
Ambivalenz tut weh. Und genau deshalb meiden wir sie.
Ambivalenz hat keinen guten Ruf. Sie gilt als Zeichen von Unentschiedenheit, als Mangel an Klarheit, manchmal sogar als Schwäche. Wer ambivalent ist, so die stille Unterstellung, weiß noch nicht genug, hat sich noch nicht entschieden oder drückt sich vor Verantwortung.
Dabei liegt das Problem woanders.
Ambivalenz ist kein Denkfehler. Sie ist ein körperlicher Zustand.
Man kann das gut beobachten, wenn in einem Gespräch etwas gesagt wird, das sich nicht sofort einordnen lässt. Kein klarer Gegner, kein klarer Verbündeter. Ein Satz, der mehrere Lesarten zulässt. Für einen kurzen Moment entsteht Stille. Jemand rückt auf dem Stuhl hin und her. Ein Blick geht zur Seite. Der Atem verändert sich. Oft folgt rasch eine Nachfrage, eine Zuspitzung, ein Einordnen. Hauptsache: wieder Klarheit. Nicht weil die Ambivalenz falsch wäre, sondern weil sie unangenehm ist.
Ambivalenz bedeutet, dass widersprüchliche Impulse gleichzeitig aktiv sind: Zustimmung und Skepsis, Nähe und Rückzug, Interesse und Abwehr. Der Körper bekommt kein eindeutiges Handlungssignal. Er bleibt in Spannung. Und Spannung will sich lösen.
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