Der Gießener Erziehungswissenschaftler Thomas Höhne (Foto: www.qineb.de) hat sich in einem sehr kritischen Aufsatz mit dem gegenwärtigen Evaluationswahn beschäftigt, den er in Anlehnung an Foucault als Beispiel neoliberaler Gouvernementalitäts-Praktiken untersucht:„Im vorliegenden Papier wird Evaluation als ein komplexes Kontrollwissen aufgefasst, dessen zentrale Funktion in der Optimierung von Steuerungsleistungen liegt. Dies beinhaltet vor allem die Kontrolle von Kausalzusammenhängen, die aber so die konstruktivistische These erst durch das Instrument Evaluation hergestellt werden. Kontrolle wird dabei als ein wesentlicher Faktor von Macht in Informations- bzw. Wissensgesellschaften aufgefasst. Jede Gesellschaft entwickelt historisch ihre eigenen Kontrollmittel für ein geeignetes soziales Kausalitätsmanagement zur Systemsteuerung. Evaluation stellt dabei ein Steuerungsinstrument dar, das im Kontext des Taylorismus und der positivistisch orientierten Testpsychologie zuerst in den USA entwickelt wurde und sich als tayloristisches Steuerungsinstrument in den 60er Jahren gesellschaftlich verallgemeinerte. In vier Phasen wird der Evaluationsdiskurs rekonstruiert und es wird danach gefragt, welche Funktion das tayloristische Steuerungsmittel Evaluation heute in Zeiten eines neoliberalisierten Postfordismus besitzt. So lässt sich am Beispiel von Evaluation zeigen, dass die neoliberale Transformation des Staates im Kern mit der weitreichenden Durchsetzung repressiv-restriktiver Mittel des Ausschlusses und der rigiden Standardisierung zum Zweck der Selektion einhergeht. Was Evaluation betrifft, so besteht der Wandel darin, dass es sich von einem politischen Mittel, das ehemals zur Bewertung von Sozialprogrammen im politischen und pädagogischen Bereich (Aufhebung von Bildungsungleichheit) eingesetzt wurde, hin zu einem reinen Ökonomisierungs- und Standardisierungsinstrument entwickelt hat. Als zweites wichtiges Element lässt sich beobachten, dass Evaluation tief in sozialen Praktiken der Subjekte verankert ist und dort Haltungen kreiert, durch welche die Subjekte sich permanent selbst evaluieren und sich unter Selbstbeobachtung stellen. Ganz im Sinne der Foucaultschen Analysen zur Gouvernementalität zeigt sich hier eine Koformierung öffentlichstaatlicher Praktiken und Subjektivierungsweisen im Neoliberalismus“
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Evaluation als Wissens- und Machtform
8. Juni 2007 | Keine Kommentare