Unter diesem Motto steht das aktuelle Heft der OSC, betreut von Arist von Schlippe und Christoph Schmidt-Lellek. In ihrem Editorial stellen sie die themenbezogenen Beiträge folgendermaßen vor: „[Wir haben versucht, den] Facettenreichtum des Umgangs mit Erzählungen einzufangen. Der Fokus liegt dabei auf der Bedeutung von Narrationen und Narrativen in Organisationen und Unternehmen. Welche Möglichkeiten und Formen des Umgangs damit gibt es in der Organisationsberatung und im Coaching?
Im ersten Beitrag von Doris Gruber werden Ansätze aus Erzähltheorie, Text- und Diskursanalyse in einen Zusammenhang mit Beratungsprozessen gebracht. Mit der Unterscheidung von Oberflächen- und Tiefenebenen in Texten und in Erzählungen oder mit der Vorstellung eines Mainstream-Diskurses, der seine Ränder unterdrückt, können z. B. verborgene Machtstrukturen erfasst werden, durch die die Kultur einer Organisation geprägt ist. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass eine Erzählung vom jeweiligen Berater bzw. Coach gehört und verarbeitet wird: Christine Erlach und Michael Müller präsentieren die Grundlagen ihres Ansatzes zum „Storylistening“ und beschreiben wichtige Storylistening-Methoden für Change, Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch in der Organisationsentwicklung. Anschließend behandelt Ulrich Gehmann die weltanschaulichen Grundlagen des Managements, die „mythische Natur“ der Machbarkeit, die vielen Managementansätzen unterliegt. „Management“ ist kein nur rationaler, auf Funktionalität hin orientierter Vorgang, vielmehr beruht er auf Mythen, die eben dadurch wirksam sind, dass man an sie glaubt. In einem Praxisbericht stellt Mirko Zwack anhand eines Fallbeispiels narratives Arbeiten im Einzelsetting mit der Zeitlinie vor. Insbesondere die Rolle emotionaler Aktivierung zur Veränderung des handlungsleitenden Narrativs und die Möglichkeit, diese beim Wandern durch die imaginierte Zeit im Raum zu fördern, werden so deutlich. Auch die Filmanalyse von Bernd Klose lässt sich unserem Themenschwerpunkt zuordnen: Anhand des Films „Rosen für den Staatsanwalt“ von 1959 wird die transgenerationale Weitergabe von machtvollen Narrativen, in diesem Fall die Naziideologie, verdeutlicht; diese blieb im Alltagsleben untergründig wirksam, obwohl – oder gerade weil – sie weitgehend verleugnet worden ist. Mit Überlegungen zur Weitergabe von unbewältigten Introjekten zeigt sich die Aktualität dieses 63 Jahre alten Films.“
Desweiteren gibt es noch Beiträge zum Stellenwert von Selbstführung und Selbstfürsorge im Coaching, ein Artikel zum Weinen im Coaching, der auch als Open Access Text frei verfügbar ist, sowie eine Untersuchung über Kreativdirektoren in Werbeagenturen als Coaching-Zielgruppe. Zwei Rezensionen runden das Heft ab, dessen bibliografischen Informationen nebst abstracts Sie hier finden können.