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Wittgenstein: Realismus, Ethik und Ästhetik

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Mario Brandhorst (Foto: www.uni-goettingen.de)

Auf dem 22. Deutschen Kongress für Philosophie hat Mario Brandhorst vom Philosophischen Seminar der Universität Göttingen einen Vortrag zum Thema „Wittgenstein: Realismus, Ethik und Ästhetik“ gehalten, der auch im Internet zu lesen ist. Seine Vortragseröffnung lautet folgendermaßen: „Mein Vortrag befasst sich mit Wittgensteins Spätwerk. Er betrachtet es aus einer ungewohnten Perspektive: der Perspektive der Metaethik. Das zu tun, ist in mindestens zweierlei Hinsicht gewagt. Erstens gibt es nur eine sehr kleine Basis von Texten, in denen Wittgenstein sich mit ethischen Fragen beschäftigt. Was er dort sagt, mag nicht sein letztes Wort sein; und es ist einfach nicht viel. Zweitens herrscht die Auffassung vor, Wittgenstein lehne jede Form von philosophischer Theorie ab, sodass es von vornherein verfehlt zu sein scheint, nach seiner ›Position‹ in der Metaethik zu fragen. Es gibt einen Mythos in Bezug auf Wittgenstein: Der Mythos lautet, er gebe keine Erklärungen, stelle keine philosophischen Thesen auf, über die man vernünftigerweise streiten könnte und breche mit jeder Metaphysik, insbesondere mit jeder Art von Ontologie. Natürlich ist der Mythos nicht ganz aus der Luft gegriffen. Im Gegenteil: Wer Wittgenstein kennt, hört leicht heraus, dass all das, was ich eben gesagt habe, um den ›Mythos‹ näher zu charakterisieren, so oder so ähnlich von Wittgenstein selbst gesagt wird. Das will ich natürlich nicht bestreiten – und auch nicht, dass wir das ernst nehmen müssen, was Wittgenstein hier über sich und sein Verständnis von Philosophie sagt. Eine umfassende Interpretation muss in der Lage sein, diese und andere Passagen zur philosophischen Methode zu integrieren, ohne ihnen ihre polemische Pointe zu nehmen – aber auch, ohne sie über Gebühr zu strapazieren und aus ihrem Kontext zu lösen. Dass das möglich ist, setze ich hier voraus, ohne es im Einzelnen belegen und erläutern zu können. Kurz gesagt: Wittgenstein scheint sich selbst in Passagen wie diesen nicht gegen jede, sondern eher gegen bestimmte sehr anspruchsvolle, ihm selbst nur zu gut vertraute Arten philosophischer Erklärung und die damit zusammenhängenden Thesen der Metaphysik und Ontologie zu wenden. Das Paradigma dieser verfehlten Art der Erklärung ist die Metaphysik und Ontologie des Tractatus. Es kann aber kein Zweifel darüber bestehen, dass Wittgenstein auch im Spätwerk Erklärungen anderer Art nicht nur zulässt, sondern selbst erwägt und entwickelt.“

Zum vollständigen Text geht es hier…

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