„Staying@home“ In den folgenden Wochen und Monaten habe ich es genossen, mehr Zeit zuhause zu verbringen und den Fokus auf die Lichtpunkte zu legen. Ein beruhigender Vorrat an Riesling und Pinot Noir ist mir dabei wichtiger und vermittelt eher ein tröstliches Gefühl von Sicherheit als es Türme aus Klopapier vermögen.
alleinschondieneuenseitendesalleinseins: entdecken – gut! Rilkes Herbst lesen: wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben, wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben und wird auf den Alleen hin und her unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.
Schwimmen im Zeitsee „Als der Lockdown im März diesen Jahres unser aller Leben aus der gewohnen Bahn warf, begann ich die neue Situation in Skizzen festzuhalten – sozusagen ein visuelles Tagebuch. Hier ein Aspekt, der für mich bedeutsam wurde, als ich einen Großteil meiner bisherigen Aktivitäten absagen musste und in der Folge Irritationen in der Dimension ,Zeit’ spürbar wurden. Entstanden am 7.04.2020.“
Das Ende des Tunnels? Mit diesem Bild wūnsche ich uns allen, dass 2021 das Ende des Covid-Tunnels sein möge! Luc Ciompi
Liebe Leserinnen und Leser des systemagazin, ich freue mich über die vielen Einsendungen zum diesjährigen Adventskalender. Vielen Dank allen für ihre Bilder und Texte. Allerdings ist der Kalender schon jetzt so übervoll, dass ich darum bitte, mir keine weiteren Zusendungen zu schicken.
Mehr Kontakt – Corona sei Dank Eigentlich wollte ich meine mexikanischen Freundinnen im Januar besuchen. Nun haben wir uns seit Juli mehrmals per Video verabredet. Während es in Berlin gerade 2 Grad Celsius sind, sind es in Monterrey 18 und in Colima (Pazifikküste) 28 Grad. Wir tauschen uns über die verschiedenen Perspektiven in unseren Ländern aus. Meine Freundinnen sind seit März durchgängig in Quarantäne. Viele ihrer Landsleute können sich das nicht leisten, sie können sich auch nicht leisten, gegen die Maßnahmen zu protestieren, weil sie mit dem Kampf ums Überleben beschäftigt sind. Meine Freundinnen beklagen die Ausbreitung des „valemadrismo“ (Scheißegal-Haltung). Wir reden aber nicht nur über die aktuelle Situation, sondern haben viel Spaß miteinander. So viel regelmäßigen Kontakt hatte ich schon lange nicht mehr mit ihnen.
Kontaktsplitter „Köln, August 2020, Wallraffplatz; Gedanken im Abseits: Unterscheidungen, Arten der Vernunft und des Wissens. Neben der praktischen und der theoretischen Weisheit, den technischen Fertigkeiten und dem wissenschaftlichen Wissen die intuitive Vernunft. Letztere wohl im Sinne von ,Verständnis’. Ich sinniere darüber, ob es Zufall ist, dass der altgriechische Begriff dafür (,nous’) mit dem französischen ,Wir’ übereinstimmt. Verstehen wir uns? Über Gräben hinweg? An Gräbern? Allen Kämpfen um Wahrheit zum Trotz? Iwan Turgenjew am 15.1.1857 in einem Brief an Leo Tolstoi: ,die Wahrheit indes ist wie eine Eidechse: Sie läßt den Schwanz in der Hand zurück und entflieht, sie weiß, bald wird ihr ein zweiter nachwachsen’.“
Maturavorbereitung im Home Schooling „Schule war ein bestimmendes Corona Thema, mit der eigenen Tochter in der Maturavorbereitung und in der Kinder und Jugendlichen PT.“
Bis bald … Es symbolisiert unsere Schulschließung im März diesen Jahres (Wilhelm-Busch-Schule Hemer). Es ist ein Bild von mir, welches zusammengefügt mit den anderen Bildern der KollegInnen die Zeit bis zum Wiedersehen mit unseren Schüler/Innen überbrücken sollte.
Die Häufigkeit der Witze über Corona und die Intensität, mit der sie in den sozialen Netzwerken weitergegeben werden, legen es nahe, über eine besondere Funktion von Witzen nachzudenken, nämlich über ihre entängstigende Wirkung: Wenn eine Situation als komisch definiert wird, ist sie schon nicht mehr ganz so bedrohlich, die dominante Realität wird relativiert. Man begibt sich im Witz – im „Als-ob-Modus“ – in die Position der indirekten Überlegenheit: Man lacht über das, was bedrohlich ist. Wer lacht, hat keine Angst. Angesichts der Fülle der Witze zu Corona liegt die Vermutung nahe, dass die gegenwärtige bedrohliche Lage uns alle in eine Situation massiv erlebter Unterlegenheit zwingt, eine Einladung, sich zumindest in der Phantasie und im Lachen über das Schicksal zu erheben.
Im Folgenden stellen wir nun einige Cartoons aus der Werkstatt von Björn vor, unser kleiner Beitrag zur allgemeinen Entängstigung.
Aus dem Nichts „Scheinbar ,aus dem Nichts’ hat Corona seit dem 1. Lockdown im März bis in die Banalitäten des Alltag hinein unsere Leben verändert. Sogar meine Spülbürste hat es erwischt.“
Alles muss raus! „Nicht nur Berater und Supervisorinnen leiden – Corona trifft auch die Geschäftswelt!“
Covid-19-Orakel „Der Lockdown scheint sein Zentrum in der Toilette, dem meist kleinsten Ort einer Wohneinheit, zu haben. Das Klo, ein Ort des Rückzugs in Zeiten der physischen Distanz?“
Die Zeit des Karussells „Dieses Blechkarussell, das ich auf einem Weihnachtsmarkt kaufte, steht auf meinem Schreibtisch, es lässt sich aufziehen, dann dreht es sich erst schnell, dann immer langsamer; es klimpert herum, mal schnell, mal langsam. Es macht mir die Augen von innen bunt. Ich nutze es für die Enkelschaft, aber auch für Innigkeitsminuten, die es schwer machen, Sentimentalitätsanfälle zu vermeiden. Was das Spielzeug im Foto ‚vorführt‘, ist ein Zeitwirbel, der feststeckt und doch wieder nicht – wie Corona, die die Zeit seltsam bremst und beschleunigt. Das macht ja auch Weihnachten: eigentlich immer. Tatsächlich habe ich eine alte Sanduhr neben das Karussell gestellt. Die sieht man wie von ungefähr nicht auf dem Bild, aber es gibt sie hier bei mir als Denkmal der Zeitweiligkeit.“
Eine Sammelleidenschaft oder: Wie der King of Rock’n Roll unser Weihnachtsfest rettete „Wer sich für Betongold entschieden hat, oder wie meine Liebste und ich für 94 Jahre altes Ziegelsteingold, der hat immer was zu tun: Zu renovieren, zu sanieren, zu prokrastinieren. Indes fällt der Sanierungswütige gern auch später über den Keller als einzig verbliebenem Tätigkeitsfeld her, um dort allmählich vom geliebten Baustellencharme all der Jahre Abschied zu nehmen. Offenbar haben viele Zeitgenoss*innen das infolge nicht stattfindender Urlaube Ersparte in ihre Butzen gesteckt. Da bilde meine Liebste und ich keine Ausnahme. Bis vor einigen Wochen müffelte und feuchtelte der Proben- und Musikstall vor sich hin. Also wurde er kurzerhand trockengelegt und auf Vordermann gebracht. Dann hieß es, all die lieb gewonnenen rund 4000 Vinylschätzchen wieder einzuräumen und mit weiteren Tagen eifrigen Sichtens und Sortierens dem blöden, lästigen Virus ein Schnippchen zu schlagen. Abgesehen von dem Angebot, angesichts einer Kreislerplatte demnächst gemeinsam nach dem Lockdown im Park Tauben vergiften zu gehen, wurden auch andere Genres einer ausführlichen Revision mit nächtlichem Probehören unterzogen, das die Liebste schon manches Mal dazu veranlasste, Ruhe einzufordern und nicht ständig z.B. mit den Urschreien eines nobelpreisdekorierten Barden aus Duluth Minnesota unsanft geweckt zu werden. Gestern dann rettete mir der King of Rock’n Roll das Coronaweihnachtsfest. Für die passende Musik ist nunmehr gesorgt!
„Wie kommen wir nur hier weg. … Haben Sie eine Idee, Mr. Spock? (Raumschiff Enterprise, 1966-1969)
Auch wenn die Raten meiner virtuellen Beratungen, Supervisionen, Fortbildungen und Seminaren in 2020 rapide angestiegen sind – manches lässt sich dann doch nur analog-live – auch so ein neuer Begriff aus 2020 – machen. Selbsterfahrungsseminare zum Beispiel. Das Reisen mit der deutschen Bahn in diesem Jahr hatte einige skurrile und fast beängstigende Momente… Dann, wenn ich morgens zur besten Arbeitszeit den Kölner Hauptbahnhof durchschreite und mir gefühlt 5- 10 Menschen begegnen. Dann, wenn der Zug in Mannheim einfährt und die Bahnsteige wie leergefegt sind oder wenn ich mich alleine in einem ganzen Abteil wiedergefunden habe und das für die Dauer von 3 Stunden (!) und dabei auch noch Maske tragen muss… Das hat was von Matrix, Truman Show und einem (Alp-)Traum zugleich… Da drängt sich die Frage auf: Wo bin ich falsch ein- bzw. ausgestiegen? In welcher Welt befinde ich mich gerade – bzw. in welchem Jahr? Also, was ist real? In welchem Paralleluniversum bin ich gestrandet? Gut, das dieser Zug in Freiburg ankam und ich dort auf echte (?) Menschen getroffen bin – hoffe ich jedenfalls!
Weihnachtsmarkt 2020 Alle Jahre wieder habe ich den weihnachtlichen Konsumwahn und die Glühweinseligkeit bekrittelt und den Aachener Weihnachtsmarkt, der als einer der schönsten gilt, jedes Jahr vielleicht nur ein bis zweimal besucht. Und nun hat mich der Anblick des Aachener Katschhofes am Samstag vor dem 1. Advent doch sehr betroffen gemacht.
Wien, Mariahilfer Straße, Lockdown „Wo sonst das Leben pulsiert ist es gähnender, gespenstischer Leere gewichen. Das Leben ist auf standby und hofft auf Medizin. Hoffen wir, dass sie das Versprechen halten und das Leben wieder starten kann.“
Quarantäne in Santiago de Chile nach 8 Jahren in Santiago de Chile, wo ich an der Uni Talca als Dozentin für Deutsch als Fremdsprache in der deutschen Abteilung im Bereich der Ausbildung von Studierenden zu Erzieher/innen und Lehrer/innen gearbeitet habe, bin ich nun als Beamtin zurück im innerdeutschen Schuldienst in Esslingen gelandet. In Chile lebte ich wochenlang im April/ Mai 2020 in kompletter Quarantäne mit Ausgangssperre (2 x in der Woche durfte man mit polizeilicher Genehmigung zum Einkaufen oder für einen Arztbesuch für 3 Stunden das Haus verlassen.) Das führte unweigerlich zu einem Bewegungsmangel, der mich dazu veranlasste, das Treppenhaus des Hauses mit 15 Stockwerken, in dem ich wohnte, näher bzw. überhaupt das 1. Mal kennenzulernen, indem ich es täglich rauf und runterlief, um nicht einzurosten. Für mich wurde der eigentlich recht trostlose tägliche Blick durch die Bewegung zu einem im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubenden Erlebnis. Die Treppenhausläufe haben mich dazu veranlasst, auch heute noch eher wieder Treppen zu laufen als Aufzüge zu benutzen. 🙂