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Menschenleben heißt Sterbenlernen

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Hubert Markl, emeritierter Professor für Biologie an der Universität Konstanz und ehemaliger Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie der Max-Planck-Gesellschaft, hat im neuen Merkur einen bemerkenswerten Aufsatz mit dem Titel„Menschenleben heißt Sterbenlernen“ verfasst, der sich mit der Todesverleugnung in unserer Gesellschaft beschäftigt:„Die derzeitige Debatte über unsere demographische Wirklichkeit dringt unaufhaltsam aus Forschungsinstituten und Hörsälen in die Medien und erobert die Köpfe derer, die doch längst zugleich Verursacher und Opfer dieser Entwicklung sind. Viele meinen, sich nur um Altersversorgung, Rentensicherheit und Pflegenotstand ängstigen zu müssen. Andere flüchten vor der Wirklichkeit in Nachwuchssehnsüchte oder Schönrederei des Alterns. Aber wer die Menschheit auf längere Sicht überleben lassen will, kann nicht deren weiteres unbegrenztes Wachstum erträumen; und er weiß auch, daß der demographische Übergang in den bevorstehenden Generationen eine Sterbewelle an Alten zur Folge haben wird, die der – zumeist infektionskrankheitsbedingten – Sterbewelle der Jüngsten in früheren Jahrhunderten nicht nachsteht und dennoch nur scheinbar gleicht. Denn wo diese grausam, aber schnell für die unvermeidliche Populationsbegrenzung durch den frühen Tod von Kindern sorgte, die kaum ins Bewußtsein einer Gemeinschaft getreten waren, bringt es der medizinische Fortschritt im Verein mit humanitärer Gesinnung mit sich, daß das Sterben der vertrauten und mitten im Leben der Gesellschaft stehenden Alten viel grausamer hinausgezögert und bis zur Unerträglichkeit verlängert wird. Verbunden wird dies mit dem Todesbekämpfungswahn eines gewichtigen ökonomischen, aber karitativ einherkommenden Sektors, der sich auch an notwendiger Pflege, Betreuung und Behandlung geschickt zu bereichern weiß, während er dabei immer nur von Gottesfurcht und Menschenliebe redet und manchmal geradezu von erhabener Moral trieft (aber oft auch tatsächlich von ihr überzeugt ist)“
Der Beitrag mündet in ein nachdrückliches Plädoyer für die unveräußerbare Verfügung des mündigen Bürgers über sein eigenes Leben und seinen eigenen zukünftigen Tod, gerade auch bestimmt für den Zeitpunkt, in dem er diese Verfügung selbst nicht mehr in eigene Hände nehmen kann:„Es grenzt schon ans Groteske, wenn Grundgesetz und Staat den eigenen Willen von Bürgern in Vermächtnissen und Stiftungswillensbekundungen bis weit über den individuellen Tod hinaus schützten, die Eigenverfügung über Leib und Leben des Einzelnen selbst jedoch für minder beachtlich fänden – eine andere Art, Eigentum über Leben zu beanspruchen, selbst wenn der Einzelne dies als lästiges Verhängnis und Übel empfinden sollte. Wer Selbsttötung aus freier Entscheidung wie eine Geisteskrankheit diffamiert, versucht dem Menschen Würde und Freiheit zu rauben, wenn diese sich gerade im Extremfall bewähren müssen“
Zum vollständigen Text…

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