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Eine Frage der Motivation: Theorie der Selbstbestimmung

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Seit Mitte der 1970er Jahre haben Edward Deci und Richard Ryan zum Thema Motivation, genauer zur Entwicklung motivationaler Haltungen im Kontext individueller und sozialer Wechselwirkungen geforscht, gelehrt und publiziert. Die beiden arbeiten an der renommierten University of Rochester (Foto: www.rochester.edu) und mittlerweile ist das Feld weit geworden, in dem sich ihre Konzepte und Forschungsergebnisse als fruchtbare Anregungen erweisen (siehe Rezension in systemagazin). Kernstück ist nach wie vor die Annahme der angeborenen Grundbedürfnisse nach Autonomie, Bezogenheit und Kompetenz, sowie die Annahme, dass sie nur in ihrer Gesamtheit betrachtet werden sollten. Nur im Blick auf ihre stets aufeinander bezogenen Wechselwirkung lassen sich gemäß Ryan und Deci brauchbare Aussagen über sinnstiftende Lebensweltkonzepte und ihre motivierenden (im Wortsinn: bewegenden) Eigenschaften treffen. Aus dieser Perspektive haben Deci und Ryan eine umfassendere „Makrotheorie menschlicher Motivation, Entwicklung und Gesundheit“ erarbeitet (informative Skizze in: Canadian Psychology 49(3): 182-185, 2008; im Volltext hier). Das als eine Art Markenzeichen verwendete „self-determination theory“ verstehe ich dabei eher als ein Kürzel. Die Selbstbestimmung macht „an sich“, gerade auch wegen der von den Autoren immer wieder betonten sozialen Verknüpfung eher wenig Sinn. Im Prinzip steht das Kürzel für eine Perspektive, in der persönlich-individuelle und soziale, inklusive gesellschaftliche Grundlagen gestärkt werden sollen, die ein öffnendes, wertschätzendes und  kreatives Miteinander erlauben und fördern. Die daraus gestärkt erwachsende Erfahrung der Selbstwirksamkeit ist dann keine Eigenschaft gegen andere (Wettbewerbs- und Konkurrenz-Push), sondern für und mit anderen (Kooperations-Bias). Einen Überblick über das mittlerweile bestellte Feld ermöglicht die website von selfdetermination.org. In deutscher Sprache liegt ein (leider bei der Digitalisierung an manchen Stellen etwas verhunzter) Text vor, in dem Deci und Ryan „Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik“ diskutieren (in: Zeitschrift für Pädagogik 39(2): 224-238, 1993). Das Konzept selbst, sowie empirische Befunde aus Labor- und Felduntersuchungen werden vorgestellt, sowie sich daraus ergebende Schlussfolgerungen für die pädagogische Praxis dikutiert. Die Autoren bezeichnen ihre Theorie als eine dialektische, „weil eine permanente interaktive Beziehung zwischen diesem organismischen lntegrationsprozeß und den Einflüssen der sozialen Umwelt unterstellt wird“. Als Querverbindung zu pädagogischen Konsequenzen lässt sich u.a. die folgende Aussage lesen: „Im Bemühen, sich mit anderen Personen verbunden zu fühlen und gleichzeitig die eigenen Handlungen autonom zu bestimmen, übernimmt und integriert die Person also Ziele und Verhaltensnormen in das eigene Selbstkonzept. Voraussetzung dafür sind Angebote und Anforderungen in einem akzeptierten sozialen Milieu, das die entsprechenden Verhaltenstendenzen verstärkt“ (S.4). Der Aufsatz ist im Volltext verfügbar
und zwar hier

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