Ziemlich genau vor 30 Jahren, im Mai 1985, fand in Heidelberg eine denkwürdige Veranstaltung statt. Das Heidelberger Institut für psychoanalytische Grundlagenforschung und Familientherapie an der Universität Heidelberg unter der Leitung von Helm Stierlin, einer der zentralen Ausgangspunkte der Entwicklung der Systemischen Therapie in Deutschland, feierte sein 10. Jubiläum mit einer Tagung „Familiäre Wirklichkeiten“ mit über 2000 Teilnehmern, an der viele Pioniere der Familientherapie und Systemischen Therapie teilnahmen, von denen leider die meisten nicht mehr leben. Höhepunkt der Tagung war das Fest im Heidelberger Schloss, an das ich mich noch gut erinnern kann. Helm Stierlin hatte ein Theaterstück „in elisabethanischem Englisch“ verfasst, das die familientherapeutische Prominenz zum Vergnügen der Teilnehmer auf die Bühne brachte – ohne vorher Gelegenheit zu einer Probe zu finden. Gottseidank ist dieser Teil des Festes (sowohl auf als auch hinter der Bühne) auf Video aufgezeichnet worden und der Carl-Auer-Verlag hat dieses Video auf seiner youtube-Seite veröffentlicht. Zu sehen sind u.a. neben Helm Stierlin: Carl Withaker, Paul Watzlawick, Lyman Wynne, Ivan Boszormeny-Nagy, Gianfranco Cecchin, Jürg Willi, Mara Selvini Palazzoli, Luigi Boscolo, Rosmarie Welter-Enderlin und Josef Duss von-Werth – aus dem Off ist auch Gunther Schmidt klar zu vernehmen. Man versteht nicht alles, aber alleine die Protagonisten bei ihrem Tun zu sehen, macht schon Spaß genug!
3. September 2015
von Tom Levold
2 Kommentare




In der aktuellen Ausgabe von Family Process stehen Forschungsarbeiten im Mittelpunkt, vor allem Arbeiten aus einer Forschungsgruppe, die sich mit familiären Mustern (Gender, Elternschaft, Übertragung kultureller Wertvorstellungen etc.) von Familien in den USA beschäftigen, die einen mexikanischen Migrationshintergrund haben. Eine Arbeit von Conroy Reynolds und Carmen Knudson-Martin thematisiert „Gender and the Construction of Intimacy among Committed Couples with Children“, Luana Ferreira, Peter Fraenkel u.a. finden in einer Studie heraus, dass Autonomie und Veränderung das Begehren in Paarbeziehungen unterstützt, während Konflikte und Kinder beeinträchtigende Faktoren sind (sic!). Ein interessanter Artikel untersucht, inwieweit das Konzept der „Boundary Ambiguity“ Erklärungsmöglichkeiten dafür anbietet, warum misshandelte Frauen ihre Partner nicht verlassen. Christina Hunger, Jan Weinhold et al. präsentieren hier noch einmal die auf Deutsch schon präsentierten Ergebnisse ihrer Untersuchung der Effekte von Aufstellungsseminaren. Bemerkenswert ist vor allem ein sehr offen kritisches Editorial des Herausgebers Jay Lebow über Interessenkonflikte von Autoren bei Veröffentlichungen in Family Process, in dem er deutlich macht, dass viele Familienforschungsprojekte ebenso wie neue Therapiekonzepte in erster Linie den Zweck verfolgen, die Arbeit der AutorInnen bekannt zu machen und zu Erfolg zu verhelfen. Dies gilt natürlich in besonderer Weise für Arbeiten der Selbstbeforschung bzw. Selbstevaluation, die selten den Zweck verfolgen, die eigene Arbeit kritisch unter die Lupe zu nehmen. Gleichwohl dürften, da Lebow zufolge das allgemeine Interesse an diesen Arbeiten eher gering ausfällt, solche Arbeiten kaum das Licht der Welt erblicken, wenn man hier zu strenge Maßstäbe hinsichtlich möglicher Interessenkonflikte anlegen würde. Deshalb plädiert er für eine abgewogene Publikationspolitik. Für die Family Process gelten aber ab 2015 neue Richtlinien für die Veröffentlichung von Interessenkonflikten, die über die Bekanntgabe finanzieller Zuwendungen (die ja eher bei medizinischen Veröffentlichungen seitens der Pharma-Konzerne ein Problem darstellen) auch andere Konflikte benennen müssen.