Es ist über ein Jahr her, dass ich zum letzten Mal einem Menschen die Hand gegeben habe. Auch wenn ich in meiner Praxis meine Klienten und Kunden noch überwiegend persönlich sehe, hat sich der Bezug auf den Körper als nicht nur eine Randbedingung für Beratungs- und Therapieprozesse mehr oder weniger subtil verändert. Seminare finden nur noch online statt, es entsteht eine fiktive Körperlichkeit im der Gruppenwahrnehmung, die dennoch so fundamental anders ist als von Präsenzveranstaltungen gewohnt. Das aktuelle Heft der OSC (Organisationsberatung, Supervision, Coaching) befasst sich mit der Bedeutung des Körpers in der Beratung. Im Editorial heißt es: „Die Beratungstätigkeit unter Beachtung der Hygienebedingungen während der aktuellen Coronavirus-Pandemie geben uns unübersehbare Hinweise zur Rolle des Körpers in der Beratung. Was sonst so selbstverständlich und unbewusst die Beratungsarbeit begleitet, rückt mehr in die bewusste Aufmerksamkeit. Das nonverbale, meist un- und randbewusste leibliche Geschehen, die latente Beteiligung, Rolle und Mitwirkung des Körpers im Beratungsprozess werden durch den Verlust von Nähe, Beweglichkeit, sichtbarer Mimik und Gestik so eindrücklich deutlich. Die Perspektive des „Embodiment“, der Verkörperung und Leiblichkeit kognitiver und psychischer Prozesse findet in der arbeitsweltlichen Beratung zwar noch etwas zögerlich, aber zunehmend mehr Beachtung. In den Referenzwissenschaften von Supervision und Coaching – Soziologie, Psychotherapie, Pädagogik, Kognitions-, Emotions- und Kommunikationswissenschaften – ist Embodiment als wissenschaftlicher Begriff für eine konzeptionelle Neuorientierung eingeführt und steht für seriöse wissenschaftliche Diskurse, die die Rolle des Körpers in dem gesamten Geschehen von Denken, Fühlen und Handeln hervorheben und berücksichtigen. Dieses Schwerpunktheft verfolgt das Anliegen, einen Einblick in Forschung und Praxis verkörperter bzw. embodimentorientierter Beratung zu geben, Anregungen aus den Verkörperungsdiskursen in den Referenzwissenschaften aufzugreifen und auf ihre Relevanz und Übertragbarkeit für die arbeitsweltliche Beratung zu prüfen.“
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