
Ludwig von Bertalanffy
Heute würde Ludwig von Bertalanffy, der Begründer der „Allgemeinen Systemtheorie“ seinen hundertfünfzehnten Geburtstag feiern (Foto). Auch wenn in der Öffentlichkeit als Biologe bekannt, beschäftigte er sich vorrangig mit naturphilosophischen Fragestellungen, über er die er auch bei Moritz Schlick promovierte, dem Mitbegründer des legendären Wiener Kreises. Ihn beschäftigte die theoretische Integration biologischer, psychologischer, philosophischer und soziologischer Gegenstandsbereiche zu einer allgemeinen Theorie lebender Systeme, für die die Beschäftigung mit Organismen nur den Ausgangspunkt darstellt. Damit nahm er von Anfang an eine transdisziplinäre Perspektive ein, die ein Kennzeichen des systemischen Ansatzes ist. Entscheidender Motor für die Entwicklung der Systemtheorie war Bertalanffys Kritik am reduktionistischen physikalisch-mechanistischen Weltbild seiner Zeit. Dem setzte er ein Verständnis von Organismen als in Bezug auf Austausch von Energie, Materie und Information offene Systeme gegenüber, die sich unter den Gesichtspunkten von Ganzheit, (Selbst-)Organisation, Zielorientierung, Hierarchie, Regulation usw. beschreiben lassen. Damit löste er sich früh vom klassischen „Paradigma des Ganzen und seiner Teile“ und ersetzt diese „traditionelle Differenz (…) durch die Differenz von System und Umwelt“, woran später auch Luhmann mit seiner Theorie sozialer Systeme anschloss. Sein Hauptwerk „General System Theory. Foundations, Development, Applications“ kann man übrigens jetzt auch im Internet lesen, eine gute, aber ebenfalls englischsprachige Einführung gibt es von dem polnisch-kanadischen Sozialwissenschaftler Thaddus E. Weckowicz (1919-2002), die bereits 1989 als Working Paper No. 89-2 des Center for Systems Research in Edmonton AB: University of Alberta erschienen und hier zu lesen ist.
amilientherapie-Szene. Er gehörte Mitte der 70er Jahre mit Ingeborg-Rücker-Embden und Michael Wirsching zu den ersten Mitarbeitern von Helm Stierlin an der Abteilung für „Psychoanalytische Grundlagenforschung und Familientherapie“ der Universität Heidelberg. Ergebnis dieser Zusammenarbeit war der Band „Das erste Familiengespräch“, in der 8. Auflage immer noch 
Die Klinische Familienpsychologie habe „eine stürmische Entwicklung hinter sich“, heißt es im Vorwort. „Sie hat als Systemtheorie und als Familientherapie mit einem revolutionären Schwung begonnen. Die Systemtheorie musste einsehen, dass sich mit ihr nicht alles erklären, und die Familientherapie musste einsehen, dass sich mit ihr nicht alles behandeln lässt“ (S. 12). Hantel-Quitmann sieht jetzt ihren Platz innerhalb einer „integrativen Therapie-Theorie“. Im Vergleich zu den engagierten Debatten um ein umfassenderes Verständnis Systemischer Therapie erscheint das vorliegende Buch somit wie ein Gruß aus der Umwelt. Entsprechend wenig finden sich hier Bezüge zu explizit systemischen Konzeptionen. Dennoch erscheint mir die Lektüre des vorliegenden Bandes interessant und nützlich, vielleicht sogar gerade wegen dieser recht eindeutigen Position außerhalb des systemischen Debattengeschehens. Aus den vorzüglichen, teils ungemein spannenden Beschreibungen familiärer Verstörungen, Konfliktthemen und Leidenserfahrungen ergeben sich immer wieder Anregungen hinsichtlich des Zusammentreffens der eher formal-grammatikalisch ansetzenden spezifisch systemischen Praxisideen mit den Lebenswirklichkeiten von Ratsuchenden. Hier bordet Hantel-Quitmann geradezu über vor Erfahrungswissen und Forschungserkenntnissen zu den Fragen substanziell verstörten Familienlebens. 
