Thomas Friedrich-Hett, Essen:
Kann systemisch Alter? Oder vielleicht etwas klarer formuliert, widmen sich systemische Beraterinnen/Berater und Therapeutinnen/Therapeuten älteren Menschen und den damit zusammenhängenden Fragen und Ängsten?
Beim Aufruf zum Adventskalender 2014 zu überlegen, was im systemischen Feld vielleicht fehlt, wo blinde Flecken sind oder was zu kurz kommen könnte, war meine spontane innere Antwort sofort formuliert: das Alter.
„Dem Leben das Alter geben“, hat es Klaus Zitt einmal in einem Interview formuliert (Friedrich-Hett, 2005, a). In systemischer Fachliteratur wird das Thema kaum fokussiert, auf Tagungen und Kongressen fristet es auch eher noch (zumindest hoffe ich dies!) ein Schattendasein, das kaum Interessenten anzieht. Wer nach systemischen Kolleginnen und Kollegen sucht, die mit älteren Menschen arbeiten, mag sich an die Suche nach der Nadel im Heuhaufen erinnert fühlen.
Woran könnte dies liegen? In Zeiten des demografischen Wandels müsste doch hinreichendes Interesse bestehen, oder?
Wagen wir ein kleines, selbstreflexives Experiment, um die „Woran-Frage“ auszuloten (vgl. Friedrich-Hett, 2010):
Teil 1: Bitte stellen Sie sich vor, sie wären 75 Jahre alt. Wie werden Sie sich fühlen? Mit welchen körperlichen Einschränkungen und Schmerzen werden Sie leben müssen? Werden Sie Pflege benötigen? Was oder wen werden Sie alles verloren haben? Werden sie einsam oder arm sein? – Und was denken Sie nach diesen Fragen über das Älterwerden?
Teil 2: Bitten stellen Sie sich erneut vor, 75 Jahre alt zu sein. Aber konzentrieren Sie sich nun auf den Reichtum an Freiheiten und Möglichkeiten, der noch vor Ihnen liegen wird. Was werden Sie tun, wofür Sie früher nie Zeit hatten? Von welchen Lasten und ungeliebten Pflichten werden Sie befreit sein? Welchen Dingen werden Sie sich gerne zuwenden? Wohin werden Sie gerne reisen? Mit wem werden Sie gerne zusammen sein? – Und was denken und fühlen Sie nach diesen Fragen über das Älterwerden? Weiterlesen →