Die gerade erschienene Ausgabe 1/2007 des„Kontext“ beschäftigt sich mit Familienunternehmen. Die Gast-Herausgeber Torsten Groth und Arist von Schlippe schreiben in ihrem Editorial:„Beraterisch oder auch therapeutisch bedeutsam werden Familienunternehmensfamilien insbesondere dadurch, dass ein alleiniger oder auch nur anteiliger Unternehmensbesitz einen erheblichen familiendynamischen Unterschied zu anderen Familien macht. In diesem Themenheft wird daher die These vertreten, dass dieser Unterschied eine andere Aufmerksamkeit verdient als sonstige berufliche Umweltvariablen oder auch Arbeitskontexte. Damit soll keineswegs in Abrede gestellt werden, dass Stress am Arbeitsplatz, Mobbing, fortdauernde oder auch nur drohende Arbeitslosigkeit etc. erhebliche Einflüsse auf die Psychen der betroffenen Personen und deren Familien ausüben und ganz erhebliche Symptomatiken hervorrufen können. Vielmehr wird der Fokus auf Besonderheiten gerichtet, die das Leben der Mitglieder einer Unternehmerfamilie nicht nur im Arbeitsleben sondern von der Wiege bis zur Bahre beeinflussen.
Denn eine Unternehmerfamilie stellt ein soziales System ganz besonderen Zuschnitts dar. Unter Differenzierungsgesichtspunkten trägt dieses System vormoderne Züge. Die Trennung von Haushalt und Betrieb, die Max Weber noch als Motor der Rationalisierung beschrieben hat, und die erst zur Ausbildung der modernen Kleinfamilie geführt hat, ist bei Unternehmerfamilien nicht vollkommen vollzogen. Familie und Unternehmen sind qua Eigentum, oftmals aber auch aufgrund des Tätigseins mehrerer Generationen im eigenen Unternehmen auf engste miteinander verbunden. Dadurch treffen immerfort Unternehmensspielregeln auf Familienspielregeln, kurzfristige Sachentscheidungen auf generationenübergreifende Verrechnungsmodi, Leistungsbewertungen auf Anerkennung und Liebe usw. Alle Kommunikationsformen, Regeln und Rituale, die sich über mehr als zwei Jahrhunderte als typisch und funktional für ein Unternehmen oder für eine Familie rausgestellt haben, und die eigentlich mehr oder weniger eindeutig dem einen oder dem anderen Sozialsystem zuzurechnen sind, treten in Unternehmerfamilien gleichzeitig auf. Will also die Unternehmerfamilie sich selbst und dem Unternehmen gerecht werden und eine für beide Seiten förderliche Koevolution etablieren, muss sie eine Vielzahl von Konflikten und Dilemmata aushalten“ Im vorliegenden Heft befassen sich neben den Herausgebern noch David J. Klett, Brigitte Gemeinhardt, Cornelia Hennecke und Fritz B. Simon mit diesen Aspekten. In der Rubrik„Klassiker wiedergelesen“ laden Wilhelm Rotthaus und Tom Levold zur (Wieder-)Lektüre von Erving Goffmans Klassiker„Stigma“ ein.
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Familienunternehmen
31. März 2007 | Keine Kommentare