„Überredungsdefinitionen (persuasive definitions) sind Definitionen, die weniger bestimmen, eingrenzen und klären (was ihre Aufgabe wäre), als vielmehr mit emotional aufgeladenen Wörtern zu überzeugen trachten und so auf mehr oder weniger direkte, mehr oder weniger polemische Weise Eindeutigkeiten erzeugen, d.h. es handelt sich um Versuche, die Einstellungen und Gefühle der Adressaten in bestimmter Hinsicht zu bearbeiten und zu dirigieren. In Überredungsdefinitionen kommt die Kraft der guten und der bösen Wörter erst richtig zur Geltung. Je eindeutiger die emotionale Geladenheit der Wörter (sei es im positiven oder negativen Sinn), je mehr also das Pädagogenherz ergriffen oder aber abgestoßen ist, desto schwerer mag es ihm fallen, den strategischen Gebrauch der Sprache überhaupt noch zu erkennen. Vielmehr meint es dann wahrscheinlich, mit der moralischen Wirklichkeit und Wahrheit in ganz besonders engem Kontakt zu stehen. Daß Überredungsdefinitionen oft unauffällig daherkommen, gehört zu ihrer Variabilität und Stärke. Wenn beispielsweise Alternativ- und Privatschulen dadurch definiert werden, daß in ihnen scheinbar im Unterschied zu anderen, z.B. öffentlichen Schulen die »Achtung vor der Persönlichkeit der Schülerinnen und Schüler im Zentrum steht«, oder wenn möglichst wenig »extrinsische« Motive, dafür aber um so mehr »intrinsische« Motive gestärkt, gefördert bzw. befriedigt oder wenn Schulen als »embryonale Gesellschaften« verstanden, Kinder schlicht als »anders« begriffen werden sollen (und so weiter und so fort), dann handelt es sich im besten Fall um pädagogische Slogans, die einerseits oft eine hohe Zustimmungsrate erheischen, andererseits aber definitorisch überhaupt nichts bedeuten außer eben, daß sie als Pseudodefinitionen Überredungskraft besitzen“ (In:„Aktiv, offen und ganzheitlich. Überredungsbegriffe treue Partner des pädagogischen Besserwissens“, parapluie no. 19 (sommer 2004). http://parapluie.de/archiv/worte/paedagogik/
)
Zitat des Tages: Roland Reichenbach
21. September 2009 | Keine Kommentare