Peter Fuchs gehört zu denjenigen unter den Systemtheoretikern und Luhmann-Schülern, die sich am hartnäckigsten mit der Frage nach der Psyche und psychischen Systemen auseinandersetzen. Im Carl-Auer-Verlag erscheint in diesem Frühjahr sein neues Buch, das sich mit der Systemtheorie der Psychotherapie beschäftigt. Wie Fritz Simon in seinem Vorwort schreibt, ist es kein Buch im eigentlichen Sinne, sondern das Transkript eines Gesprächskreises:„Was hier dokumentiert wird, ist ein Privatissimum. Darunter versteht man in der akademischen Welt eine Lehrveranstaltung in einem entspannten und informellen Kreis weniger, handverlesener Teilnehmer. Und insofern wird (zumindest ansatzweise) reinszeniert, was auch in der Psychotherapie geschieht: Die Verwaltung vager Dinge (zu denen Psychotherapie ja zweifellos gehört)“ Mit dieser Art der Darstellungsart wird nicht jeder glücklich sein, da die dokumentierten Gespräche doch gelegentlich etwas stark die Aura einer Meister-Schüler-Unterweisung zelebrieren, für manche mag es den Zugang zu theoretisch abstrakten Konzepten erleichtern. Was sich jedoch auf jeden Fall festhalten lässt: In diesem Band werden eine Vielzahl eindrucksvoller, origineller, mitunter heilsam verstörender Thesen und Einsichten zur systemtheoretischen Bestimmung von Psychotherapie entwickelt, an denen wir als systemische TherapeutInnen nicht vorbei können. Zu wünschen wäre, dass dies die erlahmte Diskussionskultur im systemischen Feld gerade in Zeiten der Orientierung am„wissenschaftlichen Mainstream“ beflügeln könnte. Eine entscheidende These von Fuchs ist hier die Abgrenzung der Psychotherapie von der Medizin, die in erster Linie mit codierten bzw. codierbaren Problemen zu tun habe (was sich dann in Klassifikationen wie etwa dem ICD niederschlägt. Dagegen ist„die Funktion der Psychotherapie (
)situiert im Kontext einer funktional differenzierten Gesellschaft, die jede Einheitsprätention, jedes Bestehen auf eineindeutigen Identitätsbestimmungen prekär macht. Im Blick auf psychische Systeme fallen dabei (Leidensdruck erzeugende) Unschärfeprobleme an, auf die sich dann die Psychotherapie bezieht, indem sie nichtcodierte und nichtcodierbare Probleme nicht codifiziert, sondern gelten lässt durch Strategien, die zu viablen Identitätskonzepten führen, innerhalb deren es möglich wird, mit Unschärfen zu leben“ Eine solche Sichtweise hat nachhaltige Auswirkungen auf Fragen der Problemkonstruktion, der Diagnostik und des therapeutischen Prozesses, die im weiteren Verlauf des Buches behandelt werden. Als Vorabdruck präsentiert systemagazin das Kapitel über
„Die Funktion der Psychotherapie“
Vorabdruck > Peter Fuchs: Die Verwaltung der vagen Dinge
12. Februar 2011 | Keine Kommentare