshilfe!

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Das aktuelle Heft des„Kontext” ist einem spannenden Experiment gewidmet. Im Mittelpunkt steht ein langer und ausführlicher anonymer Bericht eines Adoptivvaters, der von Experten der Jugendhilfe, Familientherapie und sozialen Arbeit kommentiert wird. Die Geschichte dieses Experimentes war keine einfache, was sich schon daran zeigt, dass der zugrundeliegende Text bereits vor zwei Jahren bei der Redaktion eingegangen ist. Im Editorial heißt es:„Es ist ein ganz aus der Perspektive eines engagierten, fachlich versierten (der Adoptivvater ist selbst Psycho- und Familientherapeut), aber zugleich durch seine Tochter und das Jugendamt sich verletzt fühlenden Vaters geschrieben –theoretisch würde man sagen: eher linear als zirkulär. Aber hier geht es um tiefe Gefühle der Kränkung, Ohnmacht, Frustration und des sich von der Umwelt im Stich gelassen Fühlens; und wie sollten diese den Nerv der Existenz treffenden Erfahrungen anders als linear zum Ausdruck gebracht werden? Die Perspektiven der anderen beteiligten Personen und Institutionen kommen kaum ins Spiel, wenn aber, dann unter der Wahrnehmungs- und Beurteilungsperspektive des Vaters. Zugleich ist der Bericht sehr selbstreflexiv angelegt – denn es handelt sich bei dem Autor um einen Fachmann; doch auch diese Selbstreflexion bezieht die Perspektive der anderen kaum mit ein. Andererseits zeigt der Bericht, mit wie viel Liebe, Engagement und Verantwortungsbewusstsein sich die Adoptiveltern um die Beziehung zu »ihrem« Kind bemühten, das schon als Baby zu ihnen kam. Wir alle waren von dem Text sehr betroffen, ambivalent in der Reaktion und
unsicher im Bezug auf die Frage : Was sollen wir mit diesem Text anfangen? Ihn einfach in einer der nächsten Ausgaben zu veröffentlichen, war unmöglich. Von seiner Länge her hätte er alle anderen Beiträge in den Hintergrund gedrängt. Aber auch die konsequente Beibehaltung der eigenen Perspektive betrachteten wir als ein Problem : Das Jugendamt erschien als »Täter«, die Eltern, hier vor allem der Vater und letztlich auch die Adoptivtochter als dessen Opfer“
Wie weiter berichtet, erwies sich nicht nur aufgrund der Anonymität des Autors (die bis heute für die Herausgeber fortbesteht) die Kommunikation mit ihm als schwierig, es war auch nicht leicht, in Frage kommende Kommentatoren zu finden. Auch ein abschließender Text des Autors kam nicht zustande. Dennoch entschieden sich die Herausgeber zur Veröffentlichung, weil„endlich einmal die die andere Seite Sozialer Arbeit, Beratung und Therapie, nämlich die Adressatenseite, zum Zuge kommt – zumindest durch die Feder eines Betroffenen, der über genügend Mut, soziale und intellektuelle Kompetenzen verfügt, um sich öffentlich zu artikulieren. Diese Seite zu hören, ernst zu nehmen, wertzuschätzen und dialogisch für den weiteren Hilfeprozess zu nutzen, auch wenn sie uns kränkt, verletzt und in unserem professionellen Selbstwert trifft, ist ja eine wesentliche Forderung an die systemische Praxis (und nicht nur an diese)“
Zu den vollständigen abstracts…

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