Der international bekannte Psychotherapieforscher Klaus Grawe (Foto: Klaus-Grawe-Institut), der am 10. Juli 2005 in Zürich gestorben ist, wäre heute 65 Jahre alt geworden. Bis zu seinem Tode hatte er den Lehrstuhl für Klinische Psychologie an der Universität in Bern inne. Bekannt geworden ist er durch den Versuch, eine„allgemeine Psychotherapie“ zu entwickeln, die auf der Integration unterschiedlicher Wirkprozesse verschiedener Psychotherapieverfahren aufbaut und die Überwindung von Schulenbildungen zu Ziele hatte. Kurz vor seinem Tod gab der Zeitschrift„Psychotherapie im Dialog“ noch ein ausführliches Interview, das Gespräch mit ihm führte Steffen Fliegel. Auf dessen Frage, welche Aspekte der bewährten und bekannten psychotherapeutischen Verfahren er in ein modernes psychotherapeutisches Behandlungskonzept mitnehmen würde, antwortete Klaus Grawe:„Was ich auf jeden Fall ungeschmälert hinübernehmen wollte, ist das volle Arsenal von Techniken, von Interventionen, also all die vielen Vorgehensweisen, die sich bewährt haben. Denn das ist der Schatz, mit dem wir arbeiten. Da sind viel Erfindungsreichtum und viel Erfahrungswissen eingegangen. All das ist ursprünglich auf einer bestimmten theoretischen Grundlage entwickelt worden. Diese theoretischen Grundlagen, glaube ich, werden eines Tages losgelassen werden müssen. Natürlich meine ich damit nicht, dass sie einfach in den Mülleimer der Geschichte geworfen werden, sondern von diesen theoretischen Ansätzen sind ja sehr wertvolle Perspektiven herausgearbeitet worden. Zum Beispiel dass Konflikte eine sehr große Rolle spielen, die motivationale Perspektive, die lebensgeschichtliche Perspektive, die Ressourcenperspektive, die Beziehungsperspektive, die Störungsperspektive. Genau diese Perspektiven sollten, nein müssen in der Zukunft eine zentrale Rolle spielen. Die bisherige Verfasstheit der Therapieschulen trennt leider das, was eigentlich von allen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten gemeinsam genutzt werden sollte. In meinen Augen sollte jeder Therapeut in der Lage sein, diese Perspektiven einzunehmen und zu schauen: Ist das relevant für meinen Fall? Nicht jede Perspektive wird in jedem Fall relevant sein. Aber wenigstens sollte der Fall auch unter dieser Perspektive betrachtet werden, damit sie nicht ausgeblendet wird“
Zum vollständigen Interview
Klaus Grawe würde heute 65
29. April 2008 | Keine Kommentare