
Wolfgang Loth
Heute gibt es wieder einen runden Geburtstag zu feiern, Wolfgang Loth wird 65 Jahre alt. Damit betritt ein weiterer „Altmeister“ der Systemischen Therapie den Lebensabschnitt, den man gemeinhin Rentenalter nennt – wobei er wie viele andere Kolleginnen und Kollegen die Bilder, die immer noch mit „Rentenalter“ verbunden sind, Lügen straft.
Es gibt nur wenige Menschen, die über so lange Zeit (bald 30 Jahre) zur kontinuierlichen Reflexion systemischer Theorie und Praxis beigetragen haben wie Wolfgang Loth. Wer die Jahrgänge deutschsprachiger systemischer Zeitschriften durchblättert (sei es die von ihm redaktionell verantwortete systeme, die von ihm lange betreute systhema, sei es die Zeitschrift für Systemische Therapie und Beratung, die Familiendynamik oder der Kontext, überall und immer wieder trifft man an der einen oder anderen Stelle auf seine Beiträge. Seine Texte griffen und greifen immer gezielt und pointiert Themen auf, die im systemischen Feld virulent sind und zu deren Vertiefung er auf seine besondere Weise beiträgt – nie oberflächlich, nie langweilig, immer gesättigt mit fundierten Hinweisen auf Bezüge aus den unterschiedlichsten Kontexten, die weit über das systemische Feld hinausreichen. Dabei folgt er keinen modischen Semantik-Trends, sondern bindet stets in seine Überlegungen auf die eine oder andere Weise Reflexionen der Geschichte systemischer Ideen und Konzepte ein, die leider heute Mangelware geworden sind – und präsentiert damit ein horizontales und vertikales Wissen, das gerade in Zeiten nottut, in denen das Neue schon ein Wert an sich zu sein scheint und Texte als nicht mehr relevant betrachtet werden, weil ihr Veröffentlichungsdatum mit einer 1 beginnt.
Unverwechselbar sind seine Rezensionen, die sich von der Masse der Gefälligkeitsrezensionen oder Klappentextabschriften abheben, die bedauerlicherweise zunehmend zu verzeichnen sind. Wahrscheinlich gibt es niemanden in der systemischen Szene, der mehr Bücher besprochen hat als Wolfgang Loth, alleine im systemagazin sind über 80 von ihm erschienen. Die Rezension als Gattung hochzuhalten bedarf nicht nur der Mühe des Lesens und des Nachdenkens. Seine Rezensionen sind hervorragende Beispiele für eine Liebe zum Text, die über die intensive und faire Auseinandersetzung mit der besprochenen Literatur hinausreicht. Aus ihnen spricht seine Kennerschaft nicht nur der besprochenen Bücher, sondern auch der ideengeschichtlichen und bibliografischen Kontexte, in denen diese Bücher stehen.
Sein immenses Wissen, sein Überblick über die vergangenen und aktuellen systemischen Diskurse und ihre Literatur sind auch spürbar in seiner Tätigkeit als Lektor und Herausgeber (aktuell für die systeme und früher die systhema). Seine Wertschätzung für das Lesen und Schreiben, für die Arbeit am Text überträgt sich spürbar auch auf seine Kommunikation mit Autorinnen und Autoren. Aus eigener Erfahrung weiß ich den Gewinn seines Lektorats bzw. seiner kritischen Hinweise bei Durchsicht eines eigenen Textes sehr zu schätzen.
Wolfgang Loth ist Diplom-Psychologe und Psychologischer Psychotherapeut.Nach seinem beruflichen Start in einer Jugendhilfeeinrichtung ist er seit 1980 in einer Familienberatungssstelle tätig, die er in den letzten Jahren auch geleitet hat. Die Leitungstätigkeit war für ihn nicht das Ziel einer Karriere, da seine Leidenschaft der Arbeit mit Klienten und – wie schon gesagt – ihrer Reflexion im Lesen und Schreiben gilt. Dennoch hat er sich den administrativen Verpflichtungen gestellt, die mit der Leitungstätigkeit verbunden war. „Rentenalter“ heißt hier also zunächst, dass er sich nun frei von diesen Verpflichtungen wieder darauf konzentrieren kann, den Faden seiner Leidenschaft weiterzuspinnen. Die systemische Community kann sich glücklich schätzen, eine solche bedachte, aufmerksame, abgewogene Stimme in ihren Reihen zu wissen und nur hoffen, dass sie sich auch zukünftig wie bisher vernehmen lässt.
Lieber Wolfgang, zum Geburtstag ganz herzliche Glückwünsche zum neuen Lebensjahr und -abschnitt!
Tom Levold

Wie die Geschäftsstelle der Systemischen Gesellschaft mitteilt, findet vom 28.09. bis 01.10.2016 die nächste Tagung der European Family Therapy Association (EFTA) in Athen statt. Ursprünglich sollte die nunmehr 9. Konferenz der EFTA in Amsterdam stattfinden. Es hat sich jedoch sehr schnell herausgestellt, dass die Planung finanziell nicht umsetzbar ist. Kurzfristig ist deshalb der nationale Verband Griechenland eingesprungen und hat die Konferenz nach Athen geholt – der Zeitpunkt ist durchaus passend. Die UNESCO hat 2016 das Aristoteles-Jahr (2.400 Jahre) ausgerufen. Das Programm der Tagung basiert auf der Aristotelischen Philosophie von Ethos, Logos, Techne und Polis.Der Titel der Tagung lautet: „Origins and Originality in Family Therapy and Systemic Practice“.
In einem spannenden Aufsatz für resonanzen – E-Journal für biopsychosoziale Dialoge in Psychotherapie, Supervision und Beratung befasst sich Rudolf Schmitt, Psychologe und Professor an der sozialwissenschaftlichen Fakultät der Hochschule Zittau-Görlitz, mit der Rolle von und dem Umgang mit Metaphern in Beratung und Therapie, vor allem hinsichtlich der – oft wenig bewussten – metaphorischen Strukturierung des Denkens und Handelns von BeraterInnen und TherapeutInnen. Im abstract heißt es: „Der Umgang mit Metaphern in Beratung und Therapie wird oft selbst nach der Logik eines Werkzeugs diskutiert, als wären Metaphern Instrumente, die man kunstfertig einsetzen könnte. Die von der kognitiven Linguistik (Lakoff & Johnson, 1980, 1998) abgeleitete Metaphernanalyse erschüttert dieses naive Selbstverständnis: Auch BeraterInnen und TherapeutInnen leben in ihren kaum bewussten metaphorischen Mustern, und qualitative Forschung zeigt, dass metaphorische Kommunikation ein situatives und interaktives Phänomen ist, zu dem alle Teilnehmenden beitragen. Der Aufsatz fasst den aktuellen Diskussionsstand zusammen und schlägt eine behutsame und reflexive Vorgehensweise vor.“ Weiter heißt es im Text: „Die folgenden Überlegungen zum Umgang mit Metaphern in Beratung und Therapie sind von der Überzeugung getragen, dass die Pose des genialischen Deuters und poetischen Helden, die schulenübergreifend zu finden ist, wenig zum Verständnis metaphorischer Kommunikation beiträgt, oder, genauer gefasst: Das Reden über Metaphern in Beratung und Psychotherapie ist selbst oft gerahmt von der metaphorischen Übertragung des Helden und des Magiers auf den (fast immer männlichen) Therapeuten. Hier soll eine vorsichtigere Position des Intervenierens mit Metaphern entwickelt werden, die davon ausgeht, dass Metaphern kulturelle Rahmungen unseres Denkens bilden, die auch das Handeln und das Selbstverständnis von BeraterInnen und TherapeutInnen prägen. Der Umgang mit Metaphern in dieser Perspektive leitet sich aus der doppelten Reflexion von Metaphern ab, sowohl jener Sprachbilder der KlientInnen, aber auch unserer eigenen, in denen wir (noch) befangen sind. Das heißt nicht, dass man frei von Bildern sein könnte – jedoch könnte die Benennung eigener leitender Bilder ein Schritt zur Distanzierung sein.“
Am 04. Juni wird unter dem Titel „Schau mir in die Augen“ ein sogenannter „Mentalmagier“ in einer Show des Senders RTL Prominente in Hypnose versetzen. RTL bewirbt die Sendung als „TV-Hypnose-Ereignis des Jahres“ und verspricht den Zuschauern „lustige Situationen und den Kontrollverlust der prominenten Teilnehmer“. Chaos sei programmiert, heißt es weiter. Es geht RTL folglich recht unverblümt um die Vermarktung von unangemessenem, lächerlichem und enthemmtem Verhalten von Menschen unter Hypnose. Der Carl-Auer Verlag fragte Bernhard Trenkle, einen Pionier der Hypnotherapie, Mitglied im Vorstand der International Society of Hypnosis und Gründer des Milton Erickson Instituts in Rottweil, was aus seiner Sicht zu solchen Veranstaltungen zu sagen ist (Foto: T. Levold).
