systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

28. November 2006
von Tom Levold
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Arbeit am Problem der Arbeit

In der gegenwärtigen Krise der Arbeitsgesellschaft wird immer vorausgesetzt, als sei klar, was Arbeit denn eigentlich ist. Dirk Osmetz versucht in seiner systemtheoretischen Annäherung an das Phänomen der Arbeit nicht Arbeit als Substanz zu betrachten, sondern in ein Organisations- und Managementverständnis einzuordnen. Dafür hat er den Wissenschaftspreis der BW-Hochschule München im Jahre 2004 erhalten. Dagmar Wiegel schreibt in ihrer Rezension:„Die komprimierte Verarbeitung erschwert teilweise das Verständnis und setzt Vertrautheit mit dem Konstruktivismus voraus. Bezüge und Wechselwirkungen zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Moral und Rechtssystem werden hergestellt. Die Arbeit stellt sich als Resonanzboden für die umgebenden Umwelten dar. Sie selbst verfügt nicht ausreichend über systemrelevante Eigenschaften, um ein solches schlüssig zu bilden. Im letzten Drittel wird der Leser für sein Durchhalten belohnt: Endlich eröffnen sich aufgrund der präzisen Vorarbeit im Theorieteil, praktische Impulse für Managementtätigkeiten. Der Begriff des „postheroischen Managements“ gewinnt an Farbe und weist auf eine grundsätzlich neue Führungspersönlichkeit hin. Kausales Denken, das in hergebrachten Führungsmodellen immer noch Usus ist, wird radikal ersetzt durch ein sehr viel bescheideneres Modell: Der Führungsverantwortliche braucht seine Mitarbeiter und hat in erster Linie die Aufgabe sie davon abzuhalten Lösungen zu unterdrücken.
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27. November 2006
von Tom Levold
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Systemischer Diskurs

Unter der Adresse systemischer-diskurs.at existiert seit kurzem eine neue Internet-Adresse für systemisch interessierte Kolleginnen und Kollegen, ins Leben gerufen von Richard L. Fellner aus Wien. Wie der Name sagt, soll die website Gelegenheit für systemische TherapeutInnen, SupervisorInnen und BeraterInnen bieten, miteinander in Austausch zu treten:„Oftmals ergeben sich im Zuge der eigenen Arbeit Fragen, man sucht Material oder Anregungen, oder möchte sich einfach nur mit anderen KollegInnen austauschen oder hören, wie diese an eine bestimmte Situation der täglichen Praxis herangehen würden“. Mit Hilfe einer Forums-Software soll dieser Austausch praktisch ermöglicht werden. Jeder registrierte Nutzer kann eigene Diskussionsthemen ins Forum stellen und kann sich in unterschiedliche Online-Diskussionen einmischen. Soweit die Theorie. Erfahrungsgemäß dauert es aber immer eine gewisse Zeit, bis ein online-Forum ausreichend„kritische“ Masse angehäuft hat, um regelmäßig frequentiert und damit wirklich interessant zu werden. Dem„Systemischen Diskurs“ sei es zu wünschen, auch wenn mit der fest etablierten systemischen Mailing-Liste die Konkurrenz groß ist (die die gleiche Grundidee verfolgt, allerdings nicht über so eine schöne Benutzeroberfläche verfügt, was das Verfolgen der zahlreichen Diskussionen ziemlich erschwert). Es bietet darüber hinaus aktuelle Nachrichten und Newsfeeds, ein Therapeuten- und Coachverzeichnis sind geplant. Die Plattform ist kostenlos und dient ausschließlich dem Ziel, die Vernetzung von Systemikern und an Systemischen Konzepten Interessierten zu fördern.

27. November 2006
von Tom Levold
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Mediation als Lebenshaltung und soziale Einstellung

Anlässlich der Tatsache, dass in immer mehr Ländern Mediationsgesetze erlassen werden, die auf die gesellschaftliche Etablierung von alternativen Streitschlichtungsmöglichkeiten abzielen, und der Bemühungen der EU um die Schaffung von europäischen Mediationsrichtlininen hat die österreichische systemische Therapeutin und Mediatorin Gerda Mehta einen kurzen Text über Mediation als Lebenshaltung und soziale Einstellung verfasst, der ab heute in der Systemischen Bibliothek zu finden ist.
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26. November 2006
von Tom Levold
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„Ich brannte vor Neugier!“

Gemeinsam mit ihrem Mann hat Satuila Stierlin in den letzten fünf Jahrzehnten intensiven Kontakt mit FamilientherapeutInnen der ersten Stunde gehabt und aufrechterhalten. In dieser ganzen Zeit war sie, die sich immer gerne (und ohne Not) im Hintergrund gehalten hat, selbst nicht nur als Psychotherapeutin, sondern auch mit großer Leidenschaft als Leiterin zahlreicher Selbsterfahrungsseminare für angehende und erfahrene FamilientherapeutInnen tätig. Diese Leidenschaft bewog sie neben ihrem unmittelbaren persönlichen Zugang, ein Buch über die Familiengeschichten berühmter FamilientherapeutInnen zu schreiben, das 2001 im Carl-Auer-Verlag veröffentlicht wurde und für das die manchmal etwas geschichtsvergessene systemische Szene nur dankbar sein kann. Michael Wirsching schreibt in seiner Rezension:„Ein Buch von unschätzbarem Wert, wie es heute kaum noch einmal geschrieben werden könnte. Satuila Stierlin setzt ihre große Fachkompetenz, ihren historischen Überblick und ihre tiefe Menschlichkeit ein, um dieses einzigartige Dokument der Familientherapie zu schaffen, das allen praktizierenden oder angehenden oder sonst wie an der Familientherapie Interessierten aufs wärmste empfohlen wird“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
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25. November 2006
von Tom Levold
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Psychotherapie als soziale Veranstaltung

Der dritte Beitrag zum systemagazin-Special„Helfen wir unseren Klienten auch beim Widerstand?“ (s. Eintrag vom 23.11.) stammt von Tom Levold, der einige vorläufige Überlegungen für eine Positionsbestimmung von Psychotherapie in der aktuellen gesellschaftlichen und sozialen Umbruchssituation„zwischen Affirmation und Kritik“ anbietet:„Ich bin der Ansicht, dass Systemische TherapeutInnen gegenwärtig sehr viel von den aktuellen Diskursen einer systemischen Sozialarbeitswissenschaft lernen können, … in denen nicht nur versucht wird, den gesellschaftlichen Standort psychosozialer Hilfen mit systemtheoretischen Instrumenten zu ermitteln, sondern auch die damit verbundenen ethischen und normativen Fragen zu rekonstruieren. (Es) lassen sich manche Beiträge zum Diskurs der sozialen Arbeit in Bezug zur Psychotherapie setzen, auch wenn sich von Auftragslage, Methoden und Haltungen her klare Unterschiede benennen lassen. Unabhängig davon sind nämlich beide Funktionssysteme der Gesellschaft, deren Aufgabe darin besteht, Hilfen für Personen zur Verfügung zu stellen, deren Teilhabe an gesellschaftlicher Kommunikation problematisch erscheint, bedroht ist oder gar nicht mehr existiert“
Der Aufsatz befasst sich mit der problematischen Gegenüberstellung von Individuum und Gesellschaft und der damit verbundenen Idee individueller Unfreiheit, in einem zweiten Schritt wird auf die grundsätzliche Ambivalenz der gegenwärtigen Verhältnisse sowie der Beschreibungen dieser Verhältnisse hingewiesen, die die Einnahme eindeutiger Positionen verunmöglicht. Anschließend wird Psychotherapie als Funktionssystem beschrieben, das sich von anderen gesellschaftlichen Funktionssystemen nachdrücklich dadurch unterscheidet, dass sie ihren Gegenstand in der „ganzen Person“ hat. Daraus resultieren abschließende Überlegungen zu den Werten, die systemische Psychotherapie womöglich Klienten als auch der Gesellschaft gegenüber vertreten kann und soll.
systemagazin ist gespannt und freut sich auf Diskussionsbeiträge der LeserInnen.

24. November 2006
von Tom Levold
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PsychotherapeutIn, bleib bei deinem Leisten

Nachdem gestern ein Vortrag von Sabine Klar zum Thema„Helfen wir unseren KlientInnen auch beim Widerstand?“ veröffentlicht wurde, der auf dem ÖAS-Kongress im September in Wien gehalten wurde, können Sie heute die Erwiderung von Kurt Ludewig unter dem Titel:„PsychotherapeutIn, bleib bei Deinem Leisten“ lesen. Er hat alle von Klar aufgeworfenen Fragen im Einzelnen beantwortet. Auf die Frage nach der Hilfe zum Widerstand antwortet er:„Manchmal wird es sinnvoll sein, ihnen zu helfen, die Macht der Lebensumstände zu erkennen, um dann besser entscheiden zu können, wie sie damit umgehen werden. Ich halte es andererseits für einen guten Aspekt der
Psychotherapie, dass ich meine KlientInnen weder zur Auflehnung aufrufen noch zum Ertragen und Aushalten bewegen muss. Denn es ist letzten Endes ihre Sache, zu klären, was sie wollen, was sie dafür benötigen und was sie bereit sind, dafür einzusetzen“
Morgen, am 25.11. können Sie an dieser Stelle einen Beitrag von Tom Levold mit dem Titel„Zwischen Affirmation und Kritik. Psychotherapie als soziale Veranstaltung“ lesen. Weiter gilt die ausdrückliche Einladung an Sie, liebe Leserinnen und Leser, eigene Beiträge und Kommentare zur Diskussion im systemagazin beizusteuern.

23. November 2006
von Tom Levold
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Textueller Missbrauch

Unter diesem Titel schreibt der österreichische Medienwissenschaftler Stefan Weber einen flammenden Artikel im Online-Magazin Telepolis über die zunehmende Vergoogelisierung der Wissenschaft und den Vormarsch des Copy&Paste-Paradigmas bei der Erstellung wissenschaftlicher Arbeiten. Als Beleg präsentiert er eine Dissertation, die an der Universität Klagenfurt mit besten Noten bewertet wurde – und die plagiierten Stellen gleich mit, eine lohnenswerte Lektüre. Als Alternative zu seinem Vorschlag, einfach weniger zu schreiben und dafür jeden Satz selbst zu formulieren, schlägt Weber die Rückkehr „zu den klassischen Kulturtechniken (vor): … Volle Kraft zurück. Schreibwerkstätten, kreatives Schreiben, rationales Argumentieren, Rhetorik ohne Powerpoint, beinharte Zitierkunde am Beginn jedes kulturwissenschaftlichen Studiums – anstelle von noch mehr E-Learning-„Assignments“, noch mehr Ergoogelung, noch mehr Wikipedia, noch mehr Ghostwriting, noch mehr vermeintliche Software-Lösungen. ‚Plagiatsprävention‘ gehört in alle Leitbilder und Lehrpläne“
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23. November 2006
von Tom Levold
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Helfen wir unseren KlientInnen auch beim Widerstand?

Der Jubiläumskongress des Instituts für Ehe- und Familientherapie (30 Jahre) und der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Systemische Therapie und Systemische Studien (ÖAS, 20 Jahre) am 22. und 23. September 2006 in Wien zum Thema„Blinde Flecken oder Ich sehe nichts, wo Du was siehst“ (Clemens und Danielle Stieger berichteten darüber im systemagazin) bot nicht nur einen interessanten Rückblick auf die vergangenen Jahrzehnte (mit den Vorträgen von Corina Ahlers, Joachim Hinsch und Rosmarie Welter-Enderlin), sondern stellte auch die Frage, inwiefern sich systemische PsychotherapeutInnen in aktuelle gesellschaftspolitische Diskurse einmischen sollen, die nicht selten im blinden Fleck des Nicht-Beobachteten bzw. des Nicht-Beobachten-Wollens verschwindet. Diese Debatte wurde von Sabine Klar, Lehrtherapeutin der ÖAS, angeregt und durch einen durchaus provokativ gedachten Vortrag angestoßen, der auf dem Kongress von Kurt Ludewig, Marie Luise Conen und Tom Levold kommentiert und beantwortet wurde. In der anschließenden Podiumsdiskussion ergab sich eine angeregte Diskussion mit dem Publikum. Mit freundlicher Genehmigung der ÖAS veröffentlicht systemagazin heute den Text von Sabine Klar mit dem Titel:„Helfen wir unseren KlientInnen auch beim Widerstand? Zum Spannungsfeld zwischen modernen Mythen und menschlichen Bedürfnissen“.

Morgen, am 24.11. können Sie an dieser Stelle die Antworten von Kurt Ludewig lesen, am 25.11. den Text von Tom Levold (Der Text von Marie-Luise Conen folgt zu einem späteren Zeitpunkt), verbunden mit der ausdrücklichen Einladung an Sie, liebe Leserinnen und Leser, die Debatte mit eigenen Beiträgen und Kommentaren fortzuführen, die das systemagazin gerne dokumentieren wird.

21. November 2006
von Tom Levold
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Family Business Consultation

Florence Kaslow ist eine bekannte Persönlichkeit in der US-amerikanischen familientherapeutischen Szene. Der von ihr herausgegebene Sammelband„Handbook of Family Business and FamilyBusiness Consultation“ hat sich zur Aufgabe gestellt, die kulturellen und interkulturellen Besonderheiten der Beratung von Familienunternehmen in den unterschiedlichsten Teilen der Welt zu reflektieren. Diese Thematik ist angesichts der Notwendigkeit auch für Familienunternehmen, sich auf den globalisierten Märkten zu positionieren und u.U. neuen
Anforderungen zu stellen, bislang nicht systematisch aufgegriffen worden. Auch die Beratung selbst wie auch die verschiedenen Beratungsstrategien müssen sich mit den Herausforderungen beschäftigen, die die Globalisierung für die Beratungskunden, aber auch für die Berater selbst mit sich bringt. Dass sich diese Fragen in unterschiedlichen Kulturen unterschiedlich stellen, liegt auf der Hand.
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20. November 2006
von Tom Levold
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Wie Ritalin & Co. im Gehirn und in der hyperaktiven Gesellschaft wirken

Am 3.11. wies systemagazin auf eine Artikelreihe hin, die Jörg auf dem Hövel für das Online-Magazin Telepolis über Ritalin und ADHS verfasst hat. Heute ist der abschließende dritte Teil erschienen, der sich mit dem gesellschaftlichen Umgang mit der Droge Ritalin beschäftigt. auf dem Hövel schreibt unter anderem:„Drogen können helfen. Nur ist es bisher der unheiligen Allianz aus Wissenschaftlern und Pharma-Lobbyisten gelungen darüber zu bestimmen, welche Substanz als gutes Medikament und welche als schädliche Droge zu gelten hat. Der Mensch ist aus deren Sicht ohnehin nur eine Maschine, die auf Pilleneinwurf mit dem immergleichen Verhalten zu reagieren hat. Die Folgen zeigen sich einer potentiell überdosierten Gesellschaft, die alle Jahre auf neue Medikamente eingestellt wird, um weiter glücklich und gesund leben zu können. An der erhitzten Diskussion um Medikamentenvergabe an Kinder und ADHS bei Erwachsenen, die auch im Telepolis-Forum zu dieser Artikelserie entbrannt ist, zeigt sich die Sensibilität gegenüber einem Thema, das in Zukunft an Relevanz eher gewinnen wird. Der Einsatz von chemisch Substanzen in geringer Dosis hält bei ADHS nicht an: Das synthetisch hergestellte Desmopressin beispielsweise ist dem körpereigenen Hormon Vasopressin nachempfunden und wird bei Kindern eingesetzt, die im Schlaf die Blase entleeren, also unter Ein- bzw. Bettnässen (med.: Enuresis) leiden. Auf Dauer trockengelegt werden Kinder durch Desmopressin nicht, der Effekt ist temporär. Aber im Rahmen einer Gesamttherapie hilft das Medikament kurzzeitig weiter. Auch in diesem Bereich treffen die Eltern, Ärzte und Pharma-Interessen aufeinander, die Aufklärungsindustrie läuft auf Hochtouren. Unter www.initiative-trockene-nacht.de/ wird über Therapiemöglichkeiten des Bettnässen aufgeklärt, die Webseite gibt sich neutral, schon im Impressum steht allerdings die Medical Consulting Group (MCG) als Ansprechpartner, eine bekannte Düsseldorfer Marketingagentur für Medizinprodukte. Forscht man bei der Denic nach, so ist der Domaininhaber aber nicht die MCG, sondern die Ferring Arzneimittel GmbH, ein Hersteller von desmopressinhaltigen Medikamenten (z.B. Minirin). Hier liegt, neben der hirnphysiologischen und kulturellen Ebene, die dritte Wahrheit: (Kinder-) Medikamente sind ein wirtschaftliches Gut und gehorchen daher auch des Gesetzen des Marktes. Und dieser Markt will sich ausweiten. Im US-Fernsehen läuft seit Jahren Werbung für Medikamente gegen„Adult-ADHD“; es geht um die Sensibilisierung für, andere würden sagen„Etablierung“ der Krankheit in der Welt der Erwachsenen“
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20. November 2006
von Tom Levold
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Guten Appetit

Helga Brüggemann, Kristina Ehret-Ivankovic und Christopher Klütmann versuchen unter Hinzuziehung einer gastronomischen Metapher Systemische Beratung als Menü in fünf Gängen zu kredenzen. Rezensent Dennis Bohlken hat es gemundet:„In hervorragender Weise ist es dem Trio gelungen, systemische Beratung im Profit- und Non-Profit-Bereich kreativ zu gestalten. Sie gehen davon aus, dass die Zutaten (Ressourcen) schon zur Verfügung stehen, um zu entscheiden, was schlussendlich aufgetischt wird bzw. im Vorratsraum bleiben sollte. … Dieses kleine, kompakte und alltagstaugliche Buch empfehle ich besonders denjenigen, die kurz vor oder während einer Beratung anhand eines ,Schlagwortes‘ noch einmal nachschauen wollen. Es ist ein geeignetes Lernbuch. Nicht geeignet ist dieses Buch für diejenigen, die ein Fachbuch oder Lehrbuch zur Systemischen Beratung suchen“
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19. November 2006
von Tom Levold
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Innovationen – Wie Neues entsteht


Die Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften wird von einem Historikerkreis aus den Instituten für Wirtschafts- und Sozialgeschichte sowie Zeitgeschichte der Universität Wien um den auch in der Familientherapie-Szene bekannten renommierten Historiker, Familienforscher und Kulturwissenschaftler Reinhard Sieder herausgegeben und erscheint seit 1990 mit vier Ausgaben pro Jahr. Sie bringt Artikel über aktuelle Forschungen zu allen Epochen, besonders der Disziplinen Sozialgeschichte, Wirtschaftsgeschichte, Kulturgeschichte (historische Kulturwissenschaft), Geistesgeschichte und Wissenschaftsgeschichte. Besondere Berücksichtigung finden Debatten um die Wissenschaftskonzepte dieser Disziplinen, ihre Forschungsmethoden und ihre Theorien. Als kulturwissenschaftliches Organ ist ihre inhaltliche Reichweite erheblich und auch weit über Historikerkreise von Interesse. Nachdem sie lange im Verlag Turia & Kant erschien, wird sie nun im Studienverlag Innsbruck verlegt.
Erfreulich ist, dass die Herausgeber bereits vergriffene Hefte zum Download zur Verfügung stellen. Die Originale sind natürlich vorzuziehen, da sie nicht nur über ein ausgezeichnetes Layout verfügen, sondern auch durch eine sorgfältige Verarbeitung glänzen: die Hefte sind echte Handschmeichler. Zum Download empfehle ich das Heft über„Innovationen – Wie Neues entsteht“, das der Frage nachgeht, unter welchen historischen und wissenschaftskulturellen Bedingungen Innovationen entstehen und, vor allem: überleben können. Andererseits gibt es auch einen Beitrag, der rekonstruiert, wie eine geplante Innovationsschmiede in Österreich in ihrem Auftrag scheitern musste. Das 200 Seiten starke Heft enthält einen sehr schönen Beitrag des Gastherausgebers Albert Müller über die Geschichte des Biological Computer Laboratorys unter der Leitung von Heinz von Foerster in den 50er bis 70er Jahren, das als paradigmatisches Beispiel für die Entstehung von Innovationen verstanden werden kann.
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18. November 2006
von Tom Levold
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Qualitative Forschung in der systemischen Therapie

Betrachtet man die gegenwärtigen (und sicherlich gerechtfertigten) Bemühungen der systemischen Verbände um die sogenannte wissenschaftliche Anerkennung (durch den sogenannten wissenschaftlichen Beirat), die offenbar nicht anders als durch Zusammenstellungen von quantitativen outcome-Studien zu bekommen ist, muss man feststellen, dass die qualitative Forschung in der systemischen Therapie leider immer mehr ins Hintertreffen gerät. Nun ist gegen outcome-Studien nicht viel zu sagen, allerdings zeigt ein genauerer Blick doch auch, wie sehr die dem Design dieser Studien, ihren Fragestellungen und andere dieser Art der Psychotherapieforschung zugrundeliegenden Wirklichkeitskonstruktionen mehr oder weniger unhinterfragt übernommen, jedenfalls nicht mehr systematisch beobachtet werden. Damit geht aber ein zentrales Qualitätsmerkmal systemischer Theorie und Praxis verloren. In der Systemischen Bibliothek finden Sie einen Beitrag von Bruno Hildenbrand aus dem Jahre 1998 (System Familie), der deutlich macht, dass Forschung auch anders gehen kann, ohne des Etiketts„wissenschaftlich“ verlustig zu gehen. Im abstract heißt es:„Die systemische Therapieforschung leidet daran, dass die hier vorherrschende Methodologie weder der systemischen Therapietheorie noch deren Gegenstand, der therapeutischen Situation, gerecht wird. Vorgeschlagen wird die Bevorzugung qualitativer Forschungsverfahren, darunter insbesondere der fallrekonstruktive Ansatz. Dieser bietet eine Anschlussmöglichkeit an die Erfahrungen von Praktikerinnen und Praktikern und leistet so auch einen Beitrag zur Überwindung der Kluft zwischen Forschung und Praxis“
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