Bevor das erste Heft der Zeitschrift „Systeme“ des Jahrgangs 2016 an den Start geht, möchte ich noch auf die ertragreichen beiden Hefte des vergangenen Jahrgangs hinweisen. In Heft 1 fragt Hans Lieb „Was muss eine Systemtherapie im Gesundheitswesen bewältigen, um eine Systemtherapie im Gesundheitswesen zu bleiben?“, eine Frage, die die Systemische Therapie in den kommenden Jahren noch verstärkt umtreiben wird. Ein weiterer Text von Sybille Vosberg befasst sich mit dem „weitgehend unbestellten Feld“ der systemisch-lösungsorientierten Begutachtung in familiengerichtlichen Verfahren. Ein ziemlich gewagter Artikel von Simon Springmann versucht, „mögliche Anknüpfungspunkte zwischen Nietzsches perspektivischem Denken und dem systemlschen Ansatz“ zu finden. In Heft 2 fordert Klaus Ottomeyer, angesichts der kapitalistischen Krise in Zeiten des Neoliberalismus Individuen als „Arbeitende, als Liebende und als Kämpfende eine je spezifische soziale Anerkennung“ zuteil werden zu lassen. Ulrike Borst macht einem sehr verbreitenswerten Text über „Ethik in der Psychotherapie aus systemischer Perspektive“ klar, das „Nicht alles geht“! Zwei weitere Texte beziehen sich auf die Betreuung von Kindern in Kindertageseinrichtungen aus entwicklungspsychologischer Sicht (Fabienne Becker-Stoll) und auf Kriegsenkel in Therapie und Beratung (Ingrid Meyer-Legrand). Schließlich ist noch ein Tagungsbericht zur SG-Jahrestagung 2015 in München zu erwähnen (Florian Wiedemann), die ganz dem Change-Management-Ansatz von Otto Scharmer („Theorie U“) gewidmet war. Als schöner Kontrast schließt das aktuelle Heft mit einer sehr lesenswerten Kritik der Theorie U ab, die Stefan Kühl auf der Tagung vortrug und die erfreulicherweise mit diesem Heft auch einem breiteren Publikum zugänglich gemacht wird. Darüber hinaus enthält der Jahrgang auch wieder zahlreiche gehaltvolle Rezensionen (die meisten vom Rezensionsaltmeister und systeme-Spiritus Rector Wolfgang Loth) und leistet damit auch wieder einen wunderbaren Beitrag gegen den Niedergang der Rezensionskultur in unseren Breitengraden.
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Die Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) und die Systemische Gesellschaft (SG) vergeben erstmals gemeinsam einen systemischen Forschungspreis. Der mit 3000 Euro dotierte Preis wird auf einer internationalen systemischen Forschungstagung im März 2017 verliehen. Bewerbungen sind ab sofort möglich.
Der Preis ist als Förderpreis konzipiert. Angenommen werden Masterarbeiten, Dissertationen, Habilitationen oder Forschungsarbeiten aus einem Projekt, das in oder auch außerhalb der Hochschule durchgeführt wurde. Erwünscht sind aktuelle Forschungsarbeiten, die nicht oder bei Einreichung nicht länger als ein Jahr veröffentlicht sind.


Erika Gollor, erfahrene Lehrerin an einer Montessori-Grundschule, und NLP-Practitioner mit einer Ausbildung in Systemischer Pädagogik, hat 2015 im Carl-Auer-Verlag ein Buch über Systemische Pädagogik in der Grundschule mit dem Titel „Hier fühle ich mich wohl“ veröffentlicht. Susanne Steinebrunner aus Köln hat es gelesen und empfiehlt es als „ein Buch aus der Praxis für die Praxis!“. Aber lesen Sie selbst…
Im systemischen Feld gehört Klaus Deissler (Foto: deissler.org) seit langem zu den Vertretern des sozialkonstruktionistischen Ansatzes, über den er auch schon viel veröffentlicht hat. In seinem Text „Wandel durch Dialogische Zusammenarbeit“ aus dem Jahre 2016 resümiert er noch einmal die wichtigsten Aspekte einer dialogisch orientierten, sozialkonstruktionistischen Therapie, die sich weniger an den „großen Erzählungen“ der Psychopathologie, Psychoanalyse oder Systemtheorie orientiert, sondern – Francois Lyotard folgend, eher an den „«kleinen Erzählungen» (…), die innerhalb lokalgebundener Gespräche (Diskurse) stattfinden und die der Bewältigung von Alltagsproblemen und der Erschaffung neuer Bedeutungen und Handlungsmöglichkeiten dienen. Den kleinen Erzählungen bringt Lyotard eine hohe Wertschätzung entgegen: sie überflügeln in der Gesamtheit ihrer Vielfalt und Unterschiedlichkeit die Bedeutung einzelner monolithischer Theorien oder Kosmologien. Es liegt nahe, therapeutische und beraterische Formen der Zusammenarbeit eher in dem Bereich zu lokalisieren, den Lyotard die kleinen Erzählungen nennt.“