
Heute feiert Gunther Schmidt seinen 80. Geburtstag – angesichts seiner nicht nachlassenden Umtriebigkeit und Allpräsenz ein recht unglaubhaftes Datum. Auch wenn er sich womöglich 10 Jahre älter gemacht hat als er ist, gratuliert systemagazin ganz herzlich zum Geburtstag, verbunden mit den besten Wünschen für sein zukünftiges Leben und Wirken.
Lieber Gunther,
vor über vierzig Jahren sind wir uns das erste Mal in Heidelberg begegnet, und schon damals haben mich nicht nur die Energie und die intellektuellen wie emotionalen Funken beeindruckt, die du auch heute noch versprühst. Deine Neugier und Offenheit, die Fähigkeit, jede Irritation sogleich in eine positive Ressource zu verwandeln, verbunden mit der Bereitschaft, deine eigene Arbeit auch vor einem großen Publikum ohne Scheu zu zeigen, hat mich in meiner eigenen Entwicklung sehr ermutigt. Dass wir in den 1990er Jahren Gelegenheiten hatten, uns auch persönlich besser kennen zu lernen und seitdem immer wieder freundschaftliche Begegnungen haben, war und ist für mich eine wirkliche Bereicherung.
Im systemagazin wurde über Dich und Deine Beiträge zur Entwicklung der systemischen und hypnosystemischen Therapie schon vielfach geschrieben. Dein Weg als Mitarbeiter von Helm Stierlin, als Mitbegründer der Internationalen Gesellschaft für Systemische Therapie und des Helm Stierlin Instituts, deine Pionierarbeit in der Verschränkung von systemischen und hypnotherapeutischen Ansätzen – all das ist dokumentiert und hat die Felder der Psychotherapie, Beratung und Organisationsentwicklung bis heute maßgeblich mitgeprägt. Du hast es verstanden, Theorien und Konzepte niemals als Selbstzweck, sondern immer als Einladung zur Verbindung mit dem Menschen zu verstehen: „Wer nur Schemata runter schrubbt, kommt nicht in Kontakt mit einzigartigen Menschen“ – eine Haltung, die nicht nur in Deinem viel beachteten Buch „Liebesaffären zwischen Problem und Lösung“ oder Deinen Seminaren, sondern vor allem in der persönlichen Begegnung mit Dir spürbar wird.
Was habe ich von Dir gelernt? Vor allem, dass der eigentliche therapeutische und beratende Wirkfaktor nichts ist, was sich in Methoden oder Techniken erschöpft. Vielmehr braucht es das Zutrauen in die Kompetenzen der Klienten, das Staunen über das Unvorhersehbare und die Bereitschaft, sich auch in Arbeitszusammenhängen zu irritieren und irritieren zu lassen. Deine große Gabe bestand immer darin, Komplexität freudvoll zu entfalten und zugleich elegant zu reduzieren – und mich (und viele andere) dazu zu ermutigen, den je eigenen Weg zu gehen. Deine Fähigkeit, Menschen in ihrer Autonomie zu bestärken, sie in ihren Kompetenzen zu bestätigen und dabei auch Humor und Gelassenheit zu bewahren, ist für mich bis heute Vorbild geblieben.
In all den Jahren gemeinsamer Begegnungen habe ich immer wieder erleben können, wie Deine Impulse bei so vielen Menschen nachhaltige Spuren hinterlassen haben: sei es in der therapeutischen Praxis, in Teams und Organisationen oder bei Fragen kollegialer Zusammenarbeit. Dabei warst Du nie belehrend, sondern bist – mit viel Wärme und wachem Geist – immer Anwalt für Entwicklung, für das Unvollendete, das uns alle weiterträgt.
Viele Weggefährtinnen und Weggefährten, Kolleginnen und Kollegen aus all den Jahren nehmen dein Jubiläum an verschiedenen Orten zum Anlass, Dich zu ehren und dir zu zeigen, wie nachhaltig Du Denken, Fühlen und Handeln in unserem Feld geprägt hast. Manche davon haben sich auch mir an dieser Stelle im systemagazin angeschlossen.
Gemeinsam wünschen wir dir alles Gute, Gesundheit und Freude für die kommenden Jahre.
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