2. Mai 2020
von Tom Levold
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29. April 2020
von Tom Levold
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Michael B. Buchholz wird 70!
Heute feiert Michael B. Buchholz seinen 70. Geburtstag und systemagazin gratuliert ganz herzlich – und online: wie traurig, dass persönliche Besuche und Feiern zur Zeit leider nicht in Frage kommen. Über Michael Buchholz und seine vielfältigen Fähigkeiten und Beiträge zur Psychotherapiekultur hierzulande habe ich schon zu seinem 60. und 65. Geburtstag an dieser Stelle viel geschrieben, daher möchte ich mich nicht wiederholen. Er ist nicht nur als Therapeut, Forscher und Lehrer nach wie vor einer der bedeutendsten Persönlichkeiten der deutschsprachigen psychotherapeutischen Szene, sondern auch ein unermüdlicher Streiter für eine sinn- und interaktionsorientierte Psychotherapie in der Auseinandersetzung mit der zunehmenden Dekontextualisierung und Medikalisierung psychosozialer Probleme. Auch wenn er mit ganzem Herzen Psychoanalytiker ist, gilt sein Interesse doch in erster Linie der Frage: Was ist gute Psychotherapie? – eine Frage, die eine Schulenborniertheit grundsätzlich ausschließt.
Seine stupende Belesenheit erfüllt mich immer wieder mit Staunen – wenn ich etwas Neues lernen will, macht es Sinn, nach neuen Veröffentlichungen von ihm zu suchen, und zwar mit erheblichem Gewinn: ich wüsste sonst Vieles nicht! Alleine schon die Liste seiner Texte aus den letzten Jahren seit 2012 umfasst sechs eng beschriebene Seiten. Dass wir uns darüber hinaus seit über 30 Jahren freundschaftlich verbunden sind, betrachte ich als großes Geschenk. Anstelle weiterer Loblieder möchte ich allen, die momentan mehr Zeit zuhause verbringen, ein Gespräch mit Michael Buchholz ans Herz legen, das im Blog „50 Minuten – Psychotherapie“ der International Psychoanalytic University Berlin am 15.11.2018 erschienen ist. Michael Buchholz lehrt an der IPU Sozialpsychologie. In diesem sehr hörenswerten Gespräch legt er seine Gedanken zur therapeutischen Beziehung, zu Forschung und Ausbildung und zur problematischen Entwicklung des Mainstreams in der gegenwärtigen Psychotherapie ausführlich dar.
Lieber Michael, zum 70. alles Gute, Gesundheit und weiterhin viel Freude am Forschen, Denken und Praktizieren. Let life be good to you!
28. April 2020
von Tom Levold
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Systemisch-integrative Paartherapie Kompaktkurs – 6.11.2020 – 12.6.2021
27. April 2020
von Tom Levold
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Gedeihen bei der Arbeit
Als Cornelia Niessen und Heidi Möller die Beiträge für das aktuelle Heft 1/2020 der Organisationsberatung, Supervision, Coaching zusammenstellten, war an die Corona-Krise noch nicht zu denken, die nicht nur den Umfang, sondern auch die Qualität der Arbeit für viele Menschen drastisch verändert hat. In ihrem Editorial „Aufblühen, Wachsen und Gedeihen bei der Arbeit“ schreiben die beiden Herausgeberinnen: „Arbeit wird häufig als eine Quelle von Stress betrachtet mit negativen Auswirkungen auf unsere psychische und physische Gesundheit. Arbeit trägt aber auch zu unserem Wohlbefinden, Gesundheit und persönlichem Wachstum bei. Persönliches Wachstum bei der Arbeit, „thriving“ (gedeihen) oder „flourishing“ (aufblühen) ist durch die Erfahrung von Vitalität (einem positiv aktivierten Affekt) und Lernen gekennzeichnet. Studien zeigen, dass persönliches Wachstum mit einer besseren Arbeitsleistung, Kreativität, Anpassung, Gesundheit und Wohlbefinden zusammenhängt. In diesem Themenheft wird der Frage nachgegangen, wie persönliches Wachstum im Arbeitskontext gefördert werden kann“. Auch wenn die einzelnen Beiträge natürlich die aktuellen Eingriffe in das Arbeitsleben nicht voraussehen konnten, wird uns diese Frage auch in Zukunft nachhaltig beschäftigen (müssen).
Inhalt und alle bibliografischen Angaben zu den Beiträgen der aktuellen Ausgabe sind hier zu lesen, darüber hinaus sind die bibliografischen Daten aller Hefte ab 2000 nun ebenfalls erfasst und hier zu finden.
22. April 2020
von Tom Levold
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Systemische Therapie 2030?
Im Hinblick auf die Konsequenzen, die die Anerkennung der Systemischen Therapie für den Bereich der Aus- und Weiterbildung hat, stellt sich schon länger die Frage nach der Zukunft der Systemischen Therapie als multiprofessionelles und transdisziplinäres Projekt. Diese Frage ist auch der Ausgangspunkt der aktuellen Ausgabe des Kontext.
Im Editorial heißt es: „Im Jahre 2008 wurde die Systemische Therapie nach langem Widerstand vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie endlich als wissenschaftlich begründetes Verfahren anerkannt, eine Entscheidung, die längst überfällig war. Nicht lange danach stellte sich als nächste Herausforderung für die systemischen Verbände, ob man nach der wissenschaftlichen Anerkennung nun auch die Beantragung der sozialrechtlichen Anerkennung folgen lassen sollte, ohne die eine Finanzierung Systemischer Therapie durch die Krankenkassen nicht möglich ist.
2011 hatten wir daher für ein Kontext-Heft unter dem Stichwort »Systemische Therapie 2020?« Kolleginnen und Kollegen aus dem systemischen Feld nach ihren Einschätzungen und Prognosen gefragt, die sie mit einer solchen berufspolitischen Entscheidung verbinden, und nach den Konsequenzen, die diese im Erfolgsfalle für den systemischen Ansatz und die systemischen Praktiker/innen haben würde – wie zu erwarten, gab es ein Spektrum von skeptischen bis hin zu euphorischen Stimmen.
Der Erfolgsfall ist mittlerweile eingetreten. Es hat in der Tat fast zehn Jahre gedauert: Ende 2018 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), in dem die Vertreter der Krankenkassen und der Leistungserbringer (u. a. Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft) festlegen, welche Leistungen der medizinischen Versorgung von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Einzelnen übernommen werden, entschieden, dass die Systemische Therapie als Kassenleistung abgerechnet werden kann. Ende 2019 sind dazu auch die Psychotherapie-Richtlinien verabschiedet worden, die mittlerweile Gesetzeskraft haben. Auch wenn sich am – diesen Richtlinien zugrundeliegenden – Konzept der seelischen Krankheit bzw. Störung mit Krankheitswert nichts geändert hat, wird immerhin unter anderem das Mehrpersonensetting als zusätzliches Psychotherapiesetting aufgeführt und – ganz neu – konzediert, dass »krankhafte Störungen« neben seelischen und körperlichen auch durch »soziale Faktoren verursacht werden (…) können« (!). Auch bei einer systemischen Therapie muss also zukünftig eine »Störung mit Krankheitswert« nach ICD bei einem individuellen Patienten diagnostiziert werden, selbst wenn es um die Therapie eines Mehrpersonensystems geht. Die Frage nach dem zukünftigen Stellenwert systemischer Epistemologie für das therapeutische Handeln im Kontext der Richtlinien-Psychotherapie drängt sich damit auf.“
Weiterlesen →21. April 2020
von Tom Levold
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Mehr als Unsinn
Als „eine „kleine Erkenntnistheorie des Witzes“ haben die Brüder Björn und Arist von Schlippe im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht einen weiteren Cartoon-Band herausgebracht. Stephan Theiling hat es gelesen, eine Vorabveröffentlichung seiner Rezension, die in leicht veränderter Form in der Familiendynamik 3/2020 erscheinen wird, lesen Sie hier:
Stephan Theiling, Osnabrück:
Gebahnt durch die beiden Vorgänger-Bücher des kongenialen Bruderpaares Arist von Schlippe und Björn von Schlippe (2012: Paradoxer Alltag; 2016: Paradoxe Momente – jeweils bei Klett-Cotta) war ich in der Erwartung eines weiteren Cartoon-Bandes – in der sich psychologisch-systemische Expertise in gekonnten Illustrationen zeigt: Arist der Ältere, Psychologe und Familienunternehmensexperte mit systemischem Hintergrund, sowie Björn als Illustrator. Er ist der Jüngere, allerdings, wie er in seinem Vorwort deutlich macht, immerhin 2cm größer als sein großer Bruder. Und Björn ist nun erstmalig der Erstautor! Beide versehen unter dem Pseudonym KARTIST schon seit mehr als zehn Jahren die FAMILIENDYNAMIK regelmäßig mit „Spiegeleiern“.
Weiterlesen →11. April 2020
von Tom Levold
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Psychosoziale Komplexität und Covid-19
Wolfgang Loth, Niederzissen:
The New England Journal of Medicine, neben dem britischen Lancet eine der international renommiertesten Journale der Medizin ermöglicht während der Corona-Zeit freien Zugang zu allen seinen Texten, die die Covid-19 Pandemie betreffen.
Neben spezifischen und medizinwissenschaftlichen Abhandlungen im engeren Sinn (z.B. zur Situation in Ländern weltweit, zu Forschung und Klinik) finden sich auch Texte, die Erhellendes und Anregendes zur psychosozialen Reflexion der Covid-19-Konstellation beisteuern können.
So schreibt z.B. Louise Aronson, M.D. in einer anschaulichen Einzelfallstudie zur Wechselwirkung von Alter, Komplexität und Krise. Sie sei sich bewusst über die perverse Schärfe, mit der die immensen Auswirkungen von Covid-19 auf ältere Menschen überkommene, häufig ineffektive oder schädliche medizinische Standards bloßlegten. Auf diesem Hintergrund berichtet sie über Sally, eine ihrer Patientinnen, deren häufige Behandlungen und Erkrankungen bisher. Ihre Aufmerksamkeit für Sally, schreibt Aronson, habe sich in die Befürchtung verwandelt, dass sie als Teil der Population mit dem höchsten Risiko in Lebensgefahr schwebe, entweder wegen Covid-19 oder irgendetwas anderem. Und dann stellt sie den herkömmlichen, fragmentierten und auf Diagnosen fokussierten Blick einem Blick auf Sally als eine Person entgegen, die mehr ist als eine kranke und gebrechliche Frau:
Weiterlesen →9. April 2020
von Tom Levold
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Die psychologischen Auswirkungen der Quarantäne und wie man sie verringern kann
Eine aktuelle Übersichtsarbeit aus dem renommierten Lancet über die psychologischen Folgen von Quarantäne und wie diese Folgen abgemildert werden können, ist zur Zeit online frei verfügbar. Wolfgang Loth hat dankenswerterweise die Zusammenfassung, wesentliche Gesichtspunkte und Schlussfolgerungen für die systemagazin-Leserschaft übersetzt:
Zusammenfassung:
Der Ausbruch von Covid-19 im Dezember 2019 führte in vielen Ländern dazu, Menschen, die sich möglicherweise infiziert hatten, anzuweisen, sich selbst zuhause zu isolieren oder spezielle Quarantäne-Unterkünfte aufzusuchen. Entscheidungen bezüglich Quarantäne sollten auf der Grundlage bestmöglicher Evidenz erfolgen. Wir haben eine vergleichende Untersuchung zu den psychologischen Auswirkungen von Quarantäne auf der Basis von drei elektronischen Datenbanken durchgeführt. 24 der 3166 gefundenen Artikel wurden für diese Untersuchung ausgewertet. Die meisten der ausgewerteten Studien berichteten von negativen psychologischen Effekten, einschließlich posttraumatischen Stresssymptomen, Verwirrtheit und Ärger. Zu den Stressoren gehörten die Dauer der Quarantäne, Furcht vor Ansteckung, Frustration, Langeweile, unzureichende Vorräte, unzureichende Information, finanzielle Verluste und Stigmata. Einige der ForscherInnen gingen von längerfristigen Effekten aus. In Situationen, in denen Quarantäne als notwendige Maßnahme angesehen wird, sollten die Behörden Menschen nicht länger als notwendig in Quarantäne schicken, eine verständliche und nachvollziehbare Begründung für die Quarantäne liefern, sowie für die darauf bezogenen Vorschriften, und sie sollten dafür sorgen, dass die notwendigen Mittel in ausreichendem Maß zur Verfügung stehen. Appelle an den Altruismus, etwa durch das Erinnern der Öffentlichkeit an die Vorteile der Quarantäne für die Allgemeinheit können sich positiv auswirken.
Stressoren während der Quarantäne
- Dauer der Quarantäne
- Furcht vor Ansteckung
- Frustration und Langeweile
- Unzureichende Versorgung
- Unzureichende Information
Stressoren nach der Quarantäne
- Finanzielle Verluste
- Stigmata
Was kann getan werden, um die Folgen der Quarantäne abzumildern?
- Die Quarantäne so kurz wie möglich halten
- Den Menschen so viel Information wie möglich zur Verfügung stellen
- Angemessene Versorgung sicherstellen
- Langeweile reduzieren und die Kommunikation verbessern
- Beschäftigte im Gesundheitswesen benötigen besondere Aufmerksamkeit
- Altruismus ist besser als Zwang
Schlussfolgerungen
Alles in allem sprechen die Ergebnisse dieser Übersicht dafür, dass die psychologischen Folgen einer Quarantäne breitgefächert, beträchtlich und möglicherweise länger andauernd sind. Dies soll nicht dafür plädieren, Quarantäne als Vorgehen der Wahl auszuschließen; die psychologischen Folgen davon, die Möglichkeit der Quarantäne nicht zu nutzen und stattdessen der Erkrankung zu erlauben sich auszubreiten, könnten durchaus schlimmer sein. Allerdings ist das Einschränken individueller Freiheit zu Gunsten eines umfassenderen öffentlichen Wohls oft umstritten und bedarf eines sorgfältigen Vorgehens. Für den Fall, dass Quarantäne als unverzichtbar angesehen wird, sprechen unsere Ergebnisse dafür, dass die Behörden alles erdenklich Mögliche dafür tun, dass diese Erfahrung so erträglich wie möglich für die Menschen ist. Dies kann erreicht werden durch:
– den Menschen sagen, was genau warum geschieht,
– ihnen erläutern wie lange das andauern wird,
– sinnvolle Aktivitäten während der Zeit der Quarantäne ermöglichen,
– klare Kommunikation sicherstellen,
– grundlegende Versorgung sicherstellen (wie Nahrung, Wasser, medizinische Mittel), sowie
– altruistische Einstellungen fördern, die die Menschen sinnvollerweise zeigen sollten. MitarbeiterInnen der Gesundheitsbehörden, die für die Durchführung der Quarantäne verantwortlich sind, die eine feste Anstellung und üblicherweise einen sicheren Arbeitsplatz haben, sollten sich auch bewusst sein, dass dies nicht für alle gilt. Falls die Erfahrung der Quarantäne sich negativ gestaltet, dann sprechen die Ergebnisse der vorliegenden Übersicht dafür, dass dies längerfristige Konsequenzen nach sich zieht, die nicht nur die Personen betreffen, die tatsächlich in Quarantäne waren, sondern auch das Gesundheitssystem selbst, das für die Durchführung der Quarantäne verantwortlich war, sowie die PolitikerInnen und Gesundheitsfunktionäre, die sie angeordnet haben.
Der vollständige Artikel kann hier gelesen und heruntergeladen werden.
8. April 2020
von Tom Levold
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Krisenberatung am Telefon und per Video in Zeiten von Corona
Im e-beratungsjournal, der Fachzeitschrift für Onlineberatung und computervermittelte Kommunikation ist in der ersten Ausgabe 2020 ein Artikel von Joachim Wenzel, Stephanie Jaschke & Emily Engelhardt erschienen, der sich mit den aktuellen Herausforderungen für BeraterInnen in Zeiten der Corona-Krise auseinandersetzt. Im Abstract heißt es: „Der Beitrag ist erstmals als Handreichung der Fachgruppe ,Onlineberatung und Medien’ der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) unter www.dgsf.org erschienen. Er richtet sich an Berater*innen, die während der akuten Ansteckungsgefahr während der Corona-Krise 2020 kaum noch Face-to-Face beraten können und übergangslos von Face-to-Face-Beratung zu Telefon- und/oder Videoberatung wechseln müssen. Besonderheiten der beiden letztgenannten Settings werden aufgezeigt. Dabei wird die herausfordernde Situation der Beratenden und der Klient*innen während der Krisenzeit aufgegriffen und angeregt, Selbstfürsorge zu betreiben sowie ressourcenorientiert mit den Herausforderungen umzugehen. Ein Schwerpunkt liegt auf Krisenintervention sowie dem Umgang mit suizidalen Krisen in der Telefon- und Videoberatung.“
Der Text ist online hier zu lesen…
6. April 2020
von Tom Levold
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Einige Anmerkungen zum systemischen Paradigma
Der nachfolgende Text von Jürgen Hargens ist schon älteren Datums, er stammt von 1991 und wurde als Positionspapier zur Vorbereitung einer Plenardiskussion im Rahmen einer geplanten Tagung über „Das Reflektierende Team“ verfasst, die vom 6. bis 7. September 1991 in der kroatischen Stadt Varazdin stattfinden sollte. Die Tagung fand dann allerdings wegen der politischen Umstände zu Beginn des Kroatienkrieges nicht statt. Der Text bietet einen Überblick über die Entwicklung des systemischen Ansatzes zur damaligen Zeit, ist bislang nicht veröffentlicht worden und auch heute noch mit Gewinn zu lesen.
Jürgen Hargens, Meyn: Einige Anmerkungen zum systemischen Paradigma
Eine persönliche Vorbemerkung
Zuallererst möchte ich hervorheben, dass ich diese Anmerkungen aus meiner sehr persönlichen Sicht verfasse ‑ wobei ich denke, dass mir mein Kontext sehr zu gute kommt: Lebenspartner, Familienvater, Hausmann, dazu auch klinischer Psychologe und Psychotherapeut, Zeitschriftenherausgeber, Lehrbeauftragter an der Universität, Wissenschaftsjournalist ‑ das sind einige Kontextmarkierungen, die darauf verweisen, welche unterschiedlichen Einflüsse in meine Beobachtungen/Beschreibungen eingehen.
Und ein zweites: ich lebe und arbeite in Meyn, einem kleinen Dorf im nördlichsten Norddeutschland, unmittelbar an der dänischen Grenze ‑ kein Flugplatz, keine große Bahnstation, kein Hafen. Also weit abgeschieden, könnte man meinen oder, wie es ein US‑Kollege einmal formulierte: „in the middle of a corn field“. Weit gefehlt, wie ich aus meiner Sicht („aus Meyner Sicht“) darauf sehe: „in the middle of the center“ ‑ der Mittelpunkt (m)einer Welt, denn Kugeln und Kreise haben weder Anfang noch Ende, so dass es darauf ankommt. welche Bedeutung ich selber Beobachtungen, Gegebenheiten (Wahrnehmungen) verleihe oder, anders formuliert, wie ich meine Welt konstruiere.
Wahrheit ‑ Wirklichkeit ‑ System ‑ Konstrukt
Und damit habe ich bereits einen für mich wichtigen Aspekt systemisch‑konstruktivistischer Erkenntnis beschrieben: Kontextabhängigkeit, BeobachterInnenabhängigkeit, die beide die in den Wissenschaften so sehr betonte Objektivität der Erkenntnis infrage stellen.
Ein Bild, das wir ‑ mein Kollege Uwe Grau und ich ‑ benutzen, um unseren „KundInnen“ unseren Ansatz zu beschreiben, kann hier nützlich sein:
Abb. 1: Metapher „konstruktivistische Beratung
Je nachdem, wie – mit welchem Fokus ‑ ich diese Treppe betrachte, erscheint sie als entweder aufsteigend oder absteigend. Bei einer Veränderung meines Fokus erscheint die Treppe sowohl aufsteigend als auch absteigend. Eine Auseinandersetzung über die Frage, welches die „richtige“ Auffassung sei, erübrigt sich ‑ diese Frage lässt sich „objektiv“ nicht beantworten – allerdings lässt sich ein Konsens erzielen, welche Perspektive unter bestimmten Bedingungen für die BetrachterInnen nützlich sein kann.
Weiterlesen →31. März 2020
von Tom Levold
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At Home in Times of Corona
28. März 2020
von Tom Levold
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Pubertiere und andere Viechereien
Wolfgang Traumüller, Osthofen:
Nicht nur Professionellen sondern allen, die sich mit Problemen und Lösungen von Heranwachsenden abmühen, tut es gut, einen Blick auf das evolutionäre Gepäck zu werfen, das sie und wir alle mit uns herum tragen. Nicht zuletzt aber sicher auch diesen Jungen selbst! Die Verfasserinnen haben das auf der Basis von unglaublich reichhaltigem Material und eigenen Forschungen auf ungewöhnliche und spannende Weise unternommen.
Was im Englischen den Titel „Wildhood“ trägt und damit Bezug nimmt auf abgegrenzte klassische Begriffe wie „childhood“ oder „adulthood“ und sich zugleich originell und qualitativ von ihnen absetzt, ist dieser Tage in deutscher Sprache erschienen und verfolgt die Absicht, dem Wesen der Adoleszenz auf den Grund zu gehen, dem die Verfasserinnen sich im Vergleich entwicklungsgeschichtlich über Arten und Lebensspannen hinweg nähern. Vielfältige Forschungsergebnisse aus aller Welt werden dabei durch eigene Erhebungen und Interviews ergänzt und miteinander verwoben. Der Ertrag ist im strengen Sinn gottlob kein „Lehrbuch“, wie es der unglückliche deutsche Untertitel vermuten lassen könnte, sondern eine Sammlung von 1001 Fingerzeigen, die uns auf einer abenteuerlichen Entdeckungsreise durch zunächst fremd erscheinende Welten manches Aha-Erlebnis nicht vermeiden helfen.
Barbara Natterson-Horowitz ist Gastprofessorin am Institut für menschliche Evolutionsbiologie in Harvard und Professorin für Medizin und Kardiologie an der University of California in Los Angeles (UCLA), wo sie das Programm für Evolutionsmedizin mitbegründet hat. Ihr TED-Talk über artenübergreifende medizinische Forschung hat Millionen Zuschauer erreicht.
Kathryn Bowers ist Wissenschaftsjournalistin und hat an der UCLA Medizinisches Schreiben und vergleichende Literaturwissenschaft gelehrt. Sie ist Future Tense Fellow von New America in Washington, DC.
Beide haben gemeinsam den New-York-Times-Bestseller „ Zoobiquity“ geschrieben (dt. „Wir sind Tier. Was wir von den Tieren für unsere Gesundheit lernen können“, Knaus-Verlag, München 2014), was schon im Titel das inhaltliche Rückgrat ihrer neuesten Publikation und ihre neue Sichtweise markiert: das Tier (gr. „zoon“, Lebewesen; lat. „ubique“, überall) ist überall, auch in uns und wir in ihm.
Weiterlesen →27. März 2020
von Tom Levold
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16,9 Millionen Menschen lebten 2018 alleine
Jede dritte alleinlebende Person in Deutschland war 2018 über 65 Jahre alt
WIESBADEN – Um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, werden zwischenmenschliche Kontakte zurzeit auf ein Minimum beschränkt. Alleinlebende Menschen sind von der gegenwärtig geltenden Kontaktsperre besonders betroffen – insbesondere, wenn sie zu einer Risikogruppe gehören. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, lebten im Jahr 2018 in Deutschland insgesamt 16,9 Millionen Menschen alleine in ihrer Wohnung, 35 % beziehungsweise 5,8 Millionen davon waren 65 Jahre und älter.
Die Wohnsituation von Menschen in Deutschland ist divers: alleine, zu zweit, in Wohn- und Lebensgemeinschaften oder als Familie. Dies trifft auch auf ältere Menschen zu, die laut Robert-Koch-Institut als besonders gefährdete Gruppe für das neue Coronavirus gelten. Hintergrund: Mit zunehmenden Alter wird das Immunsystem schwächer, das macht ältere Menschen anfälliger für schwere Verläufe der Erkrankung. 17,4 Millionen über 65-Jährige stellten 2018 einen Anteil von 21 % der Gesamtbevölkerung dar. Knapp 10,2 Millionen Menschen der Generation 65 plus lebten 2018 zu zweit mit ihrer Ehepartnerin beziehungsweise ihrem Ehepartner in einer Wohnung.
Im EU-Vergleich: Anteil der über 65-Jährigen in Italien mit 22,6 % am höchsten
In der Europäischen Union (EU) lag der Anteil der über 65-Jährigen im Jahr 2018 im Durchschnitt bei 19,7 % (EU 28; ohne Vereinigtes Königreich: 20 %). In den von der Corona-Pandemie besonders betroffenen Nachbarstaaten zeigt sich folgendes Bild: Während Spanien mit 19,2 % im EU-Vergleich einen leicht unterdurchschnittlichen Anteil aufwies, entsprach Frankreich mit 19,7 % genau dem Durchschnitt. Italien wies 2018 mit 22,6 % den höchsten Anteil von über 65-Jährigen in der Gesamtbevölkerung auf. (Quelle: Statistisches Bundesamt)