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Ingeborg Rücker-Embden-Jonasch (5.7.1942-19.11.2000)

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Heute wäre Ingeborg Rücker-Embden-Jonasch 80 Jahre alt geworden. Sie hat schon in den 1970er Jahren in der familientherapeutischen Szene der Bundesrepublik mitgewirkt, zunächst als Mitarbeiterin von Horst-Eberhard Richter, dann als Gründungsmitglied der Heidelberger Gruppe um Helm Stierlin. Bekannt geworden ist sie durch ihre Co-Autorenschaft des Buches Das erste Familiengespräch bei Klett-Cotta (1976) und später durch ihre gemeinsam mit Andrea Ebbecke-Nohlen herausgegebenes Buch Balanceakte (Carl-Auer-Verlag 1992), in dem erstmals hierzulande die Bedeutung von Geschlechtsrollen in der Familientherapie thematisiert wurde.

Als Therapeutin hat sie 1998 in einem Artikel für den Kontext 1998 zum Thema Qualitätsstandards und therapeutischer Kunst einen schönen Abschnitt geschrieben, den ich hier zu ihrem Andenken gerne wiedergeben möchte:

„In neuerer Zeit ökonomischer Engpässe und gesundheitspolitischen Umdenkens gilt in psychosozialen Kreisen nur derjenige, dessen Verfahren den Qualitätsstandards besonders der Geldgeber (z.B. Krankenkassen, KV) genügen. Der Kampf um die auch hier immer geringer werdenden Ressourcen ist längst eingeläutet und führt zu höchst widersprüchlichen Aussagen. (…) Deutlich wird, daß bei jeder Form der Qualitätssicherung ein Maß an Qualität vom Untersucher definiert werden muß. Was als Erfolg der Therapie gilt, hängt also nicht nur vom individuellen Wohlbefinden der Partner ab. Auch eine Scheidung mit der dazu gehörenden Trennungs- und Trauerarbeit kann für den/die Einzelne/n als Erfolg gelten, wird aber in den seltensten Fällen als Kriterium mit einbezogen. Noch weniger geht aus den statistischen Untersuchungen hervor, inwieweit die Wirksamkeit der Paartherapie von der ,Kunst’ des/der Therapeut/in mitbestimmt ist.
Wodurch zeichnet sich diese therapeutische ,Kunst’ aus? Daß dem Kunstbegriff ein hohes Maß an Können, an spezifischen Fähigkeiten und Handlungsmöglichkeiten innewohnt, ist für alle Bereiche der darstellenden und bildenden Kunst unbestritten. Dies gilt auch für die Paartherapie. Hier sind in den je unterschiedlichen Konzeptionen (psychoanalytischen, verhaltenstherapeutischen, systemischen) in den letzten Jahren sehr spezifische Verhaltenskataloge entwickelt worden, so daß diese Verfahren lern- und lehrbar sind. Bestimmte Frage-, Aufgaben- und Interventionsformen, aber auch Hilfstechniken wie etwa Fragebogen, Rollenspiele, Skulpturarbeit, Familienbrett, Trauminterpretationen, Genogrammarbeit oder Familienaufstellungen sind bereits hinlänglich entwickelt und beschrieben worden (…). Aber gutes Können macht noch nicht Kunst aus. Es muß eingebettet und geprägt sein von einer wohlwollend-zugeneigten therapeutischen Haltung. Begriffe wie Allparteilichkeit (BOSZORMENYI-NAGY), Neutralität (REITER-THEIL), Neugier (CECCHIN), Respekt (HARGENS) und interessiertes, selbstreferentielles Beobachten (LUDEWIG) sind zwar notwendige Zutaten, fassen aber meines Erachtens immer noch zu kurz. Dazu kommt eine persönliche Ausstrahlung, geprägt von eigener Lebenserfahrung und Reife, die ein intuitives Maß an Mitschwingen und ,affektiver Bezogenheit’ (WELTER-ENDERLN) ermöglichen. Dieses Schwingen wird gerne mit der Musik verglichen, etwa mit ,dem blinden Tanz zur lautlosen Musik’ (GUNTERN), ,als gemeinsames Improvisieren von Solisten, die durch immer neue Variationen und Modulationen (schließlich) gemeinsam zu einer verbindlichen Melodie (finden)’ (LUDEWIG). Das intuitive, aber auch reflektierte Zusammenwirken der Geschichten des Paares mit der therapeutischen Wahrnehmung dieses ,Paartanzes’ und der Verknüpfung mit dem eigenen Standpunkt kann dann zu einem ebenso wirkungsvollen wie kunst- und ästhetisch genußvollen Ganzen führen, so daß die Worte des alten Römers Falvius auch für die Paartherapie gelten mögen: ,Die gemeinsamen Schritte durchs Leben sind nicht leicht, jeder hört die Musik anders. Aber der gemeinsame Tanz ist wunderbar.’“
(aus: Rücker-Embden-Jonasch, Ingeborg (1998): Am Anfang war das Paar – und dann? Zum Stand der Kunst in der Paartherapie. In: Kontext, 29 (2), S. 129–136).

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