systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

19. Juli 2025
von Tom Levold
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Gunther Schmidt wird 80!

Gunther Schmidt

Heute feiert Gunther Schmidt seinen 80. Geburtstag – angesichts seiner nicht nachlassenden Umtriebigkeit und Allpräsenz ein recht unglaubhaftes Datum. Auch wenn er sich womöglich 10 Jahre älter gemacht hat als er ist, gratuliert systemagazin ganz herzlich zum Geburtstag, verbunden mit den besten Wünschen für sein zukünftiges Leben und Wirken.

Lieber Gunther, 

vor über vierzig Jahren sind wir uns das erste Mal in Heidelberg begegnet, und schon damals haben mich nicht nur die Energie und die intellektuellen wie emotionalen Funken beeindruckt, die du auch heute noch versprühst. Deine Neugier und Offenheit, die Fähigkeit, jede Irritation sogleich in eine positive Ressource zu verwandeln, verbunden mit der Bereitschaft, deine eigene Arbeit auch vor einem großen Publikum ohne Scheu zu zeigen, hat mich in meiner eigenen Entwicklung sehr ermutigt. Dass wir in den 1990er Jahren Gelegenheiten hatten, uns auch persönlich besser kennen zu lernen und seitdem immer wieder freundschaftliche Begegnungen haben, war und ist für mich eine wirkliche Bereicherung.

Im systemagazin wurde über Dich und Deine Beiträge zur Entwicklung der systemischen und hypnosystemischen Therapie schon vielfach geschrieben. Dein Weg als Mitarbeiter von Helm Stierlin, als  Mitbegründer der Internationalen Gesellschaft für Systemische Therapie und des Helm Stierlin Instituts, deine Pionierarbeit in der Verschränkung von systemischen und hypnotherapeutischen Ansätzen – all das ist dokumentiert und hat die Felder der Psychotherapie, Beratung und Organisationsentwicklung bis heute maßgeblich mitgeprägt. Du hast es verstanden, Theorien und Konzepte niemals als Selbstzweck, sondern immer als Einladung zur Verbindung mit dem Menschen zu verstehen: „Wer nur Schemata runter schrubbt, kommt nicht in Kontakt mit einzigartigen Menschen“ – eine Haltung, die nicht nur in Deinem viel beachteten Buch „Liebesaffären zwischen Problem und Lösung“ oder Deinen Seminaren, sondern vor allem in der persönlichen Begegnung mit Dir spürbar wird.

Was habe ich von Dir gelernt? Vor allem, dass der eigentliche therapeutische und beratende Wirkfaktor nichts ist, was sich in Methoden oder Techniken erschöpft. Vielmehr braucht es das Zutrauen in die Kompetenzen der Klienten, das Staunen über das Unvorhersehbare und die Bereitschaft, sich auch in Arbeitszusammenhängen zu irritieren und irritieren zu lassen. Deine große Gabe bestand immer darin, Komplexität freudvoll zu entfalten und zugleich elegant zu reduzieren – und mich (und viele andere) dazu zu ermutigen, den je eigenen Weg zu gehen. Deine Fähigkeit, Menschen in ihrer Autonomie zu bestärken, sie in ihren Kompetenzen zu bestätigen und dabei auch Humor und Gelassenheit zu bewahren, ist für mich bis heute Vorbild geblieben.

In all den Jahren gemeinsamer Begegnungen habe ich immer wieder erleben können, wie Deine Impulse bei so vielen Menschen nachhaltige Spuren hinterlassen haben: sei es in der therapeutischen Praxis, in Teams und Organisationen oder bei Fragen kollegialer Zusammenarbeit. Dabei warst Du nie belehrend, sondern bist – mit viel Wärme und wachem Geist – immer Anwalt für Entwicklung, für das Unvollendete, das uns alle weiterträgt.

Viele Weggefährtinnen und Weggefährten, Kolleginnen und Kollegen aus all den Jahren nehmen dein Jubiläum an verschiedenen Orten zum Anlass, Dich zu ehren und dir zu zeigen, wie nachhaltig Du Denken, Fühlen und Handeln in unserem Feld geprägt hast. Manche davon haben sich auch mir an dieser Stelle im systemagazin angeschlossen. 

Gemeinsam wünschen wir dir alles Gute, Gesundheit und Freude für die kommenden Jahre.

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17. Juli 2025
von Tom Levold
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Systeme mit Gefühlen

Unter diesem Titel haben Hannah Bischof (Wien) und Martin Luger (St. Pölten) für die Systemischen Notizen 2/2023 einen lesenswerten Text geschrieben, der sich u.a. mit folgenden Fragen beschäftigt: „Was haben Gefühle und Systeme miteinander gemein? Und inwiefern kommen Affekt, Emotion oder Gefühl in systemischen Konzeptionen überhaupt vor? Mit welchen Bedeutungen werden sie versehen? Was leiten wir daraus für unsere Haltung und Praxis als Psychotherapeut*innen gegenüber oder inmitten von Emotionen ab? Wann macht es Sinn, sie zu forcieren und wann nicht? Bzw. wie kann das Therapiesystem als
soziales System der Interaktion und Kommunikation überhaupt Einfluss nehmen auf so genuin im psychischen System verankerte und weitgehend autonom ablaufende Prozesse wie Affekte und Emotionen? Wem gehören Emotionen und wem stehen welche Emotionen zu? Und weiter gefragt, wie privat oder öffentlich, individuell oder kollektiv ist emotionales Geschehen? Wo ist es zu verorten: im Gehirn, in der Person, in der Interaktion? Was sagen Sozialwissenschaften, Psychologie und andere Therapieschulen hierzu und können diese Konzepte schlüssig in systemische Konzeptionen und
Praxeologien übernommen werden?“

Weiterlesen und herunterladen kann man hier…

16. Juli 2025
von Tom Levold
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Die Macht der Diagnosen

Dass Diagnosen keine Feststellung dessen darstellen, was ist, sondern dazu beitragen, die Realitäten zu erschaffen, die zu beschreiben sie vorgeben, ist ein altbekanntes Thema im systemisch-konstruktivistischen Diskurs. Dabei handelt es sich nicht nur um die Diagnosen, die vom Mainstream der medizinalisierten Psychotherapie vergeben werden, sondern immer mehr auch um solche, die von Betroffenen selbst zur Selbstidentifikation genutzt werden – eine Tendenz, die durch die neuen Medien und den Einfluss, den Influencer hier gewinnen, massiv verstärkt wird.

Thorsten Padberg, einer der bekannten Kritiker dieser Entwicklungen, hat sich im Psychotherapeutenjournal 1/2025 mit den sogenannten Looping-Effekte und ihren Folgen für die Psychopathologie auseinandergesetzt. Im abstract heißt es: „Psychische Diagnosen werden durch sogenannte Looping-Effekte beeinflusst: Der Austausch zwischen Betroffenen, Ärztinnen und Medien verändert die Begriffe selbst und die Wahrnehmung der Klientinnen. Neue Symptome wie ,mangelnde Objektpermanenz‘ bei ADHS entstehen oft außerhalb wissenschaftlicher Diskurse, etwa durch Influencer*innen. Diese Entwicklungen führen manchmal zu erhöhter emotionaler Fragilität. Studien zeigen, dass nicht jede Diagnose hilfreich ist: Menschen mit leichteren Symptomen, die diagnostiziert wurden, berichten von negativeren Verläufen als unbehandelte Personen. Kritik richtet sich an die Fixierung auf Krankheitskategorien, die zwar Aufmerksamkeit schaffen, aber die Bewältigung oft erschweren. Stattdessen sollten dynamische Verstehensansätze gefördert werden, die Handlungsmöglichkeiten und ein tieferes Selbstverständnis betonen.“

Mittlerweile sind alle – auch die aktuellen – Ausgaben des PTJ online frei lesbar, den Volltext dieses Artikels finden Sie hier…

3. Juli 2025
von Tom Levold
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Systemische Gruppentherapie

Systemische Therapie mit Familien und Paaren, heutzutage sogar überwiegend mit Einzelpersonen, ist seit Jahrzehnten fest im psychotherapeutischen Repertoire verankert. Die Frage nach der systemtherapeutischen Arbeit mit Gruppen ist in dieser Zeit immer nur hier und da einmal aufgetaucht, was verwundert, ist doch das Plädoyer für die Arbeit mit dem Mehrpersonensetting von Beginn an ein Mantra der systemischen Bewegung gewesen. Ein sehr umfangreiches Handbuch zum Thema ist bereits 2022 im Carl-Auer-Verlag erschienen, Andrea Brandl-Nebehay hat es rezensiert.

Andrea Brandl-Nebehay, Wien

Ein großes, mutiges Vorhaben, das Carmen Unterholzer und Herbert Gröger, beide seit vielen Jahren am Institut für systemische Therapie (IST) in Wien tätig, in Angriff genommen haben: Die Grundlagen, Methoden und Anwendungsfelder der systemischen Gruppentherapie auszuloten und praxisfreundlich in ein Handbuch zu fassen.

Ich habe die beiden Herausgeber:innen in einer der ersten systemischen Ausbildungsgruppen, die ich als angehende Lehrtherapeutin leiten durfte, kennengelernt und hege den Verdacht, dass den beiden schon damals ein Defizit deutlich wurde: Systemische Ausbildung findet zwar hauptsächlich in Gruppen statt und wird in diesem Rahmen als Ort und Raum der Vermittlung, Erprobung und Selbsterfahrung genutzt, jedoch wird Gruppentherapie bislang wenig reflektiert, damals wie heute. Dies erscheint umso erstaunlicher, als sich Systemiker:innen – unter Verweis auf ihre familientherapeutischen Wurzeln – ihre besondere Kompetenz für die Arbeit in Mehrpersonensettings auf die Fahnen schreiben und somit für die therapeutische Arbeit mit Gruppen besonders gut gerüstet sein könnten. 

Erste Versuche, dieses Defizit ausgleichen, führten Carmen Unterholzer und Herbert Gröger zunächst zu intensiven Literaturrecherchen (mit magerem Ergebnis), später zu eigener Forschung und Publikationen und schließlich zur Entwicklung eines Curriculums zur systemischen Gruppentherapie, das nun seit einigen Jahren am Institut für systemische Therapie (IST) in Wien angeboten wird. Thematische Schwerpunkte dieser Seminare bilden die unterschiedlichen Ansätze in der systemischen Gruppentherapie (lösungsorientiert, narrativ, hypnosystemisch), Methoden- und Settingfragen sowie Überlegungen zu bestimmten (störungsspezifischen) Zielgruppen im stationären und ambulanten Bereich. Aus dem Pool der – durchwegs renommierten – Referent:innen dieser Curricula, die im deutschsprachigen Raum in unterschiedlichen stationären Einrichtungen oder im klinisch-ambulanten Bereich tätig sind, rekrutieren sich im Wesentlichen auch die insgesamt 30 Autor:innen des vorliegenden Werks zur systemischen Gruppentherapie.

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27. Juni 2025
von Tom Levold
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Geheimhaltung systemisch: Neues von der DGSF

(screenshot)

Ende Mai 2025 wurde ich in meinem Urlaub von einem Kollegen auf eine Mitteilung aufmerksam gemacht, in der es um meine Person geht, und die auf der Website der DGSF erschienen ist. Dabei handelt es sich um die öffentliche Stellungnahme des Aufsichtsrats sowie des im Mai noch ehrenamtlich fungierenden Vorstand der DGSF, Matthias Richter, „zur widerrechtlichen Benennung von Mitgliedern der DGSF im Systemagazin (sic!) durch dessen Herausgeber Tom Levold im Zusammenhang mit einem nicht-öffentlichen Beschwerde- und Klärungsverfahren“ (letzter Zugriff 26.6.2025).

Zur Klarstellung ist zunächst einmal festzuhalten, dass ich selbst gar keine „Mitglieder der DGSF“ im systemagazin benannt habe. Vielmehr ist im April dort ein Text von Stefan Beher erschienen, in dem dieser sich gegen die Verunglimpfungen zur Wehr setzte, die u.a. Gegenstand zweier „Repliken“ auf eine von ihm 2023 verfasste Rezension in der Zeitschrift Kontext waren. In diesem Text hat er auch die Namen der Autorinnen und Autoren dieser Repliken aufgeführt, die nicht nur in einer Kritik an der Rezension bestanden, sondern auch Forderungen nach einer Zensur sogenannter „macht- und statusorientierter Texte“ sowie nach einer Änderung des gegenwärtigen Herausgeberstatus enthielten. Bis heute wehren sich die Autorinnen und Autoren dagegen, ihre Positionen in einem verbandsinternen Diskurs öffentlichen zu machen. Ein Bericht über den Verlauf dieser Auseinandersetzung ist schon im Sommer 2024 im systemagazin erschienen, Stefan Beher hat nun die Entwicklung dieses Prozesses noch einmal aus seiner Sicht beschrieben.

In der aktuellen Stellungnahme wurde nun mitgeteilt, dass die DGSF „eine rechtliche Prüfung der Veröffentlichung veranlasst“ hat. In diesem Zusammenhang seien auch „Gespräche für die genannten Mitglieder, Mandatsträger*innen sowie für die Herausgeber*innen der »Kontext« angeboten“ worden. Interessant in diesem Zusammenhang ist allerdings, dass mir ein solches Gesprächsangebot nicht gemacht wurde. Ich wurde auch bis heute nicht über die Einleitung einer rechtlichen Prüfung informiert. Aus einer internen Kommunikation weiß ich, dass der Aufsichtsrat angeblich davon ausgegangen sei, dass ich von dieser Aktion ins Bild gesetzt worden sei. Entweder hat er da nicht die Wahrheit gesagt oder ist selbst vom Vorstand, der es besser wissen müsste,  hinters Licht geführt worden.

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26. Juni 2025
von Tom Levold
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Deutlicher Rückgang der Scheidungen seit 2003

WIESBADEN – Im Jahr 2024 wurden in Deutschland rund 129 300 Ehen geschieden. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, lag die Zahl damit ungefähr auf dem Niveau des Vorjahres (+0,3 % oder 329 Scheidungen), als der niedrigste Stand seit der deutschen Vereinigung erreicht wurde. Im langjährigen Trend ging die Zahl der Scheidungen mit Ausnahme weniger Jahre seit dem Jahr 2003 zurück (2024: -39,6 %). Die Zahl der Eheschließungen ist langfristig ebenfalls rückläufig. 2024 wurden 349 200 Ehen geschlossen, das waren 3,3 % oder 11 800 weniger als 2023. Zwischen Mann und Frau wurden 2024 in Deutschland 340 400 Ehen geschlossen (2023: 351 800) und 8 800 Ehen (2023: 9 200) zwischen Personen gleichen Geschlechts.

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25. Juni 2025
von Tom Levold
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Steve de Shazer und Wittgenstein

Steve de Shazer

Heute würde Steve de Shazer seinen 85. Geburtstag feiern. Seine Rolle als Mit-Erfinder der „Wunderfrage“ und des Lösungsorientierten Ansatzes ist auch heute noch im systemischen Feld weit bekannt. Seine intensive Auseinandersetzung mit sprachphilosophischen Fragestellungen schon weniger. Insbesondere mit den Arbeiten von Ludwig Wittgenstein, den er als den bedeutendsten Philosophen des 20. Jahrhunderts empfand, hat er sich immer wieder befasst. In einem (englischsprachigen) Text von ihm, der auf dem Server der South Dakota State University zu lesen ist, schreibt er: „Es ist verständlich, dass ich oft nach meinem Interesse an Wittgensteins Werk und dessen häufiger Erwähnung in meinen Schriften sowie meinen Trainingsseminaren gefragt werde. Da ich behaupte, dass SFBT (Lösungsfokussierte Kurzzeittherapie) eine Praxis oder Tätigkeit ist, die keiner zugrundeliegenden (großen) Theorie folgt, scheint es zumindest seltsam, wenn nicht sogar widersprüchlich, immer wieder auf das Werk eines Philosophen zu verweisen. Dies führt einige Leserinnen und Leser sowie Seminarteilnehmende fälschlicherweise zu der Annahme, dass Wittgensteins Werk tatsächlich die (fehlende) Theorie liefern könnte. Doch wie sie schnell feststellen, ist das Lesen Wittgensteins, wenn man nach einem philosophischen System oder einer Theorie sucht, zumindest irritierend und verwirrend, da er kein solches System oder eine solche Theorie bietet. Vielmehr ist sein Werk ‚unsystematisch, ausschweifend, abschweifend, diskontinuierlich, thematisch unterbrochen und geprägt von schnellen Übergängen von einem Thema zum anderen‘ (Stroll, S. 93). Das bedeutet, dass die Leserinnen und Leser sich anstrengen müssen, um den verschiedenen Argumentationssträngen zu folgen. Wittgenstein wendet diesen Ansatz bewusst in sehr subversiver und strategischer Weise an, um die Lesenden dazu zu bringen, noch einmal hinzusehen und auf diese Weise auf neue und andere Weise zu denken.“

In diesem Text versucht de Shazer, den Gewinn seiner Wittgenstein-Lektüre den Lesern näher zu bringen. Am Ende schreibt er: „Wittgensteins Art, Dinge zu beschreiben, erinnert uns daran, zu beobachten, was vor sich geht, und fordert uns auf, das alltägliche Leben – einschließlich der Sprache, wie sie tatsächlich verwendet wird – als die Heimat unserer Begriffe und Beschreibungen zu betrachten. Es sind diese Beschreibungen des Alltagslebens, die die Erklärungen und Theorien der traditionellen Philosophie und Psychologie ersetzen“ (Übersetzung: TL)

Der vollständige Text kann hier gelesen werden…

23. Juni 2025
von Tom Levold
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Die Personzentrierte Systemtheorie: Ein Interview mit Jürgen Kriz

Die 40. Folge des systemischen Psychotherapie-Podcast, der von Enno Hermans und Sebastian Baumann gestaltet wird, ist Jürgen Kriz gewidmet. Im Gespräch mit den beiden erzählt er über seinen ganz besonderen Werdegang, der ihn von der Statistik zur Psychotherapie brachte, beschreibt die Grundzüge seiner Personzentrierten Systemtheorie und legt einmal mehr die methodischen und konzeptuellen Schwächen der aktuellen Psychotherapieforschung offen, die einem medikalisierten Verständnis von Psychotherapie geschuldet sind. Eine sehr hörenswerte Folge!

Hier geht es zum Podcast…

16. Mai 2025
von Tom Levold
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Psychotherapie von Essstörungen 

Brigitte Schigl, Klinische und Gesundheitspsychologin, Psychotherapeutin und Supervisorin, ist Studiengangsleiterin für Psychotherapie- und Beratungswissenschaften an der Karl Landsteiner Universität für Gesundheitswissenschaften und leitet den Universitäts-Lehrgang Supervision & Coaching an der Donau Universität Krems. Als integrative Therapeutin hat sie viele inhaltliche Beiträge zur Verbesserung von psychotherapeutischen Kompetenzen geleistet, die ganz schulenunabhängig von Bedeutung sind – nicht zuletzt ihre Arbeiten über Fehler in der Psychotherapie, etwa hier oder hier.

Im Springer-Verlag ist 2024 ein Buch von ihr über die Psychotherapie von Essstörungen erschienen. Darin geht es, wie der Untertitel besagt, um ein „gendersensibles, integratives Behandlungsmodell“. Raluca Lechner aus Wien hat es für systemagazin gelesen und betont, dass es eine Vielzahl von Anknüpfungspunkten auch für systemische Therapeutinnen und Therapeuten bietet.

Raluca Lechner, Wien:

Brigitte Schigl legt mit Psychotherapie von Essstörungen ein bemerkenswertes Fachbuch vor, das sowohl für angehende als auch für erfahrene Psychotherapeut:innen eine wertvolle Orientierung und Inspiration bietet. Obwohl die Autorin integrativ arbeitet, spricht ihr Zugang und ihre Haltung auch systemische Therapeut:innen an – sowohl theoretisch als auch methodisch.

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12. Mai 2025
von Tom Levold
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Systemische EMDR-Intensivtherapie

Wie ich an dieser Stelle schon öfter beklagt habe, ist es um die Kasuistik im systemischen Feld nicht allzu gut bestellt. Viel zu oft werden nur kurze, wenig aussagekräftige Fallvignetten präsentiert, um die Wirksamkeit einer Intervention oder die überraschende Veränderung zu illustrieren, die als Ergebnis der eigenen therapeutischen Vorgehensweise vorgestellt werden. Das kompliziertere Auf und ab eines therapeutischen Prozesses, die subtilen Weichenstellungen, die ins Gelingen führen, die Hemmnisse und redundanten Schleifen, die einen Prozess erschweren und verlangsamen, von all dem ist selten in Ausführlichkeit die Rede. Umso großartiger ist das hier vorgestellte Buch von Susanne Altmeyer, die seit vielen Jahren in der systemischen Szene verankert ist und Chefärztin einer systemisch geführten psychosomatischen Klinik ist, welche sich auf die Bearbeitung von Traumatisierungserfahrungen spezialisiert hat. In dieser Klinik hat sie mit ihrem Team ein intensivtherapeutisches Konzept entwickelt, das vergleichsweise hochfrequente Sitzungen innerhalb eines kurzes Zeitraumes vorsieht. In bestimmten Situationen kann es möglich sein, auch über diese ressourcenintensive Arbeit noch hinauszugehen. Davon handelt ihr Buch „EMDR-Intensivtherapie – Systemisch – fokussiert – effektiv“. Es ist die Geschichte einer EMDR-Therapie mit einer komplex traumatisierten Patientin, die über die Dauer von fünf Tagen täglich zwischen vier und acht Stunden lang EMDR-Therapie angewandt wurden. Ihr Buch ermöglicht uns, ein solch außergewöhnliches Format sowohl aus der Perspektive der Therapeutin als auch der der Klientin nachzuvollziehen, die ihrerseits ihre parallelen Tagebucheintragungen für diesen Band zur Verfügung gestellt hat. Insofern geht es hier um eine faszinierende Ko-Produktion eines therapeutischen Prozesses, deren Darstellung man ein sehr großes Publikum wünschen möchte. Wolf Ritscher hat das Buch rezensiert und empfiehlt die Lektüre nachhaltig.

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29. April 2025
von Tom Levold
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Michael B. Buchholz wird 75!

Heute gibt es gleich noch einen runden Geburtstag zu feiern, denn Michael B. Buchholz wird heute 75 Jahre alt. Schon in der Vergangenheit gab es hier viel über ihn als Person zu lesen, so zu seinem 60., 65. oder 70. Geburtstag. Dass er einer der wichtigsten klinischen Theoretiker, Forscher und Praktiker hierzulande ist, muss also heute nicht noch einmal extra betont werden. systemagazin gratuliert jedenfalls von Herzen!

Seine Qualität als Forscher und Lehrer zeigt er in einem wunderbaren Vortrag mit dem schönen Titel „Von der „talking cure“ zum „hearing silencing“ – die sensorische Membran im therapeutischen Gespräch“, den er 2023 zum 40jährigen Jubiläum der Lehranstalt für systemische Familientherapie in Wien gehalten hat und in dem er die Bedeutung der Konversationsanalyse für die therapeutische Praxis entfaltet.

29. April 2025
von Tom Levold
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Rainer Schwing wird 70!

Rainer Schwing

Heute feiert Rainer Schwing seinen 70. Geburtstag und systemagazin gratuliert von Herzen.

1989 hat er das praxis-institut mitbegründet und lange geleitet, dessen Kernstück die zweijährige Weiterbildung „Systemisches Arbeiten in Sozialarbeit, Pädagogik, Beratung und Therapie“ darstellt, die keine klassische Beratungsweiterbildung ist, sondern auf um eine breite Basisqualifikation für alle psychosozialen Arbeitsfelder abzielt. Diesem Konzept ist Rainer Schwing über 35 Jahre und durch alle Veränderungen der systemischen Landschaft bis heute treu geblieben.. Sein Kollege und Wegbegleiter Peter Martin Thomas hat auf der Website des Instituts eine ausführliche Würdigung verfasst. Darin heißt es zu seinem verbandlichen Engagement: „Rainer Schwing hat sich seit der Gründung in der DGSF engagiert. Ab 2003 war er Mitglied im Fort- und Weiterbildungsausschuss, von 2006 bis 2011 war er Mitglied im Vorstand der DGSF. Seit 2011 ist er einer der Sprecher der Fachgruppe „Neurobiologie und systemische Praxis“ bzw. mittlerweile „Synergetik, Neurowissenschaften und systemische Praxis“. Von 2016 bis 2022 war er Mitglied der Findungs- und Wahlkommission des Dachverbandes. Mit diesem Engagement hat er zu einer erfolgreichen Entwicklung der DGSF und insbesondere der Qualität von Weiterbildungen und Weiterbildungsinstituten im Dachverband beigetragen.

Eine bleibende Idee aus seiner Vorstandszeit sind die DGSF-Fachtage, die jährlich von zahlreichen Instituten des Verbandes angeboten werden und systemische Ansätze einem breiteren Publikum erschließen. Sowohl im Verband als auch im Institut verfolgt Rainer Schwing einen internationalen und interdisziplinären Ansatz. Die Verbindung verschiedener Fachrichtungen betrachtet er als Kernprinzip systemischer Arbeit. In den Weiterbildungen des Institutes finden sich tiefenpsychologische, verhaltenstherapeutische, psychodramatische, gruppendynamische und andere Konzepte. Er entdeckte frühzeitig Marte Meo, Traumatherapie und Mentalisieren für die systemische Praxis. Er hat sich in Vorträgen, Fachtagen und Fachartikeln dafür stark gemacht, neurobiologische und systemische Konzepte miteinander zu verbinden. Er interessiert sich ebenso für die Synergetik und die Netzwerkarbeit wie für das Mikrobiom oder systemische Bodenkunde. Oder er fragt sich aus systemischer Perspektive – und gemeinsam mit entsprechenden Expert:innen – wie man mit „Rechten reden“ kann.“

Der vollständige Text dieser Würdigung kann hier gelesen werden…