„Familie ist heute kein brauchbares Wort mehr, denn es beschreibt eine Situation, die es heute nicht mehr gibt. Familien sind heute nicht mehr nur Kernfamilien, bestehend aus Vater, Mutter und Kind. Eine Einengung der Familie auf biologische Elternschaft grenzt viele andere Familien aus, in denen Stiefkinder leben. Familie und Haushalt fallen nicht unbedingt mehr zusammen. Auf der Grundlage dieser Thesen schlägt Karl Lenz, ein Paar- und Familiensoziologe, vor, den Familienbegriff durch den Begriff der persönlichen Beziehungen zu ersetzen. Das, was vorher Familie genannt wurde, wird nun so definiert: Es handelt sich um eine Form von Beziehung, in der (a) die Personen nicht austauschbar sind, (b) deren Beziehung auf absehbare Zeit fortbestehen wird, (c) die emotional aufeinander bezogen sind und in fortwährender Interaktion stehen, (d) die persönliches Wissen umeinander aufgebaut haben. Diese Definitionen unterscheiden sich auf den ersten Blick nur wenig voneinander. Die Unendlichkeitsfiktion bzw. die Vereinbarung, dass man der Liebesbeziehung kein Verfallsdatum setzen möchte, auch, dass man die Eltern-Kind-Beziehung nicht aufzukündigen gedenkt, nicht heute und nicht in der Zukunft, teilen beide Definitionen. Auch die persönliche Unersetzbarkeit gilt nicht als überholt. Trennung und Scheidung sind auch in der moderneren Definition nicht einfach hinzunehmende Tatsachen, sondern Katastrophen. Auch die in der älteren Familiensoziologie betonten Solidaritätsformen der affektiven, der erotischen und der unbedingten Solidarität werden im Begriff der persönlichen Beziehungen nicht aufgegeben. Dass jede auf Dauer angelegte Beziehung zu einem persönlichen, im Lauf der Zeit angehäuften Fundus an Wissen, besser gesagt: zu einer gemeinsamen Geschichte führt, wird weder hier noch dort in Zweifel gezogen. Worin also unterscheiden sich die beiden Konzepte? Sie unterscheiden sich in zwei wesentlichen Elementen: (1) In der Definition der persönlichen Beziehungen entfällt die biologische Elternschaft, und (2) es entfällt die Koppelung von Haushalt und Familie“ So beginnt das spannende erste Kapitel eines Buches, das Dorett Funcke gemeinsam mit Bruno Hildenbrand, systemisch interessierten Lesern längst und gut bekannt, in zu erwartender Qualität verfasst hat und in diesen Tagen im Carl-Auer-Verlag erscheint. systemagazin bringt das ganze Kapitel als Vorabdruck.
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Vorabdruck: Unkonventionelle Familien in Beratung und Therapie
22. September 2009 | Keine Kommentare