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Online-Journal für systemische Entwicklungen

Zitat des Tages: Merlin Donald

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„Sprachliche Bedeutungen haben körperliche Wurzeln. Wenn wir miteinander sprechen, bewegen wir uns keineswegs in einer immateriellen, entsinnlichten Sphäre. Das leibliche »Ich« spricht zum leiblichen »Du«. Der Austausch von Botschaften ist stets körperlich verankert, in dem hochabstrakten Ort, den wir Ich-Mitte oder Selbst nennen. Auch die Aufmerksamkeit gründet im Körperselbst. Im Gespräch entscheidet das Körperselbst darüber, was wir sagen, und die Auswahl der Elemente, die in der Erinnerung abgespeichert werden, geht letztlich allein von ihm aus. Auf indirektem Weg, über Gestik, Mimik, Zwinkern, Verbergen von Intentionen, Lippenbewegungen und so weiter, zeigt das Körperselbst zudem Bedeutungsnuancen an. Alle diese Elemente lassen sich ohne weiteres dem Strom des Bewusstseins einverleiben, weil sie sich alle auf eine gemeinsame semantische Basis beziehen, die durch die körperliche Selbstreferenzialität stets als »zu mir gehörig« markiert ist. Das gilt sogar für Menschen, die eine Amnesie erleiden oder im Zustand einer so genannten Fugue vorübergehend ihre soziale Identität verlieren. Das Körperselbst bleibt dabei unversehrt. Semantische Verarbeitungsprozesse wurzeln also stets in unserer Körperlichkeit. Das häufig zitierte Gedankenexperiment vom »Gehirn im Tank« ist nur ein Spiel mit Begriffen, denn es postuliert, dass ein vom Körper abgekoppeltes Gehirn ein Identitätsempfinden entwickeln und aufrechterhalten könnte. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass das eine reale Möglichkeit ist. Wenn bei neurologischen Patienten das Bewusstsein auch nur ansatzweise von körperbezogenen Feedback-Systemen abgeschnitten ist, führt das zu ausgeprägten Bewusstseinsstörungen. Theoretisch gesehen ist unser Bewusstsein vielleicht sogar körperbezogener, als uns lieb ist. Seine körperliche Verankerung ist eine Grundtatsache des mentalen Lebens. Das Bewusstsein kommt ohne ein solides körperliches Fundament des Identitätsempfindens nicht aus, ganz gleich, wie raffiniert seine symbolischen Operationen und Kunstgriffe auch sein mögen. Ohne diese Basis kommt es ins Schwimmen und verliert gleichsam den Boden unter den Füßen. Es gerät außer Kontrolle und verliert den Realitätskontakt“ (In:„Triumph des Bewusstseins“. Klett-Cotta, Stuttgart 2008, S. 144f.).

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