systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

24. Dezember 2022
von Tom Levold
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systemagazin Adventskalender 2022 – 24. Tom Levold

Optimismus? Nein. Zuversicht? Ja bitte.

Mit Interesse habe ich die diesjährigen Beiträge zum systemagazin-Adventskalender gelesen. Als ich die Einladung zum Thema „Zuversicht“ ausgesprochen hatte, war ich unsicher, ob ich ausreichend viele Beiträge erhalten würde. Umso überraschter war ich, dass der Kalender schneller als in früheren Jahren gefüllt war. Das spricht für einen gewissen Bedarf an Zuversicht, wenngleich sich in der Zusammenstellung der Kalenderbeiträge auch die Ambivalenz wiederfindet, die mit meiner ursprünglichen Frage verbunden war. Wie kann man in diesen Zeiten von Zuversicht sprechen? Was bringt dieses Wort zum Ausdruck?

Für Niklas Luhmann handelt es sich bei Zuversicht um eine Sonderform des Vertrauens. In einem Text mit dem Titel „Vertrautheit, Zuversicht, Vertrauen“, der – zunächst auf Englisch erschienen, dann erst ins Deutsche übersetzt – sich mit diesem Begriff beschäftigt, beschreibt er Zuversicht als eine Art generalisiertes Vertrauen in die Funktionalität von Systemen, als Systemvertrauen: „Vertrauen bleibt unerlässlich in zwischenmenschlichen Beziehungen, aber die Partizipation an funktionellen Systemen wie Wirtschaft oder Politik ist nicht mehr eine Sache persönlicher Beziehungen. Sie erfordert Zuversicht, aber kein Vertrauen“ (Luhmann 2001: 156). Während Vertrauen eine Entscheidung im Bewusstsein des Risikos der Enttäuschung von Vertrauen sei, gelte die Zuversicht eher einer nicht reflektierten Erwartung als Grundlage des Vertrauens auf gesellschaftlicher Ebene, z.B. dass das Geld als sicheres Zahlungsmittel auch zukünftig erhalten bleibt, dass man auf die Einhaltung von Verkehrsregeln vertrauen kann, dass man auf politische Entscheidungsverfahren vertrauen kann etc. „Der Hoffende faßt trotz Unsicherheit einfach Zuversicht. Vertrauen reflektiert Kontingenz, Hoffnung eliminiert Kontingenz“ (Luhmann 2014).

Mit diesem Grundvertrauen in das Funktionieren unserer gesellschaftlichen Funktionssysteme bin ich groß geworden, ganz unabhängig von den Bewertungen der jeweiligen politischen Konstellationen und Auseinandersetzungen seit Ende der 60er Jahre. Dass es für ein solches Systemvertrauen in anderen Regionen der Welt in diesen Jahrzehnten wenig Anlass gab, war schon immer klar. Während Krisen und Kriege sich früher in anderen Weltregionen abgespielt haben, sind sie mittlerweile bei uns angekommen. Angesichts der sich abzeichnenden Klimakatastrophe, des brutalen Kriegs in der Ukraine und der allgemein zu beobachtenden militärischen und ökonomischen Vorbereitungen zukünftiger Kriege ist meinem – vielleicht schon immer einäugigen – Systemvertrauen weitgehend der Boden entzogen.

Die Zuversicht, dass die Weltgesellschaft in der Lage ist, die Klimakatastrophe in der dafür noch zur Verfügung stehenden Zeit zu verhindern, habe ich verloren. Nicht nur, weil alle dafür notwendigen (und längst als notwendig bekannten) Bemühungen nur halbherzig, schleppend oder eher nur symbolisch angegangen werden, sondern weil die Kräfte, die diese Bemühungen boykottieren und die Zerstörung des Planeten mutwillig fortsetzen und ausdehnen, nicht kleiner geworden sind. Auf Systemvertrauen kann ich nicht mehr setzen.

Aber gibt es Zuversicht ohne Systemvertrauen? Ich denke schon. Ohne Zuversicht können wir nicht gut (über)leben – wenn das Leben überhaupt einen Sinn haben soll. Wenn also Zuversicht auf globaler Ebene nicht mehr viel Sinn macht, was sind dann andere Quellen von Zuversicht? Ulrich Schnabel, der ein interessantes Buch zum Thema geschrieben hat (2018), hat in einem lesenswerten Interview betont, dass Zuversicht aus der Überzeugung stammt, „dass das, was man tut, einen Wert  hat“ und zitiert einen Satz von Vaclav Havel: „„Es geht nicht um die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern um die Gewissheit, dass etwas Sinn macht, egal wie es ausgeht.“ Darin liege der Unterschied zwischen Zuversicht und Optimismus. „Optimismus ist mir zu sehr auf den Ausgang fixiert. Der Optimist denkt, dass sich die Dinge zum Guten wenden, wenn er nur fest daran glaubt. Nehmen wir an, Sie kommen mit einer schweren Krankheit ins Krankenhaus und sind überzeugt, dass Sie wieder gesund werden, wenn Sie nur positiv denken. Dennoch kann es passieren, dass Sie am Ende bleibende Schäden davontragen. Wenn Sie sehr darauf gesetzt haben, dass alles gut wird, kann Sie das umso mehr in eine Depression stürzen. Es gibt nun einmal Situationen im Leben, in denen Sie Schwierigkeiten nicht aus dem Weg räumen können. Da braucht es dann eine andere Art von innerer Stärke. Das ist der Kern der Zuversicht: Auch wenn die Dinge nicht gut ausgehen, kann man Spielräume für sich finden“.

Es geht also nicht um die Eliminierung von Kontingenz. Wenn ich keine generalisierte Zuversicht entwickeln kann, kann ich Zuversicht aus lokalen, regionalen oder zeitlich begrenzten Geschehnissen ziehen. Insofern erfüllen mich Initiativen mit Zuversicht, die mir zeigen, dass das Eintreten für die Menschenwürde und Menschenrechte, gegen die Ausbeutung des Planeten und die Vernichtung der Arten, gegen Korruption und Machtmissbrauch, für soziale Gerechtigkeit gelebt wird, selbst wenn das mit Konsequenzen für Leib und Leben der Aktivisten verbunden ist. Es erfüllt mich mit Freude, wenn junge Menschen die Aufmerksamkeitsökonomie nutzen, um deutlich zu machen, dass die Weiter-so-Strategien eines Systems, das aus seinen Pfadabhängigkeiten nicht herauskommt, die Probleme nicht lösen werden. 

Meine besondere Zuversicht richtet sich auf die Bewegung der vielen Menschen im Iran, die bereit sind, ihren Kampf um ein lebenswertes Leben mit dem eigenen Leben zu bezahlen. In mehreren Aufenthalten in den vergangenen Jahren konnte ich mir ein Bild von der Lähmung im Lande machen, die ein Resultat der brutalen Niederschlagung der Proteste gegen die Wahlfälschung von 2009 gewesen ist, der so viele junge Menschen zum Opfer gefallen sind. Den Mut, mit dem nun die Bevölkerung im Iran unter dem Motto Jin, Jiyan, Azadî (Frau, Leben, Freiheit) auf die Straße geht, kann ich nur bewundern. Ob Optimismus angebracht ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Aber aus der Zuversicht erwächst eine Kraft, die überhaupt erst möglich macht, unter widrigen Bedingungen zu handeln.

Das Foto, das ich 2015 in Isfahan auf der Straße von einer Gruppe junger Frauen gemacht habe, die spontan für mich posierten, ohne dass ich sie dazu eingeladen hätte, ist für mich ein Sinnbild für diese Zuversicht. Wenn ich die Nachrichten aus dem Iran sehe, bin ich in Gedanken bei diesen jungen Menschen. Ich bin sicher, dass sie zu denen gehören, die heute gegen das Regime auf die Straße gehen.

Auf einer Weihnachtskarte von Kollegen fand ich folgenden Aphorismus von Jochen Mariss: „Auch wenn uns Zuversicht und Lebensfreude manchmal so klein wie Zwerge vorkommen: Sie sind schlafende Riesen, die wir wecken können“. In diesem Sinne: Wecken wir unsere schlafenden Riesen, geben ihnen Nahrung und lassen uns ein Stück weit von ihnen tragen. Frohe Feiertage!

Literatur:

Luhmann, Niklas (2001): Vertrautheit, Zuversicht, Vertrauen. Probleme und Alternativen. S. 143 – 160 in: Hartmann, Martin und Claus Offe (Hg.): Vertrauen. Die Grundlage des sozialen Zusammenhalts. Frankfurt/Main (Campus).

Luhmann, Niklas (2014): Vertrauen. Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität. Konstanz (UVK), 5. Aufl.

Schnabel, Ulrich (2018): Zuversicht. Die Kraft der inneren Freiheit und warum sie heute wichtiger ist denn je. München (Blessing)

23. Dezember 2022
von Tom Levold
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systemagazin Adventskalender 2022 – 23. Arist von Schlippe

Zuversicht??? Zuversicht!!!

Die diesjährige Einladung zum „Adventskalender“ von Tom Levold konfrontierte mich sehr deutlich mit der Veränderung meines Lebensgefühls nach dem 24.2.22. Da brach, wie sicher für viele andere auch, eine zuversichtliche Überzeugung, die mich mehr oder weniger mein Leben lang begleitet hatte, in sich zusammen. Ich war mir sicher, dass es in der Welt nach dem zweiten Weltkrieg, nach der Gründung stabiler Institutionen wie etwa der UNO, nach den engen internationalen wirtschaftlichen Verflechtungen keine Kriege mehr geben könnte, die den Charakter von Weltkriegen annehmen könnten. Die lokalen Kämpfe und Kriege waren bedrohlich genug, das Problem der Versorgung einer immer noch wachsenden Weltbevölkerung, der Klimawandel natürlich und die mit Kriegen, Klima und Hunger einhergehenden Flüchtlingsströme – all das sind drängende Themen. Doch dass eine Großmacht, die sich vertraglich verpflichtet hatte, die Grenzen des  Nachbarlandes zu respektieren, dieses mit voller Brutalität überfällt, das erlebe ich auf einer anderen Ebene. Ich bin tiefgreifend verunsichert und zugleich mit der eigenen Ohnmacht angesichts der Dimensionen des Geschehens konfrontiert: woran kann man sich noch halten, wenn geschlossene, gültige Verträge mit einem Handstreich gebrochen werden? 

Gerade in der vergangenen Woche hatte ich mit Freunden über Bücher gesprochen, die wir in diesem Jahr gelesen hatten. Mir wurde klar: ich hatte mich fast ausschließlich mit Sachbüchern beschäftigt, und sie hatten direkt oder indirekt mit dem Ukrainekrieg zu tun. Mir wurde da noch einmal vor Augen geführt, wie tief meine Beunruhigung ist und wie intensiv ich danach suche, diese makrosystemischen Vorgänge zu verstehen! Kurz und knapp: ich war überzeugt, dass ich auf Toms Einladung diesmal nicht reagieren würde können. Immer wieder und immer öfter kommt mir der Satz von Gregory Bateson in den Sinn: „Es ist zweifelhaft, ob eine Gattung, die sowohl eine fortgeschrittene Technologie als auch diese eigenartige Weltanschauung hat, überleben kann“ (Ökologie des Geistes, 1981, S. 435) – können wir überleben? Zuversicht ist einfach nicht das Wort, das meine derzeitige Stimmung beschreibt.

Und dann sah ich gestern ein Video. Es war die Aufzeichnung einer Online-Konferenz, zu der mein österreichischer Kollege Martin Fellacher und sein Institut „B4HP – Bridges for Hope and Peace“ vor ein paar Tagen geladen hatten. Ausgangspunkt waren die Ideen von Haim Omer, wie die Überlegungen und Methoden des Gewaltlosen Widerstands in verschiedenen Feldern der Beratungsarbeit umsetzbar sein könnten. Ausgehend vom „Elterncoaching“ hat sich das Konzept in ganz verschiedene Bereiche hinein entwickelt (z.B. Führung, Schule, Gemeinde) und es ist mittlerweile in vielen europäischen und außereuropäischen Ländern bekannt geworden. Ziel der Konferenz war es, einen Überblick darüber zu geben, wie sich das internationale Netzwerk mittlerweile weiterentwickelt hat, ein besonderer Schwerpunkt sollte auf dem Gazastreifen liegen, wo die österreichischen Kollegen, vor allem Michaela Fried, besonders aktiv sind. 

Nach einem Vortrag von Haim Omer über die kulturübergreifenden Erfahrungen mit dieser inzwischen gut etablierten Beratungsform, stellten verschiedene Kolleginnen und Kollegen ihre jeweiligen Arbeitsfelder im internationalen Kontext vor. In diesem Zusammenhang hörte ich Statements, die mich zutiefst berührten und mir ein Stück verlorener Hoffnung zurückgaben. Zur Konferenz waren Personen, die im Gazastreifen leben und dort als MultiplikatorInnen ausgebildet wurden, eingeladen, ihre Erfahrungen zu schildern (online). Es waren nicht nur Aussagen wie „the most successful experience in my life“ die mich bewegten. Mehr noch war es die Art und Weise wie die palästinensischen (vorwiegend) Frauen sprachen. Die Klarheit und Entschiedenheit, mit der sie ihre Berichte vortrugen und besonders ihre leuchtenden Augen haben mich angesprochen. Ich verstand, dass hier nicht einfach eine Methode gelehrt wurde, sondern dass sich zugleich die besondere Kraft vermittelt, die mit der Idee der Gewaltlosigkeit einhergeht: das Bewusstsein der Legitimität des eigenen Handelns und das Bewusstsein, nicht allein zu sein, die Erfahrung von Solidarität. Diese jungen Frauen zogen ihre Stärke daraus, dass sie Unterstützung erfahren und den Familien und Schulklassen, mit denen sie arbeiten, Unterstützung geben können. Mein Eindruck: hier sind Menschen unterwegs, die ein unerschütterliches Bewusstsein der Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit haben –  auch und gerade an Orten, auf die ich oft mit besonderer Bedrücktheit geschaut hatte – die Hotspots dieser Welt, Gaza, Lesbos (auch darüber wurde berichtet), die Liste ist endlos.

In diesem Jahr ist genau 50 Jahre nach dem ersten Bericht „Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome das Buch „Earth for all“ herausgekommen (auch auf Deutsch), der neue Bericht des Club of Rome. Die Quintessenz ist, dass es nach wie vor möglich ist, diese Welt zu einer „Welt für alle“ zu machen. Es braucht dafür fünf Kehrtwenden:

    1. Beendigung der Armut
    2. Beseitigung der eklatanten Ungleichheit
    3. Ermächtigung der Frauen
    4. Aufbau eines für Menschen und Ökosysteme gesunden Nahrungsmittelsystems
    5. Übergang zum Einsatz sauberer Energie.

Das Feuer, das ich vor allem in den Augen der Palästinenserinnen gesehen habe, die Berichte der Kolleginnen und Kollegen über die vielen kleinen und großen Projekte, eben auch an den Hotspots der Welt, haben mich wieder zuversichtlicher gemacht. Und so habe ich meinen  kleinen Text für den Adventskalender doch noch geschrieben. 

22. Dezember 2022
von Tom Levold
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systemagazin Adventskalender 2022 – 22. Andreas Wahlster

Rainer Maria Rilke

…reifen wie der Baum, der seine Säfte nicht drängt

und getrost in den Stürmen des Frühlings steht,

ohne Angst, dass dahinter kein Sommer kommen könnte.

Er kommt doch.

Aber er kommt nur zu den Geduldigen, die da sind,

als ob die Ewigkeit vor ihnen läge –

so sorglos, still und weit…

Man muss Geduld haben gegen das Ungelöste im Herzen

Und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben

Wie verschlossene Stuben und wie Bücher,

die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind.

Es handelt sich darum, alles zu leben.

Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich,

ohne es zu merken,

eines fremden Tages die Antwort hinein.

Rainer Maria Rilke

21. Dezember 2022
von Tom Levold
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systemagazin Adventskalender 2022 – 21. Lina Nagel

Zuversicht

Inspiration, Reframing, Reflexion

hin zum Funktionalen, zum Viablen

Mich als Teil der Welt verstehen 

lernen, wachsen, weitergehen

Erkenntnistheoretische Irrtümer erkennen

über Liebe, Demut, Weisheit sinnen 

schnell in diese Richtung rennen 

Stolpern, Hadern, Nicht-Verstehen

trotzdem irgendwann weitergehen 

Denken, Fühlen und Handeln vereinen

lachen, lieben, heilen, weinen

Jeden Tag und jede Nacht 

und auf meinem Weg 

eine Libelle die lacht

Das alles birgt für mich

auch in Zeiten wie diesen Zuversicht

20. Dezember 2022
von Tom Levold
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systemagazin Adventskalender 2022 – 20. Dörte Foertsch

Zuversicht und systemisch finde ich gerade schwierig. Wenn ich mir die zugespitzten Nöte der Welt vor Augen halte, ist Hoffnung komplex, in Zusammenhängen zu denken, zu handeln, aktiv zu sein unwichtig geworden. Die syrische Mutter findet keine Wohnung, die ukrainische Familie bekommt keine Papiere, die Weihnachtsmärkte haben wieder geöffnet. In nomadischen Kulturen gibt es keinen Besitz, kein eigenes Land, kein eigenes Haus, kein eigenes Konto, ich wünsche mir nomadisch zu bleiben.

19. Dezember 2022
von Tom Levold
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systemagazin Adventskalender 2022 – 19. Matthias Ohler

Zuversicht bedeuten für mich u.a. besondere Nachdenkformen. Einfach, dass es sie gibt. Zum Beispiel Aphorismen, noch mehr Sonette. Sie sorgen wie von selbst für Kreativität, besonders, wenn sie eine gewisse formale Strenge haben. Ich nenne das poetisch denken. Das Ausfüllen der Form gängelt in gewisser (schöner) Weise das Formulieren und führt oft zu neuen, auf anderem Wege eher unwahrscheinlicheren Gedanken, Erkenntnischancen. Diese bleiben als solche erkennbar, die über einen Weg, aus Erfahrung, entstanden sind und nicht unbefragbar oder unbezweifelbar. Ein Aphorismus, zum Beispiel, der zur Gewissheit oder reklamierten Wahrheit degeneriert, taugt nichts mehr.

Poetisch denken heißt, sich dem Medium Sprache anders anvertrauen, und damit einer hochrelevanten Umwelt. Grammatik ist Alltag in permanenter Verwendung. Poetisch denken könnte man auch so sagen: Dichterische Verwendungen von Sprache stellen eigen-artige Formen zur Prüfung von Gewissheit zur Verfügung. Poetisch denken ist nützlich, wenn wir allmählich anderes alltäglich werden lassen wollen. Das stimmt mich zuversichtlich.

In der Zeit zwischen den Jahren wollen die Tochter meiner Frau und ich uns daran versuchen, auch Collagen als weitere Form poetischen Denkens gemeinsam zu verwenden. Das schafft mir konkrete Zuversicht.

Als Beispiele hier zwei Aphorismen und ein Sonett.

Ich gehöre allen. Mir gehört niemand.

Nicht alles, was sich einmal als Irrtum herausstellt, war schon immer einer.

Entscheiden

Wenn´s um Entscheiden geht, ist erst zu fragen,

welches Entscheiden grad in Frage steht.

Das nämlich ist nicht immer leicht zu sagen,

doch dann erst weiß man, worum´s wirklich geht.

Die sogenannten sachbezog´nen Themen

Sind häufig, aber unbemerkt, begleitet

von einem häufig wichtigeren Schemen,

der sich in das Gewand der Sachen kleidet.

Wie kann man hier die Übersicht behalten?

Man könnte es versteh´n als Maskenball.

Hier ist geraten, man lässt Vorsicht walten.

Nicht jede Party braucht den großen Knall;

man kann sie langsam förmlich umgestalten,

bis zum wie unbemerkten Maskenfall.

18. Dezember 2022
von Tom Levold
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systemagazin Adventskalender 2022 – 18. Katrin Bärhold

Die Gewissheit, dass es wieder besser wird, mit einigen kleinen Geschichten aus meiner Familie mit Sprüchen, an die man sich, wenn es nicht so gut geht, erinnern könnte:

Mama

Wer kennt sie nicht, die Sprüche der Kindheit: ‚Solange du deine Füße unter meinen Tisch steckst‘…. oder, oder, oder…. Das kann man richtig kacke finden und dagegen rebellieren, wenn man sich traut, drückt es aber doch auch die Hilflosigkeit der Eltern bei der Erziehung der Kinder aus und weist auf eigene Kindheitsbeschämungen hin. In Deutschland recht verbreitet und tief verankert. Uiuiuiui. Meine Mutter wurde als Flüchtlingskind aus Memel beschämt, weil sie zwar mit 4 geflüchtet – aber mit 7 Jahren immer noch keinen eigenen Schlitten vorzuweisen hatte, mit dem sie im Winter den Berg durch den damals noch vorhandenen Schnee runtersausen konnte. Die anderen Kinder, älter meist, zeigten mit dem Finger auf sie. Pfff. Und! Sie surfte auf ihren „Igelittstiefeln“ (Weich-PVC) durch den Schnee und den Rodelhügel runter – sehr modern – war ihr egal – sie hatte Spass. „Wenns so nicht geht, gehts halt anders“ und ich erinnere mich an ihr Gesicht, als sie das erzählte. Grinsend mit gespitztem Mund- „waren meine – die andern hatten Schlitten, ich die Stiefel“.

Oma

Und Omma – eine traumatisierte, verschreckte harte Frau aus dem letzten Jahrtausend, geboren nach dem ersten, vor dem 2. Weltkrieg. „Ich hatte nix zu lachen, wurde mit 14 beim Bauern in Stellung gegeben und hatte zu funktionieren.“ Sie verschenkte später gern jedem der 4 Enkel ab und zu einen Heiermann – „5 Moork“ wie sie sagte – die waren auch im Osten schwerer an Gewicht. Anders konnte sie ihre Liebe nicht zeigen, wirklich nicht. Meine Cousine schwenkte ihren Zopf – pff und lehnte ab – bloß 5?, mein Cousin versuchte mir meinen abzuschwatzen – wie auch meine wertvolleren Briefmarken und meine Schwester guckte nur. Alle wünschten sich eine Omi mit Kochlöffel, Liebe und Güte. Ich verstand intuitiv – es ging nicht anders. Ihre Enttäuschung versteckte sie hinter ihren roten Locken und den Sommersprossen und ihren Falten. Und wenn ich dann wegen dem oder irgendwas anderem zu ihr geheult kam, gab sie mir trockenes, hartes Brot zum knabbern, zum dran rumsaugen, und sagte: „Wird alles nicht so heiß gegessen wie’s gekocht wird – wart mal ab.“  Aaaah – so hatte sie das also gemacht. Ich hing stundenlang ‚bei ihr ab‘ und las dicke Bücher mit dem Brotkanten dabei. Geschichten lesen oder erzählen, oder erzählt bekommen. Das hatte sie von ihrer Mutter – meiner Uroma.

Papa

Und Papa hatte früher ein Motorrad, als er noch nicht 85 Jahre alt war, er bastelte, schraubte und glich den Mangel aus, wenn er ein Teil nicht hatte, oder etwas nicht funktionierte. Fluchte beim Sägen von Schrauben und Biegen von Rohren. Steckte den Schraubenzieher in den Dreck, fluchte wieder, strengte sich an und murmelte: „was nicht passt, wird passend gemacht“. Dann drehte er am Gas und Brrrrmmmm, war sie an, die alte 250er. Aufsteigen, weiterfahren. Lösungen suchen, es versuchen.

Sauerkraut

Und Mamas absolute Stärke war die Herstellung ihres berühmten Sauerkrautes. Sie hatte meiner kleinen Schwester, als diese etwa 6 Jahre alt war, glaubhaft versichert, dass sie nun groß sei und dieses geschnittene Kraut in seinen Gewürzen schwimmend mit ihren nackten Füßen zu stampfen hatte, dafür müsse sie sich ihre Füße sehr gründlich waschen und schrubben. (Dabei griente sie mich an – wir beide wussten, dass dies ein Scherz sein würde und man natüüüürlich die Hände nimmt – Mittelalter war ja vorbei) ABER! Die kleine Maus sauste also – befreit von jeder Skepsis ins Badezimmer, schrubbte und wusch und spülte und war bereit. Sie war so voller Glauben und Freude, dass meine Mutter (und ich auch) ihr erst etwa zehn Jahre später gestand, dass dies ein Spass gewesen sein sollte, ihre Füße aber wohl sauber genug gewesen seien und ihr Gesicht so viel Bereitschaft ausgestrahlt hätte, dass wir uns im Geiste damals korrigiert hatten und sie stampfen ließen. Und sie grinste sehr breit: „Was lange währt…. ich hab mich gefragt, wann ihr damit rausrückt.“ Und immer wenn es Sauerkraut gab und gibt, schiebt sich ein Lächeln auf mein Gesicht und auf ihres und das meiner Mutter.

17. Dezember 2022
von Tom Levold
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systemagazin 2022 – 17. Ulrich Fellmeth

Das Geschenk der Jahrestagung 2022

Das Geschenk der DGSF-Jahrestagung in Dresden besteht für mich in der Rahmung und Inspiration für eine fortlaufende Reflexion über Weltbilder, Denkweisen, Strategien und Beziehungs-Dynamiken im Kontext der Bemühungen um Klimaschutz. Das erfüllt mich mit systemischer Zuversicht.

Wenn es so etwas wie eine Anleitung geben würde für professionelle systemisch orientierte Aktivist*innen und Netzwerker*innen, dann würde ich aus den Eindrücken und Erkenntnissen von Dresden diese ungefähr so formulieren:

WIR

  • suchen die Nähe der Menschen;
  • halten Ausschau nach Gleichgesinnten;
  • sind neugierig, was unsere Mitmenschen bewegt;
  • nehmen Sorgen und Bedenken ernst;
  • belästigen andere nicht mit unseren eigenen Problemen;
  • ermutigen durch positive Resonanz für bereits Praktiziertes;
  • ermuntern zu weiteren kleinen und großen Schritten;
  • suchen nach Anknüpfungspunkten und Gemeinsamkeiten;
  • vermeiden als Welterklärer aufzutreten;
  • achten auf die Gefahren von missionarischem Eifer;
  • gehen auch dahin, wo es für uns unbequem werden könnte;
  • stellen über alles unser Wohlwollen bezüglich der guten Absichten der Beteiligten;
  • vermeiden Debatten mit Personen und in Gruppen, die zu nichts führen;
  • konzentrieren uns auf Entwicklungs-Potentiale von Beziehungen und Kooperationen;
  • verbreiten realitätsbezogene Zuversicht, ohne Gewissheiten zu postulieren;
  • strahlen Wärme aus, gepaart mit durchdachter Handlungsorientierung.

Unser lokales SDG Projekt arbeitet mit dem Slogan „Vor Ort Teil der Lösung sein“.

Neben vielen anderen Projekten betreuen wir eine Streuobstwiese, pressen mit Eltern und Kindern Apfelsaft und pflanzen neue Apfelbäume an.

Ulrich Fellmeth, Stuttgart, Co-Sprecher DGSF Netzwerk Klimaschutz

16. Dezember 2022
von Tom Levold
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systemagazin Adventskalender 2022 – 16. Christian F. Michelsen

Meine Frau und ich lassen uns trösten –  von einer Stubenfliege. Wir haben sie Mathilde getauft, wie die Mathilde in Leila Slimanis lesenswerter Trilogie.

Mathilde, unsere Stubenfliege lässt mich bei jeder unserer Begegnungen an Alekos Panagoulis denken, dem Oriana Fallaci ihr Buch „Ein Mann“ gewidmet hat. Alekos hat als Widerstandskämpfer gegen die griechische Militärdiktatur sehr lange mutterseelenallein in einer Einzelzelle gedarbt. Er hat unter seinem Mangel an menschlicher Nähe gelitten. Aber eine zuverlässige, ständige Begleiterin war eine – Stubenfliege. Trost, Ermutigung, Zuversicht, ein Lebewesen! Nach der Junta wurde er Parlamentsabgeordneter.  Ja, „Über allem steht die sich abzeichnende ökologische Katastrophe…“ schreiben Sie. Der Anblick dieses Insektes auf meiner Tageszeitung lässt mich an die mutigen Widerständler von extinction/rebellion, Ende Gelände oder Letzte Generation denken. Die zeigen wirklich Haltung. Es geht um alles.

P.S.: Meine Verbundenheit mit dieser so selten gewordenen species – hier eine Einzelhüpferin  auf meiner Wanderhose, im Oktober diesen Jahres – ist stellvertretend  für meine felsenfeste Überzeugung, dass wir alles für das Überleben aller noch lebenden Arten unternehmen müssen.


15. Dezember 2022
von Tom Levold
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systemagazin Adventskalender 2022 – 15. Yvonne Weber

Das Wissen darüber, unterwegs zu sein, das hat in diesem Jahr und auch in dem vergangenen eine besondere Bedeutung für mich bekommen. Eigentlich liebe ich Rituale, Gewohnheiten, Bekanntes um mich herum. Viel Veränderungen, beruflicher wie privater Natur, haben mir gezeigt, dass auch unterwegs sein bekannt und gewohnt werden kann. Vielleicht nicht immer, aber für eine begrenzte Zeit darf es ein Begleiter sein. 

Seither hat diese Haltung für mich etwas Beruhigendes, Positives. In herausfordernden Zeiten verspricht es mir, dass es auch wieder andere, leichtere Zeiten geben wird. In ruhigen Zeiten ermöglicht es mir Zuversicht und Gelassenheit, dass das so sein darf, da die Bewegung, der Richtungswechsel, die Auf und Abs impliziert sind. Mit dieser Haltung, dieser Hoffnung, dieser Ressourcenorientierung und Kraft begegnen wir unseren Gegenübern in unseren systemischen Gesprächen. Unterwegs bleiben, nach vorne schauen, sich begleitet sehen von lieben Menschen im privaten und beruflichen System. Das wünsche ich Ihnen.

14. Dezember 2022
von Tom Levold
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systemagazin Adventskalender 2022 – 14. Lisa Reelsen

Nun bin ich Corona-bedingt für mindestens eine Woche aus meiner Berufswelt abgemeldet und hoffe bei allen Beschwerden immer noch auf einen milden Verlauf, obwohl das Fieber steigt. 

Ich liege etwas gelangweilt auf dem Sofa rum und mein Blick fiel eben nach rechts, wo diese beiden Häkelpuppen, die ich mal getrennt voneinander bei verschiedenen Anbietern im Internet gekauft hatte, stehen bzw. sitzen. Ich stricke, sticke, häkele und nähe tatsächlich gern, auch wenn es etwas „old school“ anmuten mag, es dient mir als Meditation. Und dann ist es eine schöne Tradition. Meine Oma war Schneiderin, meine Mutter Wäschenäherin und sie widmete sich der Handarbeit mit noch viel mehr Inbrunst als ich. Sowas wie diese beiden Puppen jedoch bekomme ich aber dann doch nicht so gut hin. Deshalb kaufte ich sie. Dem bezopften Mädchen hatte ich die Arme verschränkt, da ihr Gesichtsausdruck schon nach Empörung aussah. Dem Teufel hatte ich sie vor einiger Zeit auch verschränkt.

Zum Thema Zuversicht fiel mir nur kurz ein: Solange der Teufel sich solidarisch noch mitempört, kann man noch zuversichtlich sein, auch wenn er dabei grinst. 

13. Dezember 2022
von Tom Levold
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systemagazin Adventskalender 2022 – 13. Sabine Klar

Das „Aber …“

Leben ist in seinem Wesen dadurch gekennzeichnet, dass es sich Hüllen baut, sich Schicht um Schicht dort umhäutet, wo etwas zusammen gehalten und zusammen gewoben und anderes abgeschirmt und draußen gelassen werden soll. Es werden Membranen, Häute, Gewebe, Grenzen unterschiedlicher Art gebildet. Das Veränderte wird entfernt, das Vorgesehene weiter erzeugt, das Unnötige ausgeschieden. Das einzelne Lebewesen muss geeigneten Abstand wahren, sich von seiner Umgebung abschirmen und sich ihr gleichzeitig dosiert öffnen. Die Unterscheidungen zwischen Innen und Außen, dem Dazugehörenden und dem Fremden, dem Bewahrenswerten und dem Aufzulösenden sind auch im sozialen und geistigen Bereich eine ständige Aufgabe, die dazu dient, das vertraute Eigene zu erhalten und trotzdem beweglich zu bleiben. 

Ich persönlich lerne gerade an den „Rissen und Beulen“ meiner Welt besonders gut. Dort wo ich nichts mehr verstehe, wo mich etwas stört, wo andere sich nicht meiner Erwartung gemäß verhalten, wo ich mit mir unzufrieden werde, zeigt sich, wie ich meine Welt bislang konstruiert habe und was mir daran wichtig war. Es zeigt sich an diesen Stellen auch, wo Erweiterungsnotwendigkeiten meiner Perspektiven bestehen. Grundsätzlich vermitteln mir systemische Zugänge dabei Vertrauen und Hoffnung, denn … 

  • irgendetwas ist immer gut so wie es ist – bei allem Veränderungsfähigen und Veränderungsbedürftigen gibt es Dinge, Abläufe, Elemente von Situationen, Lebenslagen oder Personen, die so bleiben sollen, wie sie sind. 
  • ich habe bereits viele Fähigkeiten, die ich zur Bewältigung von Situationen brauche – ich muss mir dessen nur bewusst werden. Das gilt für mich genauso wie für die anderen. 
  • ich muss nicht selbst alles zu Ende verstehen – es verändert sich ständig etwas. Menschen sind andauernd damit beschäftigt, ihre Lebenslagen zu gestalten, Situationen haben ihre Eigendynamik – ich kann mich für beides interessieren und daran Anteil nehmen.
  • ich muss nichts ganz alleine lösen – die Menschen, mit denen ich zu tun bekomme, helfen mir dabei, zu begreifen. 
  • es geht oft bloß um den nächsten Schritt und darum, die Veränderungen zu bemerken, die dieser kleine Schritt hervorgerufen hat oder die durch ihn möglich geworden sind. 

Die Fähigkeit, mit mir selbst in Beziehung zu treten und mich in den Blick zu bekommen, ermöglicht mir den Eindruck einer gewissen Freiheit und Gestaltungsfähigkeit. Ich kann entscheiden, welche meiner Empfindungen, Impulse und Gedanken ich mit dem Ehrentitel „Ich“ versehen und welche ich als bloß externe Einflussfaktoren betrachten will. Dann kann ich aus der Kraft meines eigenen Wollens bzw. meines eigenen Guten heraus handeln und in meinem sozialen Umfeld klarer erkennbar werden. Bei allen Unwägbarkeiten des Lebens und aller Ungewissheit der Zukunft schafft mir ein gutes Selbstverhältnis einen inneren Bezugspunkt, an dem ich Beheimatung finde. So denken und handeln zu können, wie es mir selbst entspricht, hilft mir auch in meiner Angst – ich bleibe dann sozusagen Herrin meiner Lage und vertraue mir.

Leider treffen manche Ereignisse trotzdem meine wunden Punkte. Dann kommt mir meine Welt plötzlich fremd und bedrohlich vor, so als sei sie ein Feind, der in meine Burg eindringt und dort Chaos und Verwirrung stiftet. Menschen und gesellschaftliche Dynamiken erscheinen mir dumm, ignorant, zerstörerisch und ich würde am liebsten davonlaufen, den Kopf in den Sand stecken oder auf sie dreinschlagen. In solchen Situationen gerate ich aus dem Gleichgewicht, werde misstrauisch, komme mir selbst befremdlich vor, kann mich auch sozial nicht mehr vermitteln und fühle mich alleine und ausgesetzt. Ich vergesse, dass ich auch hier, zumindest in kleinen Bereichen, Gestalterin meiner Situation bin. 

In solchen Momenten taucht manchmal etwas auf – tief in mir drinnen oder in den Worten der Menschen rund um mich herum. Es ist das „Aber …“ hinter jedem bösen Eindruck, hinter jedem schmerzlichen Ereignis, hinter jeder schlimmen Geschichte – das „Aber …“, das Hoffnung erlaubt, Vertrauen schafft, Widerstand ermöglicht, die Stimmung hebt. Dieses schwer beschreibbare „Aber …“ vermittelt mir etwas trotzig Kindliches und sehr Lebenskräftiges – selbst wenn ich, nach seiner Begründung gefragt, oft keine Worte und klugen Gedanken finde und mir zuweilen angesichts der Tatsachen lächerlich damit vorkomme. Wenn ich es wahrnehme und darauf vertraue, öffnet sich etwas – es wird alles ein wenig leichter, freier, heller, so als ob ein Sonnenstrahl durch eine dunkle Wolkendecke bricht. Ich atme tiefer und merke, wie verschlossen und hart ich vorher war. Ich nehme Unterstützung an und gehe auf andere zu. Dieses „Aber …“ durchdringt mich selbst in meinen dunkelsten Momenten. Es lenkt meinen Blick auf das Wesentliche, auf das was in dieser Lage gut tut, auf das was ich wirklich will. Es hilft mir, mich besser zu behandeln, die Stimmen und Geister in meinem Hirn zu unterscheiden, Boden unter die Füße und den Kopf über Wasser zu bekommen. Es bringt mich vor allem dazu, das „ichende“ Kreisen um mich selbst zu beenden, mich und die anderen wahrzunehmen, wie wir halt sind, und mir bewusst zu werden, wie sehr wir einander gerade in schlimmen Lebenslagen brauchen. Die Welt erscheint dann plötzlich voll kleiner „Aber …“ – und sie leuchtet wieder.