Heft 1
Simon, Fritz B. (1999): Editorial: Lösungsgeschichten. In: Familiendynamik 24 (1): 1-3.
Miller, Gale & Steve de Shazer (1999): Lösungsorientierte Therapie als Gerücht. In: Familiendynamik 24 (1): 4-28.
abstract: In diesem Artikel wird lösungsorientierte Therapie wie ein Gerücht betrachtet. Sie besteht aus einer Serie von Geschichten, die Mitglieder verschiedener therapeutischer Felder einander erzählen. Die von den Autoren erzählte Version dieses Gerüchtes legt den Schwerpunkt darauf, wie lösungsorientierte Therapie als »Job« Sprachspiele, politische Beziehungen und ethische Fragen beinhaltet. Die Autoren nutzen dies als Ausgangspunkt, um eine Geschichte zu erzählen, die lösungsorientierte Therapie mit Wittgensteins Sprachphilosophie und Aspekten postmodernen Denkens verbindet. Darüber hinaus diskutieren sie, wie lösungsorientierte Therapie als »Politik der Möglichkeiten« organisiert ist.
Weingarten, Kaethe (1999): Das Unscheinbare und das Gewöhnliche: Die alltägliche Praxis einer postmodernen narrativen Therapie. In: Familiendynamik 24 (1): 29-50.
abstract: Mit Bezug zur klinischen Praxis werden Grundannahmen der Moderne und der Postmoderne gegenübergestellt. Es werden Übungen beschrieben, die Erfahrungen mit den Annahmen einer postmodernen narrativen klinischen Praxis ermöglichen. Besonderer Wert kommt dabei dem Unscheinbaren und Alltäglichen – einzelnen Worten, bestimmten Gesten, alltäglichen Handlungen – zu, die Möglichkeiten des Entstehens neuer Bedeutungen bieten können. Es werden fünf Konzepte dargestellt, die eine postmoderne narrative Praxis ausmachen – Diskurs, Externalisieren des internalisierten Diskurses, Ausnahmen, Macht als Mittel zur Herbeiführung eines Konsenses und Merkmale des Narrativen.
Coulehan, Robin, Myrna L. Friedlander & Laurie Heatherington (1999): Transformation narrativer Konstruktionen: Ein Veränderungsprozess in der konstruktivistischen Familientherapie. In: Familiendynamik 24 (1): 51-79.
abstract: Eine wichtige klinische Aufgabe in der Familientherapie zielt darauf ab, das vom Klienten dargestellte Problem von einer individuellen, intrapersonalen in eine interpersonale, relationale oder systemische Konstruktion zu verändern. Um diesen Transformationsprozeß im Erstinterview der Therapie zu untersuchen, wählten wir eine Stichprobe von 8 Familien aus, in denen der überweisende Elternteil therapeutische Hilfe für das Problem eines Kindes gesucht hatte. Die acht in Sluzkis narrativem Ansatz geschulten und erfahrenen Therapeuten bemühten sich, zu einer Transformation der ursprünglichen Problemkonstruktion des jeweiligen Elternteils beizutragen. Bei 4 Erstinterviews wurde die Transformation vom Therapeuten selbst und von unabhängigen Beobachtern als erfolgreich beurteilt, während sie bei den vier anderen Erstinterviews als erfolglos bewertet wurde. Videoaufnahmen der acht Sitzungen wurden qualitativ analysiert, und die verbalen Problemdarstellungen der Eltern wurden anhand des Kodierungssystems kognitiver Konstruktionen kodiert. Wir verglichen die erfolgreichen und die erfolglosen Sitzungen und entwickelten ein konzeptionelles Modell eines erfolgreichen Transformationsprozesses, in das sowohl die Äußerungen des Klienten als auch des Therapeuten eingingen. Zahlreiche Elemente des Modells stimmten mit Sluzkis »Blaupausen«-Transformation überein, doch es kamen auch einige neue Elemente hinzu. Abschließend werden die Implikationen für die Praxis dargestellt und Einschränkungen und Empfehlungen für zukünftige Forschungsarbeiten aufgezeigt.
Peseschkian, Nossrath, Karin Tritt, Thomas Loew, Klaus Jork, H. Deidenbach, B. Werner & H. Kick (1999): Wirksamkeitsnachweis der Positiven Psychotherapie im Rahmen der Qualitätssicherung. In: Familiendynamik 24 (1): 80-99.
abstract: In dieser Studie wurde die Wirksamkeit der Positiven Psychotherapie unter alltäglichen Praxisbedingungen untersucht. Dabei zeigten die mit Positiver Psychotherapie behandelten Patienten im Vergleich zur Kontrollgruppe eine signifikant höhere Reduktion ihrer Symptomatik sowie ein höheres Ausmaß an positiven Veränderungen des Erlebens und Verhaltens (VEV) nach Abschluß ihrer Therapie. Außerdem weist ein Querschnittsvergleich zwischen den prospektiv erfaßten PPT-Patienten und den katamnestisch erfaßten PPT-Patienten auf eine zeitliche Stabilität der nachgewiesenen Effekte hin. Dieser Befund gilt für die Dauer von 5 Jahren nach Beendigung der Therapie.
Retzer, Arnold & Fritz B. Simon (1999): «Therapeutische Schnittmuster« – Ein Projekt. Schizophrenie-Therapie II. In: Familiendynamik 24 (1): 100-114.
abstract: Die Konfliktszenarien schizophrener Kommunikationsmuster werden dargestellt und schizophrene Symptome als Versuche beschrieben, Konflikte zu beseitigen. Die vorgeschlagenen therapeutischen Strategien versuchen, Konflikte wieder beobachtbar zu machen, aufrechtzuerhalten und ein familiäres Konfliktmanagement anzuregen, das nicht mehr auf symptomatische Konflikteleminierungsstrategien angewiesen ist.
Lenz, Gaby (1999): Ressourcen erkennen, Familienauftrag ernst nehmen, ein holpriger Weg in der systemischen Familienberatung. In: Familiendynamik 24 (1): 115-121.
Schumacher, Bernd (1999): Rezension – Heiko Kleve (1996): Konstruktivismus und Soziale Arbeit. Aachen (IBS). In: Familiendynamik 24 (1): 122-123.
Quistorp, Susanne (1999): Rezension – Wilhelm Rotthaus (1998): »Wozu erziehen? Entwurf einer systemischen Erziehung«. Heidelberg (Carl-Auer). In: Familiendynamik 24 (1): 123-124.
Schleiffer, Roland (1999): Rezension – Michael B. Buchholz & Cornelia von Kleist (1997): Szenarien des Kontaktes. Eine metaphernanalytische Untersuchung stationärer Psychotherapie. Gießen (Psychosozial-Verlag). In: Familiendynamik 24 (1): 124-125.
Rohmann, Josef A. (1999): Rezension – Guy Bodenmann & M. Perrez (Hrsg.) (1996): Scheidung und ihre Folgen. Bern (Huber). In: Familiendynamik 24 (1): 125-126.
Retzer, Arnold (1999): Rezension – Helm Stierlin (1997): Haltsuche in Haltlosigkeit. Grundfragen der systemischen Therapie. Frankfurt a.M. (Suhrkamp). In: Familiendynamik 24 (1): 126-128.
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Heft 2
Retzer, Arnold & Fritz B. Simon (1999): Editorial: Das Kind, seine Entwicklung, und der familiäre Kontext. In: Familiendynamik 24 (2): 135-137.
Machann, Günter & Claus-Peter Rosemeier (1999): Risiken und Ressourcen – Kindesvernachlässigung im Kontext von Multiproblemfamilien. In: Familiendynamik 24 (2): 138-160.
abstract: Vor dem Hintergrund eines Projektes aufsuchender Familienberatung wird ein Familientypus beschrieben, der besonders innerhalb der Jugendhilfe eine zentrale Rolle spielt: Vernachlässigungs- oder Multiproblemfamilien. Einleitend wird Vernachlässigung von Kindern, als ein wesentlicher Aspekt sog. Multiproblemfamilien, begrifflich näher bestimmt. Der Hauptteil beschäftigt sich in familiensystemischer und entwicklungsbezogener Sicht mit den Ursachen von Vernachlässigung. Das Eltern-Kind-Subsystem wird als ein sich negativ verfestigendes System von Interaktionen und Beziehungen konzipiert. Der familiäre Hintergrund wird mit Hilfe der Begriffe hohes Krisenpotential, chronische Deprivation, mangelnde Kompetenzen und negatives Selbstbild genauer gefaßt. Abschließend folgen einige Ideen zur praktischen Arbeit.
Rohmann, Josef A. (1999): Kurzzeittherapeutische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen – Eine Entwicklungs-Intervention. Kasuistik und konzeptionelle Überlegungen. In: Familiendynamik 24 (2): 161-180.
abstract: Ausgehend von einer Falldarstellung über einen 8 1/2 Jahre alten Jungen mit panischen Ängsten in Folge einer Hodenquetschung und Operation werden Aspekte von systemischer Prozeßorientierung, kurzzeittherapeutischen Arbeitens und Entwicklungspsychopathologie erörtert. Kurzzeittherapie wird als eine Entwicklungs-Intervention verstanden, nicht normativ, sondern »idiographisch«. Sie realisiert damit im einzelnen Bedingungen zur fortgesetzten Selbstorganisation oder Neuorganisation vorhandener Muster oder Prozesse. Sie knüpft an Entwicklungs(psychologischen)-Sachverhalten an, deckt sich sonst mit allgemeinem systemischen Procedere. Über den Einzelfall hinausgehend werden die Bedeutung konkret beobachtbarer Beschreibung, der Nutzen von »Entwicklungsalter« und »-aufgabe«, die Rolle von »Familien-« und »Verwandtschaftssemantik«, die Implikationen einer Delegation bei Nachbenennung und entwicklungspsychologische Aspekte des Selbst-Verständnisses diskutiert. Methodische Überlegungen schließen sich an.
Gnam, Gabriela, Barbara Buddeberg-Fischer, Richard Klaghofer & Claus Buddeberg (1999): Selbstbild und Familienklima in der Adoleszenz – Eine Studie an 14-19jährigen GymnasiastInnen. In: Familiendynamik 24 (2): 181-198.
abstract: In der vorliegenden Studie wurden die Zusammenhänge zwischen dem Selbstbild von Adoleszenten und deren Wahrnehmung des Familienklimas sowie die Abhängigkeit dieser Zusammenhänge vom Geschlecht untersucht. 930 GymnasiastInnen (57.2 % weibliche, 42.8 % männliche Jugendliche, im Alter von 14–19 Jahren) wurden mittels Fragebogen untersucht. Das Selbstbild wurde mit einer an schweizerischen Jugendlichen validierten Form des Gießen-Tests (Baeriswyl & Tanner, 1985) und das Familienklima anhand des Familienklimafragebogens von Schmidt-Rinke (1982) erhoben. Die Daten wurden mittels multipler Regressionsanalysen ausgewertet. Die Zusammenhänge des Familienklimas mit den fünf Selbstbild-Dimensionen waren unterschiedlich stark ausgeprägt. Die Varianzen der Dimensionen »Soziale Resonanz« und »Kontrolle« konnten ausgehend von den Angaben zum Familienklima deutlich besser erklärt werden als die Dimensionen »Dominanz«, »Grundstimmung« und »Durchlässigkeit«. Geschlechtsunterschiede wurden in den unterschiedlichen Zusammenhängen einzelner Selbstbild-Dimensionen mit den Familienklimaskalen deutlich. Insgesamt korrelierten streng organisierte familiäre Strukturen bei jungen Frauen mit weniger »positiven« Selbstbildern, während bei jungen Männern ein positiver Zusammenhang zwischen klarer Familienstruktur und Selbstbild festgestellt wurde. Die Ergebnisse weisen auf die Bedeutung der familiären Organisation, Kommunikation und Interaktion für die Entwicklung des Selbstbildes in der Adoleszenz hin.
Retzer, Arnold (1999): Die Zukunft der systemischen Familientherapie. In: Familiendynamik 24 (2): 199-218.
Retzer, Arnold & Fritz B. Simon (1999): «Therapeutische Schnittmuster« – Ein Projekt. Schizophrenie-Therapie III. In: Familiendynamik 24 (2): 218-228.
abstract: Schizophrene Symptome werden meist in einem inneren, subjektiven Raum geortet, der einem äußeren Beobachter nicht direkt zugänglich ist. »Endogenität« als Erklärungen für ihr Entstehen suggeriert die Unbeeinflußbarkeit dieser von außen nicht beobachtbaren Phänomene. Die therapeutische Strategie der doppelten Externalisierung verändert zum einen die Topologie schizophrener Phänomene und erweitert zum anderen ihre Beinflussungsmöglichkeiten. Der Erweiterung von Veränderungsoptionen dienen auch die therapeutischen Strategien zur Auflösung von Krankheitsmodellen, die abschließend dargestellt werden.
Martini, Helga (1999): Ein lohnender Versuch, Sozialarbeit und Systemische Familientherapie zu kombinieren! In: Familiendynamik 24 (2): 229-241.
abstract: Mit Inkrafttreten des Kinder- und Jugendhilfegesetzes im Jahr 1991 und dem dort hervorgehobenen Recht der Familien auf Beratung begannen zahlreiche kontrovers geführte Diskussionen über die Frage, ob es denn möglich sei, daß Mitarbeiter eines Jugendamtes als Mitarbeiter einer »Kontrollbehörde« überhaupt in der Lage seien, einerseits Kontrolle auszuüben und andererseits gleichzeitig vertrauensvoll mit den hilfesuchenden Menschen beraterisch/therapeutisch zu arbeiten. Meinen Versuch, Sozialarbeit und Systemische Familientherapie im Jugendamt miteinander zu kombinieren, möchte ich als gelungen bezeichnen.
Tröscher-Hüfner, Ursula (1999): Rezension – Betty Carter & Joan K. Peters (1997): Macht und Liebe. Wege aus der Ehekrise (iskopress). In: Familiendynamik 24 (2): 242-244.
Veneto Scheib, Valentina (1999): Rezension – Frauen gegen sexuelle Übergriffe und Machtmißbrauch in Therapie und Beratung (Hrsg.) (1995): Übergriffe und Machtmißbrauch in psychosozialen Arbeitsfeldern. Phänomene – Strukturen – Hintergründe. Tübingen (DGVT). In: Familiendynamik 24 (2): 244-245.
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Heft 3
Retzer, Arnold & Fritz B. Simon (1999): Editorial: Problematische Kontexte. In: Familiendynamik 24 (3): 251-253.
Wetzel, Norbert (1999): Kontextuelle Dimensionen im innerstädtischen Gesundheitsdienst: Betrachtungen zur Arbeit des St. Martin’s Center for Health Services in Trenton, New Jersey. In: Familiendynamik 24 (3): 255-281.
abstract: Der vorliegende Beitrag beschreibt das St. Martin’s Center for Health Services (SMC) in Trenton, New Jersey, und das seiner Arbeit zugrundeliegende begriffliche Modell. Die soziale Orientierung des Gesundheitszentrums kann als Modell für integrierte medizinische, psychologische und soziale Dienste an Menschen dienen, die in einer armen und unterversorgten Umgebung leben. Die angestellten Betrachtungen betonen diejenigen Aspekte des Zentrums, die für einen effektiven und umfassenden Gesundheitsdienst ausschlaggebend sind. Die hier ausgeführten Gedanken wurden ursprünglich auf der Konferenz der »Coalition for Collaborative Family Healthcare« in Washington DC am 7. Februar 1997 vorgetragen. Eine englische Fassung dieses Artikels erschien in Family, Systems & Health 16: 85–102, 1998.
Conen, Marie-Luise (1999): «Unfreiwilligkeit« – Ein Lösungsverhalten. Zwangskontexte und systemische Therapie und Beratung. In: Familiendynamik 24 (3): 282-297.
abstract: In diesem Beitrag wird eine Möglichkeit dargestellt – auch unter Wahrung der systemischen Prämisse, daß innere Prozesse und Zustände nicht instruierbar sind –, mit sogenannten »unfreiwilligen« Klienten zu arbeiten. Durch Auflagen, Anweisungen und Vorgaben erleben diese Klienten, daß ihnen Hilfen »aufgezwungen« werden, denen sie sich ggfs. unfreiwillig unterwerfen. Die daraus entstehende »Unfreiwilligkeit« der Klienten wird als Teil eines Lösungsverhaltens betrachtet, in dem Aspekte des Schutzes vor weiterer Resignation und Hoffnungslosigkeit eine wesentliche Rolle spielen.
Loth, Wolfgang (1999): Systemische Hilfen als Kooperation nachweisen – »Kontraktorientierte Leistungsbeschreibung«. In: Familiendynamik 24 (3): 298-319.
abstract: Innerhalb der Praxis therapeutischer und beraterischer Hilfen wächst die Bedeutung kollaborativer Ansätze. An den Schnittstellen zwischen dieser Praxis und ihren institutionellen Umwelten ändert sich allerdings auch bei kollaborativen Ansätzen wenig an der Erfordernis, das professionelle Beisteuern zum Geschehen kenntlich zu machen und zu dokumentieren (z. B. Stangier et al. 1998). Die zunehmende Eigendynamik einer instrumentalisierten Qualitätsdiskussion verschärft diese Erfordernis noch, auf die Spitze getrieben im Kontext einer lobbyistischen Psychotherapiegesetzgebung und -verwaltung. Auf diesem Hintergrund stellt die vorliegende Arbeit die »Kontraktorientierte Leistungsbeschreibung« (KOLB) als eine Möglichkeit vor, professionelle psychosoziale Hilfe sowohl unter dem Blickwinkel spezifischen professionellen Beisteuerns zu beschreiben als auch unter dem Blickwinkel, den Gesamtprozeß als Kooperation zu veranschaulichen. In einem ersten Fallbeispiel wird der Ansatz allgemein illustriert, in einem zweiten werden die modellhaften Praxisvorstellungen mehr auf ihre Tauglichkeit im Kontext der eher üblichen »Unordnung des Lebens« reflektiert.
Retzer, Arnold & Fritz B. Simon (1999): «Therapeutische Schnittmuster« – Ein Projekt. Schizophrenie-Therapie IV. In: Familiendynamik 24 (3): 320-330.
abstract: Schizophrenie-Therapie IV: Rückfall-Prophylaxe. Nach einer Darstellung der Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Vorstellungen über die Verläufe schizophrener Psychosen zwischen der klassischen Psychiatrie, der epidemiologischen Verlaufsforschung und der systemischen Therapie wird die systemische Rückfall-Prophylaxe im einzelnen erläutert: Die Verortung von Rückfällen als intentional vollzogenes Verhalten in spezifischen Kontexten, die Erzeugung von Unterschieden der Beschreibung, Erklärung und Bewertung von Rückfällen, die Abklärung negativer Konsequenzen ausbleibender Rückfälle und der Umgang mit Rückfällen während der systemischen Therapie. Abschließend wird der Zeitbedarf der systemischen Schizophrenietherapie dargestellt und auf die Gefahr einer sich als Ablösungstherapie verstehenden systemischen Familientherapie hingewiesen.
Spiering, Jürgen (1999): Systemische Therapie und Beratung – was nützt aus der Sicht der Klienten? In: Familiendynamik 24 (3): 332-337.
O’Hanlon, Bill & Jürgen Hargens (1999): Möglichkeiten sind umfassender als Lösungen: » … würde ich jederzeit Haltungen Methoden vorziehen«. Ein Interview mit William (Bill) H. O’Hanlon von Jürgen Hargens. In: Familiendynamik 24 (3): 338-348.
Krüger, Matthias (1999): Rezension – Jörg Armbruster (1998): Praxisreflexion und Selbstevaluation in der Sozialpsychiatrie – Systemische Beiträge zur Methodenentwicklung. Freiburg (Lambertus). In: Familiendynamik 24 (3): 349-350.
Klein, Rudolf (1999): Rezension – Friedhelm Kron-Klees (1998): »Familien begleiten – Von der Probleminszenierung zur Lösungsfindung«. Freiburg (Lambertus). In: Familiendynamik 24 (3): 351-353.
Rohmann, Josef A. (1999): Rezension – E. Schumann (1998): Die nichteheliche Familie. Reformvorschläge für das Familienrecht. München (C. H. Beck). In: Familiendynamik 24 (3): 353-354.
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Heft 4
Retzer, Arnold, Astrid Riehl-Emde & Fritz B. Simon (1999): Editorial: Liebe – Liebesgeschichten – Lebensgeschichten. In: Familiendynamik 24 (4): 363-368.
von Matt, Peter (1999): Liebe in der Literatur. Zur Dramaturgie einer Himmelsmacht. In: Familiendynamik 24 (4): 369-381.
abstract: Die Literatur löst die Paradoxien bzw. die letzten Fragen unserer Existenz, zu denen auch die Liebe gehört, nicht auf, sondern verwandelt sie. Im günstigen Fall werden dadurch neue Optionen eröffnet, und es wird möglich, mit den Paradoxien anders und freier umzugehen. Unter welchen Umständen ist der glückliche oder unglückliche Ausgang eines literarischen Textes gerechtfertigt? Es wird die These vertreten, daß sich dies anhand der Logik und Präzision des vorhergehenden Konflikts bemessen läßt. Die Liebe in der Literatur ist ein symbolisches Geschehen. Dreierlei Krisen werden im dramatischen Ablauf einer Liebesgeschichte inszeniert und einer Lösung zugeführt bzw. scheitern: (1) die Krise der Selbstwerdung, deren Lösung in der Verwandlung liegt; (2) die Krise im Konflikt mit sozialer Macht, deren Lösung in der Versöhnung besteht; (3) die Krise von metaphysischer Dimension, deren Lösung Erlösung bedeutet.
Saner, Hans (1999): Über die Liebe zu außermenschlichen Objekten und ihren Folgen für das Leben. In: Familiendynamik 24 (4): 382-394.
abstract: Die Liebe von Menschen zu außermenschlichen Objekten ist in der Regel ein einseitiges und immer ein asymmetrisches Verhältnis. Das wird an drei Beispielen gezeigt: an der Liebe zu anderen Lebensformen, zu Lebensräumen und zu Symbol-Werken. Die Dynamik der Relation ist weniger komplex als bei zwischenmenschlichen Beziehungen. Deshalb ist die Liebe zu außermenschlichen Objekten oft dauerhafter und in ihrer Wirkung nachhaltiger. Wenn die zwischenmenschlichen Beziehungen in Krisenzeiten einbrechen, kann sie standhalten und indirekt auch die Liebesfähigkeit zu Menschen retten.
Rauchfleisch, Udo (1999): Dauerhafte Partnerschaften bei gleichgeschlechtlichen Paaren – Wunsch oder Realität? In: Familiendynamik 24 (4): 395-408.
abstract: Das Merkmal der Dauerhaftigkeit von heterosexuellen sowie gleichgeschlechtlichen Partnerschaften ist zu hinterfragen, da in Beziehungen nicht nur die Zeitdimension, sondern vor allem auch die Qualität der Beziehung eine wesentliche Rolle spielt. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften erweisen sich oft – wenn auch keineswegs regelhaft – als weniger stabil als heterosexuelle Beziehungen. Gründe dafür sind die fehlende rechtliche und spirituelle Absicherung sowie die mangelnde Stabilisierung durch die Umgebung, da beispielsweise Lesben und Schwule im allgemeinen nicht als Paar, sondern als Einzelpersonen angesprochen werden. Die unterschiedlichen Beziehungsstrukturen von Lesben und Schwulen sind vor allem durch unterschiedliche Sozialisationserfahrungen bedingt. Die Tatsache der weitgehend fehlenden Modelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen stellt sie zwar vor etliche Probleme, eröffnet ihnen zugleich aber auch Freiräume für kreative, individuelle Beziehungsgestaltungen, Rollendefinitionen und -verteilungen. Dadurch können sie auch für heterosexuelle Paare ein Stück weit Wegbereiter für die Erprobung neuer Partnerschaftsformen werden.
Guggenbühl-Craig, Adolf (1999): Liebe im Alter und das Hohelied. In: Familiendynamik 24 (4): 409-418.
abstract: Die Liebe zwischen den Geschlechtern wird stark beeinflußt von körperlichen Faktoren, wie der erotisch-körperlichen Ausstrahlung. Obwohl diese bei über 70jährigen sehr stark abnimmt, sehen wir immer wieder alte Paare, die durch sehr große Liebe miteinander verbunden sind. Diese spielt sich allerdings oft mehr im Halbbewußten oder Unbewußten ab, wie sich zum Beispiel anhand ihrer Träume feststellen läßt. Wie läßt sich das Phänomen der großen Liebe alter Paare, trotz ihres körperlichen Zerfalls, verstehen? Das Hohelied gibt uns hierfür Hinweise. Seit über 2000 Jahren wird das Hohelied weniger als sexuell erotisches Liebeslied verstanden – als das es aber auch wirkt –, sondern als eine Darstellung der Beziehung zwischen den Menschen und dem Göttlichen. Das Hohelied beinhaltet sozusagen zwei Dimensionen, und dies trifft auch auf die Liebe im Alter zu. Die Liebe zwischen alten Menschen bezieht sich weniger auf deren an sich schon immer defiziente Körperlichkeit als auf ihre unsterbliche, ewige Seele. Unsterblich und ewig darf dabei aber nicht konkret zeitlich, sondern als Ausdruck einer tieferen Dimension verstanden werden. Liebe macht nicht blind, sondern sehend, und besonders sehend ist die Liebe zwischen alten Menschen. Denn Faktoren, die die Liebe verstärken, wie Schönheit, Jugend, soziale Befriedigung usw. spielen bei der Liebe im Alter kaum mehr eine Rolle. Liebe im Alter ist sozusagen Liebe in Reinkultur, weil sie nicht mehr unterstützt wird durch zusätzliche äußere Faktoren. Wenn ein sehr alter Mann zum Beispiel seine an Alzheimer erkrankte Gattin immer noch sehr liebt, so ist das nur so zu verstehen, daß er hinter der zerfallenden Fassade seiner Partnerin mehr als je ihre ewige Seele sieht und erlebt.