systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

Wo Engel zögern…

| Keine Kommentare

systemagazin-Leserin Gabriele Lisa Klassen, Sozialarbeiterin und Sozialpädagogin, die als Coach in Berlin tätig ist, erinnert sich im heutigen Kalendertürchen an ihre Heidelberger Zeit des systemischen Beginns:

„es war eine Zeit, 1977, da konnte man noch, einfach so, teilhaben an einer Weisheit, die sich, alt und neu zugleicht, Systemtheorie nennt und in Heidelberg ihren europäischen systemisch-therapeutischen Wellenschlag auslöste.
Also, dann gab es die Montagsworkshops in der Psychosomatischen Klinik der Uni-Heidelberg, welche Berufstätigen angeboten wurden, einfach so, und ich durfte dabei sein, obwohl ich doch, weiß Gott, noch nicht viele wusste (eine Eigenart, die jungen Menschen oft ganz gut steht). Lebendig habe ich sie in Erinnerung, die heutigen Stars der systemischen Familientherapie, die – noch sehr brav damals – Prof. Helm Stierlin assistierten, wenn er die Familien vorstellte, die es zu behandeln galt: Fritz B. Simon, Michael Wirsching, Gunthard Weber, Gunther Schmidt, Jochen Schweitzer. Letzter war damals noch ein lockerer Student, mit hochgekrempelten Jeans und längeren Haaren, gut sah er aus.
Fritz B.Simon macht es mir bis heute besonders leicht, systemisches Arbeiten zu verstehen. Es ist sein unglaublich tiefgründiger Humor. Wenig Gesten, kaum Habitus, kommuniziert er Metaebene als Person auf so humorvolle Weise, das einem gar nichts anderes übrig bleibt, als Systemtheorie zu verstehen: das Gehirn macht es beim Lachen ganz von alleine! So sagte er doch glatt einmal in einem Interview, geführt mit einem Sozialarbeiter: Ich glaube nicht, dass die internationalen Systemischen Wissenschaftler zu uns kamen, weil wir so gut waren. Sie kamen, weil Heidelberg so schön ist! Ich selbst weiß übrigens, dass Hans Jürgen Eyssenck sein Herz in Heidelberg verloren hatte (genauer gesagt in Mannheim)!
Beeindruckend war die Praxisnähe, die ich so später nie mehr erlebte. Es waren Patienten da aus der Psychiatrischen Klinik, die Kollegin, Frau Brunner hatte diese vorgestellt. Die Bedeutsamkeit des Mehrperspektivischen habe ich seither nie mehr vergessen. Gleichwohl habe ich festgestellt, das viel sie nicht verstanden haben … aber das ist eine andere Geschichte.
Gregory Bateson schimpfte ja oft auf die Familientherapie-Industrie. Wenn ich mir die systemische Therapie hier in Berlin so anschaue: er hatte recht!“

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.