Wie man hört, ist die Befassung des Antrages der systemischen Institute auf Anerkennung als wissenschaftlich begründetes Psychotherapieverfahren beim„Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie“ mal wieder von der Tagesordnung genommen und auf einen späteren Zeitpunkt verschoben worden. Anlass, mal wieder einen Aufsatz von Jürgen Kriz aus dem Jahre 1998 über die„Wissenschaftlichkeit von Psychotherapieverfahren“ zu lesen, der an Aktualität nichts eingebüßt hat. Jürgen Kriz ist einer der angesehensten Wissenschaftstheoretiker und -Methodiker und – auch wenn er mittlerweile selbst Mitglied des Beirates ist, ein engagierter Kritiker des Beirates, sowohl was seine Selbstermächtigung als repräsentatives Organ der Psychotherapie als auch sein Wissenschaftsverständnis betrifft:„ Die Unredlichkeit, in der hierzulande über„Wissenschaft“ im Zusammenhang mit Psychotherapie diskutiert wird, zeigt sich m.E. auch am Gerangel um die Besetzung des„Wissenschaftlichen Beirates Psychotherapie“: Dieses Gremium soll gemäß dem neuen Gesetz u.a. über die„Wissenschaftlichkeit“ von Psychotherapieverfahren entscheiden. Ginge es wirklich primär um Wissenschaftlichkeit, so könnte man (u.a.) auch danach fragen, wie viele Wissenschaftstheoretiker, wie viele Methodiker etc. einem solchen Gremium angehören sollten, wie unterschiedliche wissenschaftstheoretische Positionen in der scientific community in diesem Gremium am besten vertreten sind, etc. etc. – also Aspekte der Repräsentanz von Wissenschaft diskutieren. Daß man bei der Besetzung dieses„Wissenschaftlichen Beirates“ m. W. noch nicht einmal ansatzweise solche Aspekte erörtert hat, sondern daß ausschließlich um berufständischen Proporz und optimale Repräsentanz von Verbänden gerangelt wird, belegt allzu deutlich, daß„Wissenschaft“ als Pseudoargument und reine Sprachhülse im berufs- und vereinspolitischen Machtkampf fungiert. Zur Klarheit: Ich bemängle nicht, daß ein solcher Ausschuß, wie auch in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens üblich, nach Parteien-Proporz besetzt wird – anderes war realistisch nicht zu erwarten – ich bemängle hingegen die Unredlichkeit, mit der diese Machtinteressen als Fragen von„Wissenschaftlichkeit“ kaschiert werden“
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Von der „science-fiction“ zur „science“
5. August 2008 | Keine Kommentare