In einem spannenden Artikel, der 2013 in PLOS Online erschien, befassen sich die Linguisten Paul Thibodeau und Lera Boroditsky mit dem Einfluss von Metaphern auf die Diskussion und Bewertung von sozialen Themen wie Klimawandel, Wirtschaft und Kriminalität. In früheren Arbeiten konnten sie bereits zeigen, dass die metaphorische Beschreibung von Kriminalität als gefährliche Bestie oder als Virus auch unterschiedliche Lösungsbilder in Bezug auf das Kriminalitätsproblem erzeugt. In der vorliegenden Studie wurden die Probanden nicht nach ihren eigenen Lösungsbildern befragt, sondern mit einer Auswahl an möglichen Lösungen und der Bitte konfrontiert, die zu wählen, die sie bevorzugten. Auch hier konnte gezeigt werden, dass Metaphern die vermeintlich rationale Argumentation auch dann beeinflussen, wenn sie eine Reihe von unterschiedlichen Optionen zur Auswahl hatten. Interessanterweise waren nur sehr wenige Teilnehmer der Meinung, dass Metaphern eine wichtige Rolle bei ihrer Entscheidung spielten. Darüberhinaus wurden die Teilnehmer, die sich nicht explizit an die Metaphern erinnern konnten, ebenso von diesen beeinflusst wie diejenigen, die den metaphorischen Rahmen erinnern konnten. Diese Ergebnisse legen nahe, dass Metaphern eine bedeutsame Rolle für inhaltliche Argumentationen haben. Im Abstract heißt es: „Metaphors pervade discussions of social issues like climate change, the economy, and crime. We ask how natural language metaphors shape the way people reason about such social issues. In previous work, we showed that describing crime metaphorically as a beast or a virus, led people to generate different solutions to a city’s crime problem. In the current series of studies, instead of asking people to generate a solution on their own, we provided them with a selection of possible solutions and asked them to choose the best ones. We found that metaphors influenced people’s reasoning even when they had a set of options available to compare and select among. These findings suggest that metaphors can influence not just what solution comes to mind first, but also which solution people think is best, even when given the opportunity to explicitly compare alternatives. Further, we tested whether participants were aware of the metaphor. We found that very few participants thought the metaphor played an important part in their decision. Further, participants who had no explicit memory of the metaphor were just as much affected by the metaphor as participants who were able to remember the metaphorical frame. These findings suggest that metaphors can act covertly in reasoning. Finally, we examined the role of political affiliation on reasoning about crime. The results confirm our previous findings that Republicans are more likely to generate enforcement and punishment solutions for dealing with crime, and are less swayed by metaphor than are Democrats or Independents.“
Der ganze Text kann hier gelesen werden…
Das ist zwar interessant, aber scheint mir „keine“ sehr neue Erkenntnis zu sein. Mir fallen dazu bspw. Jürgen Links diskursanalytische Studien (seit Ende der 1970er Jahre) zur sog. „Kollektivsymbolik“ (in öffentlichen Diskursen) ein. Und das geht über „Metaphern“ (im engeren Sinne) hinaus, beinhaltet also auch Gleichnisse, Allegorien, Analogien, usf.
In der weiteren Diskurskritik / -analytik müßten sich noch mehr solche Studien finden, u.a. kann ich mich an eine Studie zur „Atomkraftdebatte“ in der BRD erinnern…
Das heißt: „Rational“ geht es in öffentlichen Diskursen / Kommunikationen soundso nicht primär zu. Es geht (pro Luhmann und contra Habermas) eher um die Amplifizierung von Positionen in öffentlichen Diskussionen. Interessant scheint mir dann zu sein, welche „kommunikationsstrategischen Dynamiken“ sich dabei entfalten. Das auf die „Bewußtseinsdimension“ zurückzuführen zu wollen, ist dagegen eher „old school“ 🙂
Ich kann mich an eine ältere Studie erinnern, die besagte, dass konkrete, „anschauliche“ Begriffe die gleichen Bezirke im Hirn aktivieren, die aktiviert werden, wenn Gefühle aktiv sind, unabhängig vom Aussagegehalt der Sätze. Die Worte/Metaphern schleichen sich an der „Bewusstseinskontrolle“ vorbei. Wer einen Text auf ein Bild hin designt, wird entsprechend Anklang finden. Unterhaltungsromane und politische Reden funktionieren nach der gleichen Gefühlsrhetorik, die einfach durch entsprechende Worte getriggert werden kann, auch wenn diese Wort schräg in den Sätzen herumstehen …