Heute jährt sich der Todestag von Mara Selvini-Palazzoli zum 25. Mal. Wenn ich die Teilnehmer der Weiterbildungskurse in systemischer Therapie nach ihr Frage, kennt sie kaum jemand. Das ist bedauerlich, war sie doch mit ihrem Mailänder Team in den 1970er und 1980er Jahren weltberühmt und hat auch der familientherapeutischen Szene in den deutschsprachigen Ländern wesentliche Impulse gegeben. Aus dieser Werkstatt stammten die Erfindungen des zirkulären Fragens und der paradoxen Intervention, um nur zwei Interventionsideen zu nennen. Sie interessierte sich für die „schmutzigen“ Spiele der Familie, denen mit einem ausgeklügelten strategischen Ansatz begegnet wurde, der heute nicht mehr so praktiziert wird. Sie selbst hat radikal ihre eigenen Konzepte immer wieder selbstkritisch revidiert oder aufgegeben, immerhin war sie sehr lange Psychoanalytikerin, bevor sie mit den Arbeiten von Gregory Bateson und der Palo-Alto-Gruppe bekannt wurde. Auch wenn das Mailänder Modell heute kaum noch – jedenfalls nicht mehr in seiner Rigorosität – eine Rolle spielt, wäre es traurig, diese wichtige Pionierin des systemischen Denkens zu vergessen. In ihrem Todesjahr ist ein Buch von ihrem Sohn Matteo Selvini im Carl-Auer-Verlag erschienen, in dem ihre „Revolutionen” gewürdigt werden und das auch einige zentrale Aufsätze von ihr enthält. Mit freundlicher Genehmigung des Verlages ist hier das Einführungskapitel von Matteo Selvini zu lesen, in dem es um die psychoanalytische Ausbildung Mara Selvinis geht, um ihren „Sprung vom Individuum zur Familie“, die Anwendung des kommunikationstheoretischem Ansatz bei der Entwicklung der therapeutischen Techniken, und die Erforschung der familiären Spiele. Das ganze Buch ist noch als ebook für 10,- € hier erhältlich.