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Online-Journal für systemische Entwicklungen

Zitat des Tages: Gertrud Brücher

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„Was sich sukzessive und unmerklich in den Vordergrund schiebt, ist eine neue Unterscheidung zwischen menschen- und bürgerrechtsgeschützten Menschen auf der einen Seite und nicht-rechtsgeschütztem Noch-nicht-Menschen – dem Fötus – sowie dem ebenfalls nicht-rechtsgeschützten Nicht-mehr-Menschen, dem Sterbenden, den Sterbewilligen, den Kollateralschäden oder den Schläfern. Ins nomenklatorische Raster des potenziellen Selbstmordattentäters gerät die Zielgruppe der ungesetzlichen Kombattanten oder der Insassen von Flüchtlingslagern. Aus dem Rechtssystern Exkludierte aber dürfen wie ein Objekt vernutzt, instrumentalisiert und vernichtet werden. Mit dieser Entwicklung wird der Menschenrechtsstandard nicht herabgesetzt, aber auf eine diabolische Weise unterlaufen, indem gewisse Menschen aus dem Definitionsbereich des lebenden Menschen einfach ausgeschlossen werden. Kriege gegen Menschenrechtsverletzungen können dann scheinbar widerspruchsfrei neben einer menschenverachtenden Praxis geführt werden und der eigentlich zu erwartende weltweite Aufschrei bleibt aus. Das Menschenbild ändert sich unmerklich unter der Oberfläche vonn Subdifferenzierungen, die Menschsein nicht mehr als unbefragt Geltendes vorauszusetzen erlauben. Der Inhaber des Menschenrechtstitels bekommt die Beweislast aufgebürdet, zur bevorzugten rechtsgeschützten privilegierten Spezies zu gehören“ (In: Postmoderner Terrorismus. Zur Neubegründung von Menschenrechten aus systemtheoretischer Perspektive. Verlag Barbara Budrich, Opladen 2004, S. 12).

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